Bundesgesetz
über die Bekämpfung übertragbarer Krankheiten
des Menschen
(Epidemiengesetz, EpG)


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Art. 12 Meldepflicht

1 Ärz­tin­nen und Ärz­te, Spi­tä­ler und an­de­re öf­fent­li­che oder pri­va­te In­sti­tu­tio­nen des Ge­sund­heits­we­sens mel­den Be­ob­ach­tun­gen zu über­trag­ba­ren Krank­hei­ten mit den An­ga­ben, die zur Iden­ti­fi­zie­rung der er­krank­ten, in­fi­zier­ten oder ex­po­nier­ten Per­so­nen so­wie zur Fest­stel­lung des Über­tra­gungs­wegs not­wen­dig sind:

a.
der zu­stän­di­gen kan­to­na­len Be­hör­de;
b.
bei be­stimm­ten Er­re­gern zu­sätz­lich di­rekt dem BAG.

2 La­bo­ra­to­ri­en mel­den la­bo­r­ana­ly­ti­sche Be­fun­de zu über­trag­ba­ren Krank­hei­ten mit den An­ga­ben, die zur Iden­ti­fi­zie­rung der er­krank­ten oder in­fi­zier­ten Per­so­nen not­wen­dig sind, der zu­stän­di­gen kan­to­na­len Be­hör­de und dem BAG.

3 Der Bun­des­rat kann die Pflicht vor­se­hen, Ver­hü­tungs- und Be­kämp­fungs­mass­nah­men so­wie de­ren Wir­kung zu mel­den und Pro­ben und Un­ter­su­chungs­er­geb­nis­se an die von den zu­stän­di­gen Be­hör­den be­stimm­ten La­bo­ra­to­ri­en zu sen­den.

4 Die zu­stän­di­gen kan­to­na­len Be­hör­den mel­den dem BAG Be­ob­ach­tun­gen, die auf ei­ne Ge­fahr für die öf­fent­li­che Ge­sund­heit hin­wei­sen.

5 Wer ein Schiff oder ein Luft­fahr­zeug führt, mel­det dem Be­trei­ber von Ha­fen­an­la­gen be­zie­hungs­wei­se dem Flug­ha­fen­hal­ter Be­ob­ach­tun­gen, die auf ei­ne Ge­fahr für die öf­fent­li­che Ge­sund­heit hin­wei­sen.

6 Zu mel­den sind Be­ob­ach­tun­gen zu über­trag­ba­ren Krank­hei­ten:

a.
die Epi­de­mi­en ver­ur­sa­chen kön­nen;
b.
die schwer­wie­gen­de Aus­wir­kun­gen zur Fol­ge ha­ben kön­nen;
c.
die neu­ar­tig oder un­er­war­tet sind; oder
d.
de­ren Über­wa­chung in­ter­na­tio­nal ver­ein­bart ist.

BGE

147 I 354 (2C_657/2018) from 18. März 2021
Regeste: Art. 13 BV, Art. 8 EMRK, Art. 321 StGB, Art. 68 des Tessiner Gesundheitsgesetzes (LSan/TI); ärztliches Berufsgeheimnis, Bestimmungen des kantonalen Rechts über die Meldepflicht von Angehörigen der Gesundheitsberufe gegenüber der Strafverfolgungsbehörde, abstrakte Normenkontrolle. Bedeutung der ärztlichen Schweigepflicht (E. 3.2 und 3.3.1). Einwilligung des Patienten, Entbindung von der Schweigepflicht durch die Aufsichtsbehörde und Meldepflichten bzw. -rechte als Ausnahmen von der Strafbarkeit bei Offenbarung des Arztgeheimnisses (E. 3.3.2 und 3.3.3). Auch nach Inkrafttreten der StPO können die Kantone eine Meldepflicht der Gesundheitsfachpersonen bei der Staatsanwaltschaft gemäss Art. 321 Ziff. 3 StGB vorsehen (E. 3.3.3 und 4). Anforderungen, die von der kantonalen Gesetzgebung berücksichtigt werden müssen (E. 3.4 und 3.5). Art. 68 Abs. 2 LSan/TI legt eine allgemeine Verpflichtung für Angehörige der Gesundheitsberufe fest, der Staatsanwaltschaft jeden Krankheits- oder Verletzungsfall im Zusammenhang mit einer bekannten oder vermuteten Straftat zu melden, der ihnen bei der Ausübung ihrer Pflichten oder ihres Berufs bekannt wird. Eine Verpflichtung dieses Umfangs verletzt die Substanz des Arztgeheimnisses und verstösst damit gegen Art. 321 StGB (E. 5). Darüber hinaus verpflichtet Art. 68 Abs. 3 LSan/TI die Angehörigen der Gesundheitsberufe, jedes Offizialdelikt, das eine Gesundheitsfachperson im Zusammenhang mit ihrer Funktion oder ihrem Beruf begangen hat, der Staatsanwaltschaft anzuzeigen, wobei die ärztliche Schweigepflicht im Zusammenhang mit einer therapeutischen Beziehung vorbehalten bleibt. Im Lichte der Strafbarkeit des Meldeversäumnisses ist die Beschreibung des Straftatbestandes nicht hinreichend präzise und eingegrenzt. Die Vorschrift verstösst insofern gegen das strafrechtliche Bestimmtheitsgebot (E. 6.3).

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