Bundesgesetz
über den Schutz der Gewässer
(Gewässerschutzgesetz, GSchG)

vom 24. Januar 1991 (Stand am 1. Februar 2023)


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Art. 33 Erhöhung der Mindestrestwassermenge

1 Die Be­hör­de er­höht die Min­dest­rest­was­ser­men­ge in dem Aus­mass, als es sich auf­grund ei­ner Ab­wä­gung der In­ter­es­sen für und ge­gen die vor­ge­se­he­ne Was­se­rent­nah­me er­gibt.

2 In­ter­es­sen für die Was­se­rent­nah­me sind na­ment­lich:

a.
öf­fent­li­che In­ter­es­sen, de­nen die Was­se­rent­nah­me die­nen soll;
b.
die wirt­schaft­li­chen In­ter­es­sen des Was­ser­her­kunfts­ge­biets;
c.
die wirt­schaft­li­chen In­ter­es­sen des­je­ni­gen, der Was­ser ent­neh­men will;
d.
die Ener­gie­ver­sor­gung, wenn ihr die Was­se­rent­nah­me die­nen soll.

3 In­ter­es­sen ge­gen die Was­se­rent­nah­me sind na­ment­lich:

a.
die Be­deu­tung der Ge­wäs­ser als Land­schafts­ele­ment;
b.
die Be­deu­tung der Ge­wäs­ser als Le­bens­raum für die da­von ab­hän­gi­ge Tier- und Pflan­zen­welt, samt de­ren Ar­ten­reich­tum, na­ment­lich auch für die Fisch­fau­na, de­ren Er­trags­reich­tum und na­tür­li­che Fort­pflan­zung;
c.
die Er­hal­tung ei­ner Was­ser­füh­rung, die aus­reicht, um die An­for­de­run­gen an die Was­ser­qua­li­tät der Ge­wäs­ser lang­fris­tig zu er­fül­len;
d.
die Er­hal­tung ei­nes aus­ge­gli­che­nen Grund­was­ser­haus­halts, der die künf­ti­ge Trink­was­ser­ge­win­nung, die orts­üb­li­che Bo­den­nut­zung und ei­ne stand­ort­ge­rech­te Ve­ge­ta­ti­on ge­währ­leis­tet;
e.
die Si­cher­stel­lung der land­wirt­schaft­li­chen Be­wäs­se­rung.

4 Wer ei­nem Ge­wäs­ser Was­ser ent­neh­men will, un­ter­brei­tet der Be­hör­de einen Be­richt über:

a.
die Aus­wir­kun­gen un­ter­schied­lich gros­ser Was­se­rent­nah­men auf die In­ter­es­sen an der Was­se­rent­nah­me, ins­be­son­de­re auf die Her­stel­lung von elek­tri­scher Ener­gie und de­ren Kos­ten;
b.
die vor­aus­sicht­li­chen Be­ein­träch­ti­gun­gen der In­ter­es­sen ge­gen ei­ne Was­se­rent­nah­me und über mög­li­che Mass­nah­men zu de­ren Ver­hin­de­rung.

BGE

107 IB 116 () from 7. Juli 1981
Regeste: Art. 18 Abs. 1 Satz 2 GSchG. Voraussetzungen für eine ausnahmsweise Befreiung von der Anschlusspflicht aus wichtigen Gründen. Im Bereiche von Kanalisationen sind gemäss Art. 18 Abs. 1 Satz 1 GSchG grundsätzlich auch häusliche Abwässer aus landwirtschaftlichen Betrieben mit Nutztierhaltung an die Kanalisation anzuschliessen. Die in Art. 18 Abs. 1 Satz 2 GSchG vorgesehene Ausnahmeregelung will im Einzelfall Härten und offensichtliche Unzweckmässigkeiten verhindern (E. 2). Selbst wenn aus technischer Sicht der Befreiung solcher häuslicher Abwässer von der Anschlusspflicht nichts entgegensteht, darf eine Ausnahmebewilligung nur dann erteilt werden, wenn das Beharren auf der Anschlusspflicht zu einer vom Gesetzgeber nicht gewollten Härte führen würde oder offensichtlich unzweckmässig wäre. Im Blick auf das Gleichbehandlungsgebot kann von Bedeutung sein, ob die fragliche Liegenschaft in der Bauzone oder in der Landwirtschaftszone liegt (E. 4). Hier liegen keine besonderen Umstände vor, die ein Abweichen von der Regel nahelegen (E. 5).

120 IB 233 () from 24. August 1994
Regeste: Art. 29 ff. GSchG; Wassernutzungskonzession; Wasserentnahmen für die landwirtschaftliche Bewässerung, Sicherung angemessener Restwassermengen. Für alle Wasserentnahmen ist ein Bericht gemäss Art. 33 Abs. 4 GSchG vorzulegen. In übergangsrechtlichen Situationen können die von den Behörden getroffenen Sachverhaltsabklärungen als Bericht anerkannt werden, sofern sie ausreichen, ein Projekt auf seine Übereinstimmung mit den Vorschriften des Gewässerschutzgesetzes zu überprüfen (E. 3). Pflicht der Behörden abzuklären, welche Bewilligungsvoraussetzungen (hier Art. 30 lit. a oder lit. b GSchG) mit Bezug auf die einzelnen betroffenen Fliessgewässer gelten. Vorgehen, wenn für die Bestimmung der Abflussmenge Q347 keine zehnjährige Messreihe zur Verfügung steht (Art. 4 lit. h und Art. 59 GSchG; E. 5). Prüfung, ob eine Bewilligung nach Art. 30 lit. a und Art. 31 - 35 GSchG erteilt werden kann: allgemein und bei interkantonalen Fliessgewässern (E. 6). Festlegung des Bezugspunktes für die Bestimmung der Restwassermenge; Erhöhung der Mindestrestwassermenge (Art. 4 lit. k und Art. 31 GSchG). Sicherung angemessener Restwassermengen aufgrund einer umfassenden Interessenabwägung: dabei zu berücksichtigende Punkte, Bedeutung der Interessen der Landwirtschaft (Art. 33 GSchG). Festsetzung von Dotierwassermengen (Art. 4 lit. l und Art. 36 GSchG; E. 7). Kriterien zur Festlegung der Konzessionsdauer (E. 8).

125 II 18 () from 27. November 1998
Regeste: Konzession und Bewilligungen für den Neubau eines Wasserkraftwerks. Der Rechtsmittelentscheid des Bundesrates, der die Erteilung der Konzession für den Kraftwerksneubau bestätigt, bindet die kantonalen Behörden in den vorbehaltenen und nachfolgenden - insbesondere gewässerschutzrechtlichen - Bewilligungsverfahren nicht und steht einer umfassenden Interessenabwägung in diesen Verfahren nicht entgegen (E. 4).

126 II 283 () from 28. April 2000
Regeste: Art. 29 ff. GSchG, Art. 33 Abs. 1 GSchV und Art. 9 Abs. 7 USG; Wassernutzungskonzession des Lungerersee-Kraftwerkes, Umweltverträglichkeitsprüfung und Sicherung angemessener Restwassermengen. Bei komplexen Vorhaben sollte das Fachwissen der spezialisierten Bundesinstanz bereits in die UVP einbezogen werden (E. 2b). Fliessgewässer, die Abschnitte mit ständiger und solche ohne ständige Wasserführung aufweisen; Gesetzmässigkeit von Art. 33 Abs. 1 GSchV (E. 3). Nötige Abklärungen für eine Wasserentnahme aus einem Fliessgewässer, wenn die zeitweise austrocknende Restwasserstrecke in einer Aue von nationaler Bedeutung liegt (E. 4). Restwasserstrecke teilweise ohne Restwasser (E. 5).

139 II 28 (1C_262/2011) from 15. November 2012
Regeste: a Restwassersanierung nach Art. 80 Abs. 1 GSchG. Sanierungsmassnahmen sind Eigentumsbeschränkungen, die die Voraussetzungen von Art. 36 BV erfüllen, d.h. im öffentlichen Interesse liegen und verhältnismässig sein müssen. Der Gesetzgeber hat im Rahmen von Art. 80 Abs. 1 GSchG die Interessenabwägung in generell-abstrakter Weise vorgenommen und entschieden, dass Sanierungen bis zur Entschädigungsschwelle einem überwiegenden öffentlichen Interesse entsprechen und zumutbar sind (E. 2.7.1). Sanierungen sind zulässig, soweit hierdurch nicht in die Substanz bestehender wohlerworbener Rechte eingegriffen wird. Ob ein staatlicher Eingriff die Substanz respektiert, beurteilt sich nach der verbleibenden oder fehlenden wirtschaftlichen Tragbarkeit des Eingriffs für den Träger des Rechts. Das Kriterium der wirtschaftlichen Tragbarkeit ist darauf gerichtet, den Wert rechtmässig getätigter Investitionen zu bewahren (E. 2.7.2). Zur Bestimmung des Umfangs der Sanierungspflicht ist es sachgerecht, von der durchschnittlichen Produktion der Werkanlagen über einen genügend langen, repräsentativen Zeitraum auszugehen. Im Weiteren sind die möglichen Sanierungsmassnahmen und deren ökologisches Potenzial zu evaluieren und die auf die einzelnen Massnahmen entfallenden Produktionseinbussen und Erlösminderungen konkret zu ermitteln. Alsdann ist ein sinnvolles Massnahmenpaket zusammenzustellen und zu bestimmen, ob dieses den Rahmen der zulässigen Einschränkungen ausschöpft, ohne ihn zu überschreiten. Bei einer Sanierung im Sinne von Art. 80 Abs. 1 GSchG ist diejenige Variante zu wählen, welche unter Berücksichtigung der Grenze der wirtschaftlichen Tragbarkeit das optimale ökologische Nutzenverhältnis bzw. ökologische Potenzial aufweist (E. 2.7.3). Zur Ermittlung des Umfangs der trag- bzw. zumutbaren Einschränkungen ist auf die konkreten betrieblichen Verhältnisse des konzessionierten Werks abzustellen. Zu berücksichtigen sind insbesondere der Gewinn, die Konzessionsdauer und der Umfang der bereits erfolgten Abschreibungen. Bei guter bis sehr guter Ertragslage und entsprechend abgeschriebenen Anlagen können sich Sanierungsmassnahmen rechtfertigen, die Produktions- bzw. Erlösminderungen von über 5 % zur Folge haben (E. 2.7.4).

140 II 262 (1C_283/2012) from 2. April 2014
Regeste: Art. 8 RPG; Art. 10a USG; Art. 29 ff. GSchG; Art. 22, 39 und 58 WRG; Wassernutzungskonzession für Kleinwasserkraftwerk. Das in Frage stehende Kleinwasserkraftwerk erfordert keine Grundlage im Richtplan (E. 2). Prüfungsgegenstand der ersten Stufe der Umweltverträglichkeitsprüfung im Rahmen des Konzessionsentscheids (E. 4). Grundsätze zur Festlegung der Mindestrestwassermenge (E. 5). Erhöhung der Mindestrestwassermenge zum Schutz seltener Lebensräume und -gemeinschaften; inhaltliche Anforderungen an den Umweltverträglichkeitsbericht (E. 6). Erhöhung der Mindestrestwassermenge zur Gewährleistung der für die freie Fischwanderung erforderlichen Wassertiefe. Eine Erhöhung setzt voraus, dass im naturnahen Zustand die freie Fischwanderung überhaupt möglich ist (E. 7). Umfassende Interessenabwägung unter Berücksichtigung namentlich des gesetzlichen Ziels, die Erzeugung von Elektrizität aus erneuerbaren Energien zu fördern (E. 8). Die Konzessionsdauer von 80 Jahren entspricht der gesetzlichen Höchstdauer. Sie ist zulässig, auch wenn die Amortisationsdauer für die getätigten Investitionen deutlich kürzer ist (E. 10).

145 II 140 (1C_631/2017) from 29. März 2019
Regeste: Erneuerung und Sanierung eines bestehenden Wasserkraftwerks, das sich auf ein ehehaftes Wasserrecht stützt (Art. 31 ff. und 80 GSchG; Art. 43, 54 lit. e und 58 WRG). Streitig ist, ob das 1967 vom Kanton anerkannte ehehafte Wasserrecht einer integralen Restwassersanierung des bestehenden Kraftwerks entgegensteht (E. 2 und 3). Überblick über Rechtsprechung und Literatur zu den wohlerworbenen Rechten (E. 4) und den ehehaften Rechten (E. 5). Sondernutzungskonzessionen ohne zeitliche Begrenzung sind verfassungswidrig (E. 4.4). Das ehehafte Wasserrecht des Beschwerdegegners gewährt ein Sondernutzungsrecht an einem öffentlichen Gewässer (E. 6.3), das nicht unbefristet gelten kann, sondern nur bis zur Amortisation der getätigten Investitionen, längstens für 80 Jahre (E. 6.4). Es ist daher heute (entschädigungslos) dem aktuellen Recht zu unterstellen. Für die Fortführung der Wassernutzung bedarf es deshalb einer Konzession; einzuhalten sind die gesetzlichen Vorschriften für Neuanlagen, einschliesslich der Restwasservorschriften (E. 6.5).

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