Bundesgesetz
über Arzneimittel und Medizinprodukte
(Heilmittelgesetz, HMG)

vom 15. Dezember 2000 (Stand am 26. Mai 2021)


Open article in different language:  FR  |  IT  |  EN
Art. 86 Verbrechen und Vergehen 232

1 Mit Frei­heits­s­tra­fe bis zu drei Jah­ren oder mit Geld­stra­fe wird be­straft, wer vor­sätz­lich:

a.
Arz­nei­mit­tel oh­ne die er­for­der­li­che Zu­las­sung oder Be­wil­li­gung, ent­ge­gen den mit ei­ner Zu­las­sung oder Be­wil­li­gung ver­knüpf­ten Auf­la­gen und Be­din­gun­gen oder ent­ge­gen den in den Ar­ti­keln 3, 7, 21, 22, 26, 29 und 42 sta­tu­ier­ten Sorg­falts­pflich­ten her­stellt, in Ver­kehr bringt, an­wen­det, ver­schreibt, ein­führt, aus­führt oder da­mit im Aus­land han­delt;
b.
an­ti­bio­ti­sche Wirk­stof­fe ent­ge­gen den ge­stützt auf Ar­ti­kel 42aAb­satz 2 er­las­se­nen Ein­schrän­kun­gen oder Ver­bo­ten ein­setzt;
c.
beim Um­gang mit Blut und Blut­pro­duk­ten die Vor­schrif­ten über die Spen­de­taug­lich­keit, die Test­pflicht, die Auf­zeich­nungs- oder Auf­be­wah­rungs­pflicht oder Sorg­falts­pflich­ten nach Ar­ti­kel 37 ver­letzt oder die not­wen­di­gen Schutz- und Si­cher­heits­mass­nah­men un­ter­lässt;
d.233
Me­di­zin­pro­duk­te, die den An­for­de­run­gen die­ses Ge­set­zes nicht ent­spre­chen, in Ver­kehr bringt, aus­führt oder an­wen­det oder Me­di­zin­pro­duk­te an­wen­det, oh­ne dass die er­for­der­li­chen fach­li­chen und be­trieb­li­chen Vor­aus­set­zun­gen er­füllt sind;
e.
die Sorg­falts­pflicht nach Ar­ti­kel 48 oder die In­stand­hal­tungs­pflicht für Me­di­zin­pro­duk­te ver­letzt;
f.
am Men­schen einen kli­ni­schen Ver­such durch­führt oder durch­füh­ren lässt, der den An­for­de­run­gen die­ses Ge­set­zes nicht ent­spricht;
g.
Arz­nei­mit­tel oder Me­di­zin­pro­duk­te un­recht­mäs­sig nach­macht, ver­fälscht oder falsch be­zeich­net oder un­recht­mäs­sig nach­ge­mach­te, ver­fälsch­te oder falsch be­zeich­ne­te Arz­nei­mit­tel oder Me­di­zin­pro­duk­te in Ver­kehr bringt, an­wen­det, ein­führt, aus­führt oder da­mit im Aus­land han­delt;
h.
ge­gen ein Ver­bot nach Ar­ti­kel 55ver­stösst;
i.234
Pro­duk­te in Ver­kehr bringt, die den vom Bun­des­rat nach Ar­ti­kel 2a fest­ge­leg­ten An­for­de­run­gen nicht ent­spre­chen;
j.235
für mensch­li­ches Ge­we­be oder mensch­li­che Zel­len einen fi­nan­zi­el­len Ge­winn oder einen an­de­ren Vor­teil an­bie­tet, ge­währt, for­dert oder an­nimmt oder sol­che Ge­we­be oder Zel­len für die Her­stel­lung von Pro­duk­ten nach Ar­ti­kel 2a ver­wen­det;
k.236
mensch­li­ches Ge­we­be oder mensch­li­che Zel­len für die Her­stel­lung von Pro­duk­ten nach Ar­ti­kel 2a ent­nimmt oder ver­wen­det, oh­ne dass für die Ent­nah­me ei­ne Zu­stim­mung vor­liegt.

2 Mit Frei­heits­s­tra­fe bis zu zehn Jah­ren, wo­mit ei­ne Geld­stra­fe ver­bun­den wer­den kann, oder mit Geld­stra­fe wird be­straft, wer in den Fäl­len von Ab­satz 1 Buch­sta­ben a–g und i–k:237

a.
weiss oder an­neh­men muss, dass die Wi­der­hand­lung die Ge­sund­heit von Men­schen kon­kret ge­fähr­det;
b.
durch ge­werbs­mäs­si­ges Han­deln einen gros­sen Um­satz oder einen er­heb­li­chen Ge­winn er­zielt.

3 Mit Frei­heits­s­tra­fe bis zu zehn Jah­ren, wo­mit ei­ne Geld­stra­fe ver­bun­den wer­den kann, oder mit Geld­stra­fe wird be­straft, wer in den Fäl­len von Ab­satz 1 Buch­sta­ben a, c, d, f, g und i–k als Mit­glied ei­ner Ban­de zur fort­ge­setz­ten Aus­übung des un­er­laub­ten Heil­mit­tel­han­dels han­delt.238

4 Wer fahr­läs­sig han­delt, wird mit Geld­stra­fe be­straft. In leich­ten Fäl­len kann auf Bus­se er­kannt wer­den.239

232 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I des BG vom 18. März 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2019 mit Aus­nah­me von Abs. 1 Bst. h, in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2017 2745, 2018 3575, 2019 1393; BBl 2013 1).

233 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I des BG vom 22. März 2019, in Kraft seit 26. Mai 2021 (AS 2020 2961; BBl 2019 1).

234 Ein­ge­fügt durch Ziff. I des BG vom 22. März 2019, in Kraft seit 26. Mai 2021 (AS 2020 2961; BBl 2019 1).

235 Ein­ge­fügt durch Ziff. I des BG vom 22. März 2019, in Kraft seit 26. Mai 2021 (AS 2020 2961; BBl 2019 1).

236 Ein­ge­fügt durch Ziff. I des BG vom 22. März 2019, in Kraft seit 26. Mai 2021 (AS 2020 2961; BBl 2019 1).

237 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I des BG vom 22. März 2019, in Kraft seit 26. Mai 2021 (AS 2020 2961; BBl 2019 1).

238 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I des BG vom 22. März 2019, in Kraft seit 26. Mai 2021 (AS 2020 2961; BBl 2019 1).

239 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I des BG vom 22. März 2019, in Kraft seit 26. Mai 2021 (AS 2020 2961; BBl 2019 1).

BGE

135 IV 37 (6B_115/2008) from 4. September 2008
Regeste: Widerhandlung gegen das Bundesgesetz über Arzneimittel und Medizinprodukte (Heilmittelgesetz); Abgrenzung zwischen Vergehen (Art. 86 HMG) und Übertretungen (Art. 87 HMG). Der Vergehenstatbestand setzt im Unterschied zum Übertretungstatbestand die konkrete Gefährdung der Gesundheit von Menschen voraus. Die Abgabe eines verschreibungspflichtigen Arzneimittels (im konkreten Fall "Viagra") ohne ärztliche Verschreibung an Dritte erfüllt den objektiven Vergehenstatbestand nur, soweit tatsächlich Angehörige von Risikogruppen beliefert wurden, für welche die Einnahme des Arzneimittels gefährlich sein kann. Dass sich unter der Vielzahl der wahllos belieferten Kunden wahrscheinlich auch Angehörige von Risikogruppen befanden, reicht zur Begründung einer konkreten Gefährdung der Gesundheit von Menschen nicht aus (E. 2.4).

138 IV 57 (6B_280/2011) from 7. November 2011
Regeste: Art. 4, 86 und 87 HMG; Arzneimittel; Gesundheitsgefährdung; Anwendungsbereich des Art. 86 Abs. 1 lit. b HMG. Nahrungsergänzungsmittel, die zur medizinischen Einwirkung auf den Organismus angepriesen werden, fallen unabhängig von ihrer Zusammensetzung unter den Begriff der Arzneimittel gemäss Art. 4 Abs. 1 lit. a HMG (E. 3). Der Tatbestand des Art. 86 Abs. 1 lit. b HMG ist erfüllt, wenn die Gesundheit von Menschen namentlich durch Inverkehrbringen und Verschreiben von Arzneimitteln konkret gefährdet wird. Dies ist nicht der Fall, wenn Produkte ohne Wirkstoff vermarktet werden, selbst wenn der Vertreiber empfiehlt, sie anstelle von anerkannten Therapien anzuwenden. Derartige Ratschläge stellen weder ein Verschreiben im Sinne von Art. 86 Abs. 1 lit. b HMG noch Inverkehrbringen gemäss Art. 4 Abs. 1 lit. d HMG dar (E. 4).

139 IV 220 (6B_708/2012) from 8. Juli 2013
Regeste: Art. 8 StPO (Verzicht auf Strafverfolgung); Art. 52-54 StGB (Strafbefreiung). Art. 8 StPO bildet keine Grundlage für die Einstellung des Verfahrens durch das Gericht nach der Anklageerhebung in den Anwendungsfällen von Art. 52-54 StGB. Das Gericht hat über die Anklage zu entscheiden und im Falle eines Schuldspruchs von einer Bestrafung abzusehen (Bestätigung der unter dem früheren Prozessrecht begründeten Rechtsprechung). Unter den Gerichten im Sinne von Art. 8 StPO sind die Gerichte zu verstehen, die über Beschwerden gegen Nichtanhandnahme- und Einstellungsverfügungen der Staatsanwaltschaft entscheiden (E. 3.4).

141 IV 279 (6B_1029/2014) from 23. Juni 2015
Regeste: Art. 86 Abs. 1 lit. c HMG; Abgabe von Heilmitteln. Abgeben im Sinne von Art. 86 Abs. 1 lit. c HMG ist das Übertragen eines verwendungsfertigen Heilmittels an den Endverbraucher. Endverbraucher ist, wer das Heilmittel an sich selbst, Drittpersonen oder Tieren anwendet. Keine Abgabe im Sinne dieser Bestimmung liegt vor, wenn der Tierhalter seinen Tieren Arzneimittel verabreicht (E. 1.3.3 und 1.4.2).

Diese Seite ist durch reCAPTCHA geschützt und die Google Datenschutzrichtlinie und Nutzungsbedingungen gelten.

Feedback
Laden