Bundesgesetz
über Arzneimittel und Medizinprodukte
(Heilmittelgesetz, HMG)


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Art. 24 Abgabe verschreibungspflichtiger Arzneimittel

1 Ver­schrei­bungs­pflich­ti­ge Arz­nei­mit­tel ab­ge­ben dür­fen:

a.83
Apo­the­ke­rin­nen und Apo­the­ker auf ärzt­li­che Ver­schrei­bung. Sie dür­fen sol­che Arz­nei­mit­tel auch oh­ne ärzt­li­che Ver­schrei­bung ab­ge­ben, wenn sie di­rek­ten Kon­takt mit der be­trof­fe­nen Per­son ha­ben, die Ab­ga­be do­ku­men­tie­ren und es sich um:
1.
Arz­nei­mit­tel und In­di­ka­tio­nen han­delt, die der Bun­des­rat be­zeich­net hat, oder
2.
einen be­grün­de­ten Aus­nah­me­fall han­delt;
b.84
wei­te­re Me­di­zi­nal­per­so­nen ent­spre­chend den Be­stim­mun­gen über die Selbst­dis­pen­sa­ti­on so­wie un­ter Be­rück­sich­ti­gung von Ar­ti­kel 1 Ab­satz 3 Buch­sta­be c;
c.
ent­spre­chend aus­ge­bil­de­te Fach­per­so­nen un­ter der Kon­trol­le von Per­so­nen nach den Buch­sta­ben a und b.

1bis Der Bun­des­rat be­stimmt die Form und den Um­fang der Do­ku­men­ta­ti­ons­pflicht nach Ab­satz 1 Buch­sta­be a.85

2 Ver­schrei­bungs­pflich­ti­ge Füt­te­rungs­arz­nei­mit­tel dür­fen, auf tier­ärzt­li­che Ver­schrei­bung, auch von Per­so­nen ab­ge­ge­ben wer­den, die über ei­ne Be­wil­li­gung zur Bei­mi­schung von Arz­nei­mit­teln zu Fut­ter­mit­teln ver­fü­gen.

3 Die Kan­to­ne kön­nen be­wil­li­gen, dass Per­so­nen nach Ar­ti­kel 25 Ab­satz 1 Buch­sta­be c be­stimm­te ver­schrei­bungs­pflich­ti­ge Arz­nei­mit­tel an­wen­den.

83 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I des BG vom 18. März 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2019 (AS 2017 2745, 2018 3575; BBl 2013 1).

84 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I des BG vom 18. März 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2019 (AS 2017 2745, 2018 3575; BBl 2013 1).

85 Ein­ge­fügt durch Ziff. I des BG vom 18. März 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2019 (AS 2017 2745, 2018 3575; BBl 2013 1).

BGE

133 I 58 () from 3. November 2006
Regeste: Art. 8 EMRK, Art. 10 Abs. 2 und Art. 13 Abs. 1 BV, Art. 9 und 10 BetmG, Art. 48 BetmV, Art. 24 und 26 HMG; Abgabe von Natrium-Pentobarbital für den begleiteten Suizid einer psychisch kranken Person. Natrium-Pentobarbital kann einem Sterbewilligen weder nach dem Betäubungsmittelrecht noch nach dem Heilmittelrecht ohne ärztliche Verschreibung abgegeben werden (E. 4). Art. 8 EMRK bzw. Art. 10 Abs. 2 und Art. 13 Abs. 1 BV verpflichten den Staat nicht dazu, dafür zu sorgen, dass Sterbehilfeorganisationen oder Suizidwillige Natrium-Pentobarbital rezeptfrei beziehen können (E. 5-6.3.6).

140 II 520 (2C_477/2012) from 7. Juli 2014
Regeste: Art. 4 Abs. 1 lit. f HMG; Art. 30 HMG; Art. 24 Abs. 1 lit. b HMG; Art. 26 Abs. 1 HMG; Art. 27 Abs. 2 lit. c HMG; Art. 29 Abs. 2 lit. g VAM; § 17 des ehemaligen zürcherischen Gesetzes über das Gesundheitswesen; § 25a des zürcherischen Gesundheitsgesetzes; Art. 33 HMG. Frage der Zulässigkeit eines Vertriebssystems zur Medikamentenabgabe mit Zahlungen an Ärztinnen und Ärzte, die nicht über eine kantonale Bewilligung zur Medikamentenabgabe verfügen. Leitprinzipien der Medikamentenabgabe; Bewilligungserfordernisse bei der direkten Medikamentenabgabe und beim Versandhandel (E. 3.1-3.4). Frage der Bewilligungspflicht im strittigen Vertriebssystem (E. 4.2): Bewilligungserfordernis im Falle fehlender personeller Trennung bei Verschreibung und Abgabe (E. 4.2.2. und 4.2.3). Frage der Zulässigkeit des Entschädigungsmodells (E. 5): kantonale Kompetenzen zum Vollzug von Art. 33 HMG (E. 5.1); Auslegung von Art. 33 HMG (E. 5.2.1-5.2.4) und Anwendung in casu (E. 5.3).

148 IV 39 (6B_727/2020) from 28. Oktober 2021
Regeste: Art. 117 StGB; Art. 26 Abs. 2 HMG; fahrlässige Tötung (Freispruch), Sorgfaltspflichtverletzung. Ein Arzneimittel darf nur verschrieben werden, wenn die Vitaldaten des Patienten, sein Gesundheitszustand, Allergien, Arzneimittelunverträglichkeiten und das Interaktionspotential mit anderen Wirkstoffen bzw. Arznei- sowie Nahrungsmitteln bekannt sind (E. 2.4.1). Der Arzt muss sich sorgfältig ein Bild machen, was dem Patienten fehlt, und welche Therapieformen geeignet sind. Üblicherweise verlangt die ärztliche Sorgfalt die Durchführung einer Anamnese. Über die Art der im Einzelfall erforderlichen Anamnese lassen sich keine allgemeingültigen Angaben machen. Zur Durchführung der Heilbehandlung ist in der Regel die Mitwirkung des Patienten erforderlich. Bei dieser Mitwirkung handelt es sich um blosse Obliegenheiten. Wirkt der Patient bei der Behandlung nicht mit, braucht der Arzt jedoch nicht tätig zu werden (E. 2.4.2). Die Geheimhaltungspflicht des Arztes verbietet jede Weitergabe des Geheimnisses an Dritte. Sie schützt die Persönlichkeit des Patienten und bleibt nach Abschluss der Behandlung bestehen (E. 2.4.3). Im Allgemeinen kann der Arzt davon ausgehen, dass er es mit einem verständigen Patienten zu tun hat, weshalb er sich grundsätzlich auf dessen Angaben verlassen darf (E. 2.7.2). Im vorliegenden Fall hatte der Arzt eine Erstanamnese vorgenommen, die Frage nach einer Antibiotika-Allergie abgeklärt und die Patientin aufgefordert, ihm die medizinischen Akten zu bringen. Als diese ausblieben, hakte er nach und bat seine Patientin, ihm diese Unterlagen "dringend" nachzureichen. Damit ist der Arzt den gebotenen Abklärungspflichten und seiner Sorgfaltspflicht hinreichend nachgekommen. Für ihn ergab sich weder aus dem Gesetz noch aus den anerkannten Regeln der Branche eine Pflicht, selber aktiv zu werden und die von der Patientin nicht wahrgenommene Beschaffung ihrer früheren Krankenakten zu übernehmen (E. 2.8).

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