Bundesgesetz
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Art. 182
VI. Verfahren 1. Grundsatz 1 Die Parteien können das schiedsgerichtliche Verfahren selber oder durch Verweis auf eine schiedsgerichtliche Verfahrensordnung regeln; sie können es auch einem Verfahrensrecht ihrer Wahl unterstellen.148 2 Haben die Parteien das Verfahren nicht selber geregelt, so wird dieses, soweit nötig, vom Schiedsgericht festgelegt, sei es direkt, sei es durch Bezugnahme auf ein Gesetz oder eine schiedsgerichtliche Verfahrensordnung. 3 Unabhängig vom gewählten Verfahren muss das Schiedsgericht in allen Fällen die Gleichbehandlung der Parteien sowie ihren Anspruch auf rechtliches Gehör in einem kontradiktorischen Verfahren gewährleisten. 4 Eine Partei, die das Schiedsverfahren fortsetzt, ohne einen erkannten oder bei gehöriger Aufmerksamkeit erkennbaren Verstoss gegen die Verfahrensregeln unverzüglich zu rügen, kann diesen später nicht mehr geltend machen.149 148 Fassung gemäss Ziff. 1 des BG vom 19. Juni 2020, in Kraft seit 1. Jan. 2021 (AS 2020 4179; BBl 2018 7163). 149 Eingefügt durch Ziff. 1 des BG vom 19. Juni 2020, in Kraft seit 1. Jan. 2021 (AS 2020 4179; BBl 2018 7163). BGE
116 II 373 () from 21. August 1990
Regeste: Art. 190 Abs. 2 IPRG. Diese Bestimmung kennt im Gegensatz zu Art. 36 lit. h i.V.m. Art. 33 Abs. 1 lit. e des Schiedsgerichtskonkordats den Beschwerdegrund der fehlenden Begründung nicht; das Fehlen der Begründung stellt für sich allein auch keinen Verstoss gegen den ordre public dar (E. 7).
116 II 639 () from 19. Dezember 1990
Regeste: Internationale Schiedsgerichtsbarkeit. - Klare Äusserung des Verzichtswillens als Voraussetzung des Rechtsmittelverzichts nach Art. 192 Abs. 1 IPRG (E. 2c). - Entgegen dem deutschen und italienischen Wortlaut regelt Art. 190 Abs. 2 lit. c IPRG keinen Fall der fehlenden Zuständigkeit, jedoch auch den Fall, dass ein Schiedsgericht ultra petita entscheidet (E. 3a). - Inhalt der Grundsätze der Gleichbehandlung und des rechtlichen Gehörs nach Art. 190 Abs. 2 lit. d IPRG (E. 4c).
119 II 386 () from 7. September 1993
Regeste: Internationale Schiedsgerichtsbarkeit; rechtliches Gehör; Aussetzung; Ordre public (Art. 190 Abs. 2 lit. e IPRG). 1. Die Partei, welche meint, Opfer eines Prozessfehlers geworden zu sein, hat dies im Schiedsgerichtsverfahren zu rügen; andernfalls kann sie den Fehler mit der Beschwerde gegen das Urteil nicht mehr geltend machen (E. 1a). 2. Eine Partei kann sich nicht auf ihren Anspruch auf rechtliches Gehör berufen, um die Aussetzung des Verfahrens zu erzwingen (E. 1b). 3. Der Leitsatz "le pénal tient le civil en l'état" gehört nicht zu den Grundprinzipien der schweizerischen Rechts- und Wertordnung (E. 1c).
126 III 249 () from 28. April 2000
Regeste: Verfahrensrechtlicher Ordre public (Art. 190 Abs. 2 lit. e IPRG). Ablehnung eines schiedsgerichtlichen Experten wegen Befangenheit. Ein Schiedsentscheid kann auch bei Verfahrensmängeln, die nicht unter Art. 190 Abs. 2 lit. a-d IPRG fallen, wegen Verstosses gegen den verfahrensrechtlichen Ordre public gemäss Art. 190 Abs. 2 lit. e IPRG angefochten werden (E. 3a und b). Der Anspruch auf Anrufung eines Ablehnungsgrundes verwirkt, wenn er im Schiedsverfahren nicht sofort geltend gemacht wird (E. 3c und d). Es verstösst nicht gegen den verfahrensrechtlichen Ordre public, wenn ein Ablehnungsgrund nicht von Amtes wegen berücksichtigt wird (E. 4).
130 III 35 () from 30. September 2003
Regeste: Art. 190 Abs. 2 lit. d IPRG; internationale Schiedsgerichtsbarkeit; Anspruch der Parteien auf rechtliches Gehör in einem kontradiktorischen Verfahren. Tragweite des Anspruchs auf rechtliches Gehör und des Prinzips des kontradiktorischen Verfahrens (E. 5). Verletzung des letzteren im vorliegenden Fall bejaht, da sich die rechtliche Würdigung des Schiedsgerichts auf eine Vertragsbestimmung stützt, die keine der Parteien als massgebend betrachtet und im Verfahren angerufen hatte (E. 6).
133 III 139 () from 19. Februar 2007
Regeste: Internationale Schiedsgerichtsbarkeit. Zuständigkeit des Schiedsgerichts zur Prüfung von Vorfragen. Ablehnung eines Begehrens um Sistierung des Verfahrens. Das Schiedsgericht ist zuständig, vorfrageweise zu prüfen, ob eine strafbare Handlung vorgelegen hat (E. 5). Das Schiedsgericht muss das Verfahren sistieren, wenn ein zwingender Grund dies verlangt, und kann es sistieren, wenn diese Massnahme im Hinblick auf die Interessen der Parteien als angezeigt erscheint. Liegt kein zwingender Grund vor, verstösst die Verfahrenssistierung oder deren Verweigerung weder gegen das Prinzip der Gleichbehandlung der Parteien noch gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör (E. 6.1). Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdeführerin sich nicht auf einen zwingenden Grund berufen (E. 6.2).
134 III 186 (4A_468/2007) from 22. Januar 2008
Regeste: Internationale Schiedsgerichtsbarkeit; Art. 77 BGG; Art. 190 Abs. 2 IPRG. Art. 77 Abs. 3 BGG statuiert eine der Regelung von Art. 106 Abs. 2 BGG entsprechende Rügepflicht (E. 5). Aus dem Grundsatz des rechtlichen Gehörs im Sinn von Art. 190 Abs. 2 lit. d IPRG ergibt sich auch unter der Geltung von Art. 77 BGG kein Anspruch auf Begründung des Entscheids (E. 6).
136 III 597 (4A_391/2010, 4A_399/2010) from 10. November 2010
Regeste: a Anfechtbare Schiedsentscheide gemäss Art. 190 IPRG i.V.m. Art. 77 Abs. 1 BGG. Kreis der anfechtbaren Schiedsentscheide (E. 4.1); prozessleitende Verfügungen des Schiedsgerichts wie z.B. die Verfügung über die Leistung des Kostenvorschusses sind nicht mit Beschwerde in Zivilsachen anfechtbar (E. 4.2 und 5.1).
136 III 605 (4A_234/2010) from 29. Oktober 2010
Regeste: Art. 190 Abs. 2 lit. a IPRG; internationale Schiedsgerichtsbarkeit; Zusammensetzung des Schiedsgerichts; Ablehnung. Die Erfordernisse der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Mitglieder eines Schiedsgerichts gelten sowohl für die von den Parteien bezeichneten Schiedsrichter als auch für den Präsidenten des Schiedsgerichts (E. 3.2 und 3.3.1). Das Bundesgericht überprüft die Beachtung dieser Anforderungen, selbst wenn der Schiedsentscheid einstimmig gefällt worden ist (E. 3.3.2). Es trägt dabei den Besonderheiten der Sportschiedsgerichtsbarkeit Rechnung (E. 3.3.3). Falls sich die auf Art. 190 Abs. 2 lit. a IPRG gestützte Rüge als begründet erweist, kann das Bundesgericht selbst über die Ablehnung des betreffenden Schiedsrichters befinden (E. 3.3.4). Beurteilung der Umstände des konkreten Falls (E. 3.4).
142 III 239 (4A_84/2015) from 18. Februar 2016
Regeste: Internationale Schiedsgerichtsbarkeit; Schiedsvereinbarung; Zuständigkeit des Schiedsgerichts (Art. 178 und 190 Abs. 2 lit. b IPRG). Grundsatz der Autonomie der Schiedsvereinbarung im Verhältnis zum Hauptvertrag (E. 3.2.1). Ausnahmesituation, in der eine Schiedsklausel in Anwendung dieses Grundsatzes als gültig erachtet wurde, weil sie das massgebende Formerfordernis erfüllte und dem tatsächlichen übereinstimmenden Parteiwillen entsprach, dies unabhängig vom Zustandekommen des Rahmenvertrags, in dem sie enthalten war (E. 5 und 6). Können die Parteien vereinbaren, die Schiedsklausel einem strengeren Formerfordernis als dem nach Art. 178 Abs. 1 IPRG vorgesehenen zu unterstellen? Frage offengelassen (E. 3.3.1).
142 III 360 (4A_342/2015) from 26. April 2016
Regeste: Internationale Schiedsgerichtsbarkeit; Beschwerde wegen Verletzung des Grundsatzes der Gleichbehandlung der Parteien oder ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör in einem kontradiktorischen Verfahren (Art. 190 Abs. 2 lit. d IPRG). Inhalt, Grenzen und Wirkung der Verfahrensgarantien, die durch den in Art. 190 Abs. 2 lit. d IPRG vorgesehenen Beschwerdegrund durchgesetzt werden (E. 4.1.1-4.1.4). Auf dem Gebiet der Schiedsgerichtsbarkeit besteht kein absoluter Anspruch auf einen doppelten Schriftenwechsel (E. 4.1.2). |