Bundesgesetz
über internationale Rechtshilfe in Strafsachen
(Rechtshilfegesetz, IRSG)

vom 20. März 1981 (Stand am 1. Juli 2021)


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Art. 95 Unzulässigkeit der Vollstreckbarerklärung

1 Die Voll­streck­bar­er­klä­rung (Exe­qua­tur) ist un­zu­läs­sig, wenn:

a.147
die Ver­ur­tei­lung in ei­nem Zeit­punkt er­folg­te, in dem bei An­wen­dung schwei­ze­ri­schen Rechts die Straf­ver­fol­gung ab­so­lut ver­jährt ge­we­sen wä­re;
b.
die Sank­ti­on nach schwei­ze­ri­schem Recht ver­jährt wä­re, so­fern ein schwei­ze­ri­sche Be­hör­de sie im glei­chen Zeit­punkt aus­ge­spro­chen hät­te; oder
c.
die Tat auch der schwei­ze­ri­schen Ge­richts­bar­keit un­ter­wor­fen ist und nach schwei­ze­ri­schem Recht aus an­dern Grün­den kei­ne Sank­ti­on ver­hängt wer­den könn­te.

2 Ent­schei­de über Kos­ten wer­den nur voll­streck­bar er­klärt, so­weit die­se an den Staat zu zah­len sind.

147 Die Fas­sung von Art. 97 ff. StGB (SR 311.0) ent­hält ein neu­es Ver­jäh­rungs­sys­tem (AS 2006 3459; BBl 1999 1979).

BGE

115 IB 517 () from 2. November 1989
Regeste: Internationale Rechtshilfe in Strafsachen; Art. 63 und 74 IRSG, Herausgabe von Vermögenswerten. Bei der Auslegung der Bestimmungen über die Herausgabe von Gegenständen im Rahmen der "anderen Rechtshilfe" sind mitzuberücksichtigen: - die übrigen Vorschriften des IRSG und die internationalen Rechtshilfe-Übereinkommen (E. 3); - Sinn und Zweck des IRSG (E. 4); - die Regelung über die Herausgabe von Objekten im Auslieferungsverfahren (E. 5). Art. 63 IRSG (E. 6). Art. 63 IRSG umfasst auch Vorkehren, die es dem ersuchenden Staat ermöglichen, Verfügungsgewalt über Deliktsgut zu erlangen, d.h. die Sicherungsbeschlagnahme und die Herausgabe der beschlagnahmten Gegenstände (E. 6a, b), ohne Beschränkung auf bestimmte Herausgabezwecke (E. 6c). Art. 74 IRSG (E. 7). Wortlaut, Materialien (E. 7a). Art. 74 Abs. 1 bezieht sich auf Gegenstände, die als Beweismittel dienen können (E. 7b). Art. 74 Abs. 2 IRSG betrifft Deliktsgut und nennt den Sonderfall, dass im ersuchenden Staat kein Strafverfahren läuft, gilt aber a fortiori, wenn ein solches eröffnet worden ist; in diesem Fall ist der Herausgabezweck nicht beschränkt (E. 7c). Als Beweismittel beanspruchte Objekte müssen eine Beziehung zum Strafverfahren im ersuchenden Staat aufweisen; Voraussetzung für die Herausgabe von Deliktsgut ist, dass die fraglichen Gegenstände in Beziehung zur Tat stehen, d.h. dass ihre deliktische Herkunft höchst wahrscheinlich sein muss (E. 7d). Herauszugeben ist nur Deliktsgut, über das der Verfolgte rechtlich oder tatsächlich verfügt (E. 7e). Der Begriff der Beute umfasst auch das Entgelt (E. 7f). Rechte von Behörden und Dritten: Unterliegt das Deliktsgut in der Schweiz als ersuchtem Staat der Einziehung, geht diese der Herausgabe vor (E. 7g aa). Bestehen Rechte Dritter an herausverlangten Beweismitteln, müssen diese herausgegeben, vom ersuchenden Staat aber wieder zurückgegeben werden; Rechte Dritter am Deliktsgut gehen der Herausgabe grundsätzlich vor (E. 7g bb). Art. 74 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 63 Abs. 1 IRSG ist eine Kann-Vorschrift (E. 7h). Vollstreckung ausländischer Einziehungsentscheide (E. 8). Lehre und Rechtsprechung (E. 8a). Die Möglichkeit der Vollstreckung ausländischer Einziehungsentscheide steht mit dem Zweck des IRSG in Einklang (E. 8b). Der in Art. 94 Abs. 2 IRSG verwendete Begriff der "Sanktionen" umfasst auch die Einziehung (E. 8b aa-dd). Die Voraussetzung von Art. 94 lit. a IRSG gilt im Falle der Vollstreckung ausländischer Einziehungsentscheide nicht (E. 8c). Die Vollstreckung ausländischer Einziehungsentscheide besteht in der Aushändigung der fraglichen Gegenstände oder Vermögenswerte an den ersuchenden Staat (E. 8d). Aufschub der Herausgabe; Art. 95 und Art. 110 Abs. 2 IRSG, verjährungs- und übergangsrechtliche Fragen (E. 9). Ein Aufschub der Herausgabe darf nicht dazu führen, dass die Rechtshilfe infolge der inzwischen eingetretenen Verfolgungsverjährung nicht mehr geleistet werden kann (E. 9a). Ist die Herausgabe des Deliktsgutes vor Ausfällung des ausländischen Sachurteils zulässig, darf sie im Exequaturverfahren nicht mit Hinweis auf Art. 110 Abs. 2 IRSG verweigert werden (E. 9b). Zusammenfassung der allgemeinen Erwägungen (E. 10). Kompetenz zur Anordnung der Herausgabe (E. 11). Der Herausgabeentscheid kann auch von einer Verwaltungsbehörde ausgehen (E. 11a). Kantonale Zuständigkeitsordnung, Notwendigkeit richterlicher Überprüfung (E. 11b, c). Anwendung auf den vorliegenden Fall (E. 12-14). Doppelte Strafbarkeit (E. 12). Die beschlagnahmten Vermögenswerte rühren höchstwahrscheinlich aus der Gegenstand des mexikanischen Strafverfahrens bildenden Straftat her (E. 13a, b). Die Vermögenswerte können in der Schweiz nicht eingezogen werden (E. 13c). Drittpersonen, die von den Verfolgten eingeschaltet worden sind, um die wahren Verfügungsverhältnisse zu verschleiern, können sich nicht auf Art. 34 Abs. 3 und 4 IRSG berufen (E. 13d). Sofortige Herausgabe oder Aufschub? Abwägung der auf dem Spiele stehenden Interessen (E. 14).

120 IB 167 () from 7. Juni 1994
Regeste: Internationale Rechtshilfe in Strafsachen; Art. 94 ff. und Art. 107 Abs. 3 IRSG. Vollstreckung eines ausländischen Gerichtsentscheides, den vom Verurteilten erzielten Ertrag aus Widerhandlungen gegen die Betäubungsmittelgesetzgebung einzuziehen. Bei nicht mehr greifbarem Deliktserlös ist auch die Einziehung einer diesbezüglichen Ersatzforderung des ersuchenden Staates als rechtshilfefähige Sanktion im Sinne von Art. 94 IRSG zu erachten (E. 3). In einem solchen Fall ist die für die Vollstreckung ausländischer Kostenentscheide gemäss Art. 107 Abs. 3 IRSG vorgesehene Lösung sinngemäss anzuwenden, so dass das Rechtshilfeverfahren nicht unentgeltlich zu führen ist, sondern die entstandenen Prozesskosten dem rechtshilfeweise herauszugebenden Betrag vorweg zu belasten sind (E. 4).

126 II 462 () from 6. November 2000
Regeste: Internationale Rechtshilfe in Strafsachen; Art. 5 Abs. 1 lit. c IRSG, 33a IRSV. Zulässigkeit von Rechtshilfemassnahmen nach Eintritt der absoluten Verjährung nach schweizerischem Recht (E. 4). Aufrechterhaltung von Kontosperren über die absolute Verjährungsfrist hinaus; Gesetzmässigkeit von Art. 33a IRSV (E. 5).

129 II 453 () from 27. Oktober 2003
Regeste: Art. 74a und 80h lit. b IRSG; Herausgabebegehren gestützt auf ein ausländisches Urteil. Die Gelder stammen aus einem veruntreuten Darlehen zwischen Privaten. Das ausländische Urteil räumt dem ersuchenden Staat ein Vorrecht auf diese Guthaben ein (um Vermögenswerte aus anderen Delikten wieder zu erlangen), erkennt aber, dass sie grundsätzlich dem Darleiher zustehen. Die Zulässigkeit der Beschwerde ist zweifelhaft, da der ersuchende Staat seine Betroffenheit nicht dargelegt hat (E. 2). Es besteht kein Zusammenhang zwischen den beschlagnahmten Vermögenswerten und den Delikten, welche dem Herausgabebegehren zu Grunde liegen; der Darleiher hat im Übrigen Anspruch auf die Guthaben. Art. 74a IRSG erlaubt somit die Rückgabe nicht (E. 3 und 4).

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