Bundesgesetz
über internationale Rechtshilfe in Strafsachen
(Rechtshilfegesetz, IRSG)


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Art. 17 Bundesbehörden

1 Das Eid­ge­nös­si­sche Jus­tiz- und Po­li­zei­de­par­te­ment (De­par­te­ment) ent­schei­det im Fall von Ar­ti­kel 1a.53Um einen Ent­scheid des De­par­te­ments kann bis 30 Ta­ge nach der schrift­li­chen Mit­tei­lung der Schluss­ver­fü­gung er­sucht wer­den.54

2 Das BJ nimmt die Er­su­chen des Aus­lands ent­ge­gen und stellt die schwei­ze­ri­schen Er­su­chen. Es be­han­delt Er­su­chen um Aus­lie­fe­rung und ver­an­lasst die Prü­fung von Er­su­chen um an­de­re Rechts­hil­fe, stell­ver­tre­ten­de Straf­ver­fol­gung oder Voll­stre­ckung von Stra­fent­schei­den durch die zu­stän­di­gen kan­to­na­len oder Bun­des­be­hör­den, so­fern ih­re Aus­füh­rung nicht of­fen­sicht­lich un­zu­läs­sig ist.

3 Es ent­schei­det über:

a.
das Ein­ho­len der Zu­si­che­rung des Ge­gen­rechts (Art. 8 Abs. 1);
b.
die Wahl des ge­eig­ne­ten Ver­fah­rens (Art. 19);
c.
die Zu­läs­sig­keit schwei­ze­ri­scher Er­su­chen (Art. 30 Abs. 1).

4 Es kann die Durch­füh­rung ei­nes Ver­fah­rens ganz oder teil­wei­se der Bun­des­be­hör­de über­tra­gen, die bei Be­ge­hung der Tat in der Schweiz für die Ahn­dung zu­stän­dig wä­re.

5 Es kann auch über die Zu­läs­sig­keit der Rechts­hil­fe und die Aus­füh­rung ge­mä­ss Ar­ti­kel 79aent­schei­den.55

53Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I des BG vom 4. Okt. 1996, in Kraft seit 1. Fe­br. 1997 (AS 1997 114; BBl 1995 III 1).

54 Satz ein­ge­fügt durch An­hang Ziff. 30 des Ver­wal­tungs­ge­richts­ge­set­zes vom 17. Ju­ni 2005, in Kraft seit 1. Jan. 2007 (AS 2006 2197; BBl 2001 4202).

55Ein­ge­fügt durch Ziff. I des BG vom 4. Okt. 1996, in Kraft seit 1. Fe­br. 1997 (AS 1997 114; BBl 1995 III 1).

BGE

116 IB 96 () from 26. März 1990
Regeste: Internationale Rechtshilfe in Strafsachen; vorläufige Massnahmen im Sinne von Art. 18 IRSG; Abgabebetrug; Übermassverbot. 1. Geht es erst um vorläufige Massnahmen im Sinne von Art. 18 IRSG, so ist die Prüfung des Bundesgerichts auf die Frage der grundsätzlichen Zulässigkeit der Rechtshilfe und dieser Massnahmen beschränkt (E. 3a). Ausdehnung der Untersuchung bzw. vorläufigen Massnahmen gestützt auf Art. 48 Abs. 4 VStrR (wegen Kollusionsgefahr), indem solche auch mit Bezug auf Firmen angeordnet wurden, die im Ersuchen und den zugehörigen Unterlagen nicht ausdrücklich genannt, aber in den Gegenstand der Untersuchung bildenden Sachverhalt verwickelt sind. Auf diese Firmen bezogen muss das Ersuchen innert kurzer Frist hinreichend ergänzt werden; andernfalls würden die sie betreffenden vorläufigen Massnahmen ohne weiteres dahinfallen (E. 3b). Würden diese Massnahmen aufrechterhalten und die gestützt auf Art. 18 IRSG vorläufig beschlagnahmten Unterlagen ohne solche Ergänzung des Ersuchens rechtshilfeweise herausgegeben, so würde dadurch das Übermassverbot verletzt (E. 5b). 2. Im Falle von Abgabebetrug muss die ersuchende Behörde hinreichende Verdachtsmomente darlegen, damit ihrem Gesuch entsprochen werden kann. Es ist dabei an Indizien - z.B. Zeugenaussagen, Urkunden - zu denken, welche geeignet sind, die Angaben der ersuchenden Behörde wenigstens in dem Sinne objektiv zu erhärten, dass diese nicht völlig haltlos erscheinen. Diesen Anforderungen genügt das Ersuchen in casu jedenfalls zur Zeit nicht. Sollte es nicht hinreichend ergänzt werden, so würden sich die bereits erfolgten Zwangsmassnahmen als ungerechtfertigt erweisen. Diesfalls müssten die beschlagnahmten Akten den Berechtigten unbeschwert zurückerstattet werden (E. 4).

117 IB 64 () from 8. März 1991
Regeste: Internationale Rechtshilfe in Strafsachen. Notwendigkeit von Erhebungen in mehreren Kantonen, Art. 80 IRSG; Prüfungsobliegenheiten nach Art. 78 und 79 IRSG, Heilung von allfälligen Mängeln des kantonalen Verfahrens; Voraussetzungen der Rechtshilfeleistung, Art. 2 IRSG. 1. Der zwischen Paraguay und der Schweiz abgeschlossene Auslieferungsvertrag ist teilweise auch für die Rechtshilfe im Sinne des dritten Teils des IRSG anwendbar. Soweit eine staatsvertragliche Regelung fehlt, gelangen das IRSG und die IRSV zur Anwendung (E. 2a). 2. Der vom BAP gestützt auf Art. 80 IRSG mit der Leitung des Rechtshilfeverfahrens beauftragte Kanton alleine hat den Grundsatzentscheid über die internationale Rechtshilfe für alle Betroffenen in allen durch das ausländische Ersuchen berührten Kantonen zu fällen (E. 3). Somit hat der "Leitkanton" die materielle Zulässigkeit der internationalen Rechtshilfe zu prüfen (Art. 79 Abs. 1 IRSG), während es sich bei der dem BAP nach Art. 78 Abs. 1 IRSG obliegenden Prüfung um eine blosse Vorprüfung handelt, die im wesentlichen auf die Frage beschränkt ist, ob ein Ersuchen den formellen Anforderungen entspricht oder ob seine Ausführung nicht sonstwie offensichtlich unzulässig ist. In casu sind die zuständigen Behörden des "Leitkantons" ihrer Prüfungs- und Begründungspflicht noch hinreichend nachgekommen. Allfällige Mängel des vorinstanzlichen Verfahrens wären vor Bundesgericht geheilt worden (E. 4). 3. Die grundsätzlichen Voraussetzungen der Rechtshilfeleistung sind zu bejahen. - Die Bestätigung nach Art. 76 lit. c IRSG/Art. 31 Abs. 2 IRSV wie auch die Gegenrechtserklärung nach Art. 8 IRSG liegen vor (E. 2a und 5b). - Die Erfordernisse nach Art. 28 IRSG sind erfüllt, wie auch beidseitige Strafbarkeit gegeben ist (Art. 2 des zwischen Paraguay und der Schweiz abgeschlossenen Vertrages, Art. 64 IRSG). Die Gegenstand des Ersuchens bildenden, teilweise durch ehemalige Staatsorgane begangenen Straftaten spielten sich zwar in einem gewissen politischen Umfeld ab, doch handelt es sich dabei um gemeinrechtliche, rechtshilfefähige Delikte (E. 5c). - Die Darstellung im Begehren weist zwar darauf hin, dass der ersuchende Richter nicht nur als Untersuchungsrichter amtet, sondern hernach als erstinstanzlicher Strafrichter in derselben Angelegenheit vorgesehen sein soll, was mit Art. 6 Ziff. 1 EMRK und Art. 58 Abs. 1 BV nicht zu vereinbaren ist. Dies hat aber nicht die grundsätzliche Verweigerung der Rechtshilfe zur Folge. Vielmehr ist die Forderung nach einem den betreffenden Bestimmungen entsprechenden Richter in einen Vorbehalt aufzunehmen. Die Rechtshilfeleistung ist von der von den zuständigen Behörden Paraguays abzugebenden Zusicherung abhängig zu machen, dass dieser Vorbehalt eingehalten wird (E. 5f/g).

117 IV 209 () from 15. Juli 1991
Regeste: Art. 15 IRSG; Entschädigung für ungerechtfertigte Auslieferungshaft. 1. Zuständigkeit der Anklagekammer. Im Beschwerdeverfahren können auch im Zusammenhang mit prozessualen Zwangsmassnahmen stehende Verletzungen von Prozessvorschriften gerügt werden (E. 1). 2. Wird dem Auslieferungsbegehren nicht stattgegeben ("Nichtannahme" im Sinne von Art. 27 Abs. 5 IRSG), hat dies mit begründeter Verfügung zu geschehen, die dem Verfolgten mitzuteilen ist (E. 2). 3. Die Anklagekammer beurteilt einzig Begehren auf Entschädigung für ungerechtfertigte, nicht indessen für rechtswidrige Auslieferungshaft (E. 4c). 4. Die Entschädigung kann nur verweigert werden, wenn der Verfolgte die Untersuchung durch trölerisches Verhalten erschwert oder verlängert hat (E. 4d).

119 IB 56 () from 8. März 1993
Regeste: Internationale Rechtshilfe in Strafsachen; Art. 80 IRSG. Verfahren und Zulässigkeit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen einen Entscheid des BAP, mit dem ein "Leitkanton" bestimmt wurde (E. 1). Art. 24 Abs. 1 IRSG, Legitimation zur Einsprache gegen einen solchen Entscheid (E. 2). Voraussetzungen der Anwendung von Art. 80 IRSG (E. 3).

120 IV 60 () from 2. März 1994
Regeste: Art. 48 ff. VStrR; Art. 64 IRSG. Ordnet eine Bundesbehörde, die gestützt auf Art. 17 Abs. 4 IRSG durch das Bundesamt für Polizeiwesen mit der Durchführung des Rechtshilfeverfahrens betraut wurde, im Bereich der sog. "anderen" Rechtshilfe gestützt auf das Verwaltungsstrafrecht Zwangsmassnahmen an, so unterliegen diese - nicht aber die Frage der Zulässigkeit der Rechtshilfe - der Beschwerde an die Anklagekammer des Bundesgerichts (E. 1).

122 IV 188 () from 3. Juli 1996
Regeste: Art. 65 ff. BStP; Art. 12 und 25 Abs. 1 IRSG; Beschwerde gegen Zwangsmassnahmen im Bereich der internationalen Rechtshilfe. Ordnet eine Bundesbehörde, die durch das Bundesamt für Polizeiwesen mit der Durchführung des Rechtshilfeverfahrens betraut wurde, im Bereich der sog. "anderen" Rechtshilfe Zwangsmassnahmen an, so unterliegen diese nicht der Beschwerde an die Anklagekammer des Bundesgerichts. Gegen solche Massnahmen steht nur die Verwaltungsgerichtsbeschwerde zur Verfügung (E. 1b; Änderung der Rechtsprechung).

123 II 595 () from 10. Dezember 1997
Regeste: Rechtshilfe in Strafsachen an die Republik der Philippinen; Art. 74a IRSG: Herausgabe von Vermögenswerten zur Einziehung oder Rückerstattung. Auslegung von Art. 74a Abs. 3 IRSG; Voraussetzungen, unter denen ausnahmsweise auf das Vorliegen eines rechtskräftigen Entscheids des ersuchenden Staats verzichtet werden kann (E. 4). Angesichts des erheblichen Interesses der Schweiz an einer vorzeitigen Rückführung der Vermögenswerte und deren offensichtlich deliktischer Herkunft ist die vorzeitige Herausgabe gerechtfertigt, sofern die Philippinen zusichern, dass über die Einziehung bzw. die Rückerstattung nur in einem dem UNO-Pakt II genügenden gerichtlichen Verfahren entschieden wird (E. 5). Rechte Dritter i.S. von Art. 74a Abs. 4 und 5 IRSG stehen der sofortigen Herausgabe nicht entgegen (E. 6). Im Rahmen von Art. 1a IRSG ist den in internationalen Verträgen garantierten Menschenrechten Rechnung zu tragen; Berücksichtigung der Interessen der Opfer von Menschenrechtsverletzungen unter dem Marcos-Regime (Art. 2, 6, 7, 9, 14 und 41 UNO-Pakt II; Art. 13, 14, 16 Abs. 1 und 30 UN-Übereinkommen gegen die Folter von 1984) (E. 7c). Die in den Vereinigten Staaten ergangenen gerichtlichen Verfügungen bezüglich der in der Schweiz gesperrten Vermögenswerte sowie allfällige sich daraus ergebende Nachteile für die schweizerischen Banken stehen einer Herausgabe an die Philippinen nicht entgegen (E. 7d).

132 II 1 () from 25. Oktober 2005
Regeste: Art. 2 und 8 BVE, Art. 1 und 6 BÜPF; Art. 33 SGG, Art. 63 Abs. 2 IRSG; rechtshilfeweiser Einsatz verdeckter ausländischer Ermittler; Zuständigkeit des Beschwerdekammerpräsidenten im Genehmigungsverfahren. Der Beschwerdekammerpräsident ist im Verfahren zur Genehmigung des rechtshilfeweisen Einsatzes verdeckter ausländischer Ermittler grundsätzlich nur befugt zu prüfen, ob die Voraussetzungen des BVE erfüllt sind oder nicht. Es steht ihm nicht zu, die Verfügung der zuständigen Behörde über die Gewährung der Rechtshilfe frei zu überprüfen; er ist daran gebunden, sofern sie nicht offensichtlich unhaltbar ist (E. 2). Der Gesetzgeber hat die rechtshilfeweise Anwendung des BVE nicht durch qualifiziertes Schweigen ausgeschlossen (E. 3.2). Der rechtshilfeweise Einsatz verdeckter Ermittler ist besonders problematisch, weil der Informationsfluss zwischen Ermittler und Auftraggeber nicht kontrollierbar ist und damit das Grundprinzip des Rechtshilferechts in Frage steht, wonach dem ersuchenden Staat verwertbare Informationen erst zukommen dürfen, wenn die Schlussverfügung in Rechtskraft erwachsen ist (E. 3.3). Es rechtfertigt sich daher, diese Rechtshilfemassnahme nur zu Gunsten von Staaten zuzulassen, zu denen ein besonderes Vertrauensverhältnis besteht; als Ausdruck dafür kann der Abschluss eines entsprechenden Staatsvertrages gesehen werden (E. 3.4). Das Zweite Zusatzprotokoll zum Europäischen Übereinkommen über die Rechtshilfe in Strafsachen wäre ein derartiger Vertrag; da ihn die Niederlanden noch nicht ratifiziert haben, verletzte die Bundesanwaltschaft mit ihrer Verweigerung der anbegehrten Rechtshilfe kein Bundesrecht (E. 3.5).

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