Bundesgesetz
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Art. 1
1 Die Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 6. Oktober 20008 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) sind auf die Invalidenversicherung (Art. 1a–26bis und 28–70) anwendbar, soweit das vorliegende Gesetz nicht ausdrücklich eine Abweichung vom ATSG vorsieht.9 2 Die Artikel 32 und 33 ATSG sind auch anwendbar auf die Förderung der Invalidenhilfe (Art. 71–76). 9 Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 21. März 2003 (4. IV-Revision), in Kraft seit 1. Jan. 2004 (AS 2003 3837; BBl 2001 3205). BGE
98 V 35 () from 19. Januar 1972
Regeste: Art. 12 IVG. Die Nierenbeckenplastik bei Hydronephrose ist Behandlung des Leidens an sich. Art. 13 IVG. Kein Anspruch gemäss dieser Bestimmung, wenn das Geburtsgebrechen des Versicherten nicht vor dessen Mündigkeit behandelt werden kann. Art. 78 Abs. 3 IVV. Die Kosten von Abklärungsmassnahmen, denen sich der noch minderjährige Versicherte unterzieht, gehen nicht zu Lasten der Invalidenversicherung, wenn die Behandlung des Geburtsgebrechens erst nach Eintritt der Volljährigkeit einsetzen kann.
103 V 167 () from 6. Dezember 1977
Regeste: Art. 8 lit. b des schweizerisch-italienischen Abkommens über Soziale Sicherheit. Rentenanspruch des italienischen Staatsangehörigen, der die Schweiz verlassen hat. Auslegung von Staatsverträgen.
105 V 136 () from 4. Juli 1979
Regeste: Art. 1 Abs. 1 lit. a AHVG, Art. 6 Abs. 1 IVG und Art. 3bis FlüB. - Zur Versicherteneigenschaft einer gemäss Bundesgesetz über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer (ANAG) in der Schweiz internierten, nicht erwerbstätigen Person. - Frage des Wohnsitzes.
105 V 163 () from 13. August 1979
Regeste: Art. 39 Abs. 1 und 42 Abs. 1 IVG, Art. 11 Abs. 1 und Art. 13 des Sozialversicherungsabkommens mit Griechenland. - Zum Anspruch eines griechischen Staatsangehörigen auf eine ausserordentliche Invalidenrente und eine Hilflosenentschädigung, wenn sich der Leistungsansprecher ausschliesslich im Hinblick auf die Behandlung seines Leidens in der Schweiz aufhält (Erw. 1-4). - Bestätigung der Rechtsprechung, dass bei der Beurteilung der Frage, ob der Leistungsansprecher in der Schweiz "wohnhaft" ist, der zivilrechtliche Wohnsitz nicht ohne weiteres genügt, sondern zusätzlich darauf abzustellen ist, wo sich der Schwerpunkt der Lebensbeziehungen befindet (Erw. 1-4). Art. 47 Abs. 1 AHVG, 49 IVG und 85 Abs. 2 IVV. - Art. 85 Abs. 2 IVV ist gesetzmässig (Erw. 5-6). - Abgrenzung des Anwendungsbereichs von Art. 47 Abs. 1 AHVG und Art. 85 Abs. 2 IVV; massgebend ist, ob der nachträglich im Rahmen einer Wiedererwägung festgestellte Fehler eine AHV-analoge oder eine spezifisch IV-rechtliche Frage betrifft (Erw. 5-6).
111 V 117 () from 17. Juni 1985
Regeste: Art. 18 Abs. 2 Satz 2 des schweizerisch-deutschen Abkommens über Soziale Sicherheit, Art. 9 Abs. 3 lit. b IVG. - Insoweit die Verwaltungsweisungen des Bundesamtes für Sozialversicherung zum schweizerisch-deutschen Abkommen verlangen, dass das minderjährige Kind deutscher Staatsangehöriger mit Wohnsitz in der Schweiz hier invalid geboren und (kumulativ) sich hier seit der Geburt ununterbrochen aufgehalten haben muss, widersprechen sie Art. 18 Abs. 2 Satz 2 des Abkommens (Erw. 1a). - Grundsätze der Staatsvertragsauslegung bezüglich der in einem Sozialversicherungsabkommen verwendeten Begriffe, welche für den Anspruch auf Leistungen eines schweizerischen Versicherungsträgers massgebend sind (Erw. 1b). - Was ist unter dem Begriff "in der Schweiz invalid geboren" im Sinne von Art. 18 Abs. 2 des Abkommens und Art. 9 Abs. 3 lit. b IVG zu verstehen (Erw. 1c, d und 2)?
112 V 337 () from 23. Dezember 1986
Regeste: Art. 1 Abs. 1 lit. c AHVG und Art. 1 IVG; Art. 3 Abs. 1 des schweizerisch-belgischen, Art. 4 des schweizerisch-deutschen und Art. 3 Abs. 1 des schweizerisch-französischen Abkommens über Soziale Sicherheit: Gleichbehandlungsklausel und obligatorische Versicherung. Aufgrund der Gleichbehandlungsklausel in den Abkommen mit Belgien, der Bundesrepublik Deutschland und Frankreich ist der Angehörige eines Vertragsstaates, der in einem Drittstaat für einen in der Schweiz domizilierten Arbeitgeber tätig ist und von diesem entlöhnt wird, obligatorisch bei der schweizerischen AHV/IV versichert und der Arbeitgeber der paritätischen Beitragspflicht unterstellt. Dagegen kann eine Beitragspflicht in der Arbeitslosenversicherung (Art. 2 AVIG) und in der Erwerbsersatzordnung (Art. 27 EOG) aus der Gleichbehandlungsklausel nicht abgeleitet werden.
114 V 209 () from 24. August 1988
Regeste: Art. 1 Abs. 1 AHVG, Art. 7 Abs. 1 des schweizerisch-deutschen und Art. 4 Abs. 1 des schweizerisch-österreichischen Abkommens über Soziale Sicherheit, Art. 5 des schweizerisch-deutschen und Art. 4 des schweizerisch-österreichischen Abkommens über Arbeitslosenversicherung: Beitragspflicht einer schweizerischen Reederei bezüglich der auf ihren Hochseeschiffen unter Schweizer Flagge beschäftigten ausländischen Seeleute. Beitragspflicht für die bundesdeutschen und österreichischen Besatzungsmitglieder hinsichtlich der AHV, Invaliden- und Arbeitslosenversicherung bejaht, wogegen eine EO-Abgabepflicht entfällt.
125 V 146 () from 26. April 1999
Regeste: Art. 28 Abs. 2 und 3 IVG; Art. 27 und 27bis IVV: Gemischte Methode der Invaliditätsbemessung. Die in Art. 27bis IVV für Teilerwerbstätige mit einem Aufgabenbereich im Sinne von Art. 5 Abs. 1 IVG vorgesehene Invaliditätsbemessung ist gesetzmässig.
125 V 253 () from 15. Oktober 1999
Regeste: Art. 6 Abs. 2, Art. 36 Abs. 1 und 2 IVG; Art. 3 Abs. 3, Art. 29 Abs. 1, Art. 29ter Abs. 2 AHVG; Art. 50 AHVV in Verbindung mit Art. 32 Abs. 1 IVV: Mindestbeitragsdauer. Im Gegensatz zur Rechtslage vor Inkrafttreten der 10. AHV-Revision ist nach neuem Recht bei der Ermittlung der einjährigen Mindestbeitragsdauer für den ordentlichen Rentenanspruch gemäss AHVG und IVG eine persönliche Beitragsentrichtung nicht mehr erforderlich.
130 V 343 () from 30. April 2004
Regeste: Art. 1 Abs. 1 IVG (in der seit 1. Januar 2003 geltenden Fassung) in Verbindung mit Art. 6, 7, 8 Abs. 1, Art. 16 und 17 ATSG; Art. 4 Abs. 1, Art. 28 Abs. 2 und Art. 41 IVG (in der bis 31. Dezember 2002 gültig gewesenen Fassung): Begriffe der Arbeitsunfähigkeit, der Erwerbsunfähigkeit, der Invalidität, der Einkommensvergleichsmethode und der Revision (der Invalidenrente und anderer Dauerleistungen) in der Invalidenversicherung nach Massgabe des ATSG. Die im ATSG enthaltenen Formulierungen der Arbeitsunfähigkeit, der Erwerbsunfähigkeit, der Invalidität, der Einkommensvergleichsmethode und der Revision (der Invalidenrente und anderer Dauerleistungen) entsprechen den bisherigen von der Rechtsprechung dazu entwickelten Begriffen in der Invalidenversicherung (Erw. 2-3.6).
130 V 393 () from 15. Juni 2004
Regeste: Art. 1 Abs. 1 IVG in Verbindung mit Art. 8 Abs. 1 und 3 ATSG sowie Art. 16 ATSG; Art. 28 Abs. 3 IVG (in der bis 31. Dezember 2003 gültig gewesenen Fassung) in Verbindung mit Art. 27bis Abs. 1 und 2 IVV (in den bis 31. Dezember 2003 gültig gewesenen Fassungen); Art. 28 Abs. 2ter IVG in Verbindung mit Art. 27bis IVV: Invaliditätsbemessung nach der gemischten Methode; ATSG. Die bisherige Rechtsprechung zur Anwendung der so genannten gemischten Methode nach Massgabe von Art. 27bis IVV zur Invaliditätsbemessung bei teilerwerbstätigen Versicherten erfährt durch das In-Kraft-Treten des ATSG keine Änderung (Erw. 3).
130 V 560 () from 11. Oktober 2004
Regeste: Art. 52 Abs. 1, Art. 59 ATSG; Art. 103 lit. a OG: Einsprachelegitimation. Die Legitimation zur Erhebung einer Einsprache ist in gleicher Weise zu beurteilen wie im erstinstanzlichen Beschwerdeverfahren nach Art. 59 ATSG und damit entsprechend der Praxis zu Art. 103 lit. a OG (Erw. 3.2). Legitimation von Drittpersonen, insbesondere des Arbeitgebers, im Allgemeinen (Erw. 3.4-3.6). Der Arbeitgeber ist nicht bereits deshalb legitimiert, gegen die einen Rentenanspruch verneinende Verfügung der IV-Stelle Einsprache zu erheben, weil die Zusprechung einer Rente seine Lohnfortzahlungspflicht reduzieren würde oder er die Drittauszahlung verlangen könnte (Erw. 4).
131 V 390 () from 26. September 2005
Regeste: a Art. 3 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1408/71; Art. 36 Abs. 1, Art. 39 Abs. 1 IVG; Art. 42 Abs. 1 AHVG: Nichtdiskriminierung. Das schweizerische Recht begründet keine unzulässige Diskriminierung, soweit es Personen vom Anspruch auf eine (ordentliche oder ausserordentliche) Rente der Invalidenversicherung ausschliesst, die weder bei Eintritt der Invalidität während eines vollen Jahres Beiträge geleistet haben, weil sie vor Risikoeintritt nicht während mindestens eines Jahres der schweizerischen Invalidenversicherung angeschlossen waren, noch während der gleichen Zahl von Jahren versichert waren wie ihr Jahrgang. (Erw. 5 ff.)
132 V 93 () from 8. Februar 2006
Regeste: Art. 36 Abs. 1, Art. 44 und 49 Abs. 1, Art. 52 Abs. 1, Art. 55 ATSG; Art. 5 Abs. 1 und 2, Art. 20 Abs. 1, Art. 45 Abs. 1 und 2 VwVG: Begutachtung durch den Sozialversicherer; Ausstandsbegehren. Der Anordnung einer Begutachtung durch den Sozialversicherer kommt kein Verfügungscharakter zu. (Erw. 5) Einwendungen gegen Sachverständige sind in Form einer selbstständig anfechtbaren Zwischenverfügung zu behandeln, sofern gesetzliche Ausstandsgründe geltend gemacht werden. Geht es um Rügen, welche über die gesetzlichen Ausstandsgründe hinausgehen, ist diesen im Rahmen der Beweiswürdigung Rechnung zu tragen. (Erw. 6)
132 V 215 () from 10. April 2006
Regeste: a Art. 8 Abs. 1, 2 und 3 lit. d, Art. 21 Abs. 1, 2 und 3 IVG; Art. 2 Abs. 1, 2 und 4 HVI; Ziff. 1.01 HVI Anhang (jeweils in der bis Ende 2002 gültig gewesenen Fassung): Hilfsmittelabgabe als Eingliederungsmassnahme. Prüfung des Anspruchs auf eine Oberschenkel-Prothese mit C-Leg-Kniegelenk unter dem Gesichtspunkt der Geeignetheit, Notwendigkeit sowie persönlichen, sachlichen, finanziellen und zeitlichen Angemessenheit (Erw. 1-5). Das C-Leg-Kniegelenksystem kommt grundsätzlich als Hilfsmittelversorgung in Betracht; sein Einsatz zu Lasten der Invalidenversicherung ist jedoch auf die Fälle eines besonders gesteigerten Eingliederungsbedürfnisses zu beschränken (hier: spezielle berufliche Anforderungen an die Gehfähigkeit und Herabsetzung des Sturzrisikos). (Erw. 4.3.3 und 4.3.4)
132 V 321 () from 4. Juli 2006
Regeste: Art. 42ter Abs. 1 und 2 IVG: Höhe der Hilflosenentschädigung für Versicherte, die sich in einem Heim aufhalten. Als Versicherte, die sich in einem Heim aufhalten, im Sinne von Art. 42ter Abs. 2 Satz 1 IVG gelten Personen, welche dort mehr als fünfzehn Nächte in einem Kalendermonat verbringen (Erw. 6 u. 7). Im Übrigen entspricht die Hilflosenentschädigung entweder der vollen in Art. 42ter Abs. 1 IVG vorgesehenen Höhe oder der Hälfte davon (Art. 42ter Abs. 2 Satz 1 IVG); für eine dritte Variante in Form eines Bruchteils der vollen Entschädigung bleibt kein Raum. (Erw. 7.4)
132 V 368 () from 30. Juni 2006
Regeste: Art. 42, Art. 43 Abs. 1, Art. 52 Abs. 1 ATSG; Art. 29, Art. 30 Abs. 1 und 2 lit. b VwVG; Art. 29 Abs. 2 BV: Sachverhaltsabklärung und Wahrung des rechtlichen Gehörs im sozialversicherungsrechtlichen Verwaltungsverfahren. Die Verwaltung hat den rechtserheblichen Sachverhalt vor Verfügungserlass abzuklären und darf diese Aufgabe nicht ins Einspracheverfahren verlegen. Vorbehalten bleiben ergänzende Abklärungen, zu denen die in der Einsprache vorgebrachten Einwände Anlass geben. Die Abklärung des Sachverhalts und die Gewährung des rechtlichen Gehörs sind klar zu unterscheiden. Die Anhörung der Parteien, welche einen Teilgehalt des Anspruchs auf rechtliches Gehör darstellt, ist im Abklärungsverfahren vor Verfügungen, die durch Einsprache anfechtbar sind, nicht erforderlich. Diesbezüglich enthält das ATSG eine abschliessende Regelung.
132 V 376 () from 14. Juli 2006
Regeste: Art. 44 ATSG; Art. 59 Abs. 3 IVG; Art. 69 Abs. 2 und Art. 72bis IVV: Mitwirkungsrechte bei Begutachtung in Medizinischer Abklärungsstelle (MEDAS). Wird eine Medizinische Abklärungsstelle (MEDAS) mit einer Begutachtung beauftragt, sind die Mitwirkungsrechte von Art. 44 ATSG zu wahren (Erw. 6 und 7). Vorgehen bei der Bekanntgabe der Namen der Gutachter. (Erw. 8 und 9)
132 V 443 () from 14. August 2006
Regeste: Art. 37 Abs. 1, Art. 44 und 61 lit. a ATSG: Anspruch auf Verbeiständung anlässlich einer medizinischen Untersuchung. Anders als bei einer Verhandlung - allenfalls mit Beweisabnahme - vor einer Verwaltungs- oder Rechtsmittelbehörde besteht kein Anspruch auf eine anwaltliche Verbeiständung anlässlich einer medizinischen Begutachtung. (Erw. 3)
133 V 67 () from 28. November 2006
Regeste: Art. 23 und 26 Abs. 3 BVG: Revisionsweise Änderung einer BVG-Rente. Zeitpunkt der Rentenaufhebung. Eine Rente nach BVG ist unter denselben materiellen Voraussetzungen wie eine Rente der Invalidenversicherung revisionsweise anzupassen oder aufzuheben (E. 4.3.1). Die Vorsorgeeinrichtung kann bei einer Rentenaufhebung den Revisionsentscheid der Invalidenversicherung nachvollziehen, aber auch auf Grund eigener Abklärungen entscheiden. Diesfalls bestimmt sich der Zeitpunkt der Aufhebung analog zu Art. 88bis Abs. 2 IVV. Die Zulässigkeit einer rückwirkenden Aufhebung hängt jedoch ab von der Verletzung der Meldepflicht gegenüber der Vorsorgeeinrichtung, nicht gegenüber der IV-Stelle (E. 4.3.5). Offen gelassen, ob die Pflicht, der Vorsorgeeinrichtung relevante Änderungen zu melden, von Gesetzes wegen besteht oder eine reglementarische Grundlage voraussetzt (E. 4.3.5).
134 V 315 (9C_852/2007) from 2. Juli 2008
Regeste: Art. 21 Abs. 1 ATSG; Art. 7 Abs. 1 IVG (in der bis 31. Dezember 2002 gültig gewesenen Fassung); Art. 49 Abs. 2 lit. a UVV; Art. 133 StGB; Kürzung oder Verweigerung von Geldleistungen. Begriff des Verschuldens, das zu einer Leistungskürzung oder sogar zur Verweigerung der Leistung führen kann (E. 4.5.1.1). Verweigerung der ganzen Rente im Falle eines Versicherten, welcher bei einer gewaltsamen Auseinandersetzung zwischen zwei Personengruppen mit Einsatz von Schusswaffen schwere Kopfverletzungen erlitt (E. 2 und 4.5.3).
136 V 7 (9C_194/2009) from 15. Dezember 2009
Regeste: Art. 28 IVG; Art. 573 Abs. 2 ZGB; Art. 196, 260 und 269 SchKG; Art. 48 VwVG; Art. 59 ATSG; Art. 89 Abs. 1 BGG; Anfechtung einer den Nachlass betreffenden Rentenverfügung durch einen ausschlagenden Erben. Ein Erbe, welcher die Erbschaft ausgeschlagen und nicht den Antritt der Erbschaft vor Abschluss des Konkursverfahrens erklärt hat, ist nicht legitimiert, einen in den Nachlass fallenden öffentlich-rechtlichen Rechtsanspruch - in casu Rentenverfügung einer IV-Stelle - in einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu verfolgen (E. 2.2). Art. 573 Abs. 2 ZGB ist grundsätzlich auch in einem Nachkonkurs anwendbar (E. 2.2.2.2).
136 V 286 (8C_55/2010) from 6. August 2010
Regeste: Art. 50 Abs. 2 IVG; Art. 20 Abs. 2 lit. a AHVG; Art. 20 und 22 ATSG. Die Verrechnung von Rentennachzahlungen der Invalidenversicherung mit Schadenersatzforderungen nach Art. 52 AHVG richtet sich nach Art. 50 Abs. 2 IVG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 2 lit. a AHVG und nicht nach den Bestimmungen des ATSG. Sie ist zulässig (E. 4 und 5). Hat die Sozialbehörde der versicherten Person für die Zeit, für welche Renten nachbezahlt werden, Vorschussleistungen erbracht, stellt das betreibungsrechtliche Existenzminimum keine zu berücksichtigende Verrechnungsschranke dar (E. 7 und 8).
136 V 369 (9C_369/2010) from 25. Oktober 2010
Regeste: Art. 49 und 52 Abs. 1 sowie Art. 17 ATSG; Art. 87 Abs. 3 und 4 IVV; Art. 6 Abs. 2 und Art. 28 Abs. 2 IVG; Rechtskraft von Entscheiden über Dauerleistungen. Die (formelle und materielle) Rechtskraft von Entscheiden über Dauerleistungen der Sozialversicherung, insbesondere Renten der Invalidenversicherung, erstreckt sich auch auf Voraussetzungen (in casu Art. 6 Abs. 2 IVG) der Leistungsberechtigung, welche zeitlich abgeschlossene Sachverhalte betreffen. Solche Begründungselemente der rechtskräftigen Rentenverfügung können daher im Rahmen einer Revision oder Neuanmeldung nicht erneut geprüft noch kann allenfalls darauf zurückgekommen werden, es sei denn, es liege ein neuer Versicherungsfall vor (E. 3.1).
137 I 327 (8C_272/2011) from 11. November 2011
Regeste: Art. 13 Abs. 1 und Art. 36 BV; Art. 179quater StGB; Art. 43 in Verbindung mit Art. 28 Abs. 2 ATSG; Art. 59 Abs. 5 IVG. Art. 59 Abs. 5 IVG bildet eine genügende gesetzliche Grundlage für die privatdetektivliche Observation in einem von jedermann ohne weiteres frei einsehbaren Privatbereich (in casu: Balkon; E. 5.2). Die Observation muss objektiv geboten sein (E. 5.4.2). Videoaufnahmen der versicherten Person, die sie bei alltäglichen Verrichtungen (Haushaltsarbeiten) auf dem frei einsehbaren Balkon zeigen, verletzen den dabei durch Art. 179quater StGB vorgegebenen Rahmen nicht (E. 6.1 und 6.2).
137 V 57 (9C_592/2010) from 23. März 2011
Regeste: Art. 69 Abs. 1bis IVG; Kostentragung bei vollständigem Obsiegen bei Rückweisung. Bei einer Rückweisung zu ergänzenden Abklärungen, die von Bundesrechts wegen als vollständiges Obsiegen gilt, bleibt auch unter der Geltung von Art. 69 Abs. 1bis IVG kein Raum für eine kantonale Regelung zur teilweisen Kostenauferlegung an die obsiegende Partei (E. 2.2).
137 V 424 (9C_395/2011) from 31. Oktober 2011
Regeste: Art. 42 IVG und Art. 36 ff. IVV; Art. 42ter IVG und Art. 37 Abs. 4 IVV; Art. 17 Abs. 2 ATSG; Art. 88bis Abs. 2 IVV; Prüfung des Anspruchs auf Hilflosenentschädigung bei Vollendung des 18. Altersjahres. Das Erreichen des Mündigkeitsalters 18 ist nicht als Eintritt eines neuen Versicherungsfalles zu betrachten. Der Anspruch auf Hilflosenentschädigung Minderjähriger kann somit mit der Volljährigkeit nicht frei und umfassend, sondern lediglich unter revisionsrechtlichem Blickwinkel geprüft werden. Demzufolge bestimmt sich der Zeitpunkt einer allfälligen Herabsetzung oder Aufhebung der Hilflosenentschädigung nach Art. 88bis Abs. 2 IVV (E. 3).
140 V 558 (9C_461/2014) from 1. Dezember 2014
Regeste: Art. 17 Abs. 1 ATSG; Art. 87 Abs. 1 IVV; Art. 26 Abs. 2 ATSG; Beginn der Verzugszinspflicht bei einer Rentenrevision von Amtes wegen. Bei einer Revision von Amtes wegen, welche die laufende Invalidenrente bestätigt, allenfalls nachdem die IV-Stelle die Rente zunächst herabgesetzt oder aufgehoben hat, beginnt die Frist von 24 Monaten (nach der Entstehung des Anspruchs) im Sinne von Art. 26 Abs. 2 ATSG spätestens bei Einleitung des Revisionsverfahrens (E. 3.3 und 3.4).
141 V 281 (9C_492/2014) from 3. Juni 2015
Regeste: Art. 4 Abs. 1 IVG in Verbindung mit Art. 6-8 ATSG (insbesondere Art. 7 Abs. 2 ATSG); psychosomatische Leiden und rentenbegründende Invalidität. Feststellung der anhaltenden somatoformen Schmerzstörung: Bedeutung der diagnostischen Voraussetzungen, auch für die Einschätzung der funktionellen Auswirkungen (E. 2.1). Tragweite der Ausschlussgründe nach BGE 131 V 49 E. 1.2 S. 51 (E. 2.2). Beurteilung der Arbeits(un)fähigkeit (E. 3-5): Aufgabe der Überwindbarkeitsvermutung (Änderung der Rechtsprechung; E. 3.4 und 3.5). Das bisherige Regel/Ausnahme-Modell wird durch einen strukturierten normativen Prüfungsraster ersetzt (E. 3.6). Unveränderte Geltung der Grundsätze betreffend die Zumutbarkeit; Betonung der Konzepte der indirekten Beweisführung sowie der objektivierten Betrachtungsweise bei materieller Beweislast der rentenansprechenden Person (E. 3.7). Anpassung des Beurteilungsrasters, Rechtsnatur und Systematik des Indikatorenkatalogs; Erweiterung der Indikatoren im Hinblick auf die Erfassung von Ressourcen (E. 4.1). Anwendungsgebiet (E. 4.2). Auf den funktionellen Schweregrad bezogene Indikatoren (Änderung der Rechtsprechung betreffend die Elemente primärer Krankheitsgewinn und Komorbidität; E. 4.3). Auf die Konsistenz der funktionellen Beeinträchtigungen bezogene Indikatoren (E. 4.4). Zuständigkeiten von Recht und Medizin: rechtliches Anforderungsprofil auf medizinischer Grundlage; erforderliche Umsetzung in medizinische Leitlinien (E. 5.1). Zusammenwirken bei der konkreten Invaliditätsbemessung (E. 5.2). Zusammenfassung (E. 6). Kognition des Bundesgerichts (E. 7). Intertemporalrechtliches (E. 8).
142 V 523 (9C_837/2015) from 23. November 2016
Regeste: Art. 8 und 16 Abs. 2 lit. a IVG; Art. 5 IVV; Anspruch auf ein zweites Ausbildungsjahr der IV-Anlehre. Gesetzwidrigkeit des IV-Rundschreibens Nr. 299 des BSV vom 30. Mai 2011 (bzw. der Rz. 3020 zweiter Absatz KSBE), soweit darin für ein zweites Ausbildungsjahr der IV-Anlehre verlangt wird, dass gute Aussichten auf eine künftige Erwerbsfähigkeit in rentenbeeinflussendem Ausmass bestehen oder eine (allenfalls vorerst noch nicht rentenbeeinflussende) Eingliederung in den ersten Arbeitsmarkt erwartet werden kann (E. 5). Die Beantwortung der Frage, ob Leistungen für ein zweites Ausbildungsjahr zuzusprechen sind, richtet sich danach, ob die Anspruchsvoraussetzungen (Notwendigkeit, Geeignetheit, Angemessenheit [Erreichen eines Stundenlohnes von mindestens Fr. 2.55]) im konkreten Einzelfall erfüllt sind (E. 5.5). Die fehlende Notwendigkeit eines zweiten Ausbildungsjahres darf nicht leichthin angenommen werden (E. 6.5).
143 V 71 (8C_372/2016) from 29. Dezember 2016
Regeste: Art. 57a Abs. 1 IVG; Art. 73ter Abs. 1 IVV; Art. 29 Abs. 2 BV; Vorbescheidverfahren und rechtliches Gehör. Die Frist von Art. 73ter Abs. 1 IVV ist eine behördliche Frist und kann bei Vorliegen wichtiger Gründe erstreckt werden (vgl. auch Rz. 3013.3 KSVI; E. 4.3).
144 V 2 (9C_773/2016) from 12. Januar 2018
Regeste: Art. 9 Abs. 2 und Art. 16 IVG; Art. 2 AHVG; Art. 3 Abs. 1 Bst. c und Art. 4 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004; versicherungsmässige Voraussetzungen einer erstmaligen beruflichen Ausbildung im Fall eines Kindes mit Wohnsitz in der Europäischen Union und einem in der Schweiz arbeitenden Elternteil. Eine erstmalige berufliche Ausbildung (Art. 16 IVG) gilt als Leistung bei Invalidität im Sinne von Art. 3 Abs. 1 Bst. c der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 (E. 5.3). Die auf Art. 9 Abs. 2 IVG gestützte Ablehnung einer erstmaligen beruflichen Ausbildung der schweizerischen Invalidenversicherung gegenüber einem nicht durch die AHV/IV versicherten Kind eines in der Schweiz tätigen, aber in der Europäischen Union wohnhaften Arbeitnehmers mit Unionsbürgerschaft führt nicht zu einer (direkten oder indirekten) Diskriminierung im Sinne von Art. 4 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 (E. 7).
145 V 2 (8C_163/2018) from 28. Januar 2019
Regeste: Art. 7 Abs. 2 lit. e in Verbindung mit Art. 8a Abs. 1 und 2 IVG; Wiedereingliederung von Rentenbezügerinnen und Rentenbezügern. Eine rentenbeziehende Person mit Eingliederungsressourcen hat - unabhängig davon, ob ein Revisionsgrund im Sinne von Art. 17 Abs. 1 ATSG vorliegt - nicht nur einen Anspruch, sondern auch eine Pflicht, an zumutbaren Wiedereingliederungsmassnahmen teilzunehmen (E. 4.3.1). Dabei bildet die subjektive Eingliederungsfähigkeit der rentenbeziehenden Person keine Voraussetzung für die Durchführung solcher Massnahmen (E. 4.3.3).
145 V 266 (9C_760/2018) from 17. Juli 2019
Regeste: Art. 1b, 8a und 9 Abs. 1bis IVG; lit. a Abs. 1-3 der Schlussbestimmungen der am 1. Januar 2012 in Kraft getretenen Änderung vom 18. März 2011 des IVG (6. IV-Revision, erstes Massnahmenpaket; nachfolgend: SchlBest. IVG); Art. 2 FZA und Art. 4 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004; versicherungsmässige Voraussetzungen für Wiedereingliederungsmassnahmen. Die in Art. 9 Abs. 1bis IVG statuierte Voraussetzung der Versicherungsunterstellung gilt auch für die in lit. a Abs. 2 SchlBest. IVG in Verbindung mit Art. 8a IVG vorgesehenen Wiedereingliederungsmassnahmen (E. 4.2). Es ist mit dem Gemeinschaftsrecht, insbesondere dem Diskriminierungsverbot, vereinbar, Personen ohne Wohnsitz und Erwerbstätigkeit in der Schweiz, deren Invalidenrente gestützt auf lit. a Abs. 1 SchlBest. IVG aufgehoben wurde, mangels Versicherungsunterstellung vom Anspruch auf Wiedereingliederungsmassnahmen und vom akzessorischen Anspruch auf Weiterausrichtung der bisherigen Rente während deren Dauer (lit. a Abs. 2 und 3 SchlBest. IVG) auszuschliessen (E. 6.3).
146 V 271 (8C_508/2019) from 27. Mai 2020
Regeste: Art. 20sexies Abs. 1 lit. b IVV; Taggelder während Eingliederungsmassnahmen. Art. 20sexies Abs. 1 lit. b IVV (in Kraft seit 1. Januar 2008), wonach Versicherte als erwerbstätig gelten, wenn sie glaubhaft machen, dass sie nach Eintritt der Arbeitsunfähigkeit eine Erwerbstätigkeit von längerer Dauer aufgenommen hätten, fehlt die gesetzliche Grundlage (E. 7). |