Bundesgesetz über das Jugendstrafrecht

vom 20. Juni 2003 (Stand am 1. Juli 2019)


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Art. 21 Strafbefreiung

1Die ur­tei­len­de Be­hör­de sieht von ei­ner Be­stra­fung ab, wenn:

a.
die Be­stra­fung das Ziel ei­ner frü­her an­ge­ord­ne­ten oder im lau­fen­den Ver­fah­ren an­zu­ord­nen­den Schutz­mass­nah­me ge­fähr­den wür­de;
b.
die Schuld des Ju­gend­li­chen und die Tat­fol­gen ge­ring sind;
c.1
der Ju­gend­li­che den Scha­den so weit als mög­lich durch ei­ge­ne Leis­tung wie­der gut­ge­macht oder ei­ne be­son­de­re An­stren­gung un­ter­nom­men hat, um das von ihm be­gan­ge­ne Un­recht aus­zu­glei­chen, und wenn:
1.
als Stra­fe nur ein Ver­weis nach Ar­ti­kel 22 in Be­tracht kommt,
2.
die Straf­ver­fol­gung für die Öf­fent­lich­keit und den Ge­schä­dig­ten nur von ge­rin­gem In­ter­es­se ist, und
3.
der Ju­gend­li­che den Sach­ver­halt ein­ge­stan­den hat;
d.
der Ju­gend­li­che durch die un­mit­tel­ba­ren Fol­gen sei­ner Tat so schwer be­trof­fen ist, dass ei­ne Stra­fe un­an­ge­mes­sen wä­re;
e.
der Ju­gend­li­che we­gen sei­ner Tat von den El­tern, an­dern er­zie­hungs­be­rech­tig­ten Per­so­nen oder Drit­ten schon ge­nug be­straft wor­den ist; oder
f.
seit der Tat ver­hält­nis­mäs­sig lan­ge Zeit ver­stri­chen ist, der Ju­gend­li­che sich wohl­ver­hal­ten hat und das In­ter­es­se der Öf­fent­lich­keit und des Ge­schä­dig­ten an der Straf­ver­fol­gung ge­ring sind.

2Von ei­ner Be­stra­fung kann fer­ner ab­ge­se­hen wer­den, wenn der aus­län­di­sche Staat, in dem der Ju­gend­li­che sei­nen ge­wöhn­li­chen Auf­ent­halt hat, we­gen der Tat des Ju­gend­li­chen be­reits ein Ver­fah­ren ein­ge­lei­tet oder sich be­reit er­klärt hat, ein sol­ches ein­zu­lei­ten.

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1 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I 2 des BG vom 14. Dez. 2018 über die Än­de­rung der Wie­der­gut­ma­chungs­re­ge­lung, in Kraft seit 1. Ju­li 2019 (AS 2019 1809; BBl 2018 3757 4925).
2 Auf­ge­ho­ben durch An­hang Ziff. 1 der Ju­gend­straf­pro­zess­ord­nung vom 20. März 2009, mit Wir­kung seit 1. Jan. 2011 (AS 2010 1573; BBl 2006 1085, 2008 3121).

BGE

133 I 286 () from 7. August 2007
Regeste: Trennung Jugendlicher von Erwachsenen in der Untersuchungshaft, Jugendstrafprozessordnung des Kantons Basel-Stadt und Bundesgesetz über das Jugendstrafrecht, Vorrang des Bundesrechts; Art. 49 Abs. 1 BV, Art. 10 Ziff. 2 lit. b UNO-Pakt II, Art. 37 lit. c KRK. Die als staatsrechtliche Beschwerde erhobene Beschwerde gegen den Erlass der Jugendstrafprozessordnung wird als Beschwerde gemäss Art. 82 lit. b BGG entgegengenommen (E. 1). Zulässigkeit der Beschwerde gegen kantonale Erlasse im Allgemeinen (E. 2). Die Jugendstrafprozessordnung, welche in Ausnahmefällen die gemeinsame Unterbringung von Jugendlichen und Erwachsenen während der Untersuchungshaft vorsieht, ist mit dem Jugendstrafgesetz nicht vereinbar (E. 3 und 4). Das Jugendstrafgesetz sieht für die Trennung der Jugendlichen von den Erwachsenen keine Übergangsfrist vor (E. 5).

133 IV 58 () from 23. Januar 2007
Regeste: Art. 2 Ziff. 1 und Art. 12 Ziff. 2 lit. b EAUe; Art. 110b IRSG; Art. 89, 95 Ziff. 1 Abs. 1 und Art. 98 Abs. 4 aStGB; Art. 260ter Ziff. 1 StGB; Auslieferung; Verfolgung eines mutmasslichen Helfers der extremistischen Organisation DHKP-C durch die Türkei. Übergangsrecht im Auslieferungsverfahren (E. 1.1). Völkerrechtlich-humanitärer Kontext (bürgerkriegsähnliche Situation) im Zeitraum der verfolgten Delikte (E. 4). Problematische Abgrenzung zwischen Terrorismus und legitimem Widerstandskampf gegen ethnische Verfolgung und Unterdrückung. Anforderungen an das Auslieferungsersuchen. Vorwürfe gegen den Verfolgten laut Ersuchen (E. 5 und 5.1). Inhaltliche Mängel und Widersprüche des Ersuchens. Jugendstrafrechtliche Problematik hinsichtlich beidseitige Strafbarkeit und Mindestsanktion. Lückenfüllung gemäss Sinn und Zweck des EAUe. Ziel der besseren Integration und Sozialisierung bei Jugendstraffällen. Mitberücksichtigung der besonderen persönlichen Situation des Verfolgten (E. 5.2). Begriff der kriminellen Organisation im strafrechtlichen Sinne. Frage des terroristischen Charakters von Gewaltverbrechen. Terrorismusvorwurf an den Verfolgten nicht ausreichend begründet (E. 5.3). Zusammenfassung; Verzicht auf weitere Ergänzungen des Ersuchens (E. 6 und 7).

143 IV 49 (6B_646/2016) from 3. Januar 2017
Regeste: Art. 97 Abs. 3 StGB, Art. 1 Abs. 2 lit. j und Art. 36 JStG; Jugendstrafverfahren, Ende der Verfolgungsverjährung. Art. 97 Abs. 3 StGB hat entgegen dem Wortlaut von Art. 1 Abs. 2 lit. j JStG auch im Jugendstrafrecht Gültigkeit. Auch in einem Jugendstrafverfahren tritt die Verjährung nicht mehr ein, wenn vor Ablauf der Verjährungsfrist nach Art. 36 JStG ein erstinstanzliches Urteil ergangen ist (E. 1).

146 IV 238 (6B_1410/2019) from 17. Juni 2020
Regeste: Art. 17 JStPO; Gelingen oder Scheitern der Mediation. Die in Art. 17 JStPO vorgesehene Mediation stellt der Jugendstrafbehörde ein Instrument zur Verfügung, um auf Konfliktbeziehungen zwischen Tätern und Opfern reagieren zu können (E. 3.2.1). Ihr Anwendungsbereich beschränkt sich nicht auf die leichtesten Straftaten und umfasst auch Offizialdelikte, vorausgesetzt das öffentliche Interesse an einer Strafverfolgung und an einem Urteil überwiegt nicht dasjenige der Parteien an einer gütlichen Einigung (E. 3.2.2). Die vereinbarte Wiedergutmachung muss für den jugendlichen Täter einen erzieherischen Effekt haben und die Prognose für sein künftiges Verhalten begünstigen (E. 3.2.3). Findet ein Mediationsverfahren zwischen einem Opfer und mehreren Beschuldigten statt, befindet die Jugendstrafbehörde betreffend jeden Beschuldigten einzeln über Gelingen oder Scheitern (Art. 17 Abs. 2 JStPO) der Mediation. Offengelassen wird die Frage, ob bei einem Antragsdelikt der Grundsatz der Unteilbarkeit (Art. 33 Abs. 3 StGB) eine andere Lösung verlangt (E. 3.2.4).

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