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Art. 3 Persönlicher Geltungsbereich
1 Dieses Gesetz gilt für Personen, die zwischen dem vollendeten 10. und dem vollendeten 18. Altersjahr eine mit Strafe bedrohte Tat begangen haben. 2 Sind gleichzeitig eine vor und eine nach Vollendung des 18. Altersjahres begangene Tat zu beurteilen, so ist hinsichtlich der Strafen nur das StGB10 anwendbar. Dies gilt auch für die Zusatzstrafe (Art. 49 Abs. 2 StGB), die für eine Tat auszusprechen ist, welche vor Vollendung des 18. Altersjahres begangen wurde. Bedarf der Täter einer Massnahme, so ist diejenige Massnahme nach dem StGB oder nach diesem Gesetz anzuordnen, die nach den Umständen erforderlich ist. Wurde ein Verfahren gegen Jugendliche eingeleitet, bevor die nach Vollendung des 18. Altersjahres begangene Tat bekannt wurde, so bleibt dieses Verfahren anwendbar. Andernfalls ist das Verfahren gegen Erwachsene anwendbar. BGE
133 IV 267 (1B_156/2007) from 23. August 2007
Regeste: Kantonales Rechtsmittel gegen einen Haftentscheid im Jugendstrafverfahren (Art. 41 Abs. 1 JStG; Art. 80 Abs. 1 BGG). Gemäss Art. 41 Abs. 1 JStG sind die Kantone verpflichtet, ein Rechtsmittel u.a. gegen Haftentscheide im Jugendstrafverfahren vorzusehen. Diese Bestimmung ist seit dem 1. Januar 2007 unmittelbar anwendbar. Ein Verhafteter, auf den das Jugendstrafgesetz anwendbar ist, kann daher gestützt auf diese Bestimmung im Kanton ein Rechtsmittel gegen eine Haftanordnung oder -verlängerung erheben, und muss diese Möglichkeit auch ausschöpfen, bevor er Beschwerde ans Bundesgericht führen kann (E. 3).
142 IV 389 (6B_1026/2015) from 11. Oktober 2016
Regeste: Art. 27 Abs. 1 JStPO; Art. 25 JStG; Art. 31 Abs. 1 BV; Art. 212 Abs. 3 und Art. 431 Abs. 2 StPO; Zulässigkeit der Untersuchungs- und Sicherheitshaft gegenüber einem Jugendlichen von weniger als 15 Jahren, Entschädigung der Untersuchungs- und Sicherheitshaft. Art. 27 JStPO regelt die Voraussetzungen, unter welchen Untersuchungs- und Sicherheitshaft gegenüber einem Jugendlichen angeordnet werden kann, und stellt eine ausreichende gesetzliche Grundlage im Sinne von Art. 31 Abs. 1 BV dar. Die Untersuchungs- und Sicherheitshaft muss nicht nur auf Strafen, sondern auch auf Massnahmen angerechnet werden, weshalb Art. 212 Abs. 3 StPO die Tragweite von Art. 27 JStPO nicht einschränkt, der auf alle Jugendlichen anwendbar ist, die zwischen dem Alter von 10 und 18 Jahren eine strafbare Handlung begehen (E. 4). Anwendbarkeit von Art. 431 Abs. 2 StPO auf die Entschädigung des beschuldigten Jugendlichen, wenn die Untersuchungs- und Sicherheitshaft nicht angerechnet werden kann (E. 5).
143 IV 49 (6B_646/2016) from 3. Januar 2017
Regeste: Art. 97 Abs. 3 StGB, Art. 1 Abs. 2 lit. j und Art. 36 JStG; Jugendstrafverfahren, Ende der Verfolgungsverjährung. Art. 97 Abs. 3 StGB hat entgegen dem Wortlaut von Art. 1 Abs. 2 lit. j JStG auch im Jugendstrafrecht Gültigkeit. Auch in einem Jugendstrafverfahren tritt die Verjährung nicht mehr ein, wenn vor Ablauf der Verjährungsfrist nach Art. 36 JStG ein erstinstanzliches Urteil ergangen ist (E. 1).
146 IV 164 (1B_573/2019) from 23. März 2020
Regeste: Art. 9 Abs. 2 StGB, Art. 3 Abs. 2 JStG, Art. 29 Abs. 1 StPO, Art. 11 JStPO; Zuständigkeit des Jugendgerichts. Die Rechtsprechung anerkennt Ausnahmen von der Anwendung des Art. 3 Abs. 2 vierter Satz JStG (darunter die Schwere der neuen Straftat und/oder der Stand des Jugendstrafverfahrens). Diese Ausnahmen erlauben es, die (für Erwachsenenstraffälle zuständige) Staatsanwaltschaft mit der Verfolgung von nach der Vollendung des 18. Altersjahres begangene Straftaten zu befassen, selbst wenn bereits ein Verfahren vor dem Jugendgericht hängig ist. Entsprechende Gründe erlauben es demgegenüber der Jugendstrafjustiz nicht, sich der Verfolgung von Straftaten zu entledigen, die vor Vollendung des 18. Altersjahres begangen worden sind und wofür das Gesetz ausschliesslich die Zuständigkeit der Jugendgerichtsbarkeit (im Zeitpunkt ihrer Befassung mit dem Fall) vorsieht (E. 2.3).
149 IV 342 (6B_1445/2021) from 14. Juni 2023
Regeste: Art. 3 Abs. 2 JStG; Art. 66a ff. StGB; Landesverweisung von Übergangsstraftätern. Ein dem Erwachsenenstrafrecht unterstehendes Delikt eines jungen Straftäters kann eine Anlasstat für eine (nicht obligatorische) Landesverweisung darstellen, auch wenn dieser gleichzeitig für weitere Taten verurteilt wird, die er als Jugendlicher begangen hat (E. 2). |