Bundesgesetz
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Art. 6 Gerechtfertigte Arten von Wettbewerbsabreden
1 In Verordnungen oder allgemeinen Bekanntmachungen können die Voraussetzungen umschrieben werden, unter denen einzelne Arten von Wettbewerbsabreden aus Gründen der wirtschaftlichen Effizienz in der Regel als gerechtfertigt gelten. Dabei werden insbesondere die folgenden Abreden in Betracht gezogen:
2 Verordnungen und allgemeine Bekanntmachungen können auch besondere Kooperationsformen in einzelnen Wirtschaftszweigen, namentlich Abreden über die rationelle Umsetzung von öffentlich-rechtlichen Vorschriften zum Schutze von Kunden oder Anlegern im Bereich der Finanzdienstleistungen, als in der Regel gerechtfertigte Wettbewerbsabreden bezeichnen. 3 Allgemeine Bekanntmachungen werden von der Wettbewerbskommission im Bundesblatt veröffentlicht. Verordnungen im Sinne der Absätze 1 und 2 werden vom Bundesrat erlassen. 12 Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 20. Juni 2003, in Kraft seit 1. April 2004 (AS 20041385; BBl 2002 20225506). BGE
90 II 501 () from 1. Dezember 1964
Regeste: Zeitlicher Geltungsbereich des Kartellgesetzes. Art. 23 Abs. 1 KG (Erw. 1). Einfluss des Fehlens einer Kartellabrede auf die Klagemöglichkeit des von einer Wettbewerbsbehinderung Betroffenen (Erw. 2). Deliktshaftung bei einfacher Gesellschaft, Art. 544 OR; Haftung mehrerer Schädiger, Art. 50 OR. Voraussetzungen (Erw. 3). Kartellähnliche Organisation, Begriff des stillschweigenden gegenseitigen Abstimmens des Verhaltens. Art. 3 KG (Erw. 4). Klagemöglichkeiten des von unzulässiger Kartellmassnahme Betroffenen. Art. 6 KG (Erw. 6). Erfordernis einer erheblichen Wettbewerbsbehinderung. Art. 4 Abs. 1 KG (Erw. 8).
98 II 221 () from 20. Juni 1972
Regeste: Art. 55 Abs. 1 lit. c OG. Anforderungen an den Berufungsantrag (Erw. 1). Genossenschaftsrecht. Art. 850 OR. Tragweite einer statutarischen Bestimmung, welche den Entscheid darüber, ob der Erwerber der Liegenschaft eines Mitgliedes Genossenschafter werde, der Genehmigung durch die Generalversammlung vorbehält (Erw. 3). Art. 839 OR. Nach dieser Vorschrift hat der Bewerber grundsätzlich kein klagbares Recht auf Aufnahme in die Genossenschaft (Bestätigung der in BGE 69 II 45 /6 begründeten Rechtsprechung; Erw. 4 und 5).
99 IB 51 () from 2. Februar 1973
Regeste: Staatsaufsicht über das private Versicherungswesen 1. Anfechtbarkeit des Departementsentscheides, mit dem die Genehmigung von Prämientarifen der obligatorischen Motorfahrzeughaftpflichtversicherung durch das Eidg. Versicherungsamt bestätigt wird (Erw. 1 a). 2. Beschwerdelegitimation der Personenwagenhalter und der Vereinigungen von Personenwagenhaltern (Erw. 1 b). 3. Parteirechte bei Beizug von Sachverständigen durch die Vorinstanz; Abgrenzung des Sachverständigen von der Auskunftsperson (Erw. 3 a). 4. Bedeutung und Umfang der staatlichen Aufsicht über die privaten Versicherungsunternehmen; besondere Ausgestaltung der Aufsicht über die obligatorische Motorfahrzeughaftpflichtversicherung? (Erw. 4). 5. Ausschluss neuer Tatsachen (Erw. 5).
99 II 172 () from 2. Oktober 1973
Regeste: Konkurrenzverbot: Verletzung durch den Dienstpflichtigen, Feststellungsklage. 1. Ein schützenswertes Interesse an der sofortigen Feststellung der Verletzung ist zu bejahen, wenn der Geschädigte die Leistungsklage vorläufig auf einen Teil des Schadens beschränken müsste (Erw. 2). 2. Eine mögliche, aber dem Geschädigten nicht zumutbare Unterlassungsklage hebt dieses Interesse nicht auf (Erw. 3).
103 II 294 () from 27. September 1977
Regeste: Art. 6 Abs. 1 KG; Klagerecht des Verbandes. 1. Aus eigenem Recht kann ein Verband klagen, wenn er selber durch eine unzulässige Wettbewerbsbehinderung geschädigt oder gefährdet wird (E. 1). 2. Nach dem Sinn und Zweck des Gesetzes kann er ferner im eigenen Namen, aber im Interesse seiner betroffenen Mitglieder klagen, wenn er gemäss den Statuten entsprechende Interessen der Mitglieder zu wahren hat und diese selber zur Klage berechtigt sind (E. 2 - 4). 3. Diese Voraussetzungen eines Verbandsklagerechtes im Interesse von Mitgliedern sind hier erfüllt (E. 5).
104 II 209 () from 9. Mai 1978
Regeste: 1. Art. 6 Abs. 1 KG. Passivlegitimation des einzelnen Kartellmitgliedes; notwendige Streitgenossenschaft aller Kartellmitglieder (E. 2)? 2. Art. 6 Abs. 2 KG. Zulässigkeit der Anordnung des Lieferzwanges bei Vorliegen eines Kartells (E. 3).
108 II 6 () from 25. März 1982
Regeste: Vereinsrecht, Kartellgesetz. 1. Ein Verein kann nicht auf die Weise gegründet werden, dass über die endgültige Aufnahme der Teilnehmer an der Gründungsversammlung in den Verein der an dieser Versammlung gewählte Vereinsvorstand befinden soll (E. 2). 2. Das Kartell trägt die Beweislast dafür, dass eine an sich unzulässige Wettbewerbsbehinderung durch überwiegend schutzwürdige Interessen im Sinne von Art. 5 KG gerechtfertigt ist und nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismässigkeit verstösst, Bedeutung des Grundsatzes der Gleichbehandlung beim Rechtfertigungsgrund des Art. 5 Abs. 2 lit. b KG (E. 4).
114 II 91 () from 24. März 1988
Regeste: Unlauterer Wettbewerb. Verletzung von Persönlichkeitsrechten. 1. Prüfung des Streitwertes, der von der Vorinstanz ermittelt wird. Anwendbares Recht; Bedeutung des neuen UWG (E. 1). 2. Zulässigkeit und Schutz eines selektiven Vertriebssystems, das ausschliesslich auf rechtsgeschäftlichen Bindungen beruht (E. 2). Angebliche Verleitung zu Vertragsbruch und Ausnützung eines solchen: Beweislast gemäss Art. 8 ZGB (E. 3). 3. Art. 1 Abs. 1 aUWG. Die Beeinträchtigung relativer Rechte durch Dritte lässt sich grundsätzlich nicht als widerrechtlich, folglich auch nicht als wettbewerbswidrig ausgeben. Die Verleitung zu Vertragsbruch und die Ausnützung eines solchen können dagegen, wenn besondere Umstände vorliegen, das Verhalten Dritter als unlauter erscheinen lassen. Besondere Umstände im Sinne der Ausnahme (E. 4). 4. Umstände, unter denen das Verhalten eines Dritten nicht als wettbewerbswidrig zu bezeichnen ist (E. 5). 5. Art. 28 ZGB. Diese Bestimmung bildet keine Grundlage für Ansprüche, die aus der Beeinträchtigung von wirtschaftlichen Interessen abgeleitet werden und verleiht relativen Forderungsrechten auch keinen absoluten Schutz (E. 6).
118 II 435 () from 26. November 1992
Regeste: Genossenschaftsrecht. Erwerb der Mitgliedschaft (Art. 839 OR). 1. Berufungsfähigkeit gemäss Art. 44 ff. OG (E. 1). 2. Zusammenfassung von Rechtsprechung und Lehre zu Art. 839 Abs. 2 OR (E. 2). 3. Selbständiger Anspruch auf Feststellung der Ungültigkeit einer Statutenbestimmung? (E. 3).
129 II 18 () from 14. August 2002
Regeste: Art. 4 und 5 KG; wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit des "Sammelreverses 1993 für den Verkauf preisgebundener Verlagserzeugnisse in der Schweiz" (Buchpreisbindung). Der "Sammelrevers 1993 für den Verkauf preisgebundener Verlagserzeugnisse in der Schweiz", der ungefähr 90% aller deutschsprachigen Bücher erfasst, bildet eine auf der Stufe des Buchhandels horizontal koordinierte vertikale Wettbewerbsabrede über die direkte oder indirekte Festsetzung von Preisen, bei der gestützt auf Art. 5 Abs. 3 lit. a KG eine Wettbewerbsbeseitigung zu vermuten ist (E. 2-6). Da zwischen den Buchhandlungen neben dem (ausgeschalteten) Preis- jedoch ein Qualitätswettbewerb fortbesteht und der Wettbewerb nur als beseitigt gelten kann, wenn die autonome Festlegung sämtlicher relevanter Wettbewerbsparameter ausgeschlossen erscheint, hat die entsprechende gesetzliche Vermutung als widerlegt zu gelten (E. 7-9). Es ist deshalb zu prüfen, ob die mit dem Sammelrevers verbundene erhebliche Wettbewerbsbeeinträchtigung (Art. 5 Abs. 1 KG) sich allenfalls aus Gründen der wirtschaftlichen Effizienz (Art. 5 Abs. 2 KG) rechtfertigen lässt (E. 10).
139 I 72 (2C_484/2010) from 29. Juni 2012
Regeste: Art. 30, 32 und 96 BV, Art. 6 und 7 EMRK, Art. 15 UNO-Pakt II, Art. 2 Abs. 1bis, Art. 4 Abs. 2, Art. 7 Abs. 1 und 2 lit. b, Art. 26 ff. und 49a KG. Kartellrechtliche Sanktionen nach Art. 49a KG haben einen strafrechtlichen bzw. strafrechtsähnlichen Charakter. Die Garantien von Art. 6 und 7 EMRK sowie Art. 30 und 32 BV sind bei solchen Sanktionen anwendbar (E. 2). Anforderungen von Art. 6 EMRK können in einem Kartellsanktionsverfahren auch erst im Verwaltungsgerichtsverfahren erfüllt werden; Anforderungen an die Kognition des Verwaltungsgerichts (E. 4). Frage der genügenden Bestimmtheit von Art. 7 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 lit. b KG für Sanktionen nach Art. 49a KG (E. 8). Relevanter Markt und marktbeherrschende Stellung (E. 9). Diskriminierung von Handelspartnern bei Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen als missbräuchliches Verhalten (Art. 7 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 lit. b KG; E. 10).
143 II 297 (2C_180/2014) from 28. Juni 2016
Regeste: Art. 2 Abs. 2, Art. 4 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1-4, Art. 49a Abs. 1 KG; Art. 5 Abs. 1, Art. 96 BV; Art. 7 EMRK; Art. 23 Abs. 1 und 2 FHA; grundsätzlich erhebliche Wettbewerbsbeeinträchtigung von Abreden nach Art. 5 Abs. 3 und 4 KG; Abreden, die in Art. 5 Abs. 3 und 4 KG aufgeführt und nach Art. 5 Abs. 1 KG unzulässig sind, unterliegen der Sanktion nach Art. 49a Abs. 1 KG. Grundlagen des Auswirkungsprinzips nach Art. 2 Abs. 2 KG und dessen völkerrechtliche Zulässigkeit (E. 3 und 8). Erhebliche Beeinträchtigung des Wettbewerbs auf einem Markt: Auslegung und Inhalt des Begriffs "Erheblichkeit"; Abreden nach Art. 5 Abs. 3 und 4 KG erfüllen danach grundsätzlich das Kriterium der Erheblichkeit nach Art. 5 Abs. 1 KG (E. 5.1-5.3). Auslegung des Begriffs "Beeinträchtigung"; es genügt, dass Abreden den Wettbewerb potentiell beeinträchtigen können (E. 5.4). Auslegung von Art. 5 Abs. 4 KG und dessen Anwendung auf den Sachverhalt. In casu liegt eine vertikale Vertriebs-Wettbewerbsabrede mit einem absoluten Gebietsschutz i.S. von Art. 5 Abs. 4 KG vor (E. 6). Eine Rechtfertigung durch Gründe der wirtschaftlichen Effizienz gelingt nicht (E. 7). Sanktionierung nach Art. 49a KG: Die Passage "unzulässige Abreden nach Artikel 5 Absätze 3 und 4" in Art. 49a Abs. 1 KG verweist auf die in den beiden Absätzen aufgeführten Abreden (Bezugnahme auf den Abredetyp; E. 9.4). Art. 49a Abs. 1 KG verletzt Art. 7 EMRK nicht (E. 9.3 und 9.5). Sanktionierung in casu (E. 9.6 und 9.7).
144 II 246 (2C_101/2016) from 18. Mai 2018
Regeste: Art. 4 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1, 2 und 4 sowie Art. 49a Abs. 1 KG; unzulässige vertikale Abrede über Preise; Widerlegung der Vermutung betreffend die Beseitigung des wirksamen Wettbewerbs; erhebliche Beeinträchtigung des Wettbewerbs; Abwesenheit des Rechtfertigungsgrundes der wirtschaftlichen Effizienz. Begriff der Abrede gemäss Art. 4 Abs. 1 KG und Anwendung auf den Fall. Vorliegend besteht eine vertikale Abrede über den Mindestverkaufspreis in Form einer einseitig verpflichtenden Erklärung, die implizit durch die Gesamtheit der Verkäufer akzeptiert wurde (E. 6). Die Aufrechterhaltung eines markeninternen (intrabrand) Wettbewerbs kann die Vermutung betreffend die Beseitigung des wirksamen Wettbewerbs gemäss Art. 5 Abs. 4 KG widerlegen. Im vorliegenden Fall besteht weiterhin ein solcher Wettbewerb aufgrund der durch die Abrede vorgesehenen Preisbandbreite (E. 7). Unzulässige Wettbewerbsabrede gemäss Art. 5 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 KG (E. 8-13). Qualitative Kriterien reichen für eine erhebliche Beeinträchtigung des Wettbewerbs gemäss Art. 5 Abs. 1 KG aus (Bestätigung von BGE 143 II 297) (E. 9-11). Keine Rechtfertigung durch Gründe der wirtschaftlichen Effizienz (E. 12 und 13). |