Bundesgesetz
über die Krankenversicherung
(KVG)


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Art. 57 Vertrauensärzte und Vertrauensärztinnen

1 Die Ver­si­che­rer oder ih­re Ver­bän­de be­stel­len nach Rück­spra­che mit den kan­to­na­len Ärz­te­ge­sell­schaf­ten Ver­trau­en­särz­te be­zie­hungs­wei­se Ver­trau­en­särz­tin­nen. Die­se müs­sen die Zu­las­sungs­vor­aus­set­zun­gen nach den Ar­ti­keln 36a und 37 Ab­satz 1 er­fül­len und min­des­tens fünf Jah­re in ei­ner Arzt­pra­xis oder in lei­ten­der spi­ta­l­ärzt­li­cher Stel­lung tä­tig ge­we­sen sein.191

2 Ver­trau­en­särz­te und Ver­trau­en­särz­tin­nen, die in der gan­zen Schweiz tä­tig sein sol­len, müs­sen im Ein­ver­neh­men mit der Ärz­te­ge­sell­schaft des Kan­tons be­stellt wer­den, in dem der Ver­si­che­rer sei­nen Haupt­sitz oder der Ver­band der Ver­si­che­rer sei­nen Sitz hat.

3 Ei­ne kan­to­na­le Ärz­te­ge­sell­schaft kann einen Ver­trau­ens­arzt oder ei­ne Ver­trau­en­särz­tin aus wich­ti­gen Grün­den ab­leh­nen; in die­sem Fall ent­schei­det das Schieds­ge­richt nach Ar­ti­kel 89.

4 Ver­trau­en­särz­te und Ver­trau­en­särz­tin­nen be­ra­ten die Ver­si­che­rer in me­di­zi­ni­schen Fach­fra­gen so­wie in Fra­gen der Ver­gü­tung und der Ta­rifan­wen­dung. Sie über­prü­fen ins­be­son­de­re die Vor­aus­set­zun­gen der Leis­tungs­pflicht des Ver­si­che­rers.

5 Sie sind in ih­rem Ur­teil un­ab­hän­gig. We­der Ver­si­che­rer noch Leis­tungs­er­brin­ger noch de­ren Ver­bän­de kön­nen ih­nen Wei­sun­gen er­tei­len.

6 Die Leis­tungs­er­brin­ger müs­sen den Ver­trau­en­särz­ten und Ver­trau­en­särz­tin­nen die zur Er­fül­lung ih­rer Auf­ga­ben nach Ab­satz 4 not­wen­di­gen An­ga­ben lie­fern. Ist es nicht mög­lich, die­se An­ga­ben an­ders zu er­lan­gen, so kön­nen Ver­trau­en­särz­te und Ver­trau­en­särz­tin­nen Ver­si­cher­te auch per­sön­lich un­ter­su­chen; sie müs­sen den be­han­deln­den Arzt oder die be­han­deln­de Ärz­tin vor­her be­nach­rich­ti­gen und nach der Un­ter­su­chung über das Er­geb­nis in­for­mie­ren. In be­grün­de­ten Fäl­len kön­nen die Ver­si­cher­ten ei­ne Un­ter­su­chung durch einen an­de­ren Arzt oder ei­ne an­de­re Ärz­tin ver­lan­gen. Kön­nen sie sich mit ih­rem Ver­si­che­rer nicht ei­ni­gen, so ent­schei­det in Ab­wei­chung von Ar­ti­kel 58 Ab­satz 1 ATSG192 das Schieds­ge­richt nach Ar­ti­kel 89.193

7 Die Ver­trau­en­särz­te und Ver­trau­en­särz­tin­nen ge­ben den zu­stän­di­gen Stel­len der Ver­si­che­rer nur die­je­ni­gen An­ga­ben wei­ter, die not­wen­dig sind, um über die Leis­tungs­pflicht zu ent­schei­den, die Ver­gü­tung fest­zu­set­zen, den Ri­si­ko­aus­gleich zu be­rech­nen oder ei­ne Ver­fü­gung zu be­grün­den. Da­bei wah­ren sie die Per­sön­lich­keits­rech­te der Ver­si­cher­ten.194

8 Die eid­ge­nös­si­schen Dach­ver­bän­de der Ärz­te und Ärz­tin­nen so­wie der Ver­si­che­rer re­geln die Wei­ter­ga­be der An­ga­ben nach Ab­satz 7 so­wie die Wei­ter­bil­dung und die Stel­lung der Ver­trau­en­särz­te und Ver­trau­en­särz­tin­nen. Kön­nen sie sich nicht ei­ni­gen, so er­lässt der Bun­des­rat die nö­ti­gen Vor­schrif­ten.

191 Fas­sung des zwei­ten Sat­zes ge­mä­ss Ziff. I des BG vom 19. Ju­ni 2020 (Zu­las­sung von Leis­tungs­er­brin­gern), in Kraft seit 1. Jan. 2022 (AS 2021 413; BBl 2018 3125).

192 SR 830.1

193 Fas­sung des Sat­zes ge­mä­ss An­hang Ziff. 11 des BG vom 6. Okt. 2000 über den All­ge­mei­nen Teil des So­zi­al­ver­si­che­rungs­rechts, in Kraft seit 1. Jan. 2003 (AS 2002 3371; BBl 1991 II 185910, 1994 V 921, 1999 4523).

194 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I des BG vom 21. Dez. 2007 (Ri­si­ko­aus­gleich), in Kraft seit 1. Jan. 2012 (AS 2009 47554757; BBl 2004 5551).

BGE

150 V 178 (9C_201/2023) from 3. April 2024
Regeste: Art. 32 Abs. 1, Art. 56 Abs. 1, Art. 59 Abs. 1 lit. b KVG; Rückforderung im Rahmen einer Rechnungskontrolle gestützt auf die Hochrechnung einer repräsentativen Stichprobe. Allgemeines zur Hochrechnung einer repräsentativen Stichprobe, wie sie hier im Rahmen einer Rechnungskontrolle vorgenommen werden soll (E. 7.3 und 7.4; vgl. auch E. 7.2 zur Anwendung im Rahmen einer Wirtschaftlichkeitskontrolle). Bei einer Grundgesamtheit von 10'793 Fällen (in welchen neben Tarifposition 39.5050 "MRI Neurokranium Übersicht" auch Tarifposition 39.5070 "MRI Gesichtsschädel/Nasennebenhöhlen" verrechnet wurde) reicht es nicht, eine 40 Fälle umfassende Stichprobe (bei welcher überdies unklar ist, ob sie zufällig gezogen wurde) unter dem Gesichtspunkt der Kriterien zur Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit zu untersuchen und das Ergebnis hochzurechnen, um von einem Leistungserbringer wegen Verletzung des Zweckmässigkeits- und des Wirtschaftlichkeitsgebots sowie von Tarifstrukturregeln eine Honorarrückerstattung zu fordern (E. 7.5).

150 V 273 (9C_385/2023) from 8. Mai 2024
Regeste: Art. 25 Abs. 2 lit. a Ziff. 3, Art. 25a Abs. 1, Art. 35 Abs. 2 lit. e KVG; Art. 7 Abs. 1 lit. b, Art. 7 Abs. 2 lit. c KLV; Hauspflege. Laut BGE 145 V 161 E. 5 können Familienangehörige der versicherten Person, die bei einer zugelassenen Organisation der Krankenpflege und Hilfe zu Hause angestellt sind, auch ohne pflegerische Fachausbildung allgemeine Grundpflege gemäss Art. 7 Abs. 2 lit. c Ziff. 1 KLV zulasten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung erbringen. Diese Rechtsprechung ist sinngemäss auch auf die psychiatrische Grundpflege im Sinne von Art. 7 Abs. 2 lit. c Ziff. 2 KLV anwendbar (E. 4.3.5 und 4.3.6). Eine Autismus-Spektrum-Störung mit erheblichen kognitiven Defiziten ist ein psychischer Gesundheitsschaden mit Krankheitswert, der grundsätzlich geeignet ist, Anspruch auf Leistungen nach Art. 7 Abs. 2 lit. c Ziff. 2 KLV zu begründen (E. 4.4.3).

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