Bundesgesetz
über die Krankenversicherung
(KVG)


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Art. 25a Pflegeleistungen bei Krankheit 79

1 Die ob­li­ga­to­ri­sche Kran­ken­pfle­ge­ver­si­che­rung leis­tet einen Bei­trag an die Pfle­ge­leis­tun­gen, die auf­grund ei­nes aus­ge­wie­se­nen Pfle­ge­be­darfs am­bu­lant, auch in Ta­ges- oder Nacht­struk­tu­ren, oder im Pfle­ge­heim:

a.
von ei­ner Pfle­ge­fach­per­son er­bracht wer­den;
b.
in Or­ga­ni­sa­tio­nen, die Pfle­ge­fach­per­so­nen be­schäf­ti­gen, er­bracht wer­den; oder
c.
auf An­ord­nung oder im Auf­trag ei­nes Arz­tes oder ei­ner Ärz­tin er­bracht wer­den.80

1bis Für die Ver­gü­tung der der Un­ter­su­chung oder Be­hand­lung die­nen­den Mit­tel und Ge­gen­stän­de, die für Pfle­ge­leis­tun­gen ver­wen­det wer­den, gilt Ar­ti­kel 52.81

2 Die Leis­tun­gen der Akut- und Über­gangs­pfle­ge, wel­che sich im An­schluss an einen Spi­tal­auf­ent­halt als not­wen­dig er­wei­sen und die im Spi­tal ge­mein­sam von ei­nem Arzt oder ei­ner Ärz­tin und ei­ner Pfle­ge­fach­per­son an­ge­ord­net wer­den, wer­den von der ob­li­ga­to­ri­schen Kran­ken­pfle­ge­ver­si­che­rung und vom Wohn­kan­ton der ver­si­cher­ten Per­son wäh­rend längs­tens zwei Wo­chen nach den Re­geln der Spi­tal­fi­nan­zie­rung (Art. 49a) ver­gü­tet.82 Ver­si­che­rer und Leis­tungs­er­brin­ger ver­ein­ba­ren Pau­scha­len. Für die Ver­gü­tung der der Un­ter­su­chung oder Be­hand­lung die­nen­den Mit­tel und Ge­gen­stän­de, die für die Akut- und Über­gangs­pfle­ge ver­wen­det wer­den, gilt Ar­ti­kel 52.83

3 Der Bun­des­rat be­zeich­net die Pfle­ge­leis­tun­gen, die auf An­ord­nung oder im Auf­trag ei­nes Arz­tes oder ei­ner Ärz­tin er­bracht wer­den kön­nen. Er be­stimmt, wel­che Pfle­ge­leis­tun­gen oh­ne An­ord­nung oder Auf­trag ei­nes Arz­tes oder ei­ner Ärz­tin er­bracht wer­den kön­nen.84

3bis Die Ver­bän­de der Leis­tungs­er­brin­ger und der Ver­si­che­rer schlies­sen ge­samt-schwei­ze­risch gel­ten­de Ver­trä­ge zur Über­wa­chung der men­gen­mäs­si­gen Ent­wick­lung der Pfle­ge­leis­tun­gen ab, die oh­ne ärzt­li­che An­ord­nung oder ärzt­li­chen Auf­trag er­bracht wer­den. Sie ver­ein­ba­ren Mass­nah­men zur Kor­rek­tur bei un­ge­recht­fer­tig­tem Men­gen­wachs­tum. Kön­nen sich die Ver­bän­de der Leis­tungs­er­brin­ger und der Ver­si­che­rer nicht ei­ni­gen, so re­gelt der Bun­des­rat die Ein­zel­hei­ten.85

3ter Bei der Be­zeich­nung der Leis­tun­gen nach Ab­satz 3 be­rück­sich­tigt der Bun­des­rat den Pfle­ge­be­darf von Per­so­nen mit kom­ple­xen Er­kran­kun­gen und von Per­so­nen, die pal­lia­ti­ve Pfle­ge be­nö­ti­gen.86

3qua­ter Der Bun­des­rat re­gelt das Ver­fah­ren der Er­mitt­lung des Pfle­ge­be­darfs und die Ko­or­di­na­ti­on zwi­schen den be­han­deln­den Ärz­ten und Ärz­tin­nen und den Pfle­ge­fach­per­so­nen.87

4 Der Bun­des­rat setzt die Bei­trä­ge dif­fe­ren­ziert nach dem Pfle­ge­be­darf in Fran­ken fest. Mass­ge­bend ist der Auf­wand nach Pfle­ge­be­darf für Pfle­ge­leis­tun­gen, die in der not­wen­di­gen Qua­li­tät, ef­fi­zi­ent und kos­ten­güns­tig er­bracht wer­den. Die Pfle­ge­leis­tun­gen wer­den ei­ner Qua­li­täts­kon­trol­le un­ter­zo­gen. Der Bun­des­rat legt die Mo­da­li­tä­ten fest.

5 Der ver­si­cher­ten Per­son dür­fen von den nicht von So­zi­al­ver­si­che­run­gen ge­deck­ten Pfle­ge­kos­ten höchs­tens 20 Pro­zent des höchs­ten vom Bun­des­rat fest­ge­setz­ten Pfle­ge­bei­tra­ges über­wälzt wer­den. Die Kan­to­ne re­geln die Rest­fi­nan­zie­rung. Für die Fest­set­zung und Aus­zah­lung der Rest­fi­nan­zie­rung zu­stän­dig ist der Kan­ton, in dem die ver­si­cher­te Per­son ih­ren Wohn­sitz hat. Im Be­reich der am­bu­lan­ten Pfle­ge gel­ten die Re­geln der Rest­fi­nan­zie­rung des Stand­ort­kan­tons des Leis­tungs­er­brin­gers. Der Auf­ent­halt in ei­nem Pfle­ge­heim be­grün­det kei­ne neue Zu­stän­dig­keit. Kann der ver­si­cher­ten Per­son zum Zeit­punkt des Hei­mein­tritts kein Pfle­ge­heim­platz in geo­gra­fi­scher Nä­he in ih­rem Wohn­kan­ton zur Ver­fü­gung ge­stellt wer­den, so über­nimmt der Wohn­kan­ton die Rest­fi­nan­zie­rung nach den Re­geln des Stand­ort­kan­tons des Leis­tungs­er­brin­gers. Die­se Rest­fi­nan­zie­rung und das Recht der ver­si­cher­ten Per­son zum Auf­ent­halt im be­tref­fen­den Pfle­ge­heim sind für ei­ne un­be­schränk­te Dau­er ge­währ­leis­tet.88

79 Ein­ge­fügt durch Ziff. I 3 des BG vom 13. Ju­ni 2008 über die Neu­ord­nung der Pfle­ge­fi­nan­zie­rung, in Kraft seit 1. Jan. 2011 (AS 2009 35176847Ziff. I; BBl 20052033).

80 Fas­sung ge­mä­ss An­hang Ziff. 4 des BG vom 16. Dez. 2022 über die För­de­rung der Aus­bil­dung im Be­reich der Pfle­ge, in Kraft seit 1. Ju­li 2024 (AS 2024 212; BBl 2022 1498).

81 Ein­ge­fügt durch An­hang Ziff. 4 des BG vom 16. Dez. 2022 über die För­de­rung der Aus­bil­dung im Be­reich der Pfle­ge, in Kraft seit 1. Ju­li 2024 (AS 2024 212; BBl 2022 1498).

82 Fas­sung ge­mä­ss An­hang Ziff. 4 des BG vom 16. Dez. 2022 über die För­de­rung der Aus­bil­dung im Be­reich der Pfle­ge, in Kraft seit 1. Ju­li 2024 (AS 2024 212; BBl 2022 1498).

83 Drit­ter Satz ein­ge­fügt durch Ziff. I des BG vom 18. Dez. 2020 (Ver­gü­tung des Pfle­ge­ma­te­ri­als), in Kraft seit 1. Okt. 2021 (AS 2021 345; BBl 2020 4825). Sie­he auch die UeB Änd. 18.12.2020 am Schluss die­ses Tex­tes.

84 Fas­sung ge­mä­ss An­hang Ziff. 4 des BG vom 16. Dez. 2022 über die För­de­rung der Aus­bil­dung im Be­reich der Pfle­ge, in Kraft seit 1. Ju­li 2024 (AS 2024 212; BBl 2022 1498).

85 Ein­ge­fügt durch An­hang Ziff. 4 des BG vom 16. Dez. 2022 über die För­de­rung der Aus­bil­dung im Be­reich der Pfle­ge, in Kraft seit 1. Ju­li 2024 (AS 2024 212; BBl 2022 1498).

86 Ein­ge­fügt durch An­hang Ziff. 4 des BG vom 16. Dez. 2022 über die För­de­rung der Aus­bil­dung im Be­reich der Pfle­ge, in Kraft seit 1. Ju­li 2024 (AS 2024 212; BBl 2022 1498).

87 Ein­ge­fügt durch An­hang Ziff. 4 des BG vom 16. Dez. 2022 über die För­de­rung der Aus­bil­dung im Be­reich der Pfle­ge, in Kraft seit 1. Ju­li 2024 (AS 2024 212; BBl 2022 1498).

88 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I des BG vom 29. Sept. 2017, in Kraft seit 1. Jan. 2019 (AS 2018 2989; BBl 2016 3961, 4563).

BGE

151 V 1 (9C_480/2022) from 29. August 2024
Regeste: Art. 69 Abs. 1 und 2 ATSG, Art. 122 Abs. 1 KVV; Art. 14 und 15 ATSG; Art. 25a Abs. 1 KVG, Art. 7 Abs. 1 und Abs. 2 lit. c KLV; Art. 9 ATSG, Art. 42 und 42ter Abs. 1 und Abs. 3 IVG; intersystemische Koordination von Beiträgen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung an Kosten der Grundpflege (Sachleistung) im Verhältnis zur Hilflosenentschädigung der Invalidenversicherung (Geldleistung); keine Kürzung der Pflegebeiträge zufolge Überentschädigung (Änderung der Rechtsprechung). Beim Zusammentreffen von Leistungen verschiedener Sozialversicherungen beurteilt sich die Überentschädigung grundsätzlich nach dem Kongruenzprinzip (E. 6.1). Im Verhältnis von Grundpflegebeiträgen und Hilflosenentschädigung stellte die bisherige Rechtsprechung entscheidend auf das Kriterium der gleichartigen Pflege resp. Hilfestellung ab (E. 6.2 und 6.3). Für die Frage nach der Gleichartigkeit der Versicherungsleistungen (Art. 69 Abs. 1 ATSG) ist vorab die Begrifflichkeit von Art. 14 f. ATSG (Sach- oder Geldleistungen) massgebend (E. 6.4). Überentschädigung setzt daher funktionale Kongruenz voraus, was Natur und Wirkungsweise der konkurrierenden Leistungen betrifft; Krankenpflegebeiträge und Hilflosenentschädigung sind funktional verschiedenartig (E. 6.5). Die Vorgabe, wonach nur Leistungen "gleicher Zweckbestimmung" in die Überentschädigungsrechnung einbezogen werden, erfordert zusätzlich sachliche Kongruenz des versicherten Aufwands (inhaltliche Übereinstimmung der Grundpflege und der Hilfestellungen in alltäglichen Lebensverrichtungen); Pflegebeiträge und Hilflosenentschädigung verhalten sich diesbezüglich weitgehend komplementär zueinander (E. 6.6). In der Lehre herrscht die Ansicht vor, Art. 69 Abs. 2 ATSG sei einer Globalmethode verpflichtet, die die in Abs. 1 statuierte Kongruenzmethode verdränge resp. relativiere (E. 8.2). Auch mit Blick auf die Entstehungsgeschichte von Art. 69 ATSG zeigt sich, dass ein solcher Widerspruch nicht besteht; Abs. 2 lässt die in Abs. 1 geregelte Frage, welche zusammentreffenden Leistungen bei der Berechnung der Überentschädigung berücksichtigt werden, unberührt (E. 8.3). Art. 122 Abs. 1 KVV bietet ebenfalls keine Rechtsgrundlage zur Kürzung von Grundpflegebeiträgen im Verhältnis zu einer Hilflosenentschädigung (E. 9).

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