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Art. 65b Beurteilung der Wirtschaftlichkeit: Grundsatz 280
1 Ein Arzneimittel gilt als wirtschaftlich, wenn es die indizierte Heilwirkung mit möglichst geringem finanziellem Aufwand gewährleistet. 2 Die Wirtschaftlichkeit eines Arzneimittels wird wie folgt beurteilt:
3 Zur Ermittlung des Preises, der als wirtschaftlich gilt, werden die nach Absatz 2 Buchstaben a und b ermittelten Preise je hälftig gewichtet. 280 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 26. April 2006 (AS 20061717). Fassung gemäss Ziff. I der V vom 22. Sept. 2023, in Kraft seit 1. Jan. 2024 (AS 2023 570). BGE
147 V 328 (9C_563/2020) from 7. Juni 2021
Regeste: Art. 32 Abs. 1 und Art. 96 KVG; Art. 65b Abs. 6 und Art. 65d KVV; Art. 34f KLV; Wirtschaftlichkeitsbeurteilung eines patentgeschützten Medikaments im Rahmen des therapeutischen Quervergleichs (TQV). Bei der Beurteilung der Wirtschaftlichkeit eines Originalpräparats werden die Kosten für Forschung und Entwicklung berücksichtigt, es sei denn, es handelt sich beim Originalpräparat um ein Nachfolgepräparat, das gegenüber dem bisher in der Spezialitätenliste (SL) aufgeführten Originalpräparat keinen therapeutischen Fortschritt bringt (Art. 65b Abs. 6 KVV). Diese Bestimmung findet nicht nur bei der Aufnahme eines Medikaments in die SL, sondern auch bei der dreijährlichen Überprüfung der Aufnahmebedingungen gemäss Art. 65d KVV Anwendung (E. 4). Definition des Begriffs "Nachfolgepräparat" gemäss Art. 65b Abs. 6 KVV (E. 6.1-6.3.2). Die Einstufung der Vorinstanz, beim konkret zu prüfenden - patentgeschützten - Medikament handle es sich um ein Nachfolgepräparat in diesem Sinne, verletzt kein Bundesrecht (E. 6.4-6.4.2). Definition des Begriffs "therapeutischer Fortschritt" gemäss Art. 65b Abs. 6 KVV (E. 7 und 7.1). Das fragliche Arzneimittel weist im Vergleich zu dem in der SL gelisteten Originalpräparat keinen entsprechenden therapeutischen Fortschritt respektive Mehrwert auf, weshalb es nicht zu beanstanden ist, dass es anlässlich des TQV nicht (mehr) patentgeschützten Medikamenten gegenübergestellt wurde (E. 7.2-7.5).
147 V 464 (9C_710/2020) from 10. August 2021
Regeste: Art. 32 Abs. 1 und Art. 43 Abs. 6 KVG; Art. 65b Abs. 2 lit. b und Abs. 4 bis sowie Art. 65d Abs. 1 KVV; Art. 34f KLV; dreijährliche Überprüfung der Bedingungen für die Aufnahme eines Medikaments in die Spezialitätenliste; Gammeneinteilung. Rechtsprechungsgemäss besteht keine Pflicht, die Vergleichsgruppe im Rahmen des für die Wirtschaftlichkeitsbeurteilung vorzunehmenden therapeutischen Quervergleichs (TQV) auf der Basis sämtlicher der sich grundsätzlich eignenden (d.h. vergleichbaren) (Konkurrenz-)Präparate zu bilden. Es ist daher nicht ersichtlich, inwiefern das Bundesamt für Gesundheit seinen in diesem Bereich zustehenden weiten Ermessensspielraum überschritten haben sollte, indem es Referenzmedikamente berücksichtigte, die derselben galenischen Form wie das zu vergleichende Arzneimittel angehören und damit in der Gammeneinteilung der gleichen Gamme zuzuordnen sind (E. 5.3).
147 V 470 (9C_612/2020) from 22. September 2021
Regeste: Art. 32 Abs. 1 und Art. 43 Abs. 6 KVG; Art. 65b Abs. 1, Abs. 2 lit. b und Abs. 4 bis , Art. 65d Abs. 1 und 3 KVV; Art. 34d und 34f KLV; Vergleichsgruppenbildung im Rahmen des therapeutischen Quervergleichs (TQV); Ermittlung der mittleren Erhaltungsdosis. Der TQV hat gemäss Art. 65b Abs. 4 bis KVV anhand der durchschnittlichen Tagestherapiekosten der mittleren Erhaltungsdosen der zu vergleichenden Medikamente zu erfolgen (E. 4.1). Massgebend ist, dass die jeweiligen Dosierungen für sämtliche in den TQV miteinzubeziehenden Arzneimittel nach denselben Bedingungen festgelegt werden. Die mittleren Erhaltungsdosen sind dabei gestützt auf das vom Bundesamt für Gesundheit entwickelte sog. "Kaskadenmodell" zu ermitteln; danach ist primär auf die gemäss Fachinformation empfohlene oder übliche Dosierung des fraglichen Medikaments abzustellen (E. 4.2-4.2.3). Im zu beurteilenden Fall enthalten die Fachinformationen sowohl zum zu vergleichenden Medikament als auch zu vier der (insgesamt fünf) vorgeschlagenen Referenzarzneimittel klare Empfehlungen bezüglich der üblichen Dosis, sodass der TQV auf dieser Basis vorzunehmen ist (E. 5).
149 V 119 (9C_534/2021) from 4. April 2023
Regeste: Art. 65b Abs. 2, Art. 65d Abs. 2 und 3 (je in den ab 1. März 2017 geltenden Fassungen), Art. 67 Abs. 2ter (in der vom 10. Mai 2006 bis 31. Mai 2015 gültig gewesenen Fassung), Art. 67a Abs. 1 KVV (in der ab 1. Juni 2015 geltenden Fassung); Art. 35c (in der vom 1. August 2010 bis 31. Mai 2015 gültig gewesenen Fassung), Art. 37e KLV (in den ab 15. November 2015 respektive ab 1. März 2017 geltenden Fassungen); Rückerstattung von durch Medikamentenverkäufe erzielten Mehreinnahmen. Übersteigt der bei Aufnahme eines Arzneimittels in die Spezialitätenliste (SL) dem verfügten Höchstpreis zugrunde gelegte Fabrikabgabepreis (FAP) den bei der Überprüfung der Wirtschaftlichkeit ermittelten FAP um mehr als drei Prozent und betragen die dadurch erzielten Mehreinnahmen mindestens Fr. 20'000.-, ist die Zulassungsinhaberin verpflichtet, die seit der Aufnahme erzielten Mehreinnahmen zurückzuerstatten. Mit BGE 142 V 26 (Urteil 9C_417/2015 vom 14. Dezember 2015) hat das Bundesgericht die Gesetzwidrigkeit der lediglich auf einem Auslandpreisvergleich (APV) basierenden dreijährlichen Überprüfung der Wirtschaftlichkeit eines Medikaments - und damit von Art. 65d Abs. 1bis KVV in der vom 1. Juni 2013 bis 31. Mai 2015 geltenden Fassung - festgestellt und erkannt, dass stets auch ein therapeutischer Quervergleich (TQV) durchzuführen ist. Daraus ergibt sich, dass die für den Zeitraum vom 1. August 2014 (Aufnahme des konkret betroffenen Medikaments in die SL) bis 31. Januar 2018 (freiwillige Preissenkung per 1. Februar 2018) zurückzuerstattenden Mehreinnahmen im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung ebenfalls gestützt auf einen APV und einen TQV zu berechnen sind (E. 3-5).
150 V 129 (9C_135/2022) from 12. Dezember 2023
Regeste: Art. 32 Abs. 1, Art. 35 Abs. 2 lit. a, Art. 56 Abs. 1 und 6, Art. 59 Abs. 1 lit. b und Abs. 3 lit. a KVG; Rückforderung von Vergütungen der Krankenversicherer an ärztliche Leistungserbringer bei Verstössen gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot ("Überarztung"); tarifpartnerschaftlicher Vertrag betreffend die Screening-Methode zur Kontrolle der Wirtschaftlichkeit. Rechtsgrundlagen und Leitsätze der Rechtsprechung (E. 4.1 und 4.2); Abfolge der Verträge über die Methode zur Kontrolle der Wirtschaftlichkeit (E. 4.3); statistische Natur der Screening-Methode; Unterschied zur analytischen Methode (E. 4.4). Die Wirtschaftlichkeitsprüfung nach der Screening-Methode setzt sich aus einer Regressionsanalyse (Screening) und, bei auffälligem Resultat, einer anschliessenden Einzelfallprüfung zusammen (E. 5.2). Ein auffälliges Ergebnis der Regressionsanalyse bedeutet noch keine Feststellung von Unwirtschaftlichkeit. Insoweit handelt es sich nicht um eine Beweismethode. Ebenso wenig führt eine auffällige Kostenstruktur zu einer Umkehrung der Beweislast; der Leistungserbringer ist indes mitwirkungspflichtig (E. 5.3). Die im Rahmen des Screenings zu veranschlagende Toleranzmarge trägt vor allem der ärztlichen Behandlungsfreiheit Rechnung; die neue Methode wirkt sich nicht auf die Toleranzmarge aus (E. 5.4). Praxistypologische Merkmale (z.B. Selbstdispensation) sind auf Stufe der Einzelfallprüfung zu berücksichtigen, wenn sie nicht als Screening-Faktor implementiert werden können (E. 5.5.2). Praxisbesonderheiten, die sich auf Eigenschaften des Patientenkollektivs beziehen, kann gestützt auf Patientendossiers oder Statistiken Rechnung getragen werden, soweit sie nicht schon im Rahmen der Regressionsanalyse standardisiert worden sind (E. 5.5.3). Zum Verhältnis zwischen Wirtschaftlichkeitsprüfung und Schiedsgerichtsverfahren (E. 5.6). Da im vorliegenden Fall eine Einzelfallprüfung unterblieben ist, sind die Klage und folglich die vorinstanzlichen Entscheidungsgrundlagen unvollständig (E. 5.7 und 5.8). Die Führung einer Praxisapotheke (Selbstdispensation) ist grundsätzlich kostenrelevant (E. 6.4). Der in die Screening-Methode integrierte Morbiditätsfaktor Pharmaceutical Cost Groups (PCG; "pharmazeutische Kostengruppen") neutralisiert Mehrkosten infolge von Selbstdispensation nicht (E. 6.5). Möglichkeiten, um diesem Merkmal Rechnung zu tragen (E. 6.6). |