Bundesgesetz
über die Mehrwertsteuer
(Mehrwertsteuergesetz, MWSTG)

vom 12. Juni 2009 (Stand am 1. Januar 2022)


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Art. 3 Begriffe

Im Sin­ne die­ses Ge­set­zes be­deu­ten:

a.
In­land: das schwei­ze­ri­sche Staats­ge­biet mit den Zol­l­an­schluss­ge­bie­ten nach Ar­ti­kel 3 Ab­satz 2 des Zoll­ge­set­zes vom 18. März 20053 (ZG);
b.
Ge­gen­stän­de: be­weg­li­che und un­be­weg­li­che Sa­chen so­wie Elek­tri­zi­tät, Gas, Wär­me, Käl­te und Ähn­li­ches;
c.
Leis­tung: die Ein­räu­mung ei­nes ver­brauchs­fä­hi­gen wirt­schaft­li­chen Wer­tes an ei­ne Dritt­per­son in Er­war­tung ei­nes Ent­gelts, auch wenn sie von Ge­set­zes we­gen oder auf­grund be­hörd­li­cher An­ord­nung er­folgt;
d.
Lie­fe­rung:
1.
Ver­schaf­fen der Be­fä­hi­gung, im ei­ge­nen Na­men über einen Ge­gen­stand wirt­schaft­lich zu ver­fü­gen,
2.
Ab­lie­fern ei­nes Ge­gen­stan­des, an dem Ar­bei­ten be­sorgt wor­den sind, auch wenn die­ser Ge­gen­stand da­durch nicht ver­än­dert, son­dern bloss ge­prüft, ge­eicht, re­gu­liert, in der Funk­ti­on kon­trol­liert oder in an­de­rer Wei­se be­han­delt wor­den ist,
3.
Über­las­sen ei­nes Ge­gen­stan­des zum Ge­brauch oder zur Nut­zung;
e.
Dienst­leis­tung: je­de Leis­tung, die kei­ne Lie­fe­rung ist; ei­ne Dienst­leis­tung liegt auch vor, wenn:
1.
im­ma­te­ri­el­le Wer­te und Rech­te über­las­sen wer­den,
2.
ei­ne Hand­lung un­ter­las­sen oder ei­ne Hand­lung be­zie­hungs­wei­se ein Zu­stand ge­dul­det wird;
f.
Ent­gelt: Ver­mö­gens­wert, den der Emp­fän­ger oder die Emp­fän­ge­rin oder an sei­ner oder ih­rer Stel­le ei­ne Dritt­per­son für den Er­halt ei­ner Leis­tung auf­wen­det;
g.4
ho­heit­li­che Tä­tig­keit: Tä­tig­keit ei­nes Ge­mein­we­sens oder ei­ner von ei­nem Ge­mein­we­sen ein­ge­setz­ten Per­son oder Or­ga­ni­sa­ti­on, die nicht un­ter­neh­me­ri­scher Na­tur ist, na­ment­lich nicht markt­fä­hig ist und nicht im Wett­be­werb mit Tä­tig­kei­ten pri­va­ter An­bie­ter steht, selbst wenn für die Tä­tig­keit Ge­büh­ren, Bei­trä­ge oder sons­ti­ge Ab­ga­ben er­ho­ben wer­den;
h.5
eng ver­bun­de­ne Per­so­nen:
1.
die In­ha­ber und In­ha­be­rin­nen von min­des­tens 20 Pro­zent des Stamm- oder Grund­ka­pi­tals ei­nes Un­ter­neh­mens oder von ei­ner ent­spre­chen­den Be­tei­li­gung an ei­ner Per­so­nen­ge­sell­schaftoder ih­nen na­he­ste­hen­de Per­so­nen,
2.
Stif­tun­gen und Ver­ei­ne, zu de­nen ei­ne be­son­ders en­ge wirt­schaft­li­che, ver­trag­li­che oder per­so­nel­le Be­zie­hung be­steht; nicht als eng ver­bun­de­ne Per­so­nen gel­ten Vor­sor­ge­ein­rich­tun­gen;
i.6
Spen­de: frei­wil­li­ge Zu­wen­dung in der Ab­sicht, den Emp­fän­ger oder die Emp­fän­ge­rin zu be­rei­chern oh­ne Er­war­tung ei­ner Ge­gen­leis­tung im mehr­wert­steu­er­li­chen Sin­ne; ei­ne Zu­wen­dung gilt auch dann als Spen­de, wenn:
1.
die Zu­wen­dung in ei­ner Pu­bli­ka­ti­on in neu­tra­ler Form ein­ma­lig oder mehr­ma­lig er­wähnt wird, selbst wenn da­bei die Fir­ma oder das Lo­go des Spen­ders oder der Spen­de­rin ver­wen­det wird,
2.
es sich um Bei­trä­ge von Pas­siv­mit­glie­dern so­wie von Gön­nern und Gön­ne­rin­nen an Ver­ei­ne oder an ge­mein­nüt­zi­ge Or­ga­ni­sa­tio­nen han­delt; Bei­trä­ge von Gön­nern und Gön­ne­rin­nen an ge­mein­nüt­zi­ge Or­ga­ni­sa­tio­nen gel­ten auch dann als Spen­de, wenn die ge­mein­nüt­zi­ge Or­ga­ni­sa­ti­on ih­ren Gön­nern und Gön­ne­rin­nen frei­wil­lig Vor­tei­le im Rah­men des sta­tu­ta­ri­schen Zwecks ge­währt, so­fern sie dem Gön­ner oder der Gön­ne­rin mit­teilt, dass kein An­spruch auf die Vor­tei­le be­steht;
j.
ge­mein­nüt­zi­ge Or­ga­ni­sa­ti­on: Or­ga­ni­sa­ti­on, die die Vor­aus­set­zun­gen er­füllt, wel­che ge­mä­ss Ar­ti­kel 56 Buch­sta­be g DBG für die di­rek­te Bun­des­steu­er gel­ten;
k.
Rech­nung: je­des Do­ku­ment, mit dem ge­gen­über ei­ner Dritt­per­son über das Ent­gelt für ei­ne Leis­tung ab­ge­rech­net wird, gleich­gül­tig, wie die­ses Do­ku­ment im Ge­schäfts­ver­kehr be­zeich­net wird.

3 SR 631.0

4 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I des BG vom 30. Sept. 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2018 (AS 2017 3575; BBl 2015 2615).

5 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I des BG vom 30. Sept. 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2018 (AS 2017 3575; BBl 2015 2615).

6 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I des BG vom 30. Sept. 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2018 (AS 2017 3575; BBl 2015 2615).

BGE

128 I 155 () from 14. Februar 2002
Regeste: Geltung des Mehrwertsteuergesetzes in den Talschaften Samnaun und Sampuoir (Art. 3 Abs. 3 MWSTG); Sondergewerbesteuergesetze der Gemeinde Samnaun für Handel und Bauinvestitionen, für Handel mit Benzin und Dieselöl sowie für Handel mit Tabakwaren (Art. 8, 9, 27, 29 und 127 BV); Frist für staatsrechtliche Beschwerde (Art. 89 Abs. 1 OG). Bedarf ein kantonaler Erlass der konstitutiven Genehmigung durch eine andere Behörde, so beginnt die Frist für die staatsrechtliche Beschwerde erst mit der Genehmigung bzw. der Bekanntmachung des Genehmigungsentscheids zu laufen. Das gilt auch, wenn die letzte kantonale Instanz im Rahmen eines abstrakten Normenkontrollverfahrens entschieden hat (E. 1.1). Die streitigen Sondergewerbesteuern verstossen nicht gegen den Grundsatz der Allgemeinheit der Besteuerung (Art. 127 Abs. 2 BV): Soweit sie zur Finanzierung der dem Bund zu kompensierenden Steuerausfälle dienen, ist es sachlich vertretbar, diese Kosten in erster Linie jenen Leistungspflichtigen anzulasten, die von der Befreiung von der Mehrwertsteuer profitieren und deren Privilegierung den Bund veranlasst hat, von der Gemeinde eine Kompensation zu verlangen. Soweit ihr Ertrag zu andern, im Gesetz umschriebenen Zwecken dient, wird damit ein Sondervorteil ausgeglichen, der einzelnen Gewerbetreibenden aus dem Zollprivileg in besonderem Mass zukommt (E. 2). Die zur Überwachung und Kontrolle des Handels mit Tabakwaren vorgesehenen Massnahmen (Clearingstelle; Meldepflicht) verletzen die Wirtschaftsfreiheit gemäss Art. 27 BV nicht (E. 3).

140 II 80 (2C_936/2013 und andere) from 31. Januar 2014
Regeste: Art. 1 Abs. 3 lit. c, Art. 6 und 81 Abs. 1 MWSTG; Rechtsweg bei Streitigkeiten über die Überwälzung der Mehrwertsteuer im privatrechtlichen und im öffentlich-rechtlichen Verhältnis (hier: Beleihung). Erfolgen die steuerbaren Leistungen auf Grundlage eines privatrechtlichen Rechtsverhältnisses, richtet sich die Überwälzung der Steuer nach den privatautonomen Vereinbarungen. Bei Streitigkeiten ist Zivilklage vor der Ziviljustiz zu erheben (E. 2.4). Beruhen die steuerbaren Leistungen auf öffentlichem Recht, richtet sich entgegen dem Wortlaut von Art. 6 MWSTG auch die Überwälzung nach dem öffentlichen Recht. Das Rechtsverhältnis zwischen der Billag AG und den Gebührenpflichtigen ist öffentlich-rechtlicher Natur. Streitigkeiten bei der Überwälzung der etwaigen Mehrwertsteuer auf der Empfangsgebühr sind verfügungsweise zu regeln (E. 2.5).

140 II 495 (2C_215/2014) from 10. Oktober 2014
Regeste: Art. 18 Abs. 1, Art. 21 Abs. 2 Ziff. 15 und Art. 22 MWSTG; Art. 39 MWSTV; formelle Anforderungen an die rechtsgültige Option für die Versteuerung der von der Mehrwertsteuer ausgenommenen Leistungen (hier: Turnierbeiträge eines Golfclubs). Das Erfordernis, im Fall der Option im objektiven Sinn die Steuer "offen auszuweisen", ist nicht bloss eine Ordnungs-, sondern eine Gültigkeitsvorschrift (Frage des "Ob"; E. 3.2). Auszuweisen sind Bestand und Höhe der Steuer. Die kombinierte Wissens- und Willenserklärung ist auf der jeweiligen Debitorenrechnung anzubringen (Frage des "Wie"; E. 3.3). Vom "Ausweis" zu unterscheiden ist die "Bekanntgabe", das heisst die Deklaration in der Mehrwertsteuerabrechnung (E. 3.4).

141 II 182 (2C_882/2014) from 13. April 2015
Regeste: Art. 16 Abs. 3 und Art. 93 BV; Art. 10 EMRK; Art. 3 lit. c und e, Art. 10 Abs. 1, Art. 18 Abs. 1 MWSTG; Art. 14 Ziff. 1 MWSTV; Art. 68 ff. RTVG; Radio- und Fernsehempfangsgebühren; Mehrwertsteuerpflicht. Rechtliche Grundlagen der Radio- und Fernsehempfangsgebühren (E. 2). Auch Leistungen, die sich der Staat zur Erfüllung seiner öffentlichen Aufgabe beschafft, können der Mehrwertsteuerpflicht unterliegen. Voraussetzung dazu ist, dass ein Leistungsaustauschverhältnis bzw. keine Subventionierung vorliegt (E. 3). Aufgrund der Entwicklung des Radio- und Fernsehrechts (E. 6.3) kann an der Qualifikation der Empfangsgebühr als Regalabgabe nicht festgehalten werden. Wer Radio- und Fernsehsendungen empfängt, nimmt ein verfassungsmässiges Recht wahr, womit keine Überlassung von Rechten im Sinne von Art. 3 lit. e MWSTG vorliegen kann (E. 6.4). Die Empfangsgebühr ist auch nicht die Gegenleistung für irgendeine andere vom Bund erbrachte Leistung (E. 6.5). Sie ist eher als Zwecksteuer oder Abgabe sui generis zu qualifizieren (E. 6.7). Die Empfangsgebühr untersteht nicht der Mehrwertsteuerpflicht (E. 6.9).

141 II 199 (2C_781/2014) from 19. April 2015
Regeste: Art. 3 lit. c und e, Art. 10 Abs. 1 und 2 lit. c, Art. 18 Abs. 2, Art. 28 Abs. 1 und Art. 33 MWSTG; Mehrwertsteuerpflicht einer Stiftung, die ein Kulturzentrum betreibt; Kriterium der nachhaltigen Erzielung von Einnahmen aus Leistungen. Mehrwertsteuerpflichtig ist, wer ein Unternehmen betreibt. Alle im Rahmen der unternehmerischen Tätigkeit angefallenen Vorsteuern können grundsätzlich zum Abzug gebracht werden. Spenden führen nicht zu einer Vorsteuerkürzung (E. 4). Von einer unternehmerischen Tätigkeit kann nicht gesprochen werden, wenn die Tätigkeit praktisch ausschliesslich durch Nicht-Entgelte finanziert wird bzw. allfällige Entgelte bloss einen symbolischen Charakter haben. Entgegen der 25/75-Prozent-Praxis der Eidgenössischen Steuerverwaltung in casu Mehrwertsteuerpflicht einer Stiftung bejaht, die ein Kulturzentrum betreibt und in den streitbetroffenen Jahren Entgelte erzielte, die lediglich 4,4 % bzw. 9,9 % ihres Gesamtaufwandes ausmachten (E. 5).

142 II 488 (2C_1115/2014) from 29. August 2016
Regeste: Art. 130 Abs. 1 BV; Art. 1 Abs. 1 und 2, Art. 10, Art. 28 ff. MWSTG; Art. 58 Abs. 1 lit. b, Art. 59 Abs. 1 DBG; Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs (hier: Erwerb von Kunstgegenständen). Der Vorsteuerabzug bedingt neben den formellen Voraussetzungen, dass die steuerpflichtige Person wirtschaftlich mit Vorsteuern belastet ist und diese "im Rahmen der unternehmerischen Tätigkeit" anfallen (E. 2.3). Die Kriterien der "unternehmerischen Tätigkeit" (MWSTG) und der "geschäftsmässigen Begründetheit" (DBG) sind betriebswirtschaftlich geprägt und weitgehend deckungsgleich (E. 3.6). Auch eine Kunstsammlung bildet grundsätzlich einen Bestandteil des Unternehmens im Sinne des Mehrwertsteuerrechts. Bestreitet die Eidgenössische Steuerverwaltung die Abzugsfähigkeit der Vorsteuern, hat sie dies nachzuweisen, wobei unter Würdigung der Gesamtumstände eine qualitative und quantitative Prüfung anzustellen ist (E. 3.7 und 3.8).

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