Verordnung
über die Hilfe an Opfer von Straftaten
(Opferhilfeverordnung, OHV)

vom 27. Februar 2008 (Stand am 1. Januar 2020)


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Art. 4

(Art. 18 OHG)

1 Be­steht zwi­schen zwei Kan­to­nen kei­ne Re­ge­lung, so kann der leis­tungs­er­brin­gen­de Kan­ton vom an­dern Kan­ton einen Pau­schal­bei­trag für je­de Per­son ver­lan­gen, die als Op­fer oder als An­ge­hö­ri­ger oder An­ge­hö­ri­ge:

a.
ei­ne Be­ra­tung von min­des­tens 30 Mi­nu­ten, ei­ne an­de­re Hil­fe oder einen Kos­ten­bei­trag für län­ger­fris­ti­ge Hil­fe Drit­ter er­hal­ten hat; und
b.
im Zeit­punkt der Kon­takt­auf­nah­me mit der Be­ra­tungs­stel­le im an­dern Kan­ton zi­vil­recht­li­chen Wohn­sitz hat­te.

2 Der Pau­schal­bei­trag be­trägt 1069 Fran­ken.5 Das Eid­ge­nös­si­sche Jus­tiz- und Po­li­zei­de­par­te­ment (EJPD) legt den Bei­trag al­le fünf Ka­len­der­jah­re neu fest.6 Mass­ge­bend sind da­bei:

a.
die Zahl der Be­ra­tungs­fäl­le ge­mä­ss der letz­ten Op­fer­hil­fes­ta­tis­tik; und
b.
der letzt­jäh­ri­ge Auf­wand al­ler Kan­to­ne für die Be­triebs­kos­ten der Be­ra­tungs­stel­len und für die Kos­ten der So­fort­hil­fe und der län­ger­fris­ti­gen Hil­fe.

3 Die Kan­to­ne lie­fern dem BJ auf An­fra­ge die zur Er­mitt­lung des Auf­wands nö­ti­gen An­ga­ben.

5 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I der V des EJPD vom 14. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4109).

6 Fas­sung des zwei­ten Sat­zes ge­mä­ss Ziff. I der V vom 27. Aug. 2014, in Kraft seit 1. Jan. 2015 (AS 20142775).

BGE

121 II 369 () from 20. Dezember 1995
Regeste: Art. 12 Abs. 2 OHG. Voraussetzungen für die Ausrichtung einer Genugtuung an das Opfer einer Straftat (E. 2 u. 3). Die Lebensführung des Opfers kann im vorliegenden Fall als Mitverschulden eine Reduktion, jedoch nicht den Wegfall der Entschädigung rechtfertigen (E. 4). Eine vom Opfer begangene rechtswidrige Handlung als Akt der Selbstjustiz könnte ebenfalls zu einer Herabsetzung der Entschädigung führen; die Voraussetzungen dafür sind jedoch im vorliegenden Fall nicht erfüllt (E. 5). Bemessung des immateriellen Schadens aufgrund des Verlusts eines Auges (E. 6).

125 II 169 () from 2. März 1999
Regeste: Art. 12, 14 und 15 OHG; Recht auf Entschädigung; Subsidiarität staatlicher Leistungen. Zulässigkeit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen einen Entscheid, mit dem Leistungen nach dem Opferhilfegesetz wegen des subsidiären Charakters staatlicher Leistungen verweigert wurden (E. 1). Grundsätze für die Ausrichtung von Genugtuungsleistungen nach dem System des OHG (E. 2a und b). Subsidiärer Charakter staatlicher Entschädigung gegenüber Leistungen von Privat- und Sozialversicherungen (E. 2b und c). Vorliegend zielen die Sozialversicherungsleistungen («Integritätsentschädigung» nach dem UVG) teilweise auf Wiedergutmachung der vom Opfer erlittenen immateriellen Unbill (E. 2d). Angesichts der gestützt auf das UVG ausgerichteten Beträge kommt eine Entschädigung nach dem OHG nicht in Betracht (E. 2d).

126 II 97 () from 15. Februar 2000
Regeste: Art. 12 OHG; Pflicht zur Substanziierung und Bezifferung von Entschädigungs- und Genugtuungsansprüchen. Soweit der Schaden oder allfällige Leistungspflichten Dritter innert der zweijährigen Verwirkungsfrist gemäss Art. 16 Abs. 3 OHG nicht feststehen, sind unbezifferte Entschädigungs- und Genugtuungsbegehren zulässig (E. 2a-d). Hingegen muss das Opfer innert der Verwirkungsfrist den anspruchsbegründenden Sachverhalt mit hinreichender Bestimmtheit darlegen (E. 2e und f). Ungenügen des beurteilten Gesuchs mangels näherer Angaben zu Ort, Ursache und genauem Hergang des Unfalls, erlittenen Verletzungen, Schadenabwicklung und persönlichen Verhältnissen des Opfers (E. 3). Art. 4 aBV bzw. 5 Abs. 3 und 9 BV; Folgen einer unzutreffenden behördlichen Aufforderung zur Verbesserung einer Eingabe. Wenn eine Opferhilfestelle nach Einreichung eines Entschädigungs- und Genugtuungsbegehren (zu Unrecht) zur Substanziierung der Schadensposten auffordert, aber keine weiteren Angaben verlangt, so verstösst es gegen Treu und Glauben, das Gesuch hernach mangels solcher weiterer Angaben abzuweisen (E. 4 und 5).

129 II 49 () from 7. Oktober 2002
Regeste: Art. 45 Abs. 3 OR, Art. 11 ff. OHG; Tötung des Vaters, Versorgerschaden, Entschädigung nach dem Opferhilfegesetz. An die Substantiierung eines Gesuchs um opferhilferechtliche Entschädigung dürfen keine strengen Anforderungen gestellt werden (E. 4.1). Die Entschädigung beschränkt sich nicht auf den in den ersten Monaten nach der Straftat entstandenen Schaden (E. 4.2). Die Alimentenbevorschussung durch das Gemeinwesen ist bei der Ermittlung des Versorgerschadens zu berücksichtigen. Ist die Halbwaisenrente geringer als der Unterhaltsbeitrag, der dem Kind ohne die Tötung aufgrund der Alimentenbevorschussung zugekommen wäre, erleidet es einen Versorgerschaden (E. 4.3).

131 II 121 () from 13. Dezember 2004
Regeste: Hilfe an Opfer von Straftaten, Anwaltskosten; Art. 3 Abs. 4, Art. 11 ff. OHG. Zulässigkeit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde eines Departementes gegen einen kantonalen Entscheid (E. 1). Unterscheidung zwischen Entschädigungen im Sinne von Art. 11 ff. OHG und der Übernahme von Kosten durch die Beratungsstellen gemäss Art. 3 Abs. 4 OHG (E. 2.1-2.3). Die Kosten für einen Anwalt, der im Strafverfahren für das Opfer ohne Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege handelt, können gestützt auf Art. 3 Abs. 4 OHG übernommen werden; subsidiär können sie als Schadensposten im Rahmen von Art. 11 ff. OHG entschädigt werden (E. 2.4). In diesem Fall kann die Entschädigung auf den Betrag beschränkt werden, welcher in Anwendung des Tarifs für die unentgeltliche Rechtspflege zugesprochen worden wäre (E. 2.5).

131 II 217 () from 16. März 2005
Regeste: Art. 124 BV, Art. 12 ff. OHG, Art. 2 ff. OHV, Art. 3a ff. ELG; Entschädigung nach dem Opferhilfegesetz, Anrechnung von Drittleistungen, Ermittlung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Opfers, Schadenszins. Entgegen dem Wortlaut des Opferhilfegesetzes sind Leistungen, die das Opfer als Schadenersatz erhalten hat, auch dann von der Entschädigung abzuziehen, wenn sie bereits bei der Berechnung seiner anrechenbaren Einnahmen nach dem Bundesgesetz über Ergänzungsleistungen zur Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung berücksichtigt worden sind (E. 2). Bei einem minderjährigen Opfer, das bei der Mutter lebt, sind für die Frage, wieweit es Anspruch auf eine opferhilferechtliche Entschädigung hat, die wirtschaftlichen Verhältnisse der Mutter mit zu berücksichtigen (E. 3). Die opferhilferechtliche Entschädigung deckt auch den Schadenszins (E. 4).

131 II 656 () from 3. August 2005
Regeste: Art. 12 Abs. 1, Art. 13 Abs. 1 OHG, Art. 3c ELG, Art. 14a ELV; Zeitpunkt der Einkommensberechnung zur Bemessung der Opferhilfeentschädigung, Berücksichtigung der Restarbeitsfähigkeit bei der Einkommensberechnung, Entschädigungsanspruch für den Haushaltschaden. Massgeblich für die Einkommensberechnung ist in der Regel der Zeitpunkt der Festsetzung der Opferhilfeentschädigung und somit der Zeitpunkt der Verfügung über diese Entschädigung (E. 3). Die Restarbeitsfähigkeit ist bei der Einkommensberechnung zur Bemessung der Opferhilfeentschädigung zu berücksichtigen. Ermittlung des anrechenbaren Erwerbseinkommens bei Teilinvaliden, die von einer Verwertung der verbleibenden Erwerbsfähigkeit absehen (E. 5). Der normative Haushaltschaden fällt unter den Schadensbegriff des Opferhilferechts. Das Opfer hat einen opferhilferechtlichen Anspruch auf Ersatz des normativen Haushaltschadens (Bestätigung der Rechtsprechung; E. 6).

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