Bundesgesetz
betreffend die Ergänzung
des Schweizerischen Zivilgesetzbuches
(Fünfter Teil: Obligationenrecht)

vom 30. März 1911 (Stand am 1. Januar 2022)


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Art. 257f

III. Sorg­falt und Rück­sicht­nah­me

 

1 Der Mie­ter muss die Sa­che sorg­fäl­tig ge­brau­chen.

2 Der Mie­ter ei­ner un­be­weg­li­chen Sa­che muss auf Haus­be­woh­ner und Nach­barn Rück­sicht neh­men.

3 Ver­letzt der Mie­ter trotz schrift­li­cher Mah­nung des Ver­mie­ters sei­ne Pflicht zu Sorg­falt oder Rück­sicht­nah­me wei­ter, so dass dem Ver­mie­ter oder den Haus­be­woh­nern die Fort­set­zung des Miet­ver­hält­nis­ses nicht mehr zu­zu­mu­ten ist so kann der Ver­mie­ter frist­los, bei Wohn- und Ge­schäfts­räu­men mit ei­ner Frist von min­des­tens 30 Ta­gen auf En­de ei­nes Mo­nats kün­di­gen.

4 Der Ver­mie­ter von Wohn- oder Ge­schäfts­räu­men kann je­doch frist­los kün­di­gen, wenn der Mie­ter vor­sätz­lich der Sa­che schwe­ren Scha­den zu­fügt.

BGE

119 II 141 () from 20. April 1993
Regeste: Überprüfung von Kündigungsanfechtungen durch den nach Art. 274g OR zuständigen Ausweisungsrichter. Die Behörde, welche für die Ausweisung nach ausserordentlicher Kündigung auch zur Beurteilung eines Kündigungsschutzbegehrens zuständig ist, hat die Streitsache mit voller Kognition zu prüfen und sie unbesehen ihrer Liquidität an die Hand zu nehmen (Präzisierung der Rechtsprechung).

123 III 124 () from 27. Februar 1997
Regeste: Art. 257f Abs. 3 OR, Art. 101 OR, 102 ff. OR. Ausserordentliche Kündigung eines Mietverhältnisses. Eine Verpflichtung des Mieters, allfällige Bauhandwerkerpfandrechte abzulösen, welche im Zuge vertragskonformer Bauarbeiten eines Untermieters vorgemerkt oder eingetragen werden, fällt nicht unter den Regelungsbereich von Art. 257f OR (E. 2). Löst der Mieter die Bauhandwerkerpfandrechte auf Mahnung nicht ab, verletzt er den Mietvertrag und gerät in Schuldnerverzug. Dem Vermieter steht alsdann das Kündigungsrecht gemäss Art. 107/108 OR zu. Gültigkeit der ausserordentlichen Kündigung trotz irrtümlicher Berufung auf Art. 257f Abs. 3 OR als Rechtsgrundlage (E. 3).

132 III 109 () from 9. Januar 2006
Regeste: Art. 257f Abs. 3 OR; vorzeitige Kündigung des Mietvertrages über Geschäftsräume wegen vertragswidrigen Gebrauchs. Bei anhaltender Verletzung der vertraglichen Bestimmungen über den Gebrauch der vermieteten Räumlichkeiten kann der Vermieter das Mietverhältnis nach Art. 257f Abs. 3 OR auflösen, auch wenn die Aktivitäten des Mieters nicht zu unzumutbaren Verhältnissen im Sinne dieser Bestimmung führen.

134 III 300 (4A_516/2007) from 6. März 2008
Regeste: Vorzeitige Kündigung des Mietverhältnisses (Art. 257f Abs. 3 OR); Untervermietung ohne Zustimmung des Vermieters (Art. 262 OR). Der Mieter, der das Mietobjekt untervermietet, ohne die Zustimmung des Vermieters einzuholen, riskiert eine vorzeitige Auflösung des Mietverhältnisses, wenn er auf eine schriftliche Abmahnung des Vermieters nicht reagiert und dieser sich aus einem der in Art. 262 Abs. 2 OR genannten Gründe der Untervermietung hätte widersetzen können (E. 3).

135 III 441 (4A_89/2009) from 1. Mai 2009
Regeste: Mietvertrag; vorzeitige Kündigung gestützt auf Art. 261 Abs. 2 lit. a OR; Unwirksamkeit und Konversion. Eine unwirksame vorzeitige Kündigung kann nicht in eine wirksame ordentliche Kündigung konvertiert werden (E. 3).

136 III 65 (4A_553/2009) from 13. Januar 2010
Regeste: Wohngenossenschaft; Mietvertrag zwischen der Genossenschaft und einem Genossenschaftsmieter; Verhältnis zwischen der Kündigung des Mietvertrags durch die Genossenschaft und dem Ausschluss aus der Genossenschaft. Wenn das zwischen dem Genossenschaftsmieter und der Genossenschaft bestehende körperschaftliche Verhältnis und das Schuldverhältnis, das aus dem Abschluss eines Mietvertrags zwischen der Genossenschaft und dem Genossenschaftsmieter resultiert, nicht durch eine spezifische Vereinbarung der Parteien gekoppelt sind, kann die Genossenschaft den Mietvertrag kündigen, ohne den Genossenschaftsmieter aus der Genossenschaft auszuschliessen. Die Kündigung des Mietvertrags setzt allerdings voraus, dass der Kündigungsgrund auch einen Ausschluss aus der Genossenschaft zulassen würde (E. 2.1-2.4). Die fehlende Rücksichtnahme gegenüber den Nachbarn, die eine ausserordentliche Kündigung des Mietvertrags erlaubt (Art. 257f Abs. 3 OR), stellt auch eine Verletzung der Treuepflicht im Genossenschaftsrecht dar (Art. 866 OR), die eine Ausschliessung aus der Genossenschaft aus wichtigen Gründen zulässt (Art. 846 Abs. 2 OR) (E. 2.5).

136 III 186 (4A_47/2010) from 6. April 2010
Regeste: Bestimmung des Gebrauchs, für den die Mietsache übergeben wurde (Art. 256 OR), und der Sorgfalt, mit welcher der Mieter die Sache zu gebrauchen hat (Art. 257f OR). Im Mietvertrag und den Anhängen können der vereinbarte Gebrauch der Mietsache und deren sorgfältige Benutzung durch den Mieter näher umschrieben werden. Der vereinbarte Gebrauch betrifft insbesondere den Gebrauchszweck und die Gebrauchsmodalitäten der Mieträumlichkeiten, indem beispielsweise der Kreis der Benutzer festgelegt wird. Vorbehältlich anderslautender Abreden ist der Mieter eines zu Wohnzwecken bestimmten Mietobjekts nicht gehalten, dieses selbst zu bewohnen (E. 3).

137 I 167 (2C_230/2010) from 12. April 2011
Regeste: Art. 8 Abs. 1 und 2, Art. 13 Abs. 1 und 2, Art. 27 und 49 Abs. 1 BV; Art. 8 EMRK; DSG; Gesetz des Kantons Genf vom 17. Dezember 2009 über die Prostitution; Rechtsgleichheit und Nichtdiskriminierung, Privatsphäre (Datenschutz) und Wohnsitz, Wirtschaftsfreiheit, Vorrang des Bundesrechts. Darstellung und Konkurrenz der angerufenen verfassungsmässigen Rechte (E. 3). Das gesetzliche Erfordernis, wonach der Betreiber eines Prostitutionsunternehmens oder einer Begleitagentur das vorgängige Einverständnis des Hauseigentümers erlangen muss, um dort seinen Betrieb führen zu können, verstösst gegen die Wirtschaftsfreiheit (E. 4). Verfassungskonforme Auslegung der dem Betreiber auferlegten Verpflichtung, jeglichen Verstoss gegen die öffentliche Ordnung zu verhindern bzw. zu vermeiden (E. 6), der von den Behörden in den Betrieben durchgeführten Kontrollen (E. 7) und, unter dem Blickwinkel der gesetzlichen Grundlage sowie der Verhältnismässigkeit, des Umgangs mit den prostitutionsbezogenen Personendaten (E. 9). Verfassungsmässigkeit der dem Betreiber gemachten Verpflichtung, ein internes und laufend auf den neuesten Stand gebrachtes Verzeichnis der in seinem Unternehmen tätigen (männlichen oder weiblichen) Prostituierten und der anerbotenen Dienstleistungen zu führen (E. 5). Die der Prostitution eigenen Besonderheiten rechtfertigen Erfassungsmassnahmen und Meldepflichten, die nicht gegen die Verfassung verstossen (E. 8).

 

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