Bundesgesetz
betreffend die Ergänzung
des Schweizerischen Zivilgesetzbuches
(Fünfter Teil: Obligationenrecht)

vom 30. März 1911 (Stand am 1. Januar 2022)


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Art. 510

II. Bürg­schaft auf Zeit; Rück­tritt

 

1 Ist ei­ne zu­künf­ti­ge For­de­rung ver­bürgt, so kann der Bür­ge die Bürg­schaft, so­lan­ge die For­de­rung nicht ent­stan­den ist, je­der­zeit durch ei­ne schrift­li­che Er­klä­rung an den Gläu­bi­ger wi­der­ru­fen, so­fern die Ver­mö­gens­ver­hält­nis­se des Haupt­schuld­ners sich seit der Un­ter­zeich­nung der Bürg­schaft we­sent­lich ver­schlech­tert ha­ben oder wenn sich erst nach­träg­lich her­aus­stellt, dass sei­ne Ver­mö­gens­la­ge we­sent­lich schlech­ter ist, als der Bür­ge in gu­ten Treu­en an­ge­nom­men hat­te. Bei ei­ner Amts- oder Dienst­bürg­schaft ist der Rück­tritt nicht mehr mög­lich, wenn das Amts- oder Dienst­ver­hält­nis zu­stan­de ge­kom­men ist.

2 Der Bür­ge hat dem Gläu­bi­ger Er­satz zu leis­ten für den Scha­den, der ihm dar­aus er­wächst, dass er sich in gu­ten Treu­en auf die Bürg­schaft ver­las­sen hat.

3 Ist die Bürg­schaft nur für ei­ne be­stimm­te Zeit ein­ge­gan­gen, so er­lischt die Ver­pflich­tung des Bür­gen, wenn der Gläu­bi­ger nicht bin­nen vier Wo­chen nach Ab­lauf der Frist sei­ne For­de­rung recht­lich gel­tend macht und den Rechts­weg oh­ne er­heb­li­che Un­ter­bre­chung ver­folgt.

4 Ist in die­sem Zeit­punkt die For­de­rung nicht fäl­lig, so kann sich der Bür­ge nur durch Leis­tung von Re­al­si­cher­heit von der Bürg­schaft be­frei­en.

5 Un­ter­lässt er dies, so gilt die Bürg­schaft un­ter Vor­be­halt der Be­stim­mung über die Höchst­dau­er wei­ter, wie wenn sie bis zur Fäl­lig­keit der Haupt­schuld ver­ein­bart wor­den wä­re.

BGE

121 III 191 () from 31. Mai 1995
Regeste: Art. 303 Abs. 2 SchKG; Obliegenheiten des Gläubigers, der dem Nachlassvertrag zugestimmt hat, bezüglich der Mitschuldner des Schuldners. Sinn und Zweck von Art. 303 Abs. 2 SchKG und Begriff des Mitschuldners (E. 2). Wenn ein erstes Gesuch um einen Nachlassvertrag zurückgezogen worden ist, so muss der Gläubiger, der dem zweiten Nachlassvertrag zustimmt, die Abtretung seiner Rechte dem Mitschuldner gegen Bezahlung offerieren, unbekümmert der Haltung, die der Gläubiger während des ersten Nachlassverfahrens eingenommen hat (E. 3). Der Gläubiger, der es unterlassen hat, entsprechend dem Art. 303 Abs. 2 SchKG vorzugehen, verliert alle seine Rechte gegenüber dem Mitschuldner; er behält seine Rechte auf die Nachlassdividende nur, wenn diese nicht vom Schuldner bezahlt worden ist (E. 4).

125 III 322 () from 14. Juli 1999
Regeste: Bürgschaft auf Zeit; fristgerechte Belangung des Bürgen (Art. 510 Abs. 3 OR). Art. 510 Abs. 3 OR erfasst bei der einfachen Bürgschaft nur die verbürgte Hauptforderung, nicht auch die subsidiäre Bürgschaftsforderung. Das Gebot, die Hauptforderung fristgerecht geltend zu machen und beschleunigt zu verfolgen, gilt nicht für die Bürgschaftsforderung (E. 3a/b). Eine anderslautende Vereinbarung der Parteien vorbehalten, genügt es grundsätzlich, wenn der Gläubiger dem Bürgen binnen vier Wochen nach beendetem Vorgehen gegen den Hauptschuldner anzeigt, die Bürgschaft zu beanspruchen. Einer fristgebundenen Klageanhebung bedarf es nicht (E. 3c/d).

125 III 435 () from 28. September 1999
Regeste: Bürgschaft auf Zeit (Art. 510 Abs. 3 OR). Art. 510 Abs. 3 OR findet auf die befristete Bürgschaft Anwendung. Davon zu unterscheiden ist der Fall, in dem die vereinbarte Befristung nicht die Bürgschaftsverpflichtung, sondern die verbürgten Forderungen betrifft.

136 III 545 (4A_438/2010) from 15. November 2010
Regeste: Art. 139 OR; analoge Anwendung auf Verwirkungsfristen; Anwendung trotz fehlendem Rückweisungsentscheid; Anwendung bei irrtümlicher Parteibezeichnung. Bestätigung der Praxis, wonach die ratio legis von Art. 139 OR nach einer analogen Anwendung dieser Bestimmung auf Verwirkungsfristen des Bundeszivilrechts ruft (E. 3.1). Anwendung von Art. 139 OR, obwohl kein Rückweisungsentscheid im Sinne dieser Norm ergangen war, weil die fehlerhafte Prozesseinleitung erst in einem späteren Prozessstadium bekannt wurde (E. 3.2). Art. 139 OR ist im Hinblick auf die Wahrung von Verwirkungsfristen anwendbar, wenn bei der fehlerhaften Klageeinleitung versehentlich eine falsche Parteibezeichnung verwendet bzw. eine nicht aktiv- oder nicht passivlegitimierte Person aufgeführt wird und dieses Versehen für den Schuldner erkennbar ist (E. 3.4.1).

 

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