Bundesgesetz
betreffend die Ergänzung
des Schweizerischen Zivilgesetzbuches
(Fünfter Teil: Obligationenrecht)

vom 30. März 1911 (Stand am 1. Januar 2022)


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Art. 99

II. Mass der Haf­tung und Um­fang des Scha­den­er­sat­zes

1. Im All­ge­mei­nen

 

1 Der Schuld­ner haf­tet im All­ge­mei­nen für je­des Ver­schul­den.

2 Das Mass der Haf­tung rich­tet sich nach der be­son­de­ren Na­tur des Ge­schäf­tes und wird ins­be­son­de­re mil­der be­ur­teilt, wenn das Ge­schäft für den Schuld­ner kei­ner­lei Vor­teil bezweckt.

3 Im üb­ri­gen fin­den die Be­stim­mun­gen über das Mass der Haf­tung bei un­er­laub­ten Hand­lun­gen auf das ver­trags­wid­ri­ge Ver­hal­ten ent­spre­chen­de An­wen­dung.

BGE

87 II 155 () from 19. September 1961
Regeste: Art. 75, 127, 130 Abs. 1 OR. Wann beginnt die Frist zu laufen, binnen der die Ansprüche aus unsorgfältiger ärztlicher Behandlung verjähren?

89 II 239 () from 18. Juni 1963
Regeste: Auftrag an eine Bank zur Führung eines Kontokorrents. Pflicht der Bank, bei ungenauer Bezeichnung des Empfängers einer bei ihr eingehenden Zahlung sorgfältig zu prüfen, für welchen ihrer Kunden diese bestimmt ist; Folgen der Verletzung dieser Pflicht (Erw. 4). Haftung aus unerlaubter Handlung (Art. 41 ff. OR). Schadenersatzforderung der Erwerber aller Aktien einer Aktiengesellschaft gegen eine Bank, die der Aktiengesellschaft bewusst eine ungerechtfertigte Gutschrift erteilt und so zur Täuschung der Erwerber der Aktien über deren Wert beigetragen hat (Erw. 5-11). - Haftung für absichtliche und fahrlässigeädigung. Gemeinsame Haftung der Bank und der Verkäufer der Aktien (Art. 50 , 51 OR). Anspruch auf Schadenersatz wegen Täuschung trotz Genehmigung des Vertrags (Art. 31 Abs. 3 OR). (Erw. 6). - Natürlicher und adäquater Kausalzusammenhang (Erw. 7). - Haftung der Bank, einer Aktiengesellschaft, für den Schaden aus unerlaubten Handlungen ihrer Organe (Art. 718 Abs. 3 OR);Zurechnung des Wissens und Willens des Vizedirektors mit Kollektivunterschrift, der die Erteilung der ungerechtfertigten Gutschrift veranlasst hat (Erw. 8). - Absicht oder Fahrlässigkeit? (Erw. 9, 10). - Festsetzung des Schadens (Art. 42 OR); Anwendung der relativen Berechnungsmethode (Erw. 11).

91 II 291 () from 13. Juli 1965
Regeste: Miete einer Baumaschine (Bagger) mit Bedienungsmann. Haftung des Mieters für eine in erster Linie vom Bedienungsmann verursachte Beschädigung der Maschine (Art. 97 Abs. 1, 101 Abs. 1, 261 Abs.1 und 272 Abs. 1 und 2 OR). Bemessung des Schadenersatzes (Art. 99 Abs. 3 und 43 Abs. 1 OR).

92 II 234 () from 1. November 1966
Regeste: Haftung für Hilfspersonen (Art. 101 OR). Mass der Haftung (Art. 99 Abs. 2 und 3, Art. 43 und 44 OR). 1. Auftrag einer Bauunternehmung an eine Spezialfirma für Baumaschinen, auf einem Bauplatz die Demontage eines der Bauunternehmung gehörenden Turmkrans zu leiten. Haftung der Beauftragten für den Schaden, den die Auftraggeberin erleidet, weil der von der Beauftragten abgeordnete Monteur die aus demVertrag sich ergebenden Sorgfaltspflichten verletzt und dadurch den Sturz des Krans verursacht. 2. Umstände, die für die Bemessung des Schadenersatzes von Bedeutung sind. Ermässigung wegen nur leichten Verschuldens? Massstab für die Beurteilung des Verschuldens der Hilfsperson. Berücksichtigung des Mitverschuldens einer Hilfsperson des Geschädigten und der Tatsache, dass das Geschäft dem Ersatzpflichtigen nur einen geringen Vorteil bot.

95 II 43 () from 4. Februar 1969
Regeste: Werkvertrag. Verantwortlichkeit des Bestellers für Mängel wegen Nichtbeachtung einer Abmahnung des Unternehmers gemäss Art. 369 OR? Art. 16 OR ist auf die Abmahnung nach Art. 369 OR nicht anwendbar. Art. 21 Abs. 2 der SIA-Normen, wonach die Anzeige schriftlich zu erfolgen hat, ist blosse Ordnungsvorschrift (Erw. 2). Anforderungen an den Inhalt und die Anbringung der Abmahnung; Bedeutung des Verhaltens von Hilfspersonen beider Teile (Erw. 3). Ermässigung der Ersatzpflicht des Unternehmers wegen Mitverschuldens des Bestellers bezw. seiner Hilfspersonen. Verhältnis zu den Regeln der unechten Solidarität, Art. 51 OR (Erw. 4). Abwägung des beidseitigen Verschuldens (Erw. 5).

99 II 176 () from 18. September 1973
Regeste: Haftung aus Aktienrecht. 1. Art. 722 Abs. 1 und 754 Abs. 1 OR. Ersatzpflicht eines Verwaltungsrates, der einen grossen Teil des Grundkapitals für hochspekulative Aktienkäufe verwendet (Erw. 1). 2. Art. 43 Abs. 1, 44 und 99 Abs. 2 OR. Keine Ermässigung der Ersatzpflicht, wenn der eingetretene Schaden in vollem Umfange die Folge pflichtwidrigen Verhaltens ist und die Gesellschaft kein Mitverschulden trifft (Erw. 2). 3. Die Verurteilung zu Schadenersatz gegen Aushändigung der gekauften Aktien verletzt das Gesetz nicht (Erw. 3). 4. Entgangener Zins als Schaden der Gesellschaft (Erw. 4).

105 II 87 () from 22. Februar 1979
Regeste: Kaufvertrag, Schadenersatz. Art. 191 Abs. 3 OR. Misslingt der Schadensnachweis nach dieser Bestimmung, so kann der Sachverhalt auf Grund allgemeinen Schadenersatzrechtes gewürdigt werden. Art. 42 Abs. 2 OR. Schätzung des Schadens.

110 II 163 () from 3. April 1984
Regeste: Haftung des Arbeitgebers, Genugtuung. Haftung des Arbeitgebers, der eine Sicherheitsmassnahme unterlassen hat (Art. 328 Abs. 2 OR; E. 2a). Anspruch auf Genugtuung wegen eines Unfalls, der zum vollständigen Verlust des Gehörs auf einer Seite führt (E. 2c).

110 II 360 () from 13. März 1984
Regeste: 1. Art. 6 und 176 OR, Art. 2 ZGB. Auslegung einer vom Gläubiger stillschweigend angenommenen Erklärung einer Schuldübernahme nach dem Vertrauensprinzip (E. 2b). 2. Art. 20 OR in Verbindung mit Art. 4 und 5 der Verordnung über Massnahmen gegen den Zufluss ausländischer Gelder vom 20. November 1974/22. Januar 1975 sowie mit Art. 14 VStG. Nichtigkeit eines Vertrags oder einer Vertragsklausel wegen Widerrechtlichkeit; Prüfungsbefugnis des Richters. Das Versprechen einer Bank, ein ausländisches Guthaben ohne Abzug des Negativzinses und der Verrechnungssteuer zu verzinsen, verletzt die genannte Verordnung und ist deshalb nichtig. Frage offengelassen, ob die Widerrechtlichkeit der Vertragsklausel sich auch aus dem VStG ergibt (E. 3/4). 3. Art. 97, 397 und 398 OR: Haftung einer Bank wegen Verletzung der Informationspflicht gegenüber den Bankkunden. Eine Bank, die einem ausländischen Kunden eine Geldanlage empfiehlt und fälschlicherweise die Befreiung von Negativzins und Verrechnungssteuer verspricht, verstösst gegen ihre Informationspflicht; deren Verletzung zieht den Ersatz des positiven Vertragsinteresses nach sich, d.h. des Schadens, den der Kunde nicht erlitten hätte, wenn die Information genau und vollständig gewesen wäre (E. 5).

111 II 156 () from 4. Juni 1985
Regeste: Vorvertrag zu einem Kaufvertrag. Schadenersatzforderung des Käufers wegen ungerechtfertigten Vertragsrücktritts des Verkäufers vor Fälligkeit des Kaufpreises. Art. 91, 97 Abs. 1, 107, 108 OR und Art. 8 ZGB. 1. Will der Verkäufer wegen antizipierter Annahmeverweigerung des Käufers vom Vertrag zurücktreten, so hat er analog den Regeln der Art. 107 und 108 OR vorzugehen und darf auf eine Nachfristansetzung nur dann verzichten, wenn die Voraussetzungen gemäss Art. 108 OR gegeben sind (E. 2). 2. Macht der Käufer Schadenersatz wegen ungerechtfertigten Vertragsrücktritts des Verkäufers geltend, muss er den behaupteten Schaden und damit auch den Kausalzusammenhang zwischen der Vertragsverletzung und dem angeblich entgangenen Gewinn beweisen. Der Käufer hat daher zu beweisen, dass er den Kaufpreis im massgebenden Zeitpunkt wie vertraglich vereinbart in bar hätte erbringen können (E. 3).

112 II 347 () from 3. Juni 1986
Regeste: Auftrag oder ausservertragliches Handeln? Passivlegitimation. Das Ersuchen um Schätzung eines Kunstgegenstandes durch ein Unternehmen, das auf den Handel mit Kunstgut spezialisiert ist, ist hier als Auftrag zu werten (E. 1a und b). Passivlegitimation, wenn die schweizerische Tochtergesellschaft für die Begutachtung das ausländische Mutterhaus beizieht (E. 1c). Haftung des Beauftragten bei erlaubter Substitution. Substituiert der Beauftragte im eigenen Interesse, haftet er gemäss Art. 101 Abs. 1 OR; nur wenn er im Interesse des Auftraggebers einen Spezialisten beizieht, beschränkt sich die Haftung im Sinne von Art. 399 Abs. 2 OR (E. 2). Umfang der Haftung; Art. 44 und 99 Abs. 2 OR. In der Unentgeltlichkeit und dem hohen Risiko einer Fehlschätzung, das den Klägern bewusst sein musste, kann eine stillschweigende Beschränkung der Haftung gesehen werden (E. 3).

112 II 450 () from 18. November 1986
Regeste: Verantwortlichkeit einer Bank, die ihr von einem Bankkunden anvertraute Gelder einem nicht ermächtigten Dritten auszahlt. Überwälzung des Risikos auf den Kunden. Geschäftsführung ohne Auftrag. 1. Rechtsnatur der Ansprüche des Kunden gegenüber der Bank und der Klausel, mit der die Bank das Risiko der nicht befreienden Erfüllung auf ihre Kunden überwälzt (E. 3). 2. Der Betrieb einer Bank ist der Ausübung eines obrigkeitlich konzessionierten Gewerbes im Sinne von Art. 100 Abs. 2 OR gleichzusetzen (E. 3). 3. Gründe für einen Ausschluss oder eine Herabsetzung der Ansprüche des Bankkunden (E. 4). 4. Geschäftsführung des Bankkunden im Interesse zweier Banken: Abweichung von der Regel, nach der für die Bestimmung des anwendbaren Rechts anzuknüpfen ist (E. 1a); Vorgehen bei der Anrechnung der vom Bankkunden zurückerhaltenen Beträge auf dessen Forderung gegenüber den beiden Banken (E. 5a und b).

115 II 1 () from 11. April 1989
Regeste: Art. 8 ZGB. Schadenersatz für entgangenen Gewinn, Beweislast. Wer für entgangenen Gewinn aus einem Dauervertrag, der zu Unrecht vorzeitig aufgelöst wird, Ersatz verlangt, ist dafür auch dann allein beweispflichtig, wenn der Belangte die Ersatzpflicht nur mit Nichtwissen bestreitet.

115 II 42 () from 31. Januar 1989
Regeste: Regressforderung des Unternehmers gegen den Architekten, Verjährung. 1. Art. 50 Abs. 1 und 51 Abs. 1 OR. Berufung auf Deliktshaftung, obschon Haftung aus Vertrag anzunehmen ist. Solidarität unter mehreren Schuldnern, die dem Bauherrn aus verschiedenen Rechtsgründen für den gleichen Schaden haften. Rechtsfolgen; Bestätigung der Rechtsprechung (E. 1). 2. Art. 60 Abs. 1, Art. 67 und 127 OR. Umstände, unter denen die Verjährung einer Regressforderung mangels Unterbrechung nicht nur nach der Deliktshaftung, sondern auch nach einer vertraglichen Haftung zu bejahen ist (E. 2).

115 II 72 () from 14. Februar 1989
Regeste: Schadenersatzklage wegen Verletzung des Bankgeheimnisses. Der Kunde einer schweizerischen Bank, dem eine Busse auferlegt worden ist, weil er die Vorschriften seines Heimatstaates über die finanziellen Beziehungen zum Ausland verletzt hat, kann nicht von der Bank den Ersatz des Bussenbetrages fordern; vorbehalten bleibt die Möglichkeit, dass die Sanktion nicht mit dem schweizerischen ordre public vereinbar wäre. Können andere Schadensposten, die durch die Verletzung des Bankgeheimnisses entstanden sind, eingeklagt werden? Frage offengelassen (E. 3).

116 II 519 () from 23. Oktober 1990
Regeste: Haftpflicht des Arztes, Genugtuung (Art. 49 OR). 1. Anspruch von nahen Angehörigen auf Genugtuung infolge Verletzung in den persönlichen Verhältnissen (E. 2). 2. Aufklärung des Patienten als Vertragspflicht des Arztes (E. 3). 3. Unterbrechung des adäquaten Kausalzusammenhangs durch Mitverschulden eines Dritten? (E. 4).

116 II 689 () from 18. Dezember 1990
Regeste: Haftung des vollmachtlosen Stellvertreters (Art. 39 OR). 1. Der vollmachtlose Stellvertreter haftet aus Bereicherungsrecht auch dann, wenn er die Leistung selber nicht empfangen hat, sondern diese durch Anweisung einem andern hat zukommen lassen (E. 3b). 2. Welche Folgen zeitigt ein Selbstverschulden des Verhandlungspartners an der Unkenntnis des Vollmachtsmangels auf seinen Schadenersatzanspruch? (E. 3c).

117 II 156 () from 24. Mai 1991
Regeste: Art. 264 OR und Art. 257 aOR; vorzeitige Rückgabe der Mietsache; Umstände, welche den Vermieter berechtigen, einen vom Mieter vorgeschlagenen Ersatzmieter abzulehnen. Der Vermieter darf einen Ersatzmieter ablehnen, der lediglich dazu bereit ist, einen erheblich niedrigeren als den bisherigen Mietzins zu zahlen. Das gilt auch dann, wenn der Mieter bereit ist, den Zinsunterschied bis zum Ablauf der vereinbarten Vertragsdauer direkt an den Vermieter zu leisten.

117 II 273 () from 13. Juni 1991
Regeste: Werklieferungsvertrag mit Suspensivbedingung; Rücktritt des Bestellers (Art. 365 und 377 OR). 1. Werklieferungsvertrag mit suspensiv bedingter Bauverpflichtung. Rechtsnatur und Inhaltskontrolle (E. 3). 2. Der Besteller kann jederzeit nach den Regeln von Art. 377 OR vom Werklieferungsvertrag zurücktreten (E. 4a). Rechtsnatur des dem Unternehmer nach Art. 377 OR zustehenden Anspruchs; Anwendung von Art. 97 ff. OR (E. 4b, 4c). 3. Auslegung der Bauverpflichtung (E. 5).

117 II 563 () from 22. Oktober 1991
Regeste: Haftung des Anwalts (Art. 398 Abs. 2 OR). 1. Umfang der Sorgfaltspflicht des Rechtsanwalts (E. 2a). 2. Der Anwalt haftet grundsätzlich für jedes, auch für leichtes Verschulden (Präzisierung der Rechtsprechung; E. 2a und b). 3. Haftung des Anwalts für die Unterlassung, einen klar erkennbaren Irrtum in den Instruktionen zur Eintragung eines Bauhandwerkerpfandrechts zu berichtigen; der Auftraggeber hatte zwar die zu belastende Parzelle falsch bezeichnet; der Irrtum liess sich jedoch aufgrund der Abklärungen des Anwalts klar erkennen (E. 3).

119 IV 207 () from 21. September 1993
Regeste: Art. 268 und Art. 270 Abs. 1 BStP. Zulässigkeit der Nichtigkeitsbeschwerde (E. 1). Art. 117 StGB; fahrlässige Tötung, Vernichtung der Leibesfrucht in utero. Vor der Geburt ist das menschliche Leben durch die Bestimmungen über die Abtreibung geschützt und eine Tötung im Sinne der Art. 111-117 StGB ausgeschlossen; fahrlässige Abtreibung ist nicht strafbar (E. 2).

120 II 243 () from 20. September 1994
Regeste: Art. 337c Abs. 1 OR. Schadenersatz bei ungerechtfertigter fristloser Entlassung; Mitverschulden des Arbeitnehmers. Der Anspruch gemäss Art. 337c Abs. 1 OR - in der revidierten Fassung von 1988 - kann nicht in analoger Anwendung von Art. 44 OR herabgesetzt werden. Ein Mitverschulden des Arbeitnehmers fällt als Herabsetzungsgrund einzig bei der Entschädigung gemäss Art. 337c Abs. 3 OR in Betracht (E. 3).

120 II 296 () from 15. November 1994
Regeste: Bürgerlicher Kauf - Nichterfüllung (Art. 107 Abs. 2 OR, Art. 191 OR, Art. 42 Abs. 2 OR). Ist der Schadenersatzanspruch des Käufers zu berechnen, verstösst es nicht gegen Bundesrecht, wenn auf die Differenz zwischen dem bei einem Weiterverkauf erzielbaren Preis der Sache, bestimmt nach Ermessen mit Rücksicht auf den gewöhnlichen Lauf der Dinge, und dem zwischen den Parteien vereinbarten Preis abgestellt wird. Unerheblich ist, ob der Käufer beabsichtigt hat, die Sache weiterzuverkaufen oder nicht (E. 3).

122 III 61 () from 10. Januar 1996
Regeste: Architektenvertrag; Haftung für die Überschreitung des Kostenvoranschlages; Bemessung des Schadens (Art. 398 Abs. 2 OR). Der Schaden, den der Architekt dem Bauherrn wegen seines Vertrauens in die Verlässlichkeit des Kostenvoranschlages zu ersetzen hat, entspricht nicht dem objektiven Mehrwert der Baute; er besteht in der Differenz zwischen dem objektiven Wert der Baute und dem subjektiven Nutzen für den Bauherrn.

123 III 16 () from 15. Januar 1997
Regeste: Art. 107 OR. Wahlrecht des Gläubigers bei Verzug des Schuldners. Verzug des Verkäufers nach rechtskräftiger Verurteilung des Käufers zur Bezahlung des Kaufpreises: Steht der Klage des Käufers die Einrede der abgeurteilten Sache entgegen (E. 2)? Bedeutung der Wahlmöglichkeiten des Gläubigers bei Verzug des Schuldners. Auslegung der Wahlerklärung. Unwiderruflichkeit der getroffenen Wahl (E. 4).

126 III 192 () from 3. März 2000
Regeste: Hinterlegungsvertrag; Haftung des Aufbewahrers. Abgrenzung zwischen Speditionsvertrag (Art. 439 OR), Hinterlegungsvertrag (Art. 472 OR) und Lagergeschäft (Art. 482 OR). Bei Übergabe einer beweglichen Sache an einen Vertragspartner, der sich bereit erklärt, die Sache in einem Lager kostenlos aufzubewahren in Erwartung einer allfälligen Anordnung, sie zu versenden, liegt ein Hinterlegungsvertrag vor (E. 2a und b). Haftung des Aufbewahrers bei Diebstahl ihm anvertrauter Schmuckstücke (E. 2c und d).

130 III 182 () from 26. November 2003
Regeste: Art. 14 f. Pauschalreisegesetz; Art. 44 OR; Haftung für den Verlust eines anvertrauten Koffers. Rechtsnatur der Haftung des Reiseveranstalters (E. 4). Der Konsument, der den Reiseveranstalter nicht über den besonders hohen Wert eines anvertrauten Reisegepäckstücks orientiert, muss sich ein Versäumnis im Sinne von Art. 15 Abs. 1 lit. a Pauschalreisegesetz vorwerfen lassen. Die Haftungsregelung von Art. 14 f. Pauschalreisegesetz steht der Berücksichtigung eines blossen, den Kausalzusammenhang nicht unterbrechenden Mitverschuldens des Konsumenten als Reduktionsgrund nicht entgegen. Bemessung der Ersatzpflicht (E. 5).

130 III 591 () from 13. August 2004
Regeste: a Art. 104 und 97 ff. in Verbindung mit Art. 42 ff. OR; Verzugszins und Schadenszins. Wird der Schaden nach den Verhältnissen im Zeitpunkt des kantonal letztinstanzlichen Urteils über den vertraglichen Schadenersatzanspruch berechnet, stehen dem Geschädigten auf dem zugesprochenen Ersatzbetrag erst ab dem Tag der Fällung des Urteils Verzugszinsen zu, nicht bereits ab dem Tag der Klageeinleitung (E. 1-3). Soweit sich der Schaden bereits vor dem Urteilstag finanziell ausgewirkt hat, indem Auslagen zu tätigen oder Mindereinnahmen zu verzeichnen waren, hat der Geschädigte Anspruch auf Schadenszins auf den entsprechenden Beträgen (E. 4).

130 V 103 () from 10. Oktober 2003
Regeste: Art. 5 Abs. 2 FZG; Art. 97 ff. OR: Zustimmung des Ehegatten zur Barauszahlung. Die Rechtsfolgen fehlender Zustimmung des Ehegatten zur Barauszahlung beurteilen sich bei einem vertraglichen Vorsorgeverhältnis nach den Art. 97 ff. OR (Erw. 3.2 und 3.3).

131 III 511 () from 31. Mai 2005
Regeste: a Art. 116, 126 und 196 IPRG; anwendbares Recht. Bestimmung des anwendbaren Rechts im Fall, dass Garantien von einem Vertreter abgegeben werden, dessen Vertretungsbefugnis vom Vertretenen bestritten wird (E. 2).

137 III 16 (4A_249/2010) from 16. November 2010
Regeste: Beginn der Verjährung des Anspruchs auf Schadenersatz bei Verletzung vertraglicher Pflichten (Art. 130 Abs. 1 OR). Die Forderungen auf Schadenersatz und Genugtuung aus vertragswidriger Körperverletzung werden sogleich mit der Verletzung der vertraglichen Pflicht fällig. Ab diesem Zeitpunkt beginnt die Verjährung zu laufen, nicht erst mit Eintritt des Schadens, auch wenn dieser (wie bei Asbestschäden) erst nach Ablauf von mehr als 10 Jahren eintreten und festgestellt werden kann. Das Institut der Verjährung gilt für alle Schuldner und Gläubiger. Es beruht auf einer Abwägung der Interessen beider Parteien und führt nicht zu einer Diskriminierung der Asbestopfer oder behinderter Personen (E. 2).

137 III 303 (4A_53/2011) from 28. April 2011
Regeste: Art. 337 Abs. 1 OR; gerechtfertigte fristlose Kündigung des Vertrags durch den Arbeitnehmer. Der Arbeitnehmer kann unter Umständen ein legitimes Interesse daran haben, die vertraglich vereinbarte Leistung tatsächlich zu erbringen. Ein solches Interesse an einer tatsächlichen Beschäftigung muss namentlich bei einem professionellen Sportler, im vorliegenden Fall bei einem Fussballspieler, anerkannt werden (E. 2.1). Ein Arbeitnehmer, dessen Persönlichkeit i.S. von Art. 328 Abs. 1 OR verletzt wurde, kann eine Genugtuung gemäss den Voraussetzungen des Art. 49 Abs. 1 OR verlangen (Bestätigung der Rechtsprechung; E. 2.2).

137 III 539 (4A_275/2011) from 20. Oktober 2011
Regeste: Gefälligkeitshandlungen ohne Rechtsbindungswillen; Haftung des Gefälligen. Abgrenzung zum Vertrag (E. 4.1); Kinderhüten unter Nachbarinnen für eine beschränkte Dauer als Gefälligkeitshandlung (E. 4.2 und 4.3). Der Gefällige haftet nach den Grundsätzen über die unerlaubte Handlung (E. 5.1); dabei gilt grundsätzlich der eingeschränkte Sorgfaltsmassstab der eigenüblichen Sorgfalt (diligentia quam in suis) (E. 5.2).

143 III 653 (4A_455/2016) from 20. November 2017
Regeste: Art. 398 Abs. 2 OR, Art. 9, 10 und 11 GwG, Art. 3 ZGB; Ausschluss der vertraglichen Haftung der Bank im Falle der Anzeige wegen Geldwäscherei. Eine vertragliche Haftung der Bank ist ausgeschlossen, wenn diese in gutem Glauben (Art. 3 ZGB) den Pflichten der Finanzintermediäre bei Geldwäschereiverdacht nachkommt (Art. 9-11 GwG). Der Kunde, der sich auf die Verantwortlichkeit der Bank beruft, hat deren bösen Glauben nachzuweisen oder tatsächliche Umstände aufzuzeigen, die es der Bank verbieten, sich auf ihren guten Glauben zu berufen (E. 4).

146 III 387 (4A_178/2019, 4A_192/2019) from 6. August 2020
Regeste: Art. 32 Abs. 1, 44 Abs. 1, 97 Abs. 1, 99 Abs. 3, 101, 107 Abs. 1 OR; Banküberweisungen im Namen einer AG; Vollmacht mit Kollektivunterschrift zu zweien oder Zahlungsaufträge per e-banking, welche zu zweien zu visieren sind; Zahlungsmodalität per E-Mail vertraglich nicht vorgesehen; gefälschte Zahlungsaufträge per E-Mail; Klage auf Rückgabe durch die Kundin und zur Verrechnung gebrachter Anspruch auf Schadenersatz der Bank. Ermittlung in drei Schritten wer, die Bank oder die Kundin, im gesetzlichen System den Schaden tragen muss (E. 3). Wegen Verletzung der vereinbarten Zahlungsmodalität und Nichteinhaltung der Kollektivzeichnungsberechtigung zu zweien kein Auftrag der AG. Zahlungsauftrag einer kollektiv zu zweien zeichnungsberechtigten Angestellten der AG, die Opfer eines "Präsidentenbetrugs (CEO-Fraud)" wurde (erster Schritt; E. 4). Risikotransferklausel (zweiter Schritt): keine entsprechende Klausel im konkreten Fall (E. 5). Durch die Bank zur Verrechnung gebrachter Anspruch auf Schadenersatz gegen die Kundin (dritter Schritt): Unterbrechung des Kausalzusammenhangs wegen des schweren Verschuldens der Bank und ihrer Hilfspersonen (E. 6).

 

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