Bundesgesetz
betreffend die Ergänzung
des Schweizerischen Zivilgesetzbuches
(Fünfter Teil: Obligationenrecht)

vom 30. März 1911 (Stand am 1. Januar 2023)


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Art. 24

2. Fäl­le des Irr­tums

 

1 Der Irr­tum ist na­ment­lich in fol­gen­den Fäl­len ein we­sent­li­cher:

1.
wenn der Ir­ren­de einen an­dern Ver­trag ein­ge­hen woll­te als den­je­ni­gen, für den er sei­ne Zu­stim­mung er­klärt hat;
2.
wenn der Wil­le des Ir­ren­den auf ei­ne an­de­re Sa­che oder, wo der Ver­trag mit Rück­sicht auf ei­ne be­stimm­te Per­son ab­ge­schlos­sen wur­de, auf ei­ne an­de­re Per­son ge­rich­tet war, als er er­klärt hat;
3.
wenn der Ir­ren­de ei­ne Leis­tung von er­heb­lich grös­se­rem Um­fan­ge ver­spro­chen hat oder ei­ne Ge­gen­leis­tung von er­heb­lich ge­rin­ge­rem Um­fan­ge sich hat ver­spre­chen las­sen, als es sein Wil­le war;
4.
wenn der Irr­tum einen be­stimm­ten Sach­ver­halt be­traf, der vom Ir­ren­den nach Treu und Glau­ben im Ge­schäfts­ver­kehr als ei­ne not­wen­di­ge Grund­la­ge des Ver­tra­ges be­trach­tet wur­de.

2 Be­zieht sich da­ge­gen der Irr­tum nur auf den Be­weg­grund zum Ver­trags­ab­schlus­se, so ist er nicht we­sent­lich.

3 Blos­se Rech­nungs­feh­ler hin­dern die Ver­bind­lich­keit des Ver­tra­ges nicht, sind aber zu be­rich­ti­gen.

BGE

82 II 411 () from 16. Oktober 1956
Regeste: Gemäldekauf. Anwendbarkeit der Vorschriften über die Nichterfüllung (Art. 97 ff. OR) oder über die Unmöglichkeit des Vertragsinhalts (Art. 20 OR), wenn ein als echt verkauftes Gemälde sich als unecht herausstellt? (Erw. 3 und 4). Alternative Anwendbarkeit der Irrtumsvorschriften (Art. 23 ff. OR) neben denjenigen über die Gewährleistung (Art. 197 ff. OR)? (Erw. 6). Grundlagenirrtum der Irrtum über die Echtheit eines Gemäldes (Erw. 7). Kenntnis vom Irrtum, Anforderungen (Erw. 8). Begriff der Kenntnis vom Bereicherungsanspruch (Erw. 9).

83 II 18 () from 5. Februar 1957
Regeste: Unverbindlichkeit wegen Irrtums, Art. 23 ff. OR. Die Bestimmungen über Irrtum sind neben denjenigen über die Gewährleistung (Art. 197 ff. OR) alternativ anwendbar (Erw. 1). Bei Unverbindlichkeit des Kaufvertrages sind auch die darin enthaltenen Bestimmungen über Garantieleistung hinfällig (Erw. 2). Grundlagenirrtum (Art. 24 Ziff. 4 OR) liegt vor beim Irrtum über die Brauchbarkeit einer Maschine (Erw. 3, 4). Bei Unverbindlichkeit eines zweiseitig verpflichtenden Vertrages sind die gegenseitigen Leistungen Zug um Zug zurückzuerstatten (Erw. 7).

84 II 515 () from 18. November 1958
Regeste: 1. Art. 23, 197 OR. Der Käufer hat die Wahl, sich auf die Normen über die Gewährleistung wegen Mängel der Kaufsache zu berufen oder den Vertrag wegen Irrtums als unverbindlich zu erklären. 2. Art. 24 Abs. 1 Ziff. 4 OR. Grundlagenirrtum des Käufers, hervorgerufen durch Angaben des Verkäufers über die Leistungsfähigkeit der Kaufsache und den mit ihr erzielbaren Verdienst.

87 II 137 () from 14. März 1961
Regeste: Grundlagenirrtum. Ungerechtfertigte Bereicherung, Art. 24 Ziff. 4, Art. 62, 64 OR. Unverbindlichkeit eines Kaufvertrages über Bauland, weil die Bodenbeschaffenheit eine Überbauung praktisch unmöglich macht (Erw. 2, 3). Rückerstattung der gegenseitigen Leistungen nach Bereicherungsgrundsätzen. Verminderung der Bereicherung des Verkäufers um den von diesem ausgelegten Mäklerlohn? (Erw. 7).

89 II 203 () from 14. März 1963
Regeste: 1. Klage nach Art. 975 ZGB: Deren Gegenstand können auch gewisse Vormerkungen sein, ebenso Anmerkungen rechtsbegründenden Charakters (hier: die Anmerkung öffentlichrechtlicher Eigentumsbeschränkungen gemäss Art. 962 ZGB, wie sie nach zürcherischem Recht in gewissen Fällen nur mit Zustimmung des Grundeigentümers zulässig ist). (Erw. 1). 2. Feststellungsbegehren (betreffend Ungültigkeit der vom Grundeigentümer erteilten Zustimmung und der darauf beruhenden Anmerkung): Dieses Begehren, das die Grundlage des Begehrens um Löschung der Anmerkung bildet, ist nach kantonalem Rechte zu beurteilen, wenn das materielle Rechtsverhältnis dem kantonalen Recht angehört. So verhält es sich mit den öffentlichrechtlichen Eigentumsbeschränkungen des zürcherischen Rechtes (Gesetz über die Förderung des Wohnungsbaues vom 6. Dezember 1931) und auch mit der in gewissen Fällen für die Geltung dieser Beschränkungen und für deren Anmerkung erforderlichen Zustimmung des Grundeigentümers, gleichgültig ob diese Zustimmung als einseitiger Unterwerfungsakt des Bürgers zu betrachten ist oder ob man den Abschluss eines Vertrages zwischen der öffentlichen Verwaltung und dem Bürger annimmt. (Erw. 2). 3. Werden im kantonalen Urteil Lücken des kantonalen Gesetzes durch sinngemässe Anwendung von Grundsätzen des Bundesprivatrechts ausgefüllt (hier in bezug auf die Geltendmachung von Willensmängeln), so bleibt die angefochtene Entscheidung eine kantonalrechtliche und unterliegt nicht der Berufung an das Bundesgericht. Art. 43 Abs. 1 und Art. 60 Abs. 1 lit. a OG. (Erw. 3).

91 II 275 () from 13. Juli 1965
Regeste: Irrtum (Art. 23 ff. OR). 1. Ob eine Partei sich in einem Irrtum befunden habe, ist Tatfrage (Erw. 1). 2. Grundlagenirrtum (Art. 24 Abs. 1 Ziff. 4 OR). Irrtum über eine Eigenschaft der Kaufsache (Überbaubarkeit des gekauften Grundstücks), die vom Käufer als notwendige Grundlage des Vertrages betrachtet wurde und nach Treu und Glauben im Geschäftsverkehr als solche betrachtet werden durfte. Unter welchen Voraussetzungen verbietet die Wegbedingung der Gewährleistung dem Käufer, das Vorhandensein einer bestimmten Eigenschaft als notwendige Grundlage des Vertrages anzusehen? (Erw. 2). 3. Geltendmachung des Irrtums gegen Treu und Glauben? (Art. 25 Abs. 1 OR). (Erw.3).

95 III 21 () from 27. März 1969
Regeste: Verwertung eines Grundstücks im Konkurs. Aufhebung des Zuschlags im Beschwerdeverfahren (Art. 136 bis, 259 SchKG) wegen Irrtums über eine notwendige Grundlage des Steigerungskaufs (Überbaubarkeit des Grundstücks; Art. 24 Abs. 1 Ziff. 4 OR) sowie wegen Verfahrensfehlern (Aufnahme einer Zusicherung in die Steigerungsbedingungen; Nichtanordnung einer neuen Schätzung vor der Versteigerung entsprechend Art. 140 Abs. 3 SchKG und Art. 44 VZG).

96 II 25 () from 29. April 1970
Regeste: Art. 24 Ziff. 4 OR. Anfechtbarkeit einer Erklärung über die Verantwortung an einem Zusammenstoss wegen Grundlagenirrtums (Erw. 1 und 2).

96 II 101 () from 7. Juli 1970
Regeste: Grundlagenirrtum. 1. Art. 23 und 24 Abs. 1 Ziff. 4 OR. Baurechtsvertrag. Irrtum über die rechtlichen Voraussetzungen der Überbaubarkeit von Grundstücken (Erw. 1). 2. Wer erklärt, den Vertrag abändern zu wollen, verzichtet nicht darauf, ihn wegen Unverbindlichkeit anzufechten, wenn die Gegenpartei eine Änderung ablehnt (Erw. 2). 3. Analoge Anwendung von Art. 20 Abs. 2 OR auf Verträge mit Willensmängeln (Erw. 3).

97 II 43 () from 10. März 1971
Regeste: Grundlagenirrtum. 1. Art. 24 Abs. 1 Ziff.4 OR. Geschäftsübernahme mit Aktiven und Passiven durch Kauf der Aktien; Irrtum des Käufers über die finanzielle Lage der Gesellschaft (Erw. 2). 2. Art. 25 Abs. 1 OR. Dass die Gesellschaft, wie der Verkäufer behauptet, nach der Übernahme Verluste erlitten hat, hindert den Käufer nach Treu und Glauben nicht, sich auf Irrtum zu berufen (Erw. 3).

98 II 15 () from 21. März 1972
Regeste: Grundlagenirrtum. 1. Art. 24 Abs. 1 Ziff. 4 und 220 OR. Kauf von Bauland, das nachträglich wegen Lawinengefahr mit einem Bauverbot belegt wird. Irrtum über einen künftigen Sachverhalt? Rechte des Käufers. Gefahrtragung (Erw. 1 und 2). 2. Art. 31 OR. Gewährleistung und Grundlagenirrtum. Erheblichkeit der Lawinengefahr. Entdeckung des Irrtums über die Gefahr. Missbräuchliche Berufung auf den Irrtum verneint (Erw. 3). 3. Art. 975 Abs. 1 ZGB. Nach dieser Bestimmung kann auch klagen, wer im Grundbuch zu Unrecht als Eigentümer eingetragen ist und an der Beseitigung des Eintrages ein schutzwürdiges Interesse hat (Erw. 4).

99 II 382 () from 1. November 1973
Regeste: Erbvertrag; Ungültigerklärung wegen Willensmängeln (Art. 469 ZGB). Art. 469 ZGB findet auch auf Erbverträge Anwendung (Erw. 4). Ein Motivirrtum beim Abschluss eines Erbvertrages ist nur dann beachtlich, wenn er sich auf einen Sachverhalt bezieht, den der Erblasser nach Treu und Glauben als notwendige Grundlage des Vertrages im Sinne von Art. 24 Abs. 1 Ziff. 4 OR betrachtet hat (Erw. 4a). Will der Erblasser einen von ihm abgeschlossenen Erbvertrag wegen eines Willensmangels aufheben, so hat er dem Vertragspartner davon Kenntnis zu geben (Erw. 4b). Ein Erbvertrag darf nicht wegen eines Willensmangels ungültig erklärtwerden, von dem mit Sicherheit anzunehmen ist, dass er nicht in wirksamer Weise geltend gemacht worden wäre, hätte ihn der Erblasser noch zu seinen Lebzeiten entdeckt (Erw. 8).

102 IB 21 () from 7. April 1976
Regeste: Handelsregister. Herabsetzung des Grundkapitals. Irrtum. Ist die Erhöhung des Grundkapitals in das Handelsregister eingetragen worden, so sind die zur Liberierung der Aktien verwendeten Beträge auch Dritten gegenüber Teil des Grundkapitals und können daher nur im Verfahren gemäss Art. 732 f. OR wieder den Reserven zugeschlagen werden (Erw. 2). Art. 24 Abs. 1 Ziff. 4 OR. Der Irrtum der Aktionäre über die Besteuerung von Gratisaktien als Einkommen betrifft nur den Beweggrund (Erw. 4).

102 II 81 () from 25. Juni 1976
Regeste: Art. 24 Abs. 3 OR. Diese Bestimmung gilt nur für Rechnungsfehler, die in den übereinstimmenden Willensäusserungen beider Parteien zutage treten (Erw. 1). Culpa in contrahendo setzt voraus, dass der Gegenpartei etwas verschwiegen wird, das sie nicht kennt und nicht zu kennen verpflichtet ist (Erw. 2).

102 II 143 () from 30. März 1976
Regeste: Internationales Privatrecht: Vertrag über den Kauf eines Grundstückes im Ausland. 1. Allgemeine Voraussetzung der Rechtswahl. Auslegung einer Vereinbarung, den Vorvertrag über den Kauf eines Grundstückes in Spanien schweizerischem Recht zu unterstellen (Erw. 1). 2. Schranken der Rechtswahl bezüglich der Form des Vertrages. Der Lageort des Grundstückes als alternativer Anknüpfungsgrund (Erw. 2). 3. Anwendung der Formvorschriften des spanischen Rechts; Rechtsfolgen (Erw. 3).

103 II 129 () from 5. April 1977
Regeste: Mäklervertrag, Konventionalstrafe. 1. Konventionalstrafe bei einem frei widerruflichen Auftragsverhältnis (E. 1). 2. Ein Exklusivmäkler muss tätig werden, ist aber in der Wahl seiner Werbemittel frei (E. 3). 3. Art. 163 Abs. 3 OR. Eine Konventionalstrafe ist herabzusetzen, wenn ein Missverhältnis zwischen dem tatsächlichen bzw. wahrscheinlichen und dem von den Parteien als möglich vorausgesehenen Schaden besteht (E. 4).

104 II 75 () from 2. Februar 1978
Regeste: Landwirt, der seinen Sohn zum Alleinerben und seine Töchter zu Vermächtnisnehmerinnen einsetzt. Ausstellung einer Erbbescheinigung, aus der entgegen dem Testament hervorgeht, der Erblasser habe alle seine Kinder zu gleichen Teilen zu Erben eingesetzt; Vereinbarungen unter den Kindern, gemäss welchen der Hof dem Sohn zugewiesen und den Töchtern ein Gewinnanteilsrecht eingeräumt wird; Vormerkung des Gewinnanteilsrechts der Töchter im Grundbuch. 1. Der Grundbucheintrag, der auf einer unrichtigen Erbbescheinigung beruht, kann nach Art. 975 ZGB berichtigt werden, ohne dass vorher die Erbbescheinigung nichtig erklärt werden müsste (E. II 2). 2. Art. 619 ff., Art. 959 Abs. 2 ZGB. Wenn der pflichtteilsgeschützte Erbe, der seinen Pflichtteil dem Werte nach in Form eines Vermächtnisses erhalten hat, erst mit dem Herabsetzungsurteil wirklicher Erbe würde (Frage offen gelassen), könnte er dennoch die Vormerkung des Gewinnanteilsrechts verlangen, das ihm durch Urteil oder durch Vereinbarung mit dem Eigentümer eingeräumt worden ist (E. II 3b, aa und bb).

104 II 249 () from 27. September 1978
Regeste: Art. 4 BV; Art. 576 und Art. 580 ZGB; Wiederherstellung der Frist für Begehren auf Erstellung eines öffentlichen Inventars. Ist die Weigerung einer analogen Anwendung der Fristverlängerung und Wiederherstellung gemäss Art. 576 ZGB auf die Frist des Art. 580 ZGB willkürlich? Frage offen gelassen, da die kant. Instanz im vorliegenden Fall die Voraussetzungen der Anwendung von Art. 576 ZGB ohne Willkür als nicht gegeben betrachten konnte.

105 II 16 () from 23. Januar 1979
Regeste: 1. Zustandekommen des Vertrages, Art. 1 Abs. 1 und Art. 18 Abs. 1 OR. Auslegung der Willensäusserungen nach Treu und Glauben und Bedeutung des übereinstimmenden inneren Willens der Parteien (E. 2-4). 2. Irrtum, Art. 24 Abs. 1 Ziff. 1 und 4 und Abs. 2 OR. Erklärungsirrtum, Grundlagenirrtum, Irrtum im Beweggrund (E. 5).

105 II 23 () from 20. Februar 1979
Regeste: Kaufvertrag, Erklärungsirrtum. Art. 1 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 3 OR. Auslage von Waren in einem Schaukasten ausserhalb des Geschäftslokales (E. 1). Art. 24 Abs. 1 Ziff. 3 OR. Erklärungsirrtum und Vertrauensgrundsatz (E. 2). Art. 26 OR. Schadenersatzpflicht des fahrlässig Irrenden (E. 3).

105 II 273 () from 6. November 1979
Regeste: Art. 168 OR. Gerichtliche Hinterlegung einer streitigen Forderung. 1. Schutzwürdiges Interesse als Voraussetzung zur staatsrechtlichen Beschwerde. Verstösse gegen Art. 4 BV und andere Verfassungsbestimmungen (E. 1). 2. Der Schuldner hat die Identität der streitigen Ansprüche zumindest glaubhaft zu machen, wenn die Voraussetzungen der Hinterlegung nach kantonalem Recht vom Richter vorfrageweise zu prüfen sind (E. 2). 3. Erwächst ein Prozessvergleich über gegenseitige Forderungen in Rechtskraft, so kann der Schuldner die Vergleichssumme nicht mit der Begründung hinterlegen, dass ein Dritter sie ebenfalls beansprucht (E. 3). 4. Der Richter handelt willkürlich, wenn er die Hinterlegung gleichwohl bewilligt (E. 4).

107 II 343 () from 18. September 1981
Regeste: Baurechtsvertrag. 1. Art. 23 und 24 Abs. 1 Ziff. 4 OR. Ein Irrtum hinsichtlich der Überbaubarkeit einer Parzelle, die mehrere Jahre nach Abschluss des Vertrages von einem Baustopp erfasst wird, lässt sich nicht als wesentlich ausgeben; Tat- und Rechtsfragen (E. 1). 2. Art. 2 Abs. 2 ZGB. Voraussetzungen für die Anwendung der Clausula rebus sic stantibus (E. 2).

107 II 419 () from 10. November 1981
Regeste: Erwerb eines Handelsgeschäfts durch Kauf aller Aktien. 1. Bei unrichtiger Erfüllung kann der Käufer sich wahlweise auf Gewährleistung oder einen Willensmangel berufen. Voraussetzungen einer Gewährleistung gemäss Art. 197 ff. OR für den wirtschaftlichen Wert der Aktien (E. 1). 2. Prüfungspflicht des Käufers gemäss Art. 201 OR bei Zusicherungen. Umstände, die eine absichtliche Täuschung im Sinne von Art. 203 OR ausschliessen (E. 2). 3. Art. 20 Abs. 2 OR. Teilweise Unverbindlichkeit eines Vertrages; Tat- und Rechtsfragen (E. 3a). Ermittlung des hypothetischen Parteiwillens; Anspruch auf Beweisabnahme gemäss Art. 8 ZGB (E. 3b). 4. Art. 24 Abs. 1 Ziff. 4 OR. Umstände, unter denen ein Irrtum über die Vermögenswerte der Gesellschaft als wesentlich und kausal für den Vertragsabschluss anzusehen ist (E. 3c).

108 II 410 () from 16. Juli 1982
Regeste: Errichtung einer Grundpfandverschreibung durch eine verheiratete Frau zu Gunsten des Ehemannes. 1. Der Zweck des Pfandrechts lässt es in aller Regel nicht zu, einen Irrtum des Drittpfandgebers über die finanzielle Lage des Schuldners als Grundlagenirrtum anzuerkennen (E. 1). 2. Die Errichtung einer Grundpfandverschreibung durch eine verheiratete Frau zu Gunsten des Ehemannes bedarf keiner Zustimmung durch die Vormundschaftsbehörde (E. 3).

109 II 105 () from 7. Juni 1983
Regeste: Art. 24 Abs. 1 Ziff. 4 OR. Irrtum über einen künftigen Sachverhalt. 1. Vertragsgrundlage im Sinne dieser Bestimmung kann auch ein Umstand sein, der dem Einfluss der Parteien entzogen ist (E. 4a). 2. Ein Irrtum über einen künftigen Sachverhalt kann wesentlich sein, wenn er sich auf eine bestimmte Tatsache bezieht und die Parteien deren Eintritt bei Abschluss des Vertrages für sicher gehalten haben (E. 4b). 3. Die Anfechtung eines Vertrages wegen Irrtums erweist sich als unbegründet, wenn der von den Parteien unterstellte Sachverhalt noch verwirklicht werden kann (E. 4c).

109 II 319 () from 25. Oktober 1983
Regeste: Art. 24 Abs. 1 Ziff. 4 und 192 ff. OR. Kauf eines gestohlenen Personenwagens; Entwehrung, Grundlagenirrtum. 1. Der Käufer kann sich auch bei rechtlich mangelhafter Erfüllung entweder auf Gewährleistung oder auf einen Willensmangel berufen (E. 2). 2. Möglichkeit einer Entwehrung in einem internationalen Schuldverhältnis; anwendbares Recht (E. 3). 3. Der Irrtum darüber, dass ein gekaufter Wagen aus einem Diebstahl stammt, ist wesentlich (E. 4a); er kann vom Käufer selbst dann geltend gemacht werden, wenn der Verkäufer ebenfalls gutgläubig gewesen ist und der Bestohlene sich nicht meldet (E. 4b). Genehmigung des Vertrages durch Gebrauch des Wagens? (E. 4c)

109 II 333 () from 11. Oktober 1983
Regeste: Anfechtung eines Werkvertrages wegen Irrtums. Art. 373 Abs. 2 OR ist eine Sonderregel, welche der allgemeinen Bestimmung des Art. 24 Abs. 1 Ziff. 4 OR vorgeht.

110 II 44 () from 14. Februar 1984
Regeste: Zivilprozessrecht; derogatorische Kraft des Bundesrechts. Geltendmachung von Willensmängeln gegenüber einem gerichtlichen Vergleich. 1. Die Regelung des Zürcher Zivilprozessrechts, wonach Willensmängel gegenüber einem gerichtlichen Vergleich im Revisionsverfahren geltend gemacht werden müssen (§ 293 Abs. 2 ZPO), ist mit dem Bundeszivilrecht, insbesondere mit Art. 31 OR; vereinbar (E. 4). 2. Umfang der materiellen Rechtskraft des aufgrund des gerichtlichen Vergleichs ergangenen Erledigungsentscheids (E. 5).

110 II 293 () from 29. Mai 1984
Regeste: Rechtslage nach dem Erwerb vinkulierter Namenaktien infolge Erbgangs. 1. Lehnt die Aktiengesellschaft Personen, die vinkulierte Namenaktien geerbt haben, gestützt auf Art. 686 Abs. 4 OR als neue Aktionäre ab, so hat sie ihnen den wirklichen Wert der Aktien zu ersetzen (E. 2 und 4). 2. Kein Fall unerlaubten Erwerbs eigener Aktien nach Art. 659 Abs. 1 OR (E. 3a); unerlaubte Einlagerückgewähr im Sinne von Art. 680 Abs. 2 OR (E. 3b)? 3. Kein Erklärungs- oder Grundlagenirrtum der Gesellschaft wegen Unterschätzung des wirklichen Werts der Aktien (E. 5).

110 II 360 () from 13. März 1984
Regeste: 1. Art. 6 und 176 OR, Art. 2 ZGB. Auslegung einer vom Gläubiger stillschweigend angenommenen Erklärung einer Schuldübernahme nach dem Vertrauensprinzip (E. 2b). 2. Art. 20 OR in Verbindung mit Art. 4 und 5 der Verordnung über Massnahmen gegen den Zufluss ausländischer Gelder vom 20. November 1974/22. Januar 1975 sowie mit Art. 14 VStG. Nichtigkeit eines Vertrags oder einer Vertragsklausel wegen Widerrechtlichkeit; Prüfungsbefugnis des Richters. Das Versprechen einer Bank, ein ausländisches Guthaben ohne Abzug des Negativzinses und der Verrechnungssteuer zu verzinsen, verletzt die genannte Verordnung und ist deshalb nichtig. Frage offengelassen, ob die Widerrechtlichkeit der Vertragsklausel sich auch aus dem VStG ergibt (E. 3/4). 3. Art. 97, 397 und 398 OR: Haftung einer Bank wegen Verletzung der Informationspflicht gegenüber den Bankkunden. Eine Bank, die einem ausländischen Kunden eine Geldanlage empfiehlt und fälschlicherweise die Befreiung von Negativzins und Verrechnungssteuer verspricht, verstösst gegen ihre Informationspflicht; deren Verletzung zieht den Ersatz des positiven Vertragsinteresses nach sich, d.h. des Schadens, den der Kunde nicht erlitten hätte, wenn die Information genau und vollständig gewesen wäre (E. 5).

114 II 131 () from 7. Juni 1988
Regeste: Grundlagenirrtum des Käufers. Verjährung. 1. Art. 23 ff. und 197 ff. OR. Bei falschen Angaben oder Zusicherungen über die Kaufsache kann der Käufer grundsätzlich entweder auf Gewährleistung klagen oder den Vertrag wegen eines Willensmangels anfechten (E. 1; Bestätigung der Rechtsprechung). 2. Art. 24 Abs. 1 Ziff. 4 OR. Umstände, unter denen ein Irrtum über die Echtheit eines Kunstwerkes als wesentlich anzusehen ist (E. 2a). 3. Art. 31 OR bestimmt weder ausdrücklich noch sinngemäss, dass der Irrende neben der relativen Frist von einem Jahr auch eine absolute von zehn Jahren zu beachten hat (E. 2b). 4. Art. 67 Abs. 1 OR. Wird der Vertrag nach der Bezahlung des Kaufpreises vom Käufer mit Erfolg wegen Irrtums angefochten, so ist die ungerechtfertigte Bereicherung des Verkäufers in der Leistung einer Nichtschuld zu erblicken. Die absolute Verjährung für den Rückforderungsanspruch des Käufers beginnt deshalb mit der Bezahlung des Preises zu laufen (E. 3).

116 II 191 () from 5. April 1990
Regeste: Lizenzvertrag über ein nichtiges Modell. - Einrede fehlender Modellfähigkeit (Art. 12 Ziff. 4 MMG); Kombinationsmusterschutz und Programmschutz (E. 2c); - Erweist sich das zugrunde liegende Schutzrecht als nichtig, so fällt damit grundsätzlich auch der Lizenzvertrag dahin; in einem gewissen Umfang ist dabei allerdings den tatsächlichen Auswirkungen Rechnung zu tragen, die ein registriertes Schutzrecht trotz Nichtigkeit zufolge seiner Scheinexistenz entfalten kann (E. 3a und b).

116 II 259 () from 5. Juli 1990
Regeste: Zugehörigkeit eines landwirtschaftlichen Gewerbes zu einer Erbschaft, Zuweisungsanspruch nach Art. 620 ZGB. 1. Die Erbschaft umfasst neben den eigentlich hinterlassenen Werten und dem Zuwachs auch die Ersatzwerte. Als solche gelten nach den Grundsätzen der dinglichen Surrogation Vermögensgegenstände, die aus Mitteln der Erbschaft für diese erworben wurden (E. 4). 2. Der aufgrund eines zum Nachlass gehörenden Anspruchs von den Erben gemeinsam erworbene Vermögenswert gehört zur Erbschaft (E. 5). 3. Der Zuweisungsanspruch nach Art. 620 ZGB besteht auch, wenn das landwirtschaftliche Gewerbe nie dem Erblasser gehört hat, sondern erst nach dessen Tod durch Surrogation in den Nachlass gefallen ist (E. 6).

116 II 685 () from 17. Dezember 1990
Regeste: Rechnungsfehler (Art. 24 Abs. 3 OR). Begriff des Rechnungsfehlers. Anwendbarkeit von Art. 24 Abs. 3 OR auf Versehen der Parteien, die ihnen bei der Umrechnung von unbestrittenen vertraglichen Grundlagen gemeinsam unterlaufen.

116 V 218 () from 4. September 1990
Regeste: Art. 73 Abs. 1 und 4 BVG. Streitigkeiten über die berufliche Vorsorge im engeren Sinn zwischen Versicherten bzw. Anspruchsberechtigten und einer (provisorisch) registrierten Verbandsvorsorgeeinrichtung unterliegen dem Rechtsweg nach Art. 73 Abs. 1 und 4 BVG (Erw. 1). Art. 1 ff. OR. Freiwillige Vorsorge für Selbständigerwerbende (nicht nach BVG): Rechtsnatur und Auslegung des Vorsorgevertrages (Erw. 2). Zeitpunkt des Zustandekommens des Vertrages (Erw. 3b). Art. 4 ff. VVG, Art. 23 ff. OR. Anzeigepflichtverletzung im Bereich der freiwilligen Vorsorge Selbständigerwerbender (nicht nach BVG). Der Tatbestand der Anzeigepflichtverletzung beurteilt sich bei Fehlen entsprechender statutarischer bzw. reglementarischer Bestimmungen nicht nach den Regeln über die Mängel beim Vertragsabschluss (Art. 23 ff. OR), sondern analogieweise nach Art. 4 ff. VVG (Erw. 4). Umfang der Anzeigepflicht (Erw. 5a). Ob die Anzeigepflicht verletzt ist, ist verschuldensunabhängig nach objektiven und subjektiven Kriterien zu prüfen (Erw. 5b). Bei der vierwöchigen Frist von Art. 6 VVG handelt es sich um eine Verwirkungsfrist; sie beginnt zu laufen, sobald die Vorsorgeeinrichtung zuverlässige Kenntnis von Tatsachen erhält, die den sicheren Schluss auf Anzeigepflichtverletzung zulassen (Erw. 6a).

117 II 218 () from 11. Juli 1991
Regeste: Anfechtung einer gerichtlich genehmigten Scheidungskonvention wegen Irrtums und Täuschung. Auskunftspflicht der Parteien im Scheidungsverfahren (Art. 24 und 28 OR). Auf die Auskunftspflicht anwendbares Recht (Art. 61 IPRG). 1. Sieht das kantonale Prozessrecht vor, dass ein gerichtlicher Vergleich wegen eines Willensmangels nur auf dem Weg der Revision angefochten werden kann, so unterliegt der Entscheid, der die Revision mangels Vorhandenseins eines Willensmangels verweigert, als Endentscheid im Sinne von Art. 48 Abs. 1 OG der Berufung (E. 1). 2. Voraussetzungen für die Irrtumsanfechtung eines gerichtlichen Vergleichs (E. 3 bis 5). - Auch ein fahrlässiger Irrtum führt grundsätzlich zur Anfechtbarkeit. Kümmert sich jedoch jemand bei Vergleichsschluss nicht um die Klärung einer bestimmten Frage, obgleich sich diese offensichtlich stellt, so darf die andere Partei daraus schliessen, dieser Punkt sei für den Partner ohne Bedeutung (E. 3b). - Ein Irrtum kann auch darin bestehen, dass jemand ein tatsächlich bereits eingetretenes Ereignis für ein zukünftiges und dessen Eintritt deshalb für unsicher hält. Demgegenüber genügt es nicht, dass eine zukünftige Entwicklung anders verlaufen ist, als der Anfechtende sie sich bei Vergleichsschluss vorgestellt hatte (E. 4b). 3. Im Scheidungsverfahren ist jeder Ehegatte verpflichtet, den andern von sich aus über sein Einkommen und Vermögen zu informieren, soweit dies für ein Geltendmachen der Ansprüche nötig ist und die Auskunft nicht auf andere Weise erhalten werden kann. Die Verletzung dieser Pflicht kann mit Blick auf den Abschluss der Scheidungskonvention eine absichtliche Täuschung im Sinne von Art. 28 OR darstellen (E. 5). 4. Diese Informationspflicht ergibt sich aus dem Scheidungsrecht selber und trifft die Parteien in einem schweizerischen Scheidungsverfahren unabhängig davon, welchem Recht die Wirkungen der Ehe im allgemeinen und das Güterrecht unterstehen (E. 5a). 5. Bedeutung der Frage der Verkäuflichkeit einer Unternehmensbeteiligung für deren Bewertung im Rahmen der güterrechtlichen Auseinandersetzung (E. 4a).

118 II 58 () from 3. März 1992
Regeste: Kündigung während der Schwangerschaft der Arbeitnehmerin (Art. 336c Abs. 1 lit. c und 341 OR). Irrtum (Art. 23 und 24 OR). 1. Gültigkeit einer Vereinbarung, mit der eine schwangere Arbeitnehmerin und ihr Arbeitgeber den Arbeitsvertrag auf einen Termin rund eineinhalb Monate vor dem voraussichtlichen Geburtsdatum auflösen (E. 2). 2. Nicht wesentlich ist ein Irrtum über das Recht auf bezahlten Mutterschaftsurlaub (E. 3).

118 II 297 () from 5. Mai 1992
Regeste: Art. 24 Abs. 1 Ziff. 4 OR. Irrtum in bezug auf einen künftigen Sachverhalt. Voraussetzung für das Vorliegen eines Grundlagenirrtums ist, dass einerseits die sich auf den Irrtum berufende Partei fälschlicherweise annahm, ein zukünftiges Ereignis sei sicher, und anderseits auch die Gegenpartei nach Treu und Glauben im Geschäftsverkehr hätte erkennen müssen, dass die Sicherheit für die andere Partei Vertragsvoraussetzung war. Dabei muss es sich um einen Irrtum über eine objektiv wesentliche Vertragsgrundlage gehandelt haben (E. 2).

119 II 341 () from 28. Juli 1993
Regeste: Rechnungsfehler (Art. 24 Abs. 3 OR). Begriff des Rechnungsfehlers. Art. 24 Abs. 3 OR ist nicht anwendbar in einem Fall, in dem die Differenz zwischen der im Kaufvertrag angegebenen Grundstücksfläche und jener, die aus einer neuen Katastermessung hervorgeht, auf die Anwendung einer genaueren Vermessungsmethode zurückzuführen ist (E. 2). Art. 219 Abs. 1 und 2 OR. Frage offengelassen, ob diese Bestimmung auch in dem Fall anwendbar ist, in dem sich nachträglich eine grössere Fläche ergibt (E. 3).

123 III 292 () from 26. Juni 1997
Regeste: Übervorteilung; partielle Unwirksamkeit eines wucherischen Vertrages; Ermittlung des objektiven Missverhältnisses zwischen den Austauschleistungen eines Mietvertrages (Art. 21 OR). Auch im Bereich wucherischer Verträge kann die verpönte Äquivalenzstörung geltungserhaltend behoben werden (Präzisierung der Rechtsprechung; E. 2). Der Wucherer kann sich im Fall der Bejahung eines Übervorteilungstatbestandes nicht auf die totale Unwirksamkeit des wucherischen Vertrages zufolge Irrtums berufen (E. 3). Begriff der Notlage (E. 5). Bei der Beurteilung der Frage, ob im konkreten Fall ein objektives Missverhältnis zwischen den Austauschleistungen besteht, bildet Bewertungsgegenstand das vertraglich Vereinbarte. Zu vergleichen sind Leistung und Gegenleistung nach ihrem objektiven Wert zur Zeit des Vertragsschlusses (E. 6).

126 III 59 () from 7. Dezember 1999
Regeste: Kaufvertrag; Beschränkung der Sachgewährleistung des Verkäufers (Art. 197 und 199 OR). Unterscheidung zwischen direkter und indirekter Stellvertretung (E. 1). Die Wegbedingung der Gewährleistung verbietet es dem Käufer, als notwendige Grundlage des Vertrages das Vorhandensein von Sacheigenschaften anzusehen, für die keine Haftung übernommen wurde (Bestätigung der Rechtsprechung; E. 2 und 3). Gültigkeit einer Freizeichnungsklausel unter dem Gesichtspunkt von Art. 199 OR (E. 4). Auslegung einer die Gewährleistung des Verkäufers einschränkenden Klausel nach dem Vertrauensprinzip (E. 5).

128 III 70 () from 30. Oktober 2001
Regeste: Vertragsanfechtung wegen Irrtums oder Täuschung (Art. 23 ff. OR). Die Wirksamkeit der Anfechtungserklärung setzt das Bestehen des behaupteten Willensmangels voraus (E. 1). Ausnahmen vom Grundsatz der Unwiderruflichkeit der Anfechtungserklärung (E. 2).

129 III 305 () from 24. April 2003
Regeste: Behandlung der Vorsorge- und Freizügigkeitsleistungen im Erbfall. Die Leistungen der beruflichen Vorsorge (Säule 2a und 2b) fallen nicht in den Nachlass; sie unterliegen auch nicht der Herabsetzung (E. 2). Nicht anders verhält es sich mit den Freizügigkeitsleistungen; diese werden in der entsprechenden Reihenfolge an die in Art. 15 FZV aufgeführten Destinatäre ausbezahlt (E. 3).

130 III 49 () from 4. Dezember 2003
Regeste: Anfechtung einer Entschädigungsvereinbarung. Eine Entschädigungsvereinbarung kann nicht angefochten werden, wenn der Irrtum einen Punkt betrifft, der umstritten war und durch Vergleich beseitigt werden sollte (caput controversum). Sind die Parteien gestützt auf ein Gutachten von einem falschen Sachverhalt ausgegangen, kann ein Grundlagenirrtum vorliegen. Die Teilanfechtung eines Vertrages ist möglich, wenn sein Inhalt subjektiv und objektiv teilbar ist, so dass der verbleibende Teil noch immer ein sinnvolles Vertragsganzes bildet.

132 II 161 () from 30. Januar 2006
Regeste: Art. 6 Abs. 2, 8 Abs. 1 und 12 ff. BPG, Art. 24 Abs. 1 Ziff. 4, 28, 320 und 328b OR; Aufhebung eines öffentlichrechtlichen Arbeitsvertrags wegen Willensmangels. Der Allgemeine Teil des Obligationenrechts und insbesondere die Normen über die Willensmängel finden im Dienstrecht des Bundes analog Anwendung (E. 3). Ein öffentlichrechtlicher Arbeitsvertrag kann wegen Willensmangels aufgehoben werden, wenn eine Bewerberin während des Vorstellungsgesprächs ein gegen sie hängiges Strafverfahren verschweigt, das geeignet ist, ihre Arbeitsleistung und damit die Vertragserfüllung wesentlich zu beeinträchtigen (E. 4).

132 III 737 () from 5. September 2006
Regeste: Grundlagenirrtum bei gerichtlichem Vergleich über die Erstreckungsdauer nach Kündigung wegen Eigenbedarfs; rechtsmissbräuchliches Verhalten (Art. 24 Abs. 1 Ziff. 4, Art. 25 Abs. 1, Art. 271a Abs. 3 lit. a und Art. 272 Abs. 2 lit. d OR). Voraussetzungen für die Anfechtung eines gerichtlichen Vergleichs wegen Grundlagenirrtums (E. 1). Für die Beurteilung der Wesentlichkeit des Irrtums massgebender Zeitpunkt (E. 2). Ob die Person, mit deren "Eigenbedarf" die Kündigung begründet wird, selbst Partei des Mietvertrages ist oder lediglich die Vermieterin wirtschaftlich beherrscht, kann einen Einfluss auf die Zulässigkeit der Kündigung und die Erstreckungsdauer haben. Die Berufung auf einen Irrtum über die Person der Vermieterin verstösst daher nicht gegen Treu und Glauben (E. 3).

134 III 643 (4A_264/2008) from 23. September 2008
Regeste: Kollektivgesellschaft in Konkurs, persönliche Haftung der Gesellschafter für die Gesellschaftsschulden (Art. 568 Abs. 3 OR). Gegenseitigkeit der Forderungen bei der Verrechnung (Art. 120 Abs. 1 OR). Charakteristika der Kollektivgesellschaft (E. 5.1). Besonderheiten der Haftung der Gesellschafter (E. 5.2). Gültigkeit der strittigen Schuldanerkennung (E. 5.3). Begriff der Masseschuld (E. 5.4). Die einzelnen Gesellschaftsgläubiger sind direkt und ausschliesslich anspruchsberechtigt aus der persönlichen Haftung der Gesellschafter der konkursiten Kollektivgesellschaft und nicht die Konkursmasse derselben (E. 5.5).

135 III 537 (4A_99/2009) from 10. Juni 2009
Regeste: Art. 23 ff. OR; Irrtum über die Fläche von vermieteten Geschäftsräumen. Wenn der Mietzins nach den Quadratmetern der Räume bestimmt wurde, kann eine Flächendifferenz von über 40 m2 im Verhältnis zur im Vertrag angegebenen Fläche nicht darauf schliessen lassen, der Mieter habe dieser Angabe keine Bedeutung zugemessen (E. 2).

135 IV 76 (6B_466/2008) from 15. Dezember 2008
Regeste: Art. 146 Abs. 1 StGB; Anlagebetrug. Die aggressive mündliche Vermittlung von Aktienoptionen unter Verschleierung der von den Kunden tatsächlich erhobenen Kommissionen durch Telefonverkäufer, welche von den vermittelten Geschäften weitgehend nichts verstanden und über die Kommissionsstruktur selber im Irrtum waren, erfüllt den Tatbestand des Betruges. Dass die Opfer nachträglich aufgrund korrekt erstellter Abrechnungen die Höhe der Kommissionen hätten erkennen können, schliesst Arglist nicht aus (E. 5.3).

136 III 528 (4A_219/2010) from 28. September 2010
Regeste: Aberkennungsklage in einer Betreibung auf Sicherheitsleistung (Art. 38 und 83 Abs. 2 SchKG); Sicherstellung einer Forderung als "Gegenleistung" für ein Stillhalten des Gläubigers; kommt dem Bestand der zu sichernden Forderung oder allfälligen Willensmängeln bezüglich der Schuldanerkennung für die Sicherstellungspflicht (Art. 23 f. und 28 OR) Bedeutung zu? Mit der Aberkennungsklage kann der Betriebene in einer Betreibung auf Sicherheitsleistung umfassend prüfen lassen, ob die Forderung auf Sicherheitsleistung besteht. Wurde die Sicherheitsleistung als "Gegenleistung" für ein Stillhalten des Gläubigers versprochen, bleibt sie jedenfalls geschuldet, bis im Streitfall über den Bestand der zu sichernden Forderung oder die vom Schuldner bezüglich der Schuldanerkennung geltend gemachten Willensmängel rechtskräftig entschieden ist. Andernfalls würde der Schuldner ohne Gegenleistung vom Stillhalteabkommen profitieren (E. 3).

145 III 383 (4A_543/2018) from 28. Mai 2019
Regeste: Art. 24 Abs. 1 Ziff. 4 OR und Art. 4 Bst. a des Übereinkommens der Vereinten Nationen vom 11. April 1980 über Verträge über den internationalen Warenkauf (CISG); Berufung auf Grundlagenirrtum bei Anwendbarkeit des CISG? Das CISG enthält abschliessende Rechtsbehelfe für den Fall der mangelhaften Kaufsache, weshalb - im Gegensatz zur Rechtslage nach innerstaatlichem Recht - die alternative Berufung auf Grundlagenirrtum im Sinne von Art. 24 Abs. 1 Ziff. 4 OR bei Anwendbarkeit des CISG ausgeschlossen ist (E. 5).

 

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