Bundesgesetz
|
Art. 492
A. Voraussetzungen I. Begriff 1 Durch den Bürgschaftsvertrag verpflichtet sich der Bürge gegenüber dem Gläubiger des Hauptschuldners, für die Erfüllung der Schuld einzustehen. 2 Jede Bürgschaft setzt eine zu Recht bestehende Hauptschuld voraus. Für den Fall, dass die Hauptschuld wirksam werde, kann die Bürgschaft auch für eine künftige oder bedingte Schuld eingegangen werden. 3 Wer für die Schuld aus einem wegen Irrtums oder Vertragsunfähigkeit für den Hauptschuldner unverbindlichen Vertrag einzustehen erklärt, haftet unter den Voraussetzungen und nach den Grundsätzen des Bürgschaftsrechts, wenn er bei der Eingehung seiner Verpflichtung den Mangel gekannt hat. Dies gilt in gleicher Weise, wenn jemand sich verpflichtet, für die Erfüllung einer für den Hauptschuldner verjährten Schuld einzustehen. 4 Soweit sich aus dem Gesetz nicht etwas anderes ergibt, kann der Bürge auf die ihm in diesem Titel eingeräumten Rechte nicht zum voraus verzichten. BGE
84 I 119 () from 11. Juni 1958
Regeste: Art. 4 Abs. 1 des Vollstreckungsabkommens mit Deutschland vom 2. November 1929; Art. 493 Abs. 2 OR. 1. Tragweite des Vorbehalts der öffentlichen Ordnung des Vollstreckungsstaates (Erw. 2). 2. Ist die Vorschrift der öffentlichen Beurkundung bestimmter Bürgschaftserklärungen dem schweizerischen ordre public zuzurechnen? (Erw. 3).
93 II 379 () from 31. Oktober 1967
Regeste: Bürgschaft. Internationales Privatrecht. Sind die Formvorschriften des Art. 493 OR (öffentliche Beurkundung, Angabe des Höchstbetrages der Haftung) als um der schweizerischen öffentlichen Ordnung willen aufgestellte Vorschriften zu betrachten?
101 II 323 () from 17. September 1975
Regeste: Bürgschaft oder selbständiges Schuldversprechen? 1. Art. 111 und 492 OR. Erklärung eines Verwaltungsratspräsidenten und Hauptaktionärs, für eine Darlehensschuld der Gesellschaft persönlich haften zu wollen. Auslegung der Erklärung nach den gesamten Umständen, die für eine selbständige Verpflichtung sprechen (Erw. 1). 2. Art. 260 SchKG. Im Konkurs der Gesellschaft können die Konkursgläubiger nur auf Ansprüche verzichten, die der Masse zustehen (Erw. 2).
110 II 360 () from 13. März 1984
Regeste: 1. Art. 6 und 176 OR, Art. 2 ZGB. Auslegung einer vom Gläubiger stillschweigend angenommenen Erklärung einer Schuldübernahme nach dem Vertrauensprinzip (E. 2b). 2. Art. 20 OR in Verbindung mit Art. 4 und 5 der Verordnung über Massnahmen gegen den Zufluss ausländischer Gelder vom 20. November 1974/22. Januar 1975 sowie mit Art. 14 VStG. Nichtigkeit eines Vertrags oder einer Vertragsklausel wegen Widerrechtlichkeit; Prüfungsbefugnis des Richters. Das Versprechen einer Bank, ein ausländisches Guthaben ohne Abzug des Negativzinses und der Verrechnungssteuer zu verzinsen, verletzt die genannte Verordnung und ist deshalb nichtig. Frage offengelassen, ob die Widerrechtlichkeit der Vertragsklausel sich auch aus dem VStG ergibt (E. 3/4). 3. Art. 97, 397 und 398 OR: Haftung einer Bank wegen Verletzung der Informationspflicht gegenüber den Bankkunden. Eine Bank, die einem ausländischen Kunden eine Geldanlage empfiehlt und fälschlicherweise die Befreiung von Negativzins und Verrechnungssteuer verspricht, verstösst gegen ihre Informationspflicht; deren Verletzung zieht den Ersatz des positiven Vertragsinteresses nach sich, d.h. des Schadens, den der Kunde nicht erlitten hätte, wenn die Information genau und vollständig gewesen wäre (E. 5).
110 II 484 () from 14. Dezember 1984
Regeste: Bürgschaft. Internationales Privatrecht. 1. Formerfordernisse. Rechtswahl; Zulässigkeit der alternativen Anknüpfung an die Formvorschriften des Abschlussorts (E. 1). 2. Zustimmung des Ehegatten. Beurteilung nach Bürgschaftsstatut oder nach Heimatrecht? (Frage offen gelassen; E. 2).
111 II 276 () from 9. Juli 1985
Regeste: Internationales Privatrecht. Bürgschaft. Anwendbares Recht bei einer Verpflichtung, die als Bürgschaft, Vertrag zu Lasten eines Dritten oder als kumulative Schuldübernahme qualifiziert werden kann (E. 1c). Bürgschaft oder Vertrag zu Lasten eines Dritten? Der wesentliche Unterschied zwischen diesen beiden Verträgen liegt in der Abhängigkeit (Akzessorietät) oder Unabhängigkeit des Sicherungsversprechens. Das persönliche Interesse des Garanten an der Erfüllung des Hauptvertrags steht der Qualifikation des akzessorischen Sicherungsversprechens als einer Bürgschaft nicht entgegen (E. 2).
117 II 490 () from 25. September 1991
Regeste: Bürgschaft. Internationales Privatrecht. 1. Für die Frage des anwendbaren Rechts kommt es in erster Linie auf eine von den Parteien getroffene Rechtswahl an; beim Fehlen einer solchen untersteht die Bürgschaft dem Recht des Wohnsitzes des Bürgen (E. 2). 2. Bei der gemäss Art. 493 Abs. 1 OR verlangten Angabe des Höchstbetrages der Haftung in der Bürgschaftsurkunde selbst handelt es sich sowohl um eine Formvorschrift wie auch um eine materielle Voraussetzung der Gültigkeit einer Bürgschaft (E. 3).
117 III 76 () from 20. August 1991
Regeste: Art. 271 ff. SchKG; Arrestierung einer Bankgarantie. 1. Kriterien zur Unterscheidung zwischen selbständiger und akzessorischer Sicherung (E. 6b). 2. Die auf Verlangen des Auftraggebers verfügte Arrestierung einer zugunsten des Arrestschuldners ausgestellten Bankgarantie ist selbst dann nicht unhaltbar und somit willkürlich, wenn die Forderungen sich aus dem Grundvertrag ergeben (E. 7).
119 III 75 () from 14. Juli 1993
Regeste: Rechtsvorschlag in der Wechselbetreibung; Hinterlegung der Forderungssumme. 1. Die Verfügung, mit der dem Gläubiger einerseits die Hinterlegung der Forderungssumme durch den Betriebenen angezeigt und andererseits Frist zur Anhebung der Klage auf Zahlung angesetzt wird, ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 87 OG (E. 1a). 2. Eine Solidarbürgschaft stellt keine hinreichende Hinterlegung im Sinne von Art. 182 Ziff. 4 SchKG dar (E. 2).
120 II 35 () from 27. Januar 1994
Regeste: Bürgschaft (Art. 492 Abs. 1 OR) - Bestimmung der verbürgten Schuld (Art. 27 Abs. 2 ZGB) - Teilnichtigkeit (Art. 20 Abs. 2 OR). Die Verpflichtung des Bürgen, für jede zukünftige Schuld des Hauptschuldners gegenüber dem Gläubiger, ungeachtet ihres Rechtsgrundes, einzustehen, verletzt Art. 27 Abs. 2 ZGB. Hingegen ist die verbürgte Schuld hinreichend bestimmt, wenn sich die Bürgschaft auf bestehende Verpflichtungen bezieht, die durch Auslegung spezifiziert werden können (E. 3). Teilnichtigkeit hinsichtlich der Verpflichtung des Bürgen, für unbestimmte zukünftige Schulden einzustehen (E. 4). Bei der Bürgschaft für einen Kontokorrent-Kredit bezieht sich der Haftungsbetrag auf den Negativsaldo (E. 5).
125 III 305 () from 25. Mai 1999
Regeste: Bürgschaft oder Garantievertrag? Bedeutung der Auslegung von Willenserklärungen zwecks Unterscheidung der beiden Personalsicherheiten. Bei der Auslegung aufgrund des Vertrauensprinzips ist dem Wortlaut der von den Parteien verwendeten juristischen Begriffe keine entscheidende Bedeutung zuzumessen, insbesondere wenn es sich um ausländische - natürliche oder juristische - Personen handelt (E. 2).
125 III 435 () from 28. September 1999
Regeste: Bürgschaft auf Zeit (Art. 510 Abs. 3 OR). Art. 510 Abs. 3 OR findet auf die befristete Bürgschaft Anwendung. Davon zu unterscheiden ist der Fall, in dem die vereinbarte Befristung nicht die Bürgschaftsverpflichtung, sondern die verbürgten Forderungen betrifft.
126 III 25 () from 17. Dezember 1999
Regeste: Bürgschaftsvertrag; Verrechnung. Auf die Verrechnung von Forderungen aus demselben Vertrag anwendbares Recht (Art. 148 IPRG; E. 3a). Der Bürge kann die Verrechnung nicht selbst an Stelle des Hauptschuldners erklären. Kann er seine Leistung in analoger Anwendung von Art. 502 Abs. 2 und 121 OR verweigern, wenn der Hauptschuldner, nach Abschluss des Bürgschaftsvertrags und ohne Zustimmung des Bürgen, auf eine Verrechnungsforderung verzichtet hat? Frage offengelassen, da der Bürge im vorliegenden Fall dem Verzicht zugestimmt hatte (E. 3b und c).
126 III 375 () from 7. August 2000
Regeste: Übernahme der Aktiven und Passiven einer Kommanditgesellschaft, die sich gegenüber einer Bank verbürgt hat, durch eine Aktiengesellschaft. Befreiung der Kommanditgesellschaft, die Solidarbürgin der Bank geblieben ist, durch die Novationswirkung der Schuld, welche die Aktiengesellschaft wegen der Übernahme der Aktiven und Passiven gegenüber der Bank eingegangen ist (Art. 181 OR, Art. 116 OR, Art. 147 Abs. 2 OR). Die Übernahme der Aktiven und Passiven einer Kommanditgesellschaft, die sich gegenüber einer Bank verbürgt hat, durch eine Aktiengesellschaft hat zur Folge, dass die Kommanditgesellschaft während der zweijährigen Frist von Art. 181 Abs. 2 OR Bürgin bleibt, es sei denn, sie werde durch die Bank von der Haftung befreit. Durch Auslegung der Willenserklärungen der Vertragsparteien ist zu ermitteln, ob die Novation der von der Aktiengesellschaft als Übernehmerin gegenüber der Bank eingegangenen Schuld die Kommanditgesellschaft von der solidarischen Haftung befreit, die sie gemäss Art. 181 Abs. 2 OR zusammen mit der Aktiengesellschaft trifft (E. 2).
128 III 434 () from 3. Mai 2002
Regeste: Bürgschaft; Bestimmbarkeit der Hauptschuld (Art. 492 Abs. 2 und 493 Abs. 1 OR). Voraussetzungen, unter denen eine zukünftige, bezüglich des Entstehungsgrunds allgemein umschriebene Schuld ausreichend bestimmbar ist (E. 3).
129 III 702 () from 23. September 2003
Regeste: Kumulative Schuldübernahme (Art. 143 OR) oder Bürgschaft (Art. 492 OR)? Allgemeine Abgrenzung (E. 2.1). Unterschiede hinsichtlich Formerfordernis und Rechtsgrund der Mitverpflichtung (E. 2.2). Grundsätzliche Wahlfreiheit zwischen den beiden Rechtsinstituten (E. 2.3). Vertragsauslegung. Bedeutung eines klaren Wortlauts der Parteierklärungen bei geschäftsgewandten und nicht geschäftsgewandten Beteiligten (E. 2.4). Vertragsqualifikation nach dem rechtlichen und wirtschaftlichen Zweck des Sicherungsgeschäfts (E. 2.5-2.8). Interesse am sicherzustellenden Hauptgeschäft als wichtiges Abgrenzungskriterium (E. 2.6).
131 III 511 () from 31. Mai 2005
Regeste: a Art. 116, 126 und 196 IPRG; anwendbares Recht. Bestimmung des anwendbaren Rechts im Fall, dass Garantien von einem Vertreter abgegeben werden, dessen Vertretungsbefugnis vom Vertretenen bestritten wird (E. 2).
138 III 453 (4A_678/2011) from 2. Mai 2012
Regeste: Art. 121, Art. 492 Abs. 4, Art. 493 Abs. 2 und Art. 502 Abs. 2 OR; Einreden des Bürgen, wenn der Hauptschuldner gegenüber dem Gläubiger auf die Verrechnung verzichtet hat. Art. 502 Abs. 2 OR, gemäss dem ein Verzicht des Hauptschuldners auf ihm zustehende Einreden dem Bürgen gegenüber nicht gilt, ist auf das Leistungsverweigerungsrecht des Bürgen gemäss Art. 121 OR analog anwendbar. Voraussetzungen, unter denen der Bürge die Befriedigung des Gläubigers verweigern kann, wenn der Hauptschuldner diesem gegenüber auf die Verrechnung verzichtet hat (E. 2.2). Art. 492 Abs. 4 OR hindert den Bürgen nicht daran, die Erfüllung einer Schuld sicherzustellen, bezüglich welcher der Hauptschuldner auf Einwendungen oder Einreden verzichtet hat. Ein Verrechnungsverzicht des Hauptschuldners unterliegt nicht dem Formerfordernis von Art. 493 Abs. 2 OR (E. 2.3). |