Bundesgesetz
betreffend die Ergänzung
des Schweizerischen Zivilgesetzbuches
(Fünfter Teil: Obligationenrecht)

Art. 814

VI. Ver­tre­tung

 

1 Je­der Ge­schäfts­füh­rer ist zur Ver­tre­tung der Ge­sell­schaft be­rech­tigt.

2 Die Sta­tu­ten kön­nen die Ver­tre­tung ab­wei­chend re­geln, je­doch muss min­des­tens ein Ge­schäfts­füh­rer zur Ver­tre­tung be­fugt sein. Für Ein­zel­hei­ten kön­nen die Sta­tu­ten auf ein Re­gle­ment ver­wei­sen.

3 Die Ge­sell­schaft muss durch ei­ne Per­son ver­tre­ten wer­den kön­nen, die Wohn­sitz in der Schweiz hat. Die­se Per­son muss Ge­schäfts­füh­rer oder Di­rek­tor sein. Sie muss Zu­gang zum An­teil­buch so­wie zum Ver­zeich­nis über die wirt­schaft­lich be­rech­tig­ten Per­so­nen nach Ar­ti­kel 697l ha­ben.698

4 Für den Um­fang und die Be­schrän­kung der Ver­tre­tungs­be­fug­nis so­wie für Ver­trä­ge zwi­schen der Ge­sell­schaft und der Per­son, die sie ver­tritt, sind die Vor­schrif­ten des Ak­ti­en­rechts ent­spre­chend an­wend­bar.

5 Die zur Ver­tre­tung der Ge­sell­schaft be­fug­ten Per­so­nen ha­ben in der Wei­se zu zeich­nen, dass sie der Fir­ma der Ge­sell­schaft ih­re Un­ter­schrift bei­fü­gen.

6699

698 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I 2 des BG vom 12. Dez. 2014 zur Um­set­zung der 2012 re­vi­dier­ten Emp­feh­lun­gen der Grou­pe d’ac­ti­on fi­nan­ciè­re, in Kraft seit 1. Ju­li 2015 (AS 20151389; BBl 2014605).

699 Auf­ge­ho­ben durch Ziff. I des BG vom 19. Ju­ni 2020 (Ak­ti­en­recht), mit Wir­kung seit 1. Jan. 2023 (AS 2020 4005; 2022 109; BBl 2017 399).

BGE

95 II 442 () from 16. Dezember 1969
Regeste: Der Umfang der Vertretungsmacht der Organe einer juristischen Person richtet sich nach dem die Handlungsfähigkeit derselben beherrschenden Personalstatut (Erw. 1). Die "Vertretungsbefugnis" des Art. 814 OR besagt trotz des Wortlauts nicht, welche Rechtshandlungen der Vertreter zulasten der Gesellschaft vornehmen darf, sondern welche er vornehmen kann (Erw. 2). Unter Rechtshandlungen, die der Zweck der Gesellschaft mit sich bringen kann, sind alle Rechtshandlungen zu verstehen, die durch diesen nicht geradezu ausgeschlossen werden (Erw. 3). Das Selbstkontrahieren des Organs einer juristischen Person ist ohne Ermächtigung oder Genehmigung seitens eines über- oder nebengeordneten Organs nicht zulässig, wenn es die Gefahr einer Benachteiligung der juristischen Person in sich birgt. Diese Gefahr besteht, wenn der Geschäftsführer einer GmbH Wertpapiere nur für den Fall des Fehlschlagens der eigenen Spekulation für die Gesellschaft kauft (Erw. 5). Keine stillschweigende Genehmigung einer vom Geschäftsführer der GmbH im eigenen Interesse und zulasten der Gesellschaft abgeschlossenen Bürgschaft, wenn der Gläubiger den Empfang der Bürgschaftsurkunde nicht gegenüber einem zur Genehmigung der Bürgschaft berechtigten Organ der Gesellschaft bestätigt (Erw. 6). Überschreitet das Organ der juristischen Person die gesetzliche Vertretungsmacht, so kann der Vertragsgegner nicht unter Berufungauf seinen guten Glauben gegen die juristische Person Rechte ableiten - Art. 38 OR - (Erw. 7).

105 II 289 () from 22. November 1979
Regeste: Art. 718 Abs. 3 OR. Entschädigungsanspruch der Nebenpartei. 1. Ausservertraglicher Anspruch gegen die Aktiengesellschaft wegen deliktischen Verhaltens ihres Direktors. Die Haftung setzt keine Vertretungsbefugnis der Organperson voraus (E. 3-5). 2. Schutz des gutgläubigen Dritten, der auf zwei dem Anschein nach echte Kollektivunterschriften vertraut (E. 6). 3. Entschädigungsanspruch der Nebenpartei im Berufungsverfahren verneint (E. 9).

126 V 237 () from 29. Mai 2000
Regeste: Art. 52 AHVG; Art. 819 und 827 OR: Organhaftung bei der GmbH. Formell eingesetzte Geschäftsführer einer GmbH wie auch Personen, die faktisch die Funktion eines Geschäftsführers ausüben, haften für den der Ausgleichskasse zufolge nicht bezahlter Bundessozialversicherungsbeiträge entstandenen Schaden nach den gleichen Grundsätzen wie Organe einer Aktiengesellschaft. Dagegen besteht für den blossen Gesellschafter einer GmbH vorbehältlich einer abweichenden statutarischen Regelung keine Pflicht zur Kontrolle oder Überwachung der Geschäftsführung, weshalb ihm das Fehlverhalten der Gesellschaft auch nicht angerechnet werden darf.

150 I 120 (2C_79/2023) from 23. Februar 2024
Regeste: Art. 8, 27, 49 Abs. 1, 74, 82 Abs. 1, 89 Abs. 3 und 94 BV; Art. 106 Abs. 3 SVG; Art. 10-13 CO2-Gesetz; Art. 17f Abs. 2 lit. a CO2-Verordnung; Art. 10 und Anhang 4.1 EnEV; Art. 10 Abs. 2 lit. c, 18 Abs. 2, 24 Abs. 2 und 26 Abs. 2 des Genfer Gesetzes vom 28. Januar 2022 über Taxis und Transportfahrzeuge mit Chauffeur; schrittweise Verminderung von CO2-Emissionen, Voraussetzungen des Betriebs eines Transportunternehmens, Nachweis von Fahrten, Festlegung von Höchstfahrpreisen für Transportfahrzeuge mit Chauffeur. Zusammenfassung der Rechtsprechung zur Wirtschaftsfreiheit und zum Grundsatz des Vorrangs des Bundesrechts (E. 4). Eine kantonale Regelung, welche die Benutzung von Taxis und Transportfahrzeugen mit Chauffeur schrittweise nach deren Energieeffizienz einschränkt, fällt nicht unter die Zulassung von Fahrzeugen zum Strassenverkehr, sondern unter die Voraussetzungen der Ausübung eines bewilligungspflichtigen Berufs, wofür die Kantone zuständig sind. Diese Regelung verletzt weder den Grundsatz des Vorrangs des Bundesrechts noch die Wirtschaftsfreiheit (E. 5). Es stellt einen unverhältnismässigen Eingriff in die Wirtschaftsfreiheit dar, die Erteilung der Bewilligung für den Betrieb eines Transportunternehmens vom Besitz eines Berufsausweises abhängig zu machen, zumal die Regelung primär darauf abzielt, dass die Unternehmen ihre Pflichten zur Einhaltung der sozialversicherungsrechtlichen Regelungen und jener zur Bekämpfung der Schwarzarbeit einhalten (E. 6). Von Transportfahrzeugen mit Chauffeur darf der Nachweis verlangt werden, dass sie ihre Fahrten nur auf Bestellung oder vorgängige Reservierung hin durchführen (E. 7). Die dem Regierungsrat eingeräumte Möglichkeit, im Falle der Feststellung von Missbrauch bei den praktizierten Preisen Höchstfahrpreise für Transportfahrzeuge mit Chauffeur festzulegen, obwohl solche Preise nach dem Gesetz vor der Fahrt zwischen Kunde und Chauffeur frei zu vereinbaren sind, verletzt die Wirtschaftsfreiheit (E. 8).

 

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