Bundesgesetz
über die Produktesicherheit
(PrSG)

vom 12. Juni 2009 (Stand am 1. September 2023)


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Art. 10 Kontrolle und Verwaltungsmassnahmen

1 Die Voll­zugs­or­ga­ne kön­nen Pro­duk­te, die in Ver­kehr ge­bracht wer­den, kon­trol­lie­ren und nö­ti­gen­falls Mus­ter er­he­ben.

2 Er­gibt die Kon­trol­le, dass ein Pro­dukt den grund­le­gen­den Si­cher­heits- und Ge­sund­heits­an­for­de­run­gen oder dem Stand des Wis­sens und der Tech­nik nicht ent­spricht, so ver­fügt das Voll­zugs­or­gan die ge­eig­ne­ten Mass­nah­men.

3 Ist es zum Schutz der Si­cher­heit oder Ge­sund­heit der Ver­wen­de­rin­nen und Ver­wen­der oder Drit­ter er­for­der­lich, so kann das Voll­zugs­or­gan ins­be­son­de­re:

a.
das wei­te­re In­ver­kehr­brin­gen ei­nes Pro­dukts ver­bie­ten;
b.
die War­nung vor den Ge­fah­ren ei­nes Pro­dukts, sei­ne Rück­nah­me oder sei­nen Rück­ruf an­ord­nen und nö­ti­gen­falls selbst voll­zie­hen;
c.
die Aus­fuhr ei­nes Pro­dukts, des­sen wei­te­res In­ver­kehr­brin­gen nach Buch­sta­be a ver­bo­ten wor­den ist, ver­bie­ten;
d.
ein Pro­dukt, von dem ei­ne un­mit­tel­ba­re und erns­te Ge­fahr aus­geht, ein­zie­hen und ver­nich­ten oder un­brauch­bar ma­chen.

4 Die Voll­zugs­or­ga­ne war­nen die Be­völ­ke­rung vor ge­fähr­li­chen Pro­duk­ten, wenn der In­ver­kehr­brin­ger nicht oder nicht recht­zei­tig wirk­sa­me Mass­nah­men trifft. Sie ma­chen ih­re In­for­ma­tio­nen über die Ge­fähr­lich­keit be­stimm­ter Pro­duk­te und über die ge­trof­fe­nen Mass­nah­men öf­fent­lich zu­gäng­lich.

5 Mass­nah­men nach Ab­satz 3 wer­den, so­fern dies zum Schutz der Be­völ­ke­rung er­for­der­lich ist, als All­ge­mein­ver­fü­gung er­las­sen. Hat ein kan­to­na­les Voll­zugs­or­gan oder ei­ne be­auf­trag­te Or­ga­ni­sa­ti­on das Pro­dukt über­prüft, so stellt es oder sie dem zu­stän­di­gen Auf­sichts­or­gan des Bun­des An­trag auf Er­lass ei­ner All­ge­mein­ver­fü­gung.

6 Das Bun­des­ge­setz vom 20. De­zem­ber 19684 über das Ver­wal­tungs­ver­fah­ren ist an­wend­bar.

BGE

143 II 518 (2C_75/2016, 2C_76/2016) from 10. April 2017
Regeste: Art. 1 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 und 2, Art. 4, Art. 5 Abs. 1 und 2, Art. 6 Abs. 1-3, Art. 10 Abs. 1, 2, 3 lit. a PrSG; Art. 1 Abs. 1 und 2 lit. bbis, Art. 2 Abs. 2, Art. 3 lit. b und c, Art. 4 Abs. 1, 2 und 5, Art. 16a Abs. 1, Art. 16b, Art. 17, 18, 19 Abs. 1-5, Art. 20 Abs. 1-4 THG; Art. 2 Abs. 1 lit. a und b MaschV; Art. 5 Abs. 1 lit. a und d, Art. 7 Abs. 1 und 2, Art. 10, 11, Allgemeine Grundsätze Ziff. 1 Anh. I, Ziff. 1.1.1 Anh. I, Ziff. 1.1.2 lit. a und b Anh. I der Richtlinie 2006/42/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Mai 2006 über Maschinen und zur Änderung der Richtlinie 95/16/EG (Neufassung) (MRL); Art. 1 Abs. 1-3, Art. 3, Art. 12 Abs. 4, Anh. 1 des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Gemeinschaft über die gegenseitige Anerkennung von Konformitätsbewertungen (MRA); Art. 36, 114 Abs. 10 AEUV; Inverkehrbringen von Maschinen nach PrSG, THG, MaschV, MRL und MRA, die über eine EU-Konformitätserklärung verfügen. Anforderungen an das Inverkehrbringen von Produkten (in casu: Maschinen) nach dem PrSG und THG: Der Rechtssetzer legt nur die grundlegenden Anforderungen (in casu: die MaschV i.V.m. MRL) fest; deren Einhaltung liegt in der Eigenverantwortung des Herstellers oder Importeurs, was mit verschiedenen Konformitätsbewertungsverfahren sicherzustellen ist. Werden Produkte nach harmonisierten Normen hergestellt, wird vermutet, dass die davon erfassten grundlegenden Anforderungen und damit auch der anzuwendende Sicherheitsmassstab für das Inverkehrbringen eingehalten sind (Konformitätsvermutung). Die Konformitätsvermutung kann widerlegt werden (E. 5.1-5.3, 5.5-5.7). Der Anwendungsbereich von Art. 16a Abs. 1 THG beschränkt sich auf die zwischen der Schweiz und dem EU/EWR-Binnenmarkt nicht-harmonisierten Bereiche; Art. 16a THG findet keine Anwendung (E. 5.4). Prüfprogramm (E. 5.8). Das streitbetroffene Produkt hält die in der harmonisierten Norm SN EN 474-1 bezeichneten Anforderungen ein (E. 6). Auch die Risiken, welche vom streitbetroffenen Produkt ausgehen, sind von dieser Norm erfasst (E. 7). Die Widerlegung der Konformitätsvermutung gelingt, da die Norm SN EN 474-1 die grundlegenden Anforderungen von Ziff. 1.1.2 lit. b Anh. I MRL nicht einhält (E. 8). Geltungsbereich des MRA; Verhältnis MRA und PrSG: In den als gleichwertig beurteilten Regelungsbereichen sind die Konformitätserklärungen gegenseitig anzuerkennen. In der Schweiz darf nicht ein höheres Schutzniveau verlangt werden als in der EU. Nicht Gegenstand des MRA bildet aber die Frage, ob die technischen Normen auch tatsächlich die grundlegenden Sicherheits- und Gesundheitsanforderungen erfüllen (E. 9). PrSG und THG basieren auf dem Regulierungsansatz der regulierten Selbstregulierung, weshalb es nach der Widerlegung der Konformitätsvermutung nicht Aufgabe des Staates ist, Lösungen vorzuschlagen (E. 10).

146 II 265 (1C_299/2019) from 7. April 2020
Regeste: Art. 4 lit. b BGÖ; Art. 10 Abs. 4 i.V.m. Art. 12 PrSG; Zugangsgesuch zu Resultaten einer Kontrolle der Sicherheitsvorschriften von Wickelkommoden. Ob eine Verpflichtung zur aktiven Information eine spezielle Zugangsnorm i.S.v. Art. 4 lit. b BGÖ darstellt, ist durch Auslegung der betreffenden Norm zu ermitteln (E. 3). Aus dem Umstand, dass die Botschaft eines nach dem BGÖ erlassenen Gesetzes keine Hinweise zur Koordination mit dem BGÖ enthält, kann nicht geschlossen werden, dass die Geltung des BGÖ eingeschränkt werden soll (E. 5.2.1). Die in Art. 12 PrSG statuierte Schweigepflicht geht nicht über das allgemeine Berufs-, Geschäfts- oder Fabrikationsgeheimnis hinaus (E. 5.2.2). Der komplementäre Zugang zu Informationen nach BGÖ erlaubt eine differenzierte Abstufung der behördlichen Informationstätigkeit; Art. 10 Abs. 4 i.V.m. Art. 12 PrSG stellt keine Spezialbestimmung i.S.v. Art. 4 BGÖ dar (E. 5.3).

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