Verordnung
über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln
(Pflanzenschutzmittelverordnung, PSMV)

vom 12. Mai 2010 (Stand am 1. Juli 2022)


Open article in different language:  FR  |  IT
Art. 4 Kriterien

1 Ein Wirk­stoff wird nach An­hang 2 Zif­fer 1 ge­neh­migt, wenn auf­grund des wis­sen­schaft­li­chen und tech­ni­schen Kennt­nis­stan­des zu er­war­ten ist, dass un­ter Be­rück­sich­ti­gung der Ge­neh­mi­gungs­kri­te­ri­en nach An­hang 2 Zif­fern 2 und 3 Pflan­zen­schutz­mit­tel, die die­sen Wirk­stoff ent­hal­ten, die Vor­aus­set­zun­gen der Ab­sät­ze 3–5 er­fül­len.

2 Bei der Be­wer­tung des Wirk­stoffs wird zu­nächst er­mit­telt, ob die Ge­neh­mi­gungs­kri­te­ri­en nach An­hang II Zif­fern 3.6.2–3.6.4 und 3.7 der Ver­ord­nung (EG) Nr. 1107/200923 er­füllt sind. Sind die­se Kri­te­ri­en er­füllt, so wird ge­prüft, ob die in An­hang 2 Zif­fern 2 und 3 fest­ge­leg­ten üb­ri­gen Ge­neh­mi­gungs­kri­te­ri­en er­füllt sind.

3 Die Rück­stän­de von Pflan­zen­schutz­mit­teln müs­sen nach der Ver­wen­dung ent­spre­chend der gu­ten Pflan­zen­schutz­pra­xis und un­ter rea­lis­ti­schen Ver­wen­dungs­be­din­gun­gen fol­gen­de An­for­de­run­gen er­fül­len:

a.
Sie dür­fen kei­ne schäd­li­chen Aus­wir­kun­gen auf die Ge­sund­heit von Men­schen, ein­sch­liess­lich be­son­ders ge­fähr­de­ter Per­so­nen­grup­pen, oder von Tie­ren – un­ter Be­rück­sich­ti­gung von Ku­mu­la­ti­ons- und Syn­er­gie­ef­fek­ten, wenn es von der Eu­ro­päi­schen Be­hör­de für Le­bens­mit­tel­si­cher­heit (EF­SA)24 an­er­kann­te wis­sen­schaft­li­che Me­tho­den zur Mes­sung sol­cher Ef­fek­te gibt – noch auf das Grund­was­ser ha­ben.
b.
Sie dür­fen kei­ne un­an­nehm­ba­ren Aus­wir­kun­gen auf die Um­welt ha­ben.

4 Für Rück­stän­de mit to­xi­ko­lo­gi­scher, öko­to­xi­ko­lo­gi­scher oder öko­lo­gi­scher Re­le­vanz oder Re­le­vanz für das Trink­was­ser müs­sen all­ge­mein ge­bräuch­li­che Mess­ver­fah­ren zur Ver­fü­gung ste­hen. Ana­ly­se­stan­dards müs­sen all­ge­mein ver­füg­bar sein.

5 Das Pflan­zen­schutz­mit­tel muss nach der Ver­wen­dung ent­spre­chend der gu­ten Pflan­zen­schutz­pra­xis und un­ter rea­lis­ti­schen Ver­wen­dungs­be­din­gun­gen fol­gen­de An­for­de­run­gen er­fül­len:

a.
Es muss sich für die vor­ge­se­he­ne Ver­wen­dung eig­nen.
b.
Es darf kei­ne so­for­ti­gen oder ver­zö­ger­ten schäd­li­chen Aus­wir­kun­gen auf die Ge­sund­heit von Men­schen, ein­sch­liess­lich be­son­ders ge­fähr­de­ter Per­so­nen­grup­pen, oder von Tie­ren – we­der di­rekt noch über das Trink­was­ser (un­ter Be­rück­sich­ti­gung der bei der Trink­was­ser­be­hand­lung ent­ste­hen­den Pro­duk­te), über Nah­rungs- oder Fut­ter­mit­tel oder über die Luft oder Aus­wir­kun­gen am Ar­beits­platz oder durch an­de­re in­di­rek­te Ef­fek­te un­ter Be­rück­sich­ti­gung be­kann­ter Ku­mu­la­ti­ons- und Syn­er­gie­ef­fek­te, so­weit es von der EF­SA an­er­kann­te wis­sen­schaft­li­che Me­tho­den zur Be­wer­tung sol­cher Ef­fek­te gibt – noch auf das Grund­was­ser ha­ben.
c.
Es darf kei­ne un­an­nehm­ba­ren Aus­wir­kun­gen auf Pflan­zen oder Pflan­zen­er­zeug­nis­se ha­ben.
d.
Es darf bei den zu be­kämp­fen­den Wir­bel­tie­ren kei­ne un­nö­ti­gen Lei­den oder Schmer­zen ver­ur­sa­chen.
e.
Es darf dür­fen kei­ne un­an­nehm­ba­ren Aus­wir­kun­gen auf die Um­welt ha­ben, und zwar un­ter be­son­de­rer Be­rück­sich­ti­gung fol­gen­der Aspek­te, so­weit es von der EF­SA an­er­kann­te wis­sen­schaft­li­che Me­tho­den zur Be­wer­tung sol­cher Ef­fek­te gibt:
1.
Ver­bleib und Aus­brei­tung in der Um­welt, ins­be­son­de­re Kon­ta­mi­na­ti­on von Ober­flä­chen­ge­wäs­sern, ein­sch­liess­lich Mün­dungs- und Küs­ten­ge­wäs­sern, des Grund­was­sers, der Luft und des Bo­dens, un­ter Be­rück­sich­ti­gung von Or­ten in gros­ser Ent­fer­nung vom Ver­wen­dungs­ort nach ei­ner Ver­brei­tung in der Um­welt über wei­te Stre­cken,
2.
Aus­wir­kung auf Nicht­ziel­ar­ten, ein­sch­liess­lich des dau­er­haf­ten Verhal­tens die­ser Ar­ten,
3.
Aus­wir­kung auf die bio­lo­gi­sche Viel­falt und das Öko­sys­tem.

6 Die An­for­de­run­gen der Ab­sät­ze 3–5 wer­den un­ter Be­rück­sich­ti­gung der ein­heit­li­chen Grund­sät­ze nach 17 Ab­satz 5 be­ur­teilt.

7 Für die Ge­neh­mi­gung ei­nes Wirk­stoffs gel­ten die An­for­de­run­gen der Ab­sät­ze 1–5 als er­füllt, wenn dies in Be­zug auf einen oder meh­re­re re­prä­sen­ta­ti­ve Ein­satz­zwe­cke min­des­tens ei­nes Pflan­zen­schutz­mit­tels, das die­sen Wirk­stoff ent­hält, nach­ge­wie­sen wur­de.

8 In Be­zug auf die mensch­li­che Ge­sund­heit dür­fen kei­ne bei Men­schen er­ho­be­nen Da­ten da­zu ver­wen­det wer­den, die Si­cher­heits­schwel­len zu sen­ken, die sich aus Ver­su­chen oder Stu­di­en an Tie­ren er­ge­ben.

9 Ab­wei­chend von Ab­satz 1 kann ein Wirk­stoff für den Fall, dass er auf­grund von im Ge­such ent­hal­te­nen do­ku­men­tier­ten Nach­wei­sen zur Be­kämp­fung ei­ner ernst­haf­ten, nicht durch an­de­re ver­füg­ba­re Mit­tel, ein­sch­liess­lich nicht­che­mi­scher Me­tho­den, ab­zu­weh­ren­den Ge­fahr für die Pflan­zen­ge­sund­heit not­wen­dig ist, für einen be­grenz­ten Zeit­raum ge­neh­migt wer­den, der zur Be­kämp­fung die­ser ernst­haf­ten Ge­fahr not­wen­dig ist, auch wenn er die in An­hang II Zif­fer 3.6.3, 3.6.4, 3.6.5 oder 3.8.2 der Ver­ord­nung (EG) Nr. 1107/200925 ge­nann­ten Kri­te­ri­en nicht er­füllt; dies gilt un­ter der Vor­aus­set­zung, dass die Ver­wen­dung des Wirk­stoffs Ri­si­komin­de­rungs­mass­nah­men un­ter­liegt, um si­cher­zu­stel­len, dass das Ri­si­ko für den Men­schen und die Um­welt so ge­ring wie mög­lich ge­hal­ten wird. Für die­se Stof­fe wer­den ge­mä­ss der Ver­ord­nung des EDI vom 16. De­zem­ber 201626 über die Höchst­ge­hal­te für Pes­ti­zi­drück­stän­de in oder auf Er­zeug­nis­sen pflanz­li­cher und tie­ri­scher Her­kunft (VPRH) Rück­stands­höchst­kon­zen­tra­tio­nen fest­ge­legt. Die­se Ab­wei­chung gilt nicht für Wirk­stof­fe, die nach der Ver­ord­nung (EG) Nr. 1272/200827 als krebs­er­zeu­gend der Ka­te­go­rie 1, krebs­er­zeu­gend der Ka­te­go­rie 2 oh­ne Schwel­len­wert oder als re­pro­duk­ti­ons­to­xisch der Ka­te­go­rie 1 ein­ge­stuft oder ein­zu­stu­fen sind.28

23 Sie­he Fuss­no­te zu Art. 3 Abs. 2.

24 Eu­ro­pean Food Sa­fe­ty Agen­cy, ein­ge­setzt mit der Ver­ord­nung (EG) Nr. 178/2002 des Eu­ro­päi­schen Par­la­ments und des Ra­tes vom 28. Jan. 2002 zur Fest­le­gung der all­ge­mei­nen Grund­sät­ze und An­for­de­run­gen des Le­bens­mit­tel­rechts, zur Er­rich­tung der Eu­ro­päi­schen Be­hör­de für Le­bens­mit­tel­si­cher­heit und zur Fest­le­gung von Ver­fah­ren zur Le­bens­mit­tel­si­cher­heit, ABl. L 31 vom 1. Feb. 2002, S. 1, zu­letzt ge­än­dert durch die Ver­ord­nung (EG) Nr. 596/2009 der Eu­ro­päi­schen Par­la­ments und des Ra­tes vom 18. Ju­ni 2009, ABl. L 188 vom 18. Ju­li 2009, S. 14.

25 Sie­he Fuss­no­te zu Art. 3 Abs. 2

26 SR 817.021.23

27 Sie­he Fuss­no­te zu Art. 3 Abs. 1 Bst. d.

28 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I der V vom 11. Nov. 2020, in Kraft seit 1. Jan. 2021 (AS 2020 5563).

BGE

144 II 218 (1C_312/2017) from 12. Februar 2018
Regeste: Parteistellung und Beschwerderecht der Naturschutzorganisationen im Verfahren der Überprüfung von Pflanzenschutzmitteln nach Art. 29 PSMV (Art. 12 NHG; Art. 78 Abs. 2 BV). Die gezielte Überprüfung von Pflanzenschutzmitteln durch die Zulassungsbehörde stellt eine Bundesaufgabe im Sinne von Art. 78 Abs. 2 BV dar (E. 3). Das Beschwerderecht der Naturschutzorganisationen nach Art. 12 NHG setzt nicht voraus, dass die angefochtene Verfügung einen konkreten räumlichen Bezug aufweist (E. 4-6).

Diese Seite ist durch reCAPTCHA geschützt und die Google Datenschutzrichtlinie und Nutzungsbedingungen gelten.

Feedback
Laden