Bundesgesetz
über Schuldbetreibung und Konkurs
(SchKG)1

1 Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 16. Dez. 1994, in Kraft seit 1. Jan. 1997 (AS 1995 1227; BBl 1991 III 1).


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Art. 64

IV. Zu­stel­lung der Be­trei­bungs­ur­kun­den

A. An na­tür­li­che Per­so­nen

 

1 Die Be­trei­bungs­ur­kun­den wer­den dem Schuld­ner in sei­ner Woh­nung oder an dem Or­te, wo er sei­nen Be­ruf aus­zuü­ben pflegt, zu­ge­stellt. Wird er da­selbst nicht an­ge­trof­fen, so kann die Zu­stel­lung an ei­ne zu sei­ner Haus­hal­tung ge­hö­ren­de er­wach­se­ne Per­son oder an einen An­ge­stell­ten ge­sche­hen.

2 Wird kei­ne der er­wähn­ten Per­so­nen an­ge­trof­fen, so ist die Be­trei­bungs­ur­kun­de zu­han­den des Schuld­ners ei­nem Ge­mein­de- oder Po­li­zei­be­am­ten zu über­ge­ben.

BGE

88 III 135 () from 20. November 1962
Regeste: Wohnsitz des Schuldners - als Ort der Betreibung (Art. 46 Abs. 1 SchKG); - als Ort der Zustellung der Betreibungsurkunden, wofür allenfalls ausserdem der (dem Betreibungsamt gemeldete) Arbeitsort in Betracht fällt (Art. 64 Abs. 1 SchKG). Der Wohnsitz befindet sich dort, wo die Familie, die der Schuldner mehrmals im Monat besucht, verblieben ist, nicht am auswärtigen Arbeitsort (zumal bei blossem Volontariat) und auch nicht dort, wo der Schuldner seine persönlichen Schriften hinterlegt hat (Erw. 1). Unzulässigkeit ergänzender Begehren vor Bundesgericht (Art. 79 Abs. 1 Satz 2 OG) (Erw. 3).

91 III 41 () from 8. Februar 1965
Regeste: 1. Zustellung einer Pfändungsurkunde. Art. 34 SchKG. Der Empfänger kann die Zustellung nicht vereiteln, indem er die Annahme der Urkunde ablehnt oder die Empfangsbescheinigung verweigert, noch dadurch, dass er die Urkunde in Gegenwart des zustellenden Boten vernichtet. (Erw. 2). 2. Ort der Zustellung. Art. 64 Abs. 1 SchKG. Wohnung und Arbeitsstätte des Schuldners stehen als Ort der Zustellung in gleichem Rang. Die Zustellung an der Arbeitsstätte ist zulässig, gleichgültig ob der Schuldner in einem Dienstverhältnis steht oder einen selbständigen Beruf ausübt. (Erw. 3). 3. Zustellung in einem andern Betreibungskreis. Art. 66 Abs. 2 SchKG. Lässt das die Betreibung durchführende Amt eine solche Zustellung durch einen seiner eigenen Weibel vornehmen, statt die Rechtshilfe des für den Zustellungsort zuständigen Amtes in Anspruch zu nehmen, so bildet dies höchstens einen binnen der Frist des Art. 17 SchKG durch Beschwerde geltend zu machenden Anfechtungs-, keinen von Amtes wegen zu beachtenden Nichtigkeitsgrund. (Erw. 4). 4. Disziplinarbefugnisse der kantonalen Aufsichtsbehörden. Art. 14 Abs. 2 SchKG. Auf Ergreifung solcher Massnahmen besteht kein bundesrechtlicher Anspruch. (Erw. 6). 5. Zulässiger Zweck des Beschwerdeverfahrens. Art. 21 SchKG. (Erw. 7).

97 III 107 () from 20. Oktober 1971
Regeste: Zustellung von Zahlungsbefehlen durch einen Gemeinde- oder Polizeibeamten (Art. 64 Abs. 2 SchKG). Voraussetzungen und Durchführung dieser Massnahme. Die Aufsichtsbehörden über Schuldbetreibung und Konkurs haben nur zu prüfen, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für die Übergabe des Zahlungsbefehls an einen Gemeinde- oder Polizeibeamten erfüllt waren und ob die Zustellung auf Grund der Vorkehren dieses Beamten als vollzogen gelten kann. Mit der vom SchKG nicht geregelten Frage, wie dieser Beamte die Zustellung erreicht, namentlich ob die Polizei den Schuldner zu diesem Zweck auf den Polizeiposten führen lassen darf, haben sie sich nicht zu befassen. Hierüber haben gegebenenfalls die Behörden zu entscheiden, welche die Aufsicht über die in Frage stehenden Beamten ausüben.

101 III 1 () from 14. Januar 1975
Regeste: Betreibung einer unverteilten Erbschaft; Art. 65 Abs. 3 SchKG. 1. Der Willensvollstrecker ist zur Entgegennahme der für die unverteilte Erbschaft bestimmten Betreibungsurkunden legitimiert (Erw. 1). 2. Die Aufsichtsbehörden haben im Beschwerde- und Rekursverfahren zu prüfen, ob die Person, der Betreibungsurkunden für die unverteilte Erbschaft zugestellt worden sind oder die eine andere Person zu deren Entgegennahme bevollmächtigt hat, zu dem in Art. 65 Abs. 3 SchKG genannten Kreis von Personen gehört (Erw. 3). 3. Der Entscheid einer Aufsichtsbehörde, ein Verfahren zu sistieren, bis ein ausländisches Gericht ein Urteil erlassen hat in einem Prozess über eine unverteilte Erbschaft, in welchem der beschwerdeführende Erbschaftsgläubiger nicht Partei ist, kann eine formelle Rechtsverweigerung bedeuten (Erw. 2). 4. Die Aufsichtsbehörden sind im Beschwerde- bzw. Rekursverfahren befugt, vorfrageweise eine Rechtsfrage aus einem andern Rechtsgebiet zu prüfen (Erw. 3).

107 III 11 () from 25. Juni 1981
Regeste: Zustellung eines Zahlungsbefehls in der Bundesrepublik Deutschland. Die Anerkennung der Zustellung eines Zahlungsbefehls in der Bundesrepublik Deutschland durch Niederlegung beim zuständigen Amtsgericht im Sinne von § 182 der deutschen Zivilprozessordnung verstösst nicht gegen den schweizerischen ordre public.

109 III 1 () from 28. März 1983
Regeste: Zustellung eines Zahlungsbefehls (Art. 64 Abs. 1 SchKG). Ein Zahlungsbefehl gilt grundsätzlich auch dann als zugestellt, wenn der Hausgenosse des Schuldners, dem der Betreibungsbeamte die Urkunde übergeben will, die Annahme verweigert. (Frage offen gelassen, ob ein Hausgenosse oder Angestellter des Schuldners unter gewissen Umständen befugt sei, die Annahme einer Betreibungsurkunde zu verweigern und damit eine rechtsgültige Zustellung zu verhindern.)

109 III 97 () from 8. Juli 1983
Regeste: Zustellung einer Arresturkunde und eines Zahlungsbefehls; Zustellungsort; Zustellung in den USA. 1. Bei der Zustellung einer Arresturkunde und des zur Arrestprosequierung erwirkten Zahlungsbefehls hat sich das Betreibungsamt an die auf dem Arrestbefehl vermerkte Adresse zu halten (E. 1). 2. Es verstösst nicht gegen Bundesrecht, Arresturkunde und Zahlungsbefehl in den USA (durch Vermittlung des schweizerischen Generalkonsulates) per Post zuzustellen, auch dann nicht, wenn dies durch Übergabe an einen Angestellten des Schuldners geschieht (E. 2 und 3).

110 III 9 () from 21. Mai 1984
Regeste: Art. 64 SchKG. Zustellung eines Zahlungsbefehls. Ist der Zahlungsbefehl infolge fehlerhafter Zustellung nicht in die Hände des Betriebenen gelangt, so ist die Betreibung nichtig; die Nichtigkeit kann jederzeit fesgestellt werden.

112 III 81 () from 5. September 1986
Regeste: 1. Ergänzung des Sachverhalts (Art. 79 Abs. 1 OG). Die Voraussetzungen für eine Ergänzung des Sachverhalts sind nicht erfüllt, wenn die angeblich neuen Tatsachen bereits vor der kantonalen Aufsichtsbehörde hätten vorgetragen werden können und sollen (E. 1). 2. Keine Wiederholung eines mangelhaft zugestellten Zahlungsbefehls bei fehlendem Rechtsschutzinteresse. Eine mangelhafte Zustellung ist nicht zu wiederholen, wenn die erneute und ordentliche Zustellung des Zahlungsbefehls am Wohnsitz dem Rekurrenten keine zusätzlichen Erkenntnisse über die angehobene Betreibung verschafft und dessen Rechte trotz der mangelhaften Zustellung gewahrt worden sind (E. 2). 3. Ort der Betreibung gegen den Arrestgläubiger (Art. 52 und 46 Abs. 1 SchKG). Eine Arrestnahme eröffnet dem Arrestschuldner in einer gegen den Arrestgläubiger gerichteten Betreibung nicht den Betreibungsort des Arrestes, im Unterschied zum umgekehrten Fall (E. 3).

116 III 8 () from 27. März 1990
Regeste: Zustellung des Zahlungsbefehls (Art. 64 und 65 SchKG). Eine Abholungseinladung betreffend Zahlungsbefehl darf, im Gegensatz zu solchen betreffend Mitteilungen des Betreibungsamtes im Sinne von Art. 34 SchKG, nicht in das Postfach des Schuldners gelegt werden (E. 1a). Bei juristischen Personen muss der Zahlungsbefehl dem verantwortlichen Organ zugestellt werden, damit dieses darüber entscheiden kann, ob Rechtsvorschlag erhoben werden soll (E. 1b).

116 III 59 () from 1. Oktober 1990
Regeste: Zustellung einer Betreibungsurkunde an eine Postlagernd-Adresse (Art. 64 ff. SchKG). Die Praxis, wonach eine eingeschriebene Briefpostsendung, die vom Adressaten nicht entgegengenommen worden ist, als am letzten Tag der siebentägigen Abholfrist gemäss Art. 169 Abs. 1 lit. d der Verordnung (1) zum Postverkehrsgesetz (PVV) zugestellt gilt, setzt voraus, dass im Sinne von Art. 157 PVV eine Abholungseinladung in den Briefkasten (oder das Postfach) des Adressaten gelegt worden ist. Bei postlagernd adressierten Sendungen ist letzteres naturgemäss nicht möglich. Frage offengelassen, ob für diesen Fall angenommen werden kann, eine nicht abgeholte Sendung gelte als am letzten Tag der einmonatigen Aufbewahrungsfrist gemäss Art. 166 Abs. 2 lit. a PVV zugestellt.

117 III 5 () from 25. März 1991
Regeste: Art. 64 Abs. 1 SchKG; Zustellung des Zahlungsbefehls an eine andere Person als den betriebenen Schuldner. Der Zahlungsbefehl, der sich an eine in einem Heim der Heilsarmee wohnende Person richtet, ist durch Übergabe an eine Angestellte dieses Heimes rechtsgültig zugestellt worden (E. 1). Ist der Zahlungsbefehl durch einen Dritten vernichtet worden, nachdem der Schuldner die Entgegennahme verweigert hat, so führt dies nicht zur Ungültigkeit der Zustellung (E. 2).

117 III 7 () from 26. April 1991
Regeste: Zustellung des Zahlungsbefehls (Art. 64 und Art. 72 SchKG). Ein Zahlungsbefehl darf auch dann nicht in den Briefkasten des Schuldners gelegt werden, wenn dieser zuvor zu verstehen gegeben hat, dass er den Zahlungsbefehl nicht entgegennehmen werde. Nötigenfalls ist für die Zustellung die Hilfe der Polizei in Anspruch zu nehmen.

117 III 10 () from 25. April 1991
Regeste: Zustellung eines Zahlungsbefehls an eine juristische Person oder eine Gesellschaft im Ausland (Art. 65 SchKG). 1. Fehlt es an einer staatsvertraglichen Regelung der Zustellung und erfolgt diese auf diplomatischem oder konsularischem Weg, findet Art. 65 SchKG auch im Ausland wenigstens sinngemäss Anwendung (E. 4, 5). Zweck der Bestimmung (E. 5a). 2. Die Behörde trägt die Beweislast für die ordnungsgemässe Zustellung von Betreibungsurkunden; ihr obliegt insbesondere auch der Nachweis der Voraussetzungen für die Ersatzzustellung gemäss Art. 65 Abs. 2 SchKG (E. 5c-e).

120 III 57 () from 16. Mai 1994
Regeste: Zustellung einer Schätzungsurkunde (Art. 34 und Art. 64 ff. SchKG). Die Schätzungsurkunde ist den am Betreibungsverfahren Beteiligten als Mitteilung und nicht als Betreibungsurkunde zuzustellen.

121 III 11 () from 5. Januar 1995
Regeste: Art. 34 und 64 ff. SchKG. Die an den Gläubiger gerichtete Fristansetzung zur Klage auf Aberkennung eines Anspruchs im Lastenverzeichnis ist eine Mitteilung im Sinne von Art. 34 SchKG. Die Zustellung durch eingeschriebenen Brief oder durch Übergabe gegen Empfangsbescheinigung soll sicherstellen, dass dem Beamten jederzeit der Beweis für die Mitteilung zur Verfügung steht.

121 III 16 () from 4. Januar 1995
Regeste: Zustellung einer Betreibungsurkunde (Art. 65 Abs. 1 Ziff. 2 SchKG). Auch der nicht dem Verwaltungsrat angehörende Geschäftsführer einer Aktiengesellschaft muss zur Entgegennahme einer Betreibungsurkunde berechtigt sein.

121 III 46 () from 6. Januar 1995
Regeste: Art. 79 Abs. 1 OG. Anforderungen an die Begründung eines Rekurses. Beruht der angefochtene Entscheid auf zwei selbständigen Begründungen, so kann der Rekurs nur dann geprüft werden, wenn er sich gegen beide richtet.

132 I 249 () from 11. September 2006
Regeste: Art. 9 BV. Zivilprozess. Einrede der Nichtigkeit der Vorladung; Rechtsmissbrauch. Die Klägerin liess die Vorladung an die Kanzlei des Anwalts des Beklagten zustellen, als dieser dort noch kein Zustellungsdomizil gewählt hatte. Der Beklagte erhob die Einrede der Nichtigkeit nach kantonalem Recht, obwohl er die Vorladung erhalten hatte. Im angefochtenen Entscheid wurde die Einrede gutgeheissen, mit der Folge, dass auf die anhängig gemachte Klage nicht einzutreten war und der Arrest, der mit dieser prosequiert werden sollte, dahinfiel. Dieser Entscheid ist willkürlich, da die Einrede rechtsmissbräuchlich war.

134 III 112 (5A_421/2007) from 13. Dezember 2007
Regeste: Art. 64 und 65 SchKG; Zustellung von Betreibungsurkunden. Betreibungsurkunden können den in Art. 65 Abs. 1 SchKG als Vertreter genannten Personen unmittelbar auch ausserhalb des Geschäftslokals der betriebenen juristischen Person oder Gesellschaft zugestellt werden (E. 3.1). Wenn der betreffende Vertreter nicht persönlich angetroffen wird, ist für die Ersatzzustellung Art. 64 SchKG anzuwenden (E. 3.2).

136 III 155 (5A_732/2009) from 4. Februar 2010
Regeste: Gebühr und Auslagen für die Zustellung des Zahlungsbefehls (Art. 16 und 13 GebV SchKG). Wenn der Zahlungsbefehl dem Schuldner auf dem Betreibungsamt übergeben wird, nachdem das Amt zur Abholung des Zahlungsbefehls eingeladen hat, ist für die Zustellung einzig die Gebühr gemäss Art. 16 Abs. 1 GebV SchKG zu erheben (E. 3).

 

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