Bundesgesetz
über die internationale Amtshilfe in Steuersachen
(Steueramtshilfegesetz, StAhiG)

vom 28. September 2012 (Stand am 1. September 2023)


Open article in different language:  FR  |  IT  |  EN
Art. 8 Grundsätze

1 Zur Be­schaf­fung von In­for­ma­tio­nen dür­fen nur Mass­nah­men durch­ge­führt wer­den, die nach schwei­ze­ri­schem Recht zur Ver­an­la­gung und Durch­set­zung der Steu­ern, die Ge­gen­stand des Er­su­chens sind, durch­ge­führt wer­den könn­ten.

2 In­for­ma­tio­nen, die sich im Be­sitz ei­ner Bank, ei­nes an­de­ren Fi­nan­z­in­sti­tuts, ei­ner be­auf­trag­ten oder be­voll­mäch­tig­ten Per­son, ei­ner Treu­hän­de­rin oder ei­nes Treu­hän­ders be­fin­den oder die sich auf Be­tei­li­gun­gen an ei­ner Per­son be­zie­hen, kön­nen ver­langt wer­den, wenn das an­wend­ba­re Ab­kom­men ih­re Über­mitt­lung vor­sieht.

3 Die ESTV wen­det sich zur Be­schaf­fung der In­for­ma­tio­nen an die Per­so­nen und Be­hör­den nach den Ar­ti­keln 9–12, von de­nen sie an­neh­men kann, dass sie über die In­for­ma­tio­nen ver­fü­gen.

4 Die er­su­chen­de Be­hör­de hat kei­nen An­spruch auf Ak­ten­ein­sicht oder An­we­sen­heit bei den Ver­fah­rens­hand­lun­gen in der Schweiz.

5 Die Kos­ten aus der In­for­ma­ti­ons­be­schaf­fung wer­den nicht er­stat­tet.

6 An­wäl­tin­nen und An­wäl­te, die nach dem An­walts­ge­setz vom 23. Ju­ni 200023 (BGFA) zur Ver­tre­tung vor schwei­ze­ri­schen Ge­rich­ten be­rech­tigt sind, kön­nen die Her­aus­ga­be von Un­ter­la­gen und In­for­ma­tio­nen ver­wei­gern, die durch das An­walts­ge­heim­nis ge­schützt sind.

BGE

142 II 161 (2C_1174/2014) from 24. September 2015
Regeste: Art. 28 DBA CH-FR; Art. 4 Abs. 3 StAhiG; internationale Amtshilfe in Steuersachen; Begriff der voraussichtlichen Erheblichkeit; Ersuchen in Bezug auf in der Schweiz unbeschränkt steuerpflichtige Personen; direkte Anwendbarkeit von Art. 28 Abs. 5 zweiter Satz DBA CH-FR; Umfang der übertragbaren Bankdokumente. Prüfung der Voraussetzung der voraussichtlichen Erheblichkeit eines Steueramtshilfeersuchens; Grenzen der staatlichen Überprüfung in der Sache (E. 2.1-2.1.4). Fall eines Steueramtshilfeersuchens in Bezug auf in der Schweiz unbeschränkt steuerpflichtige Personen (E. 2.2-2.4). Art. 28 Abs. 5 zweiter Satz DBA CH-FR ist direkt anwendbar; gestützt darauf können deshalb den französischen Behörden von diesen ersuchte Bankdokumente übermittelt werden, soweit diese voraussichtlich erheblich sind. Dies ist insbesondere der Fall bei Bewegungen und Transaktionen auf Bankkonten der steuerpflichtigen Personen (E. 4.5.1-4.6.2).

143 II 136 (2C_276/2016) from 12. September 2016
Regeste: Art. 26 DBA CH-NL; Ziff. XVI des Protokolls zum DBA CH-NL; Verständigungsvereinbarung über die Auslegung von Ziff. XVI Bst. b des Protokolls zum DBA CH-NL; Art. 1 StAhiG; Art. 2 StAhiV; rechtliche Grundlage für die Leistung internationaler Steueramtshilfe; Zulässigkeit von Gruppenersuchen (ohne Namensnennung) der Niederlande. Das StAhiG regelt das Verfahren und die Ausführung der internationalen Steueramtshilfe; es bildet keine eigenständige Rechtsgrundlage für eine autonome Amtshilfe (E. 4). Die rechtliche Grundlage für die Leistung von Amtshilfe bei Gruppenersuchen muss sich aus dem einschlägigen DBA ergeben (E. 5). Das DBA CH-NL, das Protokoll, welches integrierenden Bestandteil des Abkommens bildet, sowie die Verständigungsvereinbarung sind bei der Auslegung als Einheit zu betrachten (E. 5.3.2). Die Verständigungsvereinbarung bringt klar zum Ausdruck, dass die Vertragsparteien eine ausdrückliche Namensnennung im Amtshilfeersuchen nicht als erforderlich erachten (E. 5.3.4). In casu keine unzulässige Fishing Expedition (E. 6).

144 II 130 (2C_201/2016) from 3. November 2017
Regeste: Art. 31 Abs. 1 und 3 lit. c VRK; Art. 25bis DBA CH-ES; internationale Amtshilfe in Steuersachen; Zulässigkeit der Praxis der Status Updates. Die dem ersuchenden Staat übermittelte Information über den Stand des internationalen Amtshilfeverfahrens (Praxis der Status Updates) ist prozessualer und nicht materieller Natur (E. 6). Die nicht bindenden völkerrechtlichen Bestimmungen ("Soft Law") sind ein wichtiges Hilfsmittel bei der Auslegung internationaler Verträge, soweit sie die gemeinsamen Rechtstraditionen der Mitgliedstaaten jener Organisationen widerspiegeln, unter deren Aufsicht die Texte ausgearbeitet worden sind. Die Praxis der Status Updates ergibt sich vorliegend aus der Anwendung von Art. 25bis DBA CH-ES und dessen Protokoll, ausgelegt im Lichte des Gebots von Treu und Glauben und unter Berücksichtigung des OECD-Kommentars zum Musterabkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung von Einkommen und Vermögen sowie des Kommentars des Globalen Forums über Transparenz und Informationsaustausch in Steuerfragen zum Musterabkommen zum Informationsaustausch in Steuersachen aus dem Jahr 2002. Die Informationserteilung im Rahmen von Status Updates ist ausserdem ein international anerkannter Standard, zu dessen Einhaltung sich die Schweiz verpflichtet hat (E. 8 und 9).

148 II 336 (2C_481/2021) from 19. Mai 2022
Regeste: Art. 25 Abs. 3 lit. c DBA CH-PE; Internationale Amtshilfe in Steuersachen; Handels- oder Industriegeheimnis; Geltungsbereich des Abkommens. Gemäss Art. 25 Abs. 3 lit. c DBA CH-PE ist der ersuchte Staat insbesondere nicht verpflichtet, voraussichtlich relevante Informationen zu liefern, die ein Handels- oder Industriegeheimnis oder ein Geschäftsverfahren offenbaren würden. Der Begriff des Geheimnisses ist in der vorliegenden Bestimmung ein vertraglicher Begriff, der gegenüber dem innerstaatlichen Recht autonom ist und eher restriktiv ausgelegt werden muss. In Bezug auf Informationen, die ein Handels- oder Industriegeheimnis oder ein Geschäftsverfahren offenbaren würden, soll dem ersuchten Staat ermöglicht werden, sich gegen einen Missbrauch des Informationsaustausches zum Zwecke der Wirtschaftsspionage zu schützen und die Interessen der betroffenen Personen zu berücksichtigen (E. 9.3). Art. 25 Abs. 3 lit. c DBA CH-PE beschränkt sich darauf, dem ersuchten Staat zu erlauben, die Übermittlung von Informationen zu verweigern, welche ein Geheimnis offenbaren würden, verbietet es ihm aber nicht, dies zu tun. Ein solches Verbot kann sich nur aus dem innerstaatlichen Vollzugsrecht ergeben. Das StAhiG enthält jedoch keine derartige Bestimmung. Ob von einem solchen Verbot aufgrund einer verfassungsrechtlichen Schutzpflicht auszugehen ist, kann offenbleiben, weil im vorliegenden Fall die zu übermittelnden Informationen keine Handels- oder Industriegeheimnisse oder Geschäftsverfahren offenbaren (E. 9.4 und 9.5).

Diese Seite ist durch reCAPTCHA geschützt und die Google Datenschutzrichtlinie und Nutzungsbedingungen gelten.

Feedback
Laden