Schweizerisches Strafgesetzbuch

vom 21. Dezember 1937 (Stand am 1. Januar 2022)


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Art. 120149

Über­tre­tun­gen durch Ärz­tin­nen oder Ärz­te

 

1 Mit Bus­se150 wird die Ärz­tin oder der Arzt be­straft, die oder der ei­ne Schwan­ger­schaft in An­wen­dung von Ar­ti­kel 119 Ab­satz 2 ab­bricht und es un­ter­lässt, vor dem Ein­griff:

a.
von der schwan­ge­ren Frau ein schrift­li­ches Ge­such zu ver­lan­gen;
b.
per­sön­lich mit der schwan­ge­ren Frau ein ein­ge­hen­des Ge­spräch zu füh­ren und sie zu be­ra­ten, sie über die ge­sund­heit­li­chen Ri­si­ken des Ein­griffs zu in­for­mie­ren und ihr ge­gen Un­ter­schrift einen Leit­fa­den aus­zu­hän­di­gen, wel­cher ent­hält:
1.
ein Ver­zeich­nis der kos­ten­los zur Ver­fü­gung ste­hen­den Be­ra­tungs­stel­len,
2.
ein Ver­zeich­nis von Ver­ei­nen und Stel­len, wel­che mo­ra­li­sche und ma­te­ri­el­le Hil­fe an­bie­ten, und
3.
Aus­kunft über die Mög­lich­keit, das ge­bo­re­ne Kind zur Ad­op­ti­on frei­zu­ge­ben;
c.
sich per­sön­lich zu ver­ge­wis­sern, dass ei­ne schwan­ge­re Frau un­ter 16 Jah­ren sich an ei­ne für Ju­gend­li­che spe­zia­li­sier­te Be­ra­tungs­stel­le ge­wandt hat.

2 Eben­so wird die Ärz­tin oder der Arzt be­straft, die oder der es un­ter­lässt, ge­mä­ss Ar­ti­kel 119 Ab­satz 5 einen Schwan­ger­schafts­ab­bruch der zu­stän­di­gen Ge­sund­heits­be­hör­de zu mel­den.

149 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I des BG vom 23. März 2001 (Schwan­ger­schafts­ab­bruch), in Kraft seit 1. Okt. 2002 (AS 2002 2989; BBl 1998 30055376).

150Aus­druck ge­mä­ss Ziff. II 1 Abs. 5 des BG vom 13. Dez. 2002, in Kraft seit 1. Jan. 2007 (AS 2006 3459; BBl 1999 1979). Die­se Änd. wur­de im gan­zen zwei­ten Buch be­rück­sich­tigt.

BGE

103 IV 3 () from 2. Februar 1977
Regeste: Art. 59 StGB. Verfall an den Staat. Diese Bestimmung will verhindern, dass der Täter den Verbrecherlohn behalten kann. Die Beweggründe und Absichten des Leistenden sind nicht entscheidend; es genügt, dass die Zuwendung objektiv dazu diente, eine objektiv strafbare Handlung zu belohnen.

107 V 99 () from 13. April 1981
Regeste: Art. 12 ff. KUVG. Zur Leistungspflicht der Krankenkassen bei straflosem Schwangerschaftsabbruch gemäss Art. 120 Abs. 1 StGB.

108 V 34 () from 14. Mai 1982
Regeste: Art. 12quater KUVG. - Seit dem 1. März 1982 sind die Krankenkassen verpflichtet, die in Art. 12quater KUVG genannten Leistungen jeder Versicherten zu erbringen, die nachweist, dass sie einen Abbruch der Schwangerschaft vorgenommen hat, der gemäss den in Art. 120 StGB vorgesehenen Voraussetzungen straflos ist. Sie sind an die Feststellungen der beiden Ärzte gebunden, welche gemäss den kantonalen Anwendungsbestimmungen zum StGB zu dem an die zuständige Behörde gerichteten Gesuch Stellung genommen haben. - Das neue Recht ist nicht anwendbar auf Krankenkassen-Verfügungen, die vor dem 1. März 1982 ergangen sind.

114 IA 452 () from 26. Oktober 1988
Regeste: Art. 2 ÜbBest. BV; Straflose Unterbrechung der Schwangerschaft; kantonale Ausführungsvorschriften zu Art. 120 StGB. 1. Anfechtbarkeit von Weisungen einer kantonalen Sanitätsdirektion an die im Kanton zugelassenen Ärzte betreffend die straflose Schwangerschaftsunterbrechung (Art. 84 OG) (E. 1a). 2. Fristwahrung (Art. 89 Abs. 1 OG) bei der Anfechtung eines nicht amtlich publizierten und den Beschwerdeführern nicht zugestellten kantonalen Erlasses (E. 1b). 3. Legitimation (Art. 88 OG) einer gesamtschweizerischen Vereinigung zur Anfechtung kantonaler Weisungen betreffend die straflose Schwangerschaftsunterbrechung (E. 1d). 4. Mit Art. 120 StGB nicht vereinbar ist eine kantonale Regelung, - wonach straflose Schwangerschaftsunterbrechungen nur von Fachärzten FMH für Gynäkologie/Geburtshilfe in den gynäkologisch-geburtshilflichen Abteilungen kantonaler Spitäler vorgenommen werden dürfen (E. 2b aa); - die ein Gutachtergremium für die Erfüllung der Aufgaben des für den Zustand der Schwangeren sachverständigen Facharztes (Art. 120 Ziff. 1 Abs. 2 StGB) vorsieht (E. 2b bb); - welche die Gutachtertätigkeit auf schwangere Frauen mit Wohnsitz im Kanton des begutachtenden Arztes beschränkt (E. 2b cc).

115 IA 234 () from 15. März 1989
Regeste: Moderne Fortpflanzungsmedizin (künstliche Insemination und In-vitro-Fertilisation); Grossratsbeschluss des Kantons St. Gallen über Eingriffe in die Fortpflanzung beim Menschen (GRB); persönliche Freiheit, Art. 8 und 12 EMRK, Art. 2 ÜbBest. BV, Forschungsfreiheit. 1. Allgemeine Überlegungen zur Fortpflanzungsmedizin (E. 3). 2. Der angefochtene Erlass verstösst nicht gegen Bundeszivilrecht und verletzt Art. 2 ÜbBest. BV nicht (E. 4). 3. Die Beschränkung des Zugangs zu den Methoden der künstlichen Fortpflanzung betrifft die persönliche Freiheit; Frage offengelassen, ob das auch auf Art. 8 in Verbindung mit Art. 12 EMRK zutrifft (E. 5). 4. Künstliche Insemination: a) Das generelle Verbot der heterologen künstlichen Insemination nach Art. 4 lit. a GRB hält vor der persönlichen Freiheit nicht stand (E. 6a). b) Einschränkungen der heterologen künstlichen Insemination (E. 6b). c) Beschränkung der heterologen künstlichen Insemination auf verheiratete Ehepaare? (E. 6c). d) Anonymität des Samenspenders? (E. 6d). 5. Die Beschränkung der Inseminationsbehandlung auf das Kantonsspital St. Gallen im Sinne von Art. 6 GRB erweist sich für die homologe künstliche Insemination bei Ehepaaren als verfassungswidrig, bei der heterologen Form aber als verfassungsmässig (E. 7). 6. Das Verbot nach Art. 7 GRB, unabhängig von einer aktuellen Infertilitätsbehandlung Samenzellen für eine spätere Verwendung zu hinterlegen, verstösst gegen die persönliche Freiheit (E. 8). 7. In-vitro-Fertilisation und Embryotransfer (IVF/ET): a) Das generelle Verbot der IVF/ET im Sinne von Art. 4 lit. f GRB hält vor der persönlichen Freiheit nicht stand (E. 9a-9c). b) Heterologe Formen der IVF/ET? Beschränkung der IVF/ET auf Ehepaare? (E. 9e). 8. Forschungsfreiheit als ungeschriebenes Verfassungsrecht? Das allgemeine Verbot der Verwendung von Keimzellen (Samenzellen und unbefruchteten Eizellen) zu Forschungszwecken nach Art. 9 GRB ist verfassungswidrig (E. 10). 9. Die generelle Bestimmung von Art. 12 GRB, wonach die Anwendung neuer Verfahren die Änderung des Erlasses erfordert, erweist sich als verfassungswidrig (E. 11). 10. Kantonale Strafbestimmungen: a) Kompetenzordnung aufgrund von Art. 64bis BV sowie Art. 400 und Art. 335 StGB (E. 12a und 12b). b) Zuständigkeit des Kantons zum Erlass von strafrechtlichen Bestimmungen im vorliegenden Fall gegeben (E. 12c). c) Teilweise Aufhebung der Strafnormen aufgrund der materiellen Beurteilung (E. 12d).

128 IV 53 () from 14. Mai 2002
Regeste: Art. 173, 64, 27 StGB, Art. 49 OR, Art. 271 Abs. 2 BStP, Art. 47 Abs. 1 OG; üble Nachrede, achtungswerte Beweggründe, Mediendelikt, Zivilansprüche, Genugtuung. Wer eine Plakatkampagne anonym führt, kann sich nicht auf die Rechtsprechung berufen, wonach in der politischen Diskussion nur mit Zurückhaltung auf eine Ehrverletzung zu erkennen ist (E. 1d). Die Art und Weise der Deliktsbegehung kann selbst noch so achtungswerte Beweggründe in den Hintergrund drängen (E. 3). Wer im Rahmen der Herstellung und Verbreitung eines strafrechtlich relevanten Medienerzeugnisses ausschliesslich dessen Veröffentlichung übernimmt, ist für das Mediendelikt nicht subsidiär verantwortlich (E. 5e). Legitimationsvoraussetzungen zur Nichtigkeitsbeschwerde im Zivilpunkt; Berechnung des Streitwerts (E. 6 und 8). Genugtuung als Folge einer Ehrverletzung (E. 7). Die Anwendung der medienrechtlichen Sonderregelung des Art. 27 StGB hat keine Auswirkungen auf die Zivilansprüche der Verletzten (E. 8).

129 I 402 () from 14. Oktober 2003
Regeste: Zürcher Richtlinien für den straflosen Schwangerschaftsabbruch; Art. 49 Abs. 1 BV, Art. 119 StGB. Vorrang des Bundesrechts (E. 2). Es ist mit der Bestimmung von Art. 119 Abs. 1 StGB nicht vereinbar, für einen Schwangerschaftsabbruch nach der 12. Woche über die ärztliche Begutachtung durch den behandelnden Arzt hinaus mittels kantonaler Richtlinien eine Zweitbeurteilung durch einen Facharzt zu verlangen, welcher eine schwerwiegende körperliche Schädigung oder eine schwere seelische Notlage der betroffenen Frau bestätigt (E. 3).

 

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