Schweizerisches Strafgesetzbuch

vom 21. Dezember 1937 (Stand am 1. Januar 2022)


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Art. 179

2.

Ver­let­zung des Schrift­ge­heim­nis­ses

 

Wer, oh­ne da­zu be­rech­tigt zu sein, ei­ne ver­schlos­se­ne Schrift oder Sen­dung öff­net, um von ih­rem In­hal­te Kennt­nis zu neh­men,

wer Tat­sa­chen, de­ren Kennt­nis er durch Öff­nen ei­ner nicht für ihn be­stimm­ten ver­schlos­se­nen Schrift oder Sen­dung er­langt hat, ver­brei­tet oder aus­nützt,

wird, auf An­trag, mit Bus­se be­straft.

BGE

88 IV 145 () from 9. November 1962
Regeste: Art. 179 Abs. 2 StGB. 1. Unter den Begriff der Ausnützung fällt jede auf Erlangung irgendeines, auch nicht notwendigerweise pekuniären Vorteils gerichtete Benutzung der durch Offnen der Schrift erlangten Kenntnis. (Erw. 3 a). 2. Das Öffnen der Schrift, das aus generellem Auftrag oder mit Duldung der Geschäftsleitung durch einen Untergebenen erfolgt, ist dem verantwortlichen Vorgesetzten, der die ihm aus der geöffneten Schrift bekanntgewordenen Tatsachen verbreitet oder ausnützt, anzurechnen, wie wenn er es selber vorgenommen hätte (Erw. 3 b).

100 IV 49 () from 18. Januar 1974
Regeste: 1. Art. 179 quinquies Abs. 2 StGB. Entscheidend für den Ausschluss von der Strafbarkeit nach Art. 179 ter Abs. 1 StGB ist die Bewilligung der Abhöranlage durch die PTT-Betriebe (Erw. 1). 2. Art. 20 StGB. Voraussetzungen, unter denen diese Bestimmung anwendbar ist (Erw. 2).

101 IV 402 () from 3. Oktober 1975
Regeste: 1. Art. 182 Ziff. 1 StGB, Freiheitsberaubung, Rechtsirrtum. Rechtswidrige Festnahme eines mutmasslichen Täters durch Privatpersonen (Erw. 1b). 2. Art. 144 StGB. Hehlerei an gestohlenen Blankopässen. Vorsatz des Hehlers (Erw. 2). 3. Art. 179 Abs. 1 StGB, Verletzung des Briefgeheimnisses. Strafantragsberechtigt ist der Adressat des Briefes, nicht der Dritte, an den der Inhalt der Sendung weiterzuleiten war (Erw. 3).

111 IV 63 () from 17. April 1985
Regeste: Art. 179ter Abs. 1 und 28 Abs. 1 StGB. Die Kirchgemeinde ist nicht berechtigt, Strafantrag zu stellen, wenn anlässlich ihrer Gemeindeversammlung ein Teilnehmer die Äusserungen der Votanten ohne deren Einwilligung auf Tonband aufnimmt; sie ist nicht Gesprächsteilnehmerin im Sinne der erstgenannten Bestimmung.

126 IV 236 () from 5. Dezember 2000
Regeste: Veröffentlichung amtlicher geheimer Verhandlungen (Art. 293 StGB); Meinungsäusserungs- und Pressefreiheit (Art. 10 EMRK). Dem Tatbestand der Veröffentlichung amtlicher geheimer Verhandlungen liegt der formelle Geheimnisbegriff zugrunde (E. 2; Bestätigung der Rechtsprechung). Der Tatbestand lässt sich nicht auf dem Wege der Auslegung auf Geheimnisse von erheblicher Bedeutung oder auf Fälle beschränken, in denen das Geheimhaltungsinteresse der staatlichen Behörden das Informationsinteresse der Öffentlichkeit überwiegt. Die Pressefreiheit rechtfertigt tatbestandsmässiges Verhalten nicht. Es ist Sache des Gesetzgebers, die für die Gerichte massgebende Strafbestimmung allenfalls erneut einer Überprüfung zu unterziehen (E. 4). Der Quellenschutz steht einer Bestrafung des Journalisten wegen Veröffentlichung amtlicher geheimer Verhandlungen nicht entgegen (E. 6). Im konkreten Fall verstösst im Übrigen die Verurteilung des Journalisten nicht gegen Art. 10 EMRK (E. 5) und war das Geheimhaltungsinteresse der staatlichen Behörden gewichtiger als das Informationsinteresse der Öffentlichkeit (E. 9).

133 IV 249 () from 13. August 2007
Regeste: Abhören fremder Gespräche (Art. 179bis Abs. 1 StGB). Begriff der Nichtöffentlichkeit (E. 3.2). Telefonapparate und Mobiltelefone können, je nach ihrer konkreten Verwendung im Einzelfall, Abhörgeräte im Sinne von Art. 179bis Abs. 1 StGB sein (E. 3.3). Der Tatbestand setzt voraus, dass der Täter erstens zum Zwecke des Abhörens eines fremden nichtöffentlichen Gesprächs ein Abhörgerät in Betrieb setzt und zweitens mit dem zu diesem Zweck eingeschalteten Gerät ein fremdes nichtöffentliches Gespräch abhört (E. 3.4-3.6).

141 IV 437 (6B_492/2015) from 2. Dezember 2015
Regeste: Art. 181 StGB; Nötigung durch Stalking. Belästigt der Täter das Opfer vielfach und über längere Dauer, ist mit der Zeit jede einzelne Handlung geeignet, die Handlungsfreiheit des Opfers derart einzuschränken, dass ihr eine mit Gewalt oder Drohung vergleichbare Zwangswirkung zukommt (Bestätigung der Rechtsprechung; E. 3.2). Widerrechtlichkeit der Einschränkung der Handlungsfreiheit und mehrfach versuchte Nötigung vorliegend bejaht (E. 3.3).

144 I 126 (1C_598/2016) from 2. März 2018
Regeste: Speicherung und Aufbewahrung von Randdaten der Telekommunikation. Streitgegenstand bildet die verwaltungsrechtliche Frage, ob die Speicherung und Aufbewahrung von mit dem Fernmeldeverkehr verbundenen Randdaten konform mit der Verfassung bzw. der EMRK sind (E. 2.2). Art. 15 Abs. 3 des bis zum 28. Februar 2018 geltenden Bundesgesetzes betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (aBÜPF) verpflichtete die Fernmeldedienstanbieter - gleich wie das heute geltende BÜPF -, die für die Teilnehmeridentifikation notwendigen Daten sowie die Verkehrs- und Rechnungsdaten ihrer Kunden zu speichern und während sechs Monaten aufzubewahren (E. 3). Die Speicherung und die Aufbewahrung von Randdaten stellen einen Eingriff in die Grundrechte der Betroffenen dar, insbesondere in das Recht auf Achtung des Privatlebens, das den Anspruch auf informationelle Selbstbestimmung miteinschliesst (E. 4). Die Intensität dieses Grundrechtseingriffs ist allerdings zu relativieren: Die gespeicherten Daten betreffen nicht den Inhalt der Kommunikation und werden von den Fernmeldeunternehmen weder gesichtet noch miteinander verknüpft; für einen Zugriff der Strafverfolgungsbehörden müssen die qualifizierten gesetzlichen Voraussetzungen der Strafprozessordnung erfüllt sein (E. 5). Art. 15 Abs. 3 aBÜPF bildete für die Randdatenspeicherung eine hinreichende gesetzliche Grundlage (E. 6). Die Randdatenspeicherung und -aufbewahrung dient namentlich der Aufklärung von Straftaten; damit liegt ein gewichtiges öffentliches Interesse vor (E. 7). Die datenschutzrechtlichen Bestimmungen sehen wirksame und angemessene Garantien zum Schutz vor Missbrauch und behördlicher Willkür vor. Unter diesen Rahmenbedingungen ist auch die sechsmonatige Aufbewahrungsdauer verhältnismässig (E. 8).

 

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