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Art. 238
Störung des Eisenbahnverkehrs 1 Wer vorsätzlich den Eisenbahnverkehr hindert, stört oder gefährdet und dadurch wissentlich Leib und Leben von Menschen oder fremdes Eigentum in Gefahr bringt, namentlich die Gefahr einer Entgleisung oder eines Zusammenstosses herbeiführt, wird mit Freiheitsstrafe oder Geldstrafe257 bestraft. 2 Handelt der Täter fahrlässig und werden dadurch Leib und Leben von Menschen oder fremdes Eigentum erheblich gefährdet, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe. 257Ausdruck gemäss Ziff. II 1 Abs. 15 des BG vom 13. Dez. 2002, in Kraft seit 1. Jan. 2007 (AS 2006 3459; BBl 1999 1979). Diese Änd. wurde im ganzen zweiten Buch berücksichtigt. BGE
86 IV 97 () from 17. Juni 1960
Regeste: Art. 238 Abs. 2 StGB. Störung des Eisenbahnverkehrs. 1. Niveauübergänge, die nicht mit Barrieren, sondern nur mit optischer und akustischer Signalisierung und mit Kreuzsignalen versehen sind, gelten als unbewachte Bahnübergänge im Sinne von Art. 11 Ziff. 2 lit. b der Verordnung betreffend die Signalisierung der Niveaukreuzungen vom 7. Mai 1929. 2. Art. 4 Abs. 2 des Bahnpolizeigesetzes hat den Sinn, dass vor Bahnübergängen die Geschwindigkeit so bemessen wird, dass nötigenfalls vor dem Geleise angehalten werden kann.
87 IV 87 () from 21. April 1961
Regeste: Art. 238 Abs. 2 StGB. Erheblich ist die Gefährdung, wenn eine nicht leichte Körperverletzung oder nicht geringer Sachschaden droht (Erw. 1). Bei einer Schnellbremsung können die Zugsinsassen auch dann konkret gefährdet sein, wenn keiner von ihnen zu Schaden kommt (Erw. 2).
88 IV 107 () from 22. Oktober 1962
Regeste: Art. 238 StGB. Adäquater Kausalzusammenhang. Die Rechtserheblichkeit eines zu einem Bahnunfall führenden fehlerhaften Verhaltens wird durch andere mitwirkende Ursachen (Verschulden Dritter, Versagen technischer Sicherungen) nicht ausgeschlossen, wenn nicht ganz aussergewöhnliche Umstände vorliegen. Keine solchen Umstände waren hier, dass der Lokomotivführer das geschlossene Ausfahrsignal nicht beachtete und die automatische Bremsanlage unwirksam war.
93 I 75 () from 17. März 1967
Regeste: Strafrechtliche Verantwortlichkeit des Bundesbeamten. 1. Art. 15 VG. Sinn und Zweck des Ermächtigungsverfahrens. Voraussetzungen, unter denen die Ermächtigung zur Strafverfolgung eines Beamten verweigert werden darf (Erw. 1). 2. Art. 238 Abs. 2 StGB. Frage offen gelassen, ob der Eisenbahnverkehr durch eine Schnellbremsung des Zuges stets konkret gefährdet werde (Erw. 2). 3. Art. 15 Abs. 3 VG. Ob ein leichter Fall vorliege, beurteilt sich nach den gesamten Umständen, die bei der Abwägung des Verschuldens zu berücksichtigen sind (Erw. 3).
100 IV 54 () from 19. April 1974
Regeste: Art. 237 StGB, Störung des öffentlichen Verkehrs. Personen, die sich jemandem für eine Fahrt anvertrauen, sind ihrem Führer gegenüber durch diese Bestimmung ebenfalls geschützt (Praxisänderung).
104 IV 18 () from 31. Januar 1978
Regeste: Art. 238 Abs. 2, 18 Abs. 3 StGB, Störung des Eisenbahnverkehrs. 1. Falsche Weichenstellung, die bei Anwendung der nach den Umständen gebotenen und nach den persönlichen Verhältnissen zumutbaren Vorsicht hätte vermieden werden können (E. 2). 2. Auslegung und Anwendung eines allgemeinen Erfahrungsgrundsatzes (E. 3).
116 IV 44 () from 21. Februar 1990
Regeste: Art. 238 Abs. 2, Art. 239 Ziff. 2 StGB. 1. Wenn die fahrlässige Gefährdung des Eisenbahnverkehrs unerheblich und daher nach Art. 238 Abs. 2 StGB nicht strafbar ist, kann sie als fahrlässige Gefährdung des Eisenbahnbetriebs nach Art. 239 Ziff. 2 StGB dennoch bestraft werden (Änderung der Rechtsprechung). 2. Wer eine Eisenbahn während über einer Stunde am ordnungsgemässen Betrieb hindert, stört diesen in gravierender Weise.
118 IV 285 () from 16. Juni 1992
Regeste: Art. 90 Ziff. 2, Art. 27 Abs. 1 SVG; Art. 2 lit. a OBG; Missachten eines Rotlichts. Die erhöhte abstrakte Gefahr setzt die naheliegende Möglichkeit einer konkreten Gefährdung oder Verletzung voraus (E. 3a). Wenn ein Fahrzeuglenker bei übersichtlichen Verkehrsverhältnissen (spitzwinklig ineinandermündende Fahrbahnen) in einer verkehrsarmen Zeit das Rotlicht übersieht, ist die erhöhte abstrakte Gefahr zu bejahen, das Ordnungsbussenverfahren ausgeschlossen und der objektive Tatbestand von Art. 90 Ziff. 2 SVG insoweit erfüllt (E. 3b); das weitere Erfordernis des rücksichtslosen oder sonst schwerwiegend verkehrswidrigen Verhaltens nach dieser Bestimmung kann jedoch in einer solchen Situation zu verneinen sein (E. 4).
124 IV 114 () from 30. April 1998
Regeste: Fahrlässige Störung des Eisenbahnverkehrs (Art. 238 Abs. 2 StGB); erhebliche Gefährdung von Leib und Leben oder von fremdem Eigentum. Eine Schnellbremsung und ein Zusammenstoss einer Eisenbahn mit einem Motorfahrzeug begründen nicht ohne weiteres eine erhebliche Gefährdung im Sinne dieser Bestimmung. Massgebend sind die tatsächlichen Umstände des konkreten Einzelfalls.
126 IV 13 () from 10. November 1999
Regeste: Art. 117, 125 Abs. 1 und 2, 238 Abs. 2 StGB; Fahrlässigkeitshaftung des Vorwarners für einen Eisenbahnunfall. Der auf einer Arbeitsstelle des Baudienstes als Vorwarner handelnde Verbindungsmann, der sich im Funkverkehr nicht vergewissert, ob der Adressat seine Durchsage empfangen und verstanden hat, verletzt die Sprechdisziplin und haftet strafrechtlich für den auf diese Sorgfaltspflichtverletzung zurückzuführenden Eisenbahnunfall.
145 IV 491 (6B_1326/2018) from 16. Oktober 2019
Regeste: Art. 86 Abs. 1 EBG; Art. 382 Abs. 1 i.V.m. Art. 115 Abs. 1 StPO; Betreten des Bahnbetriebsgebiets ohne Erlaubnis, Legitimation der SBB AG zur Berufung gegen ein freisprechendes Strafurteil. Werden durch Straftaten nur öffentliche Interessen verletzt und private Interessen bloss mittelbar beeinträchtigt, ist die mittelbar beeinträchtigte Person nicht Geschädigte im Sinne von Art. 115 Abs. 1 StPO (E. 2.3.3). Die Rechtsmittelberechtigung im Sinne von Art. 382 Abs. 1 StPO entscheidet sich nach der Rechtsgutsqualifizierung (E. 2.4.1 und 2.4.2). Die SBB AG kann im Sinne von Art. 382 Abs. 1 StPO grundsätzlich durch ihre Bevollmächtigten ein Rechtsmittel ergreifen; die Berechtigung im Sinne der Sachurteilsvoraussetzung steht ihr aber einzig unter den Bedingungen von Art. 115 StPO zu (E. 2.4.7). Art. 86 Abs. 1 EBG dient der Sicherheit des Bahnbetriebs auf dem Bahnbetriebsgebiet und damit öffentlichen Interessen. Die SBB AG ist in casu nicht als Geschädigte im Sinne von Art. 115 Abs. 1 StPO anzuerkennen (E. 2.4.13). |