Schweizerisches Strafgesetzbuch

vom 21. Dezember 1937 (Stand am 1. Januar 2022)


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Art. 6781

2. Tä­tig­keits­ver­bot, Kon­takt- und Ray­on­ver­bot.

a. Tä­tig­keits­ver­bot, Vor­aus­set­zun­gen

 

1 Hat je­mand in Aus­übung ei­ner be­ruf­li­chen oder ei­ner or­ga­ni­sier­ten aus­ser­be­ruf­li­chen Tä­tig­keit ein Ver­bre­chen oder Ver­ge­hen be­gan­gen, für das er zu ei­ner Frei­heits­s­tra­fe von über sechs Mo­na­ten ver­ur­teilt wor­den ist, und be­steht die Ge­fahr, dass er sei­ne Tä­tig­keit zur Be­ge­hung wei­te­rer Ver­bre­chen oder Ver­ge­hen miss­brau­chen wird, so kann ihm das Ge­richt die be­tref­fen­de oder ver­gleich­ba­re Tä­tig­kei­ten für sechs Mo­na­te bis zu fünf Jah­ren ganz oder teil­wei­se ver­bie­ten.82

2 Hat je­mand ge­gen einen Min­der­jäh­ri­gen oder ei­ne an­de­re be­son­ders schutz­be­dürf­ti­ge Per­son ein Ver­bre­chen oder Ver­ge­hen be­gan­gen und be­steht die Ge­fahr, dass er in Aus­übung ei­ner be­ruf­li­chen oder ei­ner or­ga­ni­sier­ten aus­ser­be­ruf­li­chen Tä­tig­keit, die einen re­gel­mäs­si­gen Kon­takt mit Min­der­jäh­ri­gen oder mit an­de­ren be­son­ders schutz­be­dürf­ti­gen Per­so­nen um­fasst, wei­te­re Straf­ta­ten die­ser Art be­geht, so kann ihm das Ge­richt die be­tref­fen­de Tä­tig­keit für ein Jahr bis zehn Jah­re ver­bie­ten.

2bis Das Ge­richt kann das Ver­bot nach Ab­satz 2 le­bens­läng­lich ver­hän­gen, wenn zu er­war­ten ist, dass die Dau­er von zehn Jah­ren nicht aus­reicht, da­mit vom Tä­ter kei­ne Ge­fahr mehr aus­geht.Es kann ein zeit­lich be­fris­te­tes Ver­bot nach Ab­satz 2 auf An­trag der Voll­zugs­be­hör­de je­weils um höchs­tens fünf Jah­re ver­län­gern, wenn dies not­wen­dig ist, um den Tä­ter von wei­te­ren Ver­bre­chen und Ver­ge­hen, wie sie An­lass für das Ver­bot wa­ren, ab­zu­hal­ten.83

3 Wird je­mand we­gen ei­ner der nach­fol­gen­den Straf­ta­ten zu ei­ner Stra­fe ver­ur­teilt oder wird des­we­gen ge­gen ihn ei­ne Mass­nah­me nach den Ar­ti­keln 59–61, 63 oder 64 an­ge­ord­net, so ver­bie­tet ihm das Ge­richt le­bens­läng­lich je­de be­ruf­li­che und je­de or­ga­ni­sier­te aus­ser­be­ruf­li­che Tä­tig­keit, die einen re­gel­mäs­si­gen Kon­takt zu Min­der­jäh­ri­gen um­fasst:

a.
Men­schen­han­del (Art. 182), so­fern er die Straf­tat zum Zwe­cke der se­xu­el­len Aus­beu­tung an ei­nem min­der­jäh­ri­gen Op­fer be­gan­gen hat;
b.
se­xu­el­le Hand­lun­gen mit Kin­dern (Art. 187), se­xu­el­le Hand­lun­gen mit Ab­hän­gi­gen (Art. 188) oder se­xu­el­le Hand­lun­gen mit Min­der­jäh­ri­gen ge­gen Ent­gelt (Art. 196);
c.
se­xu­el­le Nö­ti­gung (Art. 189), Ver­ge­wal­ti­gung (Art. 190), Schän­dung (Art. 191), se­xu­el­le Hand­lun­gen mit An­stalts­pfleg­lin­gen, Ge­fan­ge­nen, Be­schul­dig­ten (Art. 192), Aus­nüt­zung der Not­la­ge (Art. 193), Ex­hi­bi­tio­nis­mus (Art. 194), För­de­rung der Pro­sti­tu­ti­on (Art. 195) oder se­xu­el­le Be­läs­ti­gun­gen (Art. 198), so­fern er die Straf­tat an oder vor ei­nem min­der­jäh­ri­gen Op­fer be­gan­gen hat;
d.
Por­no­gra­fie (Art. 197):
1.
nach Ar­ti­kel 197 Ab­satz 1 oder 3,
2.
nach Ar­ti­kel 197 Ab­satz 4 oder 5, so­fern die Ge­gen­stän­de oder Vor­füh­run­gen se­xu­el­le Hand­lun­gen mit Min­der­jäh­ri­gen zum In­halt hat­ten.84

4 Wird je­mand we­gen ei­ner der nach­fol­gen­den Straf­ta­ten zu ei­ner Stra­fe ver­ur­teilt oder wird des­we­gen ge­gen ihn ei­ne Mass­nah­me nach den Ar­ti­keln 59–61, 63 oder 64 an­ge­ord­net, so ver­bie­tet ihm das Ge­richt le­bens­läng­lich je­de be­ruf­li­che und je­de or­ga­ni­sier­te aus­ser­be­ruf­li­che Tä­tig­keit, die einen re­gel­mäs­si­gen Kon­takt zu voll­jäh­ri­gen, be­son­ders schutz­be­dürf­ti­gen Per­so­nen um­fasst, so­wie je­de be­ruf­li­che oder je­de or­ga­ni­sier­te aus­ser­be­ruf­li­che Tä­tig­keit im Ge­sund­heits­be­reich mit di­rek­tem Pa­ti­en­ten­kon­takt:

a.
Men­schen­han­del (Art. 182) zum Zwe­cke der se­xu­el­len Aus­beu­tung, se­xu­el­le Nö­ti­gung (Art. 189), Ver­ge­wal­ti­gung (Art. 190), Schän­dung (Art. 191), se­xu­el­le Hand­lun­gen mit An­stalts­pfleg­lin­gen, Ge­fan­ge­nen, Be­schul­dig­ten (Art. 192), Aus­nüt­zung der Not­la­ge (Art. 193), Ex­hi­bi­tio­nis­mus (Art. 194), För­de­rung der Pro­sti­tu­ti­on (Art. 195) oder se­xu­el­le Be­läs­ti­gun­gen (Art. 198), so­fern er die Straf­tat be­gan­gen hat an oder vor:
1.
ei­nem voll­jäh­ri­gen, be­son­ders schutz­be­dürf­ti­gen Op­fer, oder
2.
ei­nem voll­jäh­ri­gen nicht be­son­ders schutz­be­dürf­ti­gen Op­fer, das zum Wi­der­stand un­fä­hig oder ur­teil­s­un­fä­hig war oder sich auf­grund ei­ner kör­per­li­chen oder psy­chi­schen Ab­hän­gig­keit nicht zu Wehr set­zen konn­te;
b.
Por­no­gra­fie (Art. 197 Abs. 2 ers­ter Satz und Abs. 4 oder 5), so­fern die Ge­gen­stän­de oder Vor­füh­run­gen zum In­halt hat­ten:
1.
se­xu­el­le Hand­lun­gen mit voll­jäh­ri­gen, be­son­ders schutz­be­dürf­ti­gen Op­fern, oder
2.
se­xu­el­le Hand­lun­gen mit voll­jäh­ri­gen, nicht be­son­ders schutz­be­dürf­ti­gen Op­fern, die zum Wi­der­stand un­fä­hig oder ur­teil­s­un­fä­hig wa­ren oder sich auf­grund ei­ner kör­per­li­chen oder psy­chi­schen Ab­hän­gig­keit nicht zur Wehr set­zen konn­ten.85

4bis Das Ge­richt kann in be­son­ders leich­ten Fäl­len aus­nahms­wei­se von der An­ord­nung ei­nes Tä­tig­keits­ver­bo­tes nach Ab­satz 3 oder 4 ab­se­hen, wenn ein sol­ches Ver­bot nicht not­wen­dig er­scheint, um den Tä­ter von der Be­ge­hung wei­te­rer Straf­ta­ten ab­zu­hal­ten, wie sie An­lass für das Ver­bot sind. Von der An­ord­nung ei­nes Tä­tig­keits­ver­bo­tes darf je­doch nicht ab­ge­se­hen wer­den, wenn der Tä­ter:

a.
ver­ur­teilt wor­den ist we­gen Men­schen­han­del (Art. 182), se­xu­el­ler Nö­ti­gung (Art. 189), Ver­ge­wal­ti­gung (Art. 190), Schän­dung (Art. 191) oder För­de­rung der Pro­sti­tu­ti­on (Art. 195); oder
b.
ge­mä­ss den in­ter­na­tio­nal an­er­kann­ten Klas­si­fi­ka­ti­ons­kri­te­ri­en pä­do­phil ist.86

5 Wird der Tä­ter im sel­ben Ver­fah­ren we­gen meh­re­rer Straf­ta­ten zu ei­ner Stra­fe ver­ur­teilt oder wird ge­gen ihn des­we­gen ei­ne Mass­nah­me an­ge­ord­net, so legt das Ge­richt fest, wel­cher An­teil der Stra­fe oder wel­che Mass­nah­me auf ei­ne Straf­tat ent­fällt, die ein Tä­tig­keits­ver­bot nach sich zieht. Die­ser Straf­an­teil, die Mass­nah­me so­wie die Straf­tat sind mass­ge­bend da­für, ob ein Tä­tig­keits­ver­bot nach Ab­satz 1, 2, 2bis, 3 oder 4 ver­hängt wird. Die Straf­an­tei­le für meh­re­re ein­schlä­gi­ge Straf­ta­ten wer­den ad­diert. Es kön­nen meh­re­re Tä­tig­keits­ver­bo­te ver­hängt wer­den.87

6 Das Ge­richt kann für die Dau­er der Ver­bo­te Be­wäh­rungs­hil­fe an­ord­nen.88

789

81 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I 1 des BG vom 13. Dez. 2013 über das Tä­tig­keits­ver­bot und das Kon­takt- und Ray­on­ver­bot, in Kraft seit 1. Jan. 2015 (AS 2014 2055; BBl 2012 8819).

82 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I 1 des BG vom 19. Ju­ni 2015 (Än­de­run­gen des Sank­tio­nen­rechts), in Kraft seit 1. Jan. 2018 (AS 2016 1249; BBl 2012 4721).

83 Ein­ge­fügt durch Ziff. I 1 des BG vom 16. März 2018 (Um­set­zung von Art. 123c BV), in Kraft seit 1. Jan. 2019 (AS 2018 3803; BBl 2016 6115).

84 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I 1 des BG vom 16. März 2018 (Um­set­zung von Art. 123c BV), in Kraft seit 1. Jan. 2019 (AS 2018 3803; BBl 2016 6115).

85 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I 1 des BG vom 16. März 2018 (Um­set­zung von Art. 123c BV), in Kraft seit 1. Jan. 2019 (AS 2018 3803; BBl 2016 6115).

86 Ein­ge­fügt durch Ziff. I 1 des BG vom 16. März 2018 (Um­set­zung von Art. 123c BV), in Kraft seit 1. Jan. 2019 (AS 2018 3803; BBl 2016 6115).

87 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I 1 des BG vom 16. März 2018 (Um­set­zung von Art. 123c BV), in Kraft seit 1. Jan. 2019 (AS 2018 3803; BBl 2016 6115).

88 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I 1 des BG vom 16. März 2018 (Um­set­zung von Art. 123c BV), in Kraft seit 1. Jan. 2019 (AS 2018 3803; BBl 2016 6115).

89 Auf­ge­ho­ben durch Ziff. I 1 des BG vom 16. März 2018 (Um­set­zung von Art. 123c BV), mit Wir­kung seit 1. Jan. 2019 (AS 2018 3803; BBl 2016 6115).

BGE

84 IV 8 () from 14. Februar 1958
Regeste: Art. 67 StGB. Rückfall liegt auch vor, wenn die frühere Zuchthaus- oder Gefängnisstrafe nicht vollstreckt, jedoch durch Anrechnung der Untersuchungshaft ganz oder teilweise als getilgt erklärt worden ist.

88 IV 72 () from 29. Juni 1962
Regeste: Art. 59 Abs. 2 MFG. Die Bestimmungen der Art. 89 bis 99 StGB stehen der Annahme nicht im Wege, dass wegen Rückfalles bei Führen eines Motorfahrzeuges in angetrunkenem Zustande auch strafbar ist, wer die frühere Verurteilung als Jugendlicher erlitt.

94 IV 102 () from 22. November 1968
Regeste: Art. 55 StGB, Landesverweisung. 1. Rückfall: Der Begriff ist der gleiche wie in Art. 67 StGB (Erw.1). 2. Die Landesverweisung verfolgt sowohl einen Strafzweck (daraus Anwendung von Art. 63 StGB) wie einen Sicherungszweck (Erw.2). 3. Bedeutung der persönlichen Verhältnisse (Erw.3).

97 I 725 () from 17. September 1971
Regeste: Entzug des Führerausweises; Rückfall; Art. 17 Abs. 1 lit. c und d SVG. Bei der Berechnung der Rückfallsfrist ist auf den Zeitpunkt der ersten und zweiten Widerhandlung abzustellen.

98 IV 29 () from 25. Februar 1972
Regeste: Art. 140 Ziff. 1 Abs. 2 StGB. Zum Begriff des "Verwendens".

98 IV 140 () from 17. März 1972
Regeste: 1. Art. 269 Abs. 1 BStP. Vorfragen des eidgenössischen Rechts zu Fragen des kantonalen Prozessrechts sind nur bedingt überprüfbar (Erw. 1). 2. Bundesgesetz über die Spielbanken vom 5. Oktober 1929, Art. 333 StGB. Das Spielbankengesetz bedroht nur die vorsätzliche Übertretung mit Strafe (Erw. 2).

100 IV 137 () from 10. Mai 1974
Regeste: Art. 42 Ziff. 1 Abs. 1 StGB. Auch derjenige kann verwahrt werden, der das neue Verbrechen oder Vergehen während des Straf- oder Massnahmevollzuges oder während der bedingten, aber vor der endgültigen Entlassung aus einer Zuchthaus- oder Gefängnisstrafe, einer Verwahrung oder einer Arbeitserziehung verübt hat (Praxisänderung).

101 IV 7 () from 12. März 1975
Regeste: Fahren in angetrunkenem Zustand, bedingter Strafvollzug; Art. 91 SVG, 41 Abs. 1 StGB. Eine Praxis, die den bedingten Strafvollzug ausnahmslos jedem angetrunkenen Führer verweigert, der in den zehn vorangegangenen Jahren wegen angetrunkenen Fahrens verurteilt wurde, verletzt Art. 41 Abs. 1 StGB (Erw. 2). Anwendungsfall (Erw. 3).

101 IV 266 () from 20. November 1975
Regeste: Art. 42 StGB; Verwahrung. 1. Der Richter darf nicht von der Verwahrung absehen, weil der Täter im Ausland ebenfalls ein Strafverfahren zu gewärtigen hat und zu diesem Zweck auszuliefern sein wird (Erw. 2b). 2. Bedeutung der Schwere der früheren Straftaten (Erw. 3a). 3. Wann sind im Ausland begangene Straftaten bzw. daselbst verbüsste Strafen oder durchgeführte Massnahmen zu berücksichtigen? (Erw. 3b.)

102 IB 59 () from 14. Mai 1976
Regeste: Entzug des Führerausweises wegen Verletzung von Verkehrsregeln (Art. 16 SVG). Auch eine im Ausland begangene Verletzung von Verkehrsregeln kann zum Entzug des Führerausweises führen.

103 IV 148 () from 9. September 1977
Regeste: Art. 67 Ziff. 1 StGB. Rückfall ist auch gegeben, wenn die frühere Zuchthaus- oder Gefängnisstrafe nicht vollstreckt, jedoch durch Anrechnung von Untersuchungshaft ganz oder teilweise als getilgt erklärt wurde.

110 IV 11 () from 1. Mai 1984
Regeste: Art. 67 Ziff. 1 StGB, Strafzumessung bei Rückfall. Zu erhöhen ist die Dauer jener Strafe, die für die den Rückfall begründenden Handlungen auszusprechen ist, nicht die Dauer der bereits ganz oder teilweise verbüssten Strafe.

115 IV 17 () from 2. Februar 1989
Regeste: 1. Art. 122 Ziff. 1 Abs. 2 StGB; schwere Körperverletzung. Eine erhebliche, aber nur vorübergehende Entstellung des Gesichtes stellt noch keine schwere Körperverletzung i.S. von Art. 122 Ziff. 1 Abs. 2 StGB dar. Demgegenüber kann eine Schnittwunde vom Mundwinkel bis zum Ohransatz, die gut verheilt, aber weiterhin deutlich sichtbar ist und die den Geschädigten mimisch bleibend beeinträchtigt, als schwere Körperverletzung betrachtet werden. Das subjektive Empfinden des Geschädigten ist nicht entscheidend (E. I). 2. Art. 68 Ziff. 2 StGB; retrospektive Realkonkurrenz. a) Art. 68 Ziff. 2 StGB gilt auch im Fall einer im Ausland ausgesprochenen Grundstrafe, wenn sie Taten betrifft, die nicht in den räumlichen Geltungsbereich des StGB fallen (E. II/5a). b) Grundsätze für die Bemessung einer Gesamtstrafe, die auszusprechen ist, wenn die zu beurteilenden Taten teils vor und teils nach einer früheren Verurteilung begangen worden sind (E. II/5b; Bestätigung von BGE 69 IV 59 E. 4).

117 IV 119 () from 12. August 1991
Regeste: 1. Gewerbsmässige Hehlerei (Art. 144 Abs. 3 StGB). Fall einer Gruppe von drei Personen, die in wechselnder Zusammensetzung insbesondere Lebensmittel stahl, welche von dem an den Diebstählen jeweils nicht beteiligten Gruppenmitglied durch Mitverzehr gehehlt wurden. Gewerbsmässigkeit in bezug auf die Hehlerei unter anderem unter Hinweis auf die vergleichsweise niedrigen Deliktsbeträge verneint (E. 1c). 2. Rückfall (Art. 67 StGB). Die angerechnete Untersuchungshaft ist jedenfalls dann nicht der Strafverbüssung im Sinne von Art. 67 StGB gleichzusetzen, wenn sie an eine bedingt vollziehbare Strafe angerechnet wurde und der bedingte Strafvollzug erst nach den neuen Taten gerade wegen derselben widerrufen worden ist (E. 2).

117 IV 401 () from 20. Dezember 1991
Regeste: Art. 269, 275 Abs. 5 und 277ter BStP; Konnexität der staatsrechtlichen Beschwerde mit der Nichtigkeitsbeschwerde, kassatorische Natur. Die Aufhebung des angefochtenen Entscheids im Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde führt nicht notwendig zur Gegenstandslosigkeit der parallel dazu eingereichten Nichtigkeitsbeschwerde (E. 2). Art. 63 StGB. Strafzumessung; einheitliche Anwendung des Bundesrechts. Sehr harte, im Hinblick auf den äusserst weiten gesetzlichen Strafrahmen ungenügend begründete Strafe (E. 4).

120 IV 136 () from 10. Mai 1994
Regeste: Art. 286 StGB; Hinderung einer Amtshandlung. Die Hinderung einer Amtshandlung ist ein Erfolgsdelikt und setzt voraus, dass der Täter ohne Gewaltanwendung oder Drohung einer Behörde oder einem Beamten die Vornahme einer Amtshandlung erschwert (E. 2a). Mittäterschaft. Wer die Tat eines andern bloss will, sie billigt, ist nicht Mittäter; zusätzlich muss er bei der Entschliessung, Planung oder Ausführung des Delikts tatsächlich mitwirken (E. 2b). Unterlassung. Durch Unterlassen kann ein Erfolgsdelikt nur begangen werden, wenn der Täter schuldhaft eine Handlung unterlässt, zu der er rechtlich verpflichtet ist; es gibt keine allgemeine Pflicht, jemanden am Delinquieren zu hindern (E. 2b). Art. 63 StGB; Strafzumessung; Begründungspflicht; übermässig harte Strafe. Die Urteilsbegründung muss die ausgefällte Strafe rechtfertigen. Wenn bei der Lektüre des angefochtenen Entscheids die Strafe übertrieben hart erscheint, ist entweder die Begründung mangelhaft oder die Strafe übermässig hart, welche Frage der Kassationshof nicht notwendigerweise entscheiden muss (E. 3a). Der Richter hat der Wertskala der geschützten Rechtsgüter Rechnung zu tragen. Einen grossen Unterschied in der Strafhöhe zweier Mittäter, denen im wesentlichen die gleichen Delikte vorgeworfen werden, muss er begründen (E. 3b).

121 IV 49 () from 20. März 1995
Regeste: 1. Vollendeter Versuch; Strafmilderung (Art. 22, 63, 65 StGB). Tritt der tatbestandsmässige Erfolg nicht ein, so ist die Strafe jedenfalls zu mindern. Das Mass der zulässigen Reduktion hängt beim vollendeten Versuch unter anderem von der Nähe des tatbestandsmässigen Erfolges und von den tatsächlichen Folgen der Tat ab (E. 1). 2. Begründung des Strafmasses. Auffallende Diskrepanz zwischen der Strafe für eine versuchte vorsätzliche Tötung und ihrer Begründung (Art. 63 ff. und 111 StGB, Art. 277 und 277ter BStP). Die ausgefällte Strafe muss aufgrund der Urteilsbegründung plausibel erscheinen. Dies ist unter anderem dann nicht der Fall, wenn die Strafe angesichts der im Urteil festgestellten Tatsachen und der diese bewertenden Erwägungen auffallend hoch oder milde ist. Ob im Falle einer solchen Diskrepanz die Strafe im Ergebnis unvertretbar oder ihre Begründung mangelhaft sei, ist oft nicht zweifelsfrei erkennbar. Daher weist der Kassationshof die Sache in der Regel lediglich zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurück, ohne diese ausdrücklich anzuweisen, dass sie eine bestimmte andere Strafe ausspreche (E. 2a). Auffallende Diskrepanz zwischen dem Strafmass und der Begründung im konkreten Fall unter anderem einer versuchten vorsätzlichen Tötung angesichts der relevanten Gesichtspunkte bejaht (E. 2b-h).

123 IV 1 () from 31. Oktober 1996
Regeste: Art. 10 StGB und Art. 11 StGB; Art. 43 Ziff. 1 Abs. 2 StGB; Art. 63 StGB; Strafzumessung und Verwahrung bei einem schwer vermindert zurechnungsfähigen gefährlichen Sexualmörder. Die schuldadäquate Strafe kann bei einer an der Grenze zur Zurechnungsunfähigkeit liegenden schwer verminderten Zurechnungsfähigkeit nur relativ gering sein (E. 2 und 3). Dem Gesichtspunkt der Gefährlichkeit des Täters darf nicht durch eine schuldunangemessene lange Freiheitsstrafe Rechnung getragen werden; er ist gegebenenfalls durch die Verhängung einer Verwahrung nach Art. 43 Ziff. 1 Abs. 2 StGB zu berücksichtigen (E. 4). In der Verwahrung ist eine ärztliche und therapeutische Hilfe nach Möglichkeit zu leisten (E. 4c).

134 IV 82 (6B_109/2007) from 17. März 2008
Regeste: Art. 2 und Art. 42 Abs. 4 StGB; Anwendung des milderen Rechts im neuen Sanktionensystem; Sanktionierung im Rahmen der sogenannten Schnittstellenproblematik. Darstellung der Grundzüge des neuen Sanktionensystems (E. 3-5). Bei der Wahl der Sanktionsart für Strafen zwischen sechs Monaten und einem Jahr bildet die Zweckmässigkeit ein wichtiges Kriterium (E. 4.1). Systematische Darstellung des intertemporalen Kollisionsrechts (E. 6 und 7). Anwendung von Art. 42 Abs. 4 StGB im Sanktionsbereich der sogenannten Schnittstellenproblematik im Strassenverkehrsstrafrecht (E. 8). Bei unechter Gesetzeskonkurrenz sind konsumierte Übertretungen mit einer zusätzlichen Busse zu bestrafen (E. 8.3).

136 II 447 (1C_271/2010) from 31. August 2010
Regeste: a Art. 16b Abs. 1 und Art. 16c Abs. 1 SVG; Überfahren der Sicherheitslinie und Schwere der Widerhandlung. Das Überfahren einer Sicherheitslinie stellt aus objektiver Sicht eine schwere Verkehrsregelverletzung dar. Im vorliegenden Fall überfuhr der Beschwerdeführer die Sicherheitslinie vorsätzlich, einzig weil es für ihn persönlich zweckmässig war. Seine Widerhandlung kann nicht als leicht bezeichnet werden, selbst wenn das Manöver keine konkrete Gefährdung bewirkte (E. 3).

 

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