Schweizerisches Strafgesetzbuch

vom 21. Dezember 1937 (Stand am 1. Januar 2022)


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Art. 69

5. Ein­zie­hung.

a. Si­che­rungs­ein­zie­hung

 

1 Das Ge­richt ver­fügt oh­ne Rück­sicht auf die Straf­bar­keit ei­ner be­stimm­ten Per­son die Ein­zie­hung von Ge­gen­stän­den, die zur Be­ge­hung ei­ner Straf­tat ge­dient ha­ben oder be­stimmt wa­ren oder die durch ei­ne Straf­tat her­vor­ge­bracht wor­den sind, wenn die­se Ge­gen­stän­de die Si­cher­heit von Men­schen, die Sitt­lich­keit oder die öf­fent­li­che Ord­nung ge­fähr­den.

2 Das Ge­richt kann an­ord­nen, dass die ein­ge­zo­ge­nen Ge­gen­stän­de un­brauch­bar ge­macht oder ver­nich­tet wer­den.

BGE

83 IV 111 () from 5. April 1957
Regeste: Art. 268 Abs.2 BStP. Wird ein in der Schweiz zu einer Gesamtstrafe Verurteilter vom Ausland nur unter Vorbehalt bestimmter Delikte zum Strafvollzug ausgeliefert und deshalb die auf die Auslieferungsdelikte entfallende Quote der Gesamtstrafe nachträglich ausgeschieden, so kann die Frage, ob eine solche Aufteilung der Gesamtstrafe Bundesrecht verletze, zum Gegenstand einer Nichtigkeitsbeschwerde gemacht werden. Das gilt gleicherweise für Entscheide über die Anrechnung bzw. Nichtanrechnung erstandener Untersuchungshaft.

84 IV 8 () from 14. Februar 1958
Regeste: Art. 67 StGB. Rückfall liegt auch vor, wenn die frühere Zuchthaus- oder Gefängnisstrafe nicht vollstreckt, jedoch durch Anrechnung der Untersuchungshaft ganz oder teilweise als getilgt erklärt worden ist.

87 IV 1 () from 3. Februar 1961
Regeste: Art. 42 StGB; Verwahrung, Anrechnung der verbüssten Strafe bzw. der Untersuchungshaft auf die Mindestdauer. 1. Ist die Verwahrung ausgeschlossen, wenn die Freiheitsstrafe, an deren Stelle sie treten würde, bereits verbüsst ist (Erw. 2)? 2. Kann die verbüsste Strafzeit bzw. die Untersuchungshaft auf die dreijährige Mindestdauer gemäss Ziff. 5 Satz 1 angerechnet werden (Erw. 3)?

91 IV 2 () from 19. März 1965
Regeste: Art. 69 StGB. Das Verhalten nach der Tat, das einen besondern Haftgrund darstellt und für die Verhaftung oder Haftbelassung tatsächlich massgebend war, ist für die Haft auch dann kausal, wenn sie durch ein anderes Benehmen des Beschuldigten nicht hätte abgewendet oder verkürzt werden können, sondern ohne den besondern Haftgrund aus einem allgemeinen angeordnet oder aufrechterhalten worden wäre.

97 I 45 () from 17. Februar 1971
Regeste: Persönliche Freiheit; Untersuchungshaft. Die durch ungeschriebenes Verfassungsrecht des Bundes gewährleistete persönliche Freiheit schützt als verfassungsrechtlicher Leitgrundsatz alle Freiheiten, welche elementare Erscheinungen der Persönlichkeitsentfaltung des Menschen darstellen. Sie bietet auf diese Weise einen umfassenden Grundrechtsschutz, der sich auf den Inhalt und Umfang der übrigen verfassungsmässig gewährleisteten Freiheitsrechte entscheidend auswirkt; sie gilt als notwendige Voraussetzung für deren Ausübung und wirkt überdies als unmittelbar anwendbares Verfassungsrecht in dem Sinne komplementär, als sich der Bürger in Fällen, in denen kein dem geschriebenen oder ungeschriebenen Verfassungsrecht angehörendes Freiheitsrecht in Frage steht, zum Schutz seiner Persönlichkeit und Menschenwürde auf sie berufen kann. Der Untersuchungsgefangene darf in seiner individuellen Freiheit nicht weiter beschränkt werden, als es der Zweck der Untersuchung und die Gefängnisordnung erfordern; er darf während der Untersuchungshaft insbesondere nicht zur Arbeit verpflichtet werden.

97 I 839 () from 22. September 1971
Regeste: Persönliche Freiheit; Untersuchungshaft. 1. Begriff der persönlichen Freiheit (Erw. 3). 2. Grundsätzliches über die Zulässigkeit von Freiheitsbeschränkungen der Untersuchungsgefangenen (Erw. 4 und 5). 3. Überprüfungsbefugnis des Bundesgerichts (Erw. 6). 4. Das den Untersuchungsgefangenen des Bezirksgefängnisses Zürich auferlegte Verbot des direkten Bezugs einer beliebigen Zeitung und des Gebrauchs eines eigenen Transistorradios verstösst nicht gegen das Grundrecht der persönlichen Freiheit (Erw. 8).

98 IA 14 () from 22. März 1972
Regeste: Entschädigung für die Untersuchungshaft. Hat der freigesprochene Angeklagte nach dem massgebenden kantonalen Recht einen Anspruch auf Entschädigung für ausgestandene, nicht durch schuldhaftes Verhalten verursachte oder verlängerte Untersuchungshaft, so darf ihm eine solche Entschädigung selbst dann nicht verweigert werden, wenn weiterhin ein Verdacht auf ihm lastet und er nur nach dem Grundsatz in dubio pro reo freigesprochen wurde.

99 IA 97 () from 7. Februar 1973
Regeste: Kompetenzkonflikt nach Art. 223 MStG. Gebrauch von Betäubungsmitteln. Nicht eine Dienstvorschrift, sondern das Gesetz (Art. 218, 219 MStG) bestimmt die Kompetenzausscheidung.

101 IV 177 () from 21. Juni 1975
Regeste: Verbotener Nachrichtendienst. 1. Zuständigkeit. Einrichten und Betreiben eines verbotenen Nachrichtendienstes; Zweck des Verbotes. Mittäterschaft, fortgesetzte Delikte (Erw. I). 2. Militärischer Nachrichtendienst zum Nachteil fremder Staaten (Art. 301 Ziff. 1 Abs. 1 StGB) und der Schweiz (Art. 274 Ziff. 1 StGB); politischer Nachrichtendienst gegen die Schweiz und ihre Einwohner (Art. 272 StGB); wirtschaftlicher Nachrichtendienst, Verhältnis zwischen Art. 273 Abs. 1 und 2 StGB. Schwere Fälle verbotenen Nachrichtendienstes. Verletzung von Geschäftsgeheimnissen, Verhältnis zwischen Art. 162 und 273 StGB (Erw. II/1-5). 3. Urkundendelikte (Art. 251-253 StGB), Wahlfälschungen (Art. 282 Ziff. 1 StGB) und Widerhandlungen gegen das TVG (Art. 42 Abs. 1 lit. a) und gegen das ANAG (Art. 23 Abs. 1), die zur Tarnung eines verbotenen Nachrichtendienstes oder bei dessen Betreiben begangen wurden (Erw. II/6 und 7). 4. Betrug (Art. 148 StGB): Unrechtmässige Bereicherung als unerwünschte Nebenfolge eines verbotenen Nachrichtendienstes (Erw. II/8)? 5. Strafzumessung (Art. 63 und 68 StGB). Anrechnung der Untersuchungshaft (Art. 69 StGB). Landesverweisung (Art. 55 StGB). Einziehung von Gegenständen (Art. 58 StGB) und Verfall von Zuwendungen (Art. 59 StGB), die zur Begehung strafbarer Handlungen bestimmt waren oder diese fördern sollten (Erw. III).

101 IV 385 () from 12. Dezember 1975
Regeste: Bedingter Strafvollzug. Die angerechnete Untersuchungshaft wird einer verbüssten Freiheitsstrafe im Sinne von Art. 41 Ziff. 1 Abs. 2 StGB gleichgestellt.

102 IB 252 () from 9. April 1976
Regeste: Art. 69, 375 StGB. Diese Normen sind hinsichtlich der Anrechnung auf die Freiheitsstrafe sinngemäss auch auf die Auslieferungshaft anzuwenden, die ein im Ausland zum Vollzug eines rechtskräftigen inländischen Strafurteils verhafteter Täter erstanden hat.

102 IV 153 () from 4. Juni 1976
Regeste: Art. 69 StGB; Anrechnung der Untersuchungshaft. 1. Weder aus einer verfassungsgemässen Auslegung des Art. 69 StGB noch aus der Europäischen Menschenrechtskonvention folgt, dass die Untersuchungshaft stets angerechnet werden müsse (Erw. 1b). 2. Die Absicht des Täters, sich durch Herbeiführung oder Verlängerung der Untersuchungshaft dem Strafvollzug zu entziehen, ist nicht der einzige Grund, die Anrechnung auszuschliessen (Erw. 1c). 3. Der Kausalzusammenhang zwischen dem Verhalten des Verurteilten nach der Tat und der Untersuchungshaft genügt nicht, um die Anrechnung der Haft auszuschliessen. Der Verurteilte muss sein Verhalten nach der Tat auch verschuldet haben (Praxisänderung) (Erw. 1d). 4. Der Richter hat die Anrechnung der Haft auf die Strafe im Urteilsdispositiv ausdrücklich festzuhalten (Erw. 3).

103 IV 8 () from 18. März 1977
Regeste: Art. 69 StGB; Anrechnung der Untersuchungshaft. 1. Einfaches Leugnen schliesst wie die Auskunftsverweigerung die Anrechnung der Untersuchungshaft nicht aus (E. 3a und b). Vorbehalten bleiben Fälle, in denen der Beschuldigte das Verteidigungsrecht zur Erreichung sachfremder Zwecke missbraucht (E. 3c). 2. Nicht anzurechnen ist die Haftzeit, soweit der Beschuldigte durch falsche Angaben unnötige Erhebungen veranlasst und dadurch das Verfahren über die ordentliche Dauer hinaus verlängert (E. 3c).

104 IV 6 () from 11. April 1978
Regeste: Art. 69 StGB. Die Untersuchungshaft muss auf die Freiheitsstrafe angerechnet werden, die in dem Verfahren ausgefällt wurde, in welchem der Angeklagte auch die Haft erstanden hat.

105 IV 82 () from 13. Juni 1979
Regeste: Art. 42 Ziff. 4 Abs. 1 StGB. Die nach Beginn des Vollzugs der Verwahrung wegen Flucht ins Ausland ausgestandene Auslieferungshaft ist auf die dreijährige Mindestdauer der Verwahrung gemäss Art. 42 Ziff. 4 Abs. 1 StGB anzurechnen.

105 IV 239 () from 16. August 1979
Regeste: Art. 69, 375 StGB. Anrechnung der Sicherheitshaft. Einem Angeklagten, der nicht trölerisch appelliert hat, ist die während des Appellationsverfahrens ausgestandene Sicherheitshaft voll anzurechnen, auch wenn er von der nach kantonalem Recht bestehenden Möglichkeit, den Vollzug der Strafe oder Massnahme freiwillig vorzeitig anzutreten, keinen Gebrauch gemacht hat.

110 V 284 () from 9. November 1984
Regeste: Art. 41 IVG, Art. 29bis und 88a Abs. 1 IVV. Hinsichtlich des Anspruchs auf die Invalidenrente muss die Untersuchungshaft dem Aufenthalt in einer Strafanstalt zum Zweck der Strafverbüssung gleichgestellt werden (Erw. 2). Wiederaufnahme der Rentenzahlung bei provisorischer Haftentlassung (Erw. 3). Art. 77 und 88bis Abs. 2 IVV. Der Versicherte ist verpflichtet, den Eintritt in die Untersuchungshaft, welche für ihn eine Änderung der Verhältnisse darstellt, zu melden. In casu wird die Unterlassung des Versicherten nicht als fahrlässig betrachtet (Erw. 4).

112 IB 446 () from 7. Oktober 1986
Regeste: Verantwortlichkeit des Staates für ungerechtfertigte Untersuchungshaft und den Schaden, den Beamte rechtswidrig verursacht haben (Art. 67 StPO/VD, Art. 4 des waadtländischen Gesetzes vom 16. Mai 1961 über die Verantwortlichkeit von Kanton, Gemeinden und Beamten). 1. Rechtsgrundlage des Entschädigungsanspruchs gegen den Kanton Waadt wegen ungerechtfertigter Untersuchungshaft (E. 3a). 2. Prüfung der Rechtmässigkeit verschiedener durch den Untersuchungsrichter in Ausübung seines Amtes angeordneter Massnahmen. Rechtswidrigkeit einer von der Polizei ohne Einwilligung des kantonalen Untersuchungsrichters durchgeführten Pressekonferenz (E. 3b). 3. Selbstverschulden des aus der Haft entlassenen Beschuldigten: massgebende Unterscheidungsmerkmale und Beweislast. Kann das Verhalten des Verhafteten während der Strafuntersuchung, insbesondere seine Aussageverweigerung, den Wegfall oder die Herabsetzung des Schadenersatzes zur Folge haben? (Präzisierung der Rechtsprechung) (E. 4). 4. Höhe der Genugtuungssumme (E. 5).

117 IV 404 () from 25. Oktober 1991
Regeste: Art. 69 StGB; Anrechnung der Untersuchungshaft. Von der Anrechnung der Untersuchungshaft auf die Freiheitsstrafe gemäss Art. 69 StGB ist nur abzusehen, soweit der Beschuldigte - durch sein Verhalten nach der Tat - die Untersuchungshaft in der Absicht herbeigeführt oder verlängert hat, dadurch den Strafvollzug zu verkürzen oder zu umgehen (E. 2; Änderung der Rechtsprechung).

120 IV 172 () from 3. August 1994
Regeste: Art. 41 StGB, Art. 272 Abs. 7 BStP; erneute Gewährung des bedingten Strafvollzugs nach Gutheissung der Nichtigkeitsbeschwerde; Anrechnung der bereits ausgestandenen Probezeit. Verurteilt die kantonale Behörde den Betroffenen zu einer bedingten Freiheitsstrafe und heisst das Bundesgericht eine gegen ihren Entscheid erhobene Nichtigkeitsbeschwerde gut, hat sie bei der Neubeurteilung zu berücksichtigen, dass der Betroffene zwischen der Eröffnung ihres aufgehobenen Urteils und der Mitteilung des Bundesgerichtsentscheids bereits unter Probe gestanden ist. Spricht sie erneut eine bedingte Strafe aus, hat sie die bereits ausgestandene auf die neue Probezeit anzurechnen.

121 IV 303 () from 24. November 1995
Regeste: Art. 43 Ziff. 2 Abs. 2 und Ziff. 3 Abs. 2 StGB; Vollzug der zugunsten einer ambulanten Massnahme aufgeschobenen Freiheitsstrafe. Der Entscheid, ob sich die ambulante Behandlung als unzweckmässig erweist, ist von der zuständigen Vollzugsbehörde in einer separaten Verfügung zu treffen, die nach Ausschöpfung der kantonalen Rechtsmittel mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde angefochten werden kann. Mit der Nichtigkeitsbeschwerde kann die festgestellte Aussichtslosigkeit der Massnahme nicht angefochten werden (Bestätigung der Rechtsprechung; E. 3). Beim nachträglichen Vollzug einer ursprünglich aufgeschobenen Freiheitsstrafe ist die ambulante Behandlung in dem Mass anzurechnen, als der Betroffene in seiner persönlichen Freiheit tatsächlich eingeschränkt war. Wegen der grundsätzlichen Verschiedenheit von ambulanter Massnahme und Strafvollzug kommt in der Regel nur eine beschränkte Anrechnung der Behandlung in Frage (Klarstellung der Rechtsprechung; E. 4b).

124 I 170 () from 18. Juni 1998
Regeste: Art. 5 EMRK, Art. 4 BV; Überwälzung der Kosten der Untersuchungshaft auf den Verurteilten, persönliche Freiheit, Gleichbehandlung, Willkür. Einem Verurteilten die Kosten der Untersuchungshaft aufzuerlegen, verletzt die persönliche Freiheit nicht (E. 2b). Art. 5 EMRK spricht sich nicht darüber aus, wer die Kosten der Untersuchungshaft zu tragen hat (E. 2c). Einem Verurteilten die Kosten der Untersuchungshaft aufzuerlegen, verstösst nicht gegen das Gleichbehandlungsgebot, solange es nicht um die Kosten des anschliessenden Vollzugs einer Freiheitsstrafe geht (E. 2e). Eine kantonale Bestimmung mit dem Inhalt, dass der Verurteilte die Kosten der Untersuchungshaft zu tragen hat, ist nicht in sich willkürlich (E. 2g). Art. 4 BV; Beweiswürdigung, Willkür. Gegenüber der Meinung des behandelnden Arztes diejenige der richterlichen Gutachter als objektiver zu betrachten, ist nicht willkürlich (E. 4).

124 IV 1 () from 16. Februar 1998
Regeste: Art. 69 StGB und Art. 110 Ziff. 7 StGB; Art. 13b ANAG; Ausschaffungshaft, Anrechnung auf die Freiheitsstrafe. Die Ausschaffungshaft ist auf die Freiheitsstrafe jedenfalls dann grundsätzlich anzurechnen, wenn auch die Voraussetzungen der Untersuchungshaft gegeben waren und die Ausschaffungshaft faktisch die Funktion der Untersuchungshaft übernommen hat (E. 2b).

130 IV 6 () from 6. Januar 2004
Regeste: Art. 69 und 110 Ziff. 7 StGB, Art. 14 IRSG; Anrechnung der Untersuchungshaft. Für die Anrechnung der Untersuchungshaft auf die Freiheitsstrafe ist einzig die Dauer des Freiheitsentzugs massgebend. Besondere Entbehrungen während einer ausländischen Auslieferungshaft können nicht zusätzlich berücksichtigt werden (E. 4).

133 IV 278 (6B_226/2007) from 12. August 2007
Regeste: a Art. 29 Abs. 3 und Art. 33 BGerR; Zuständigkeit der Strafrechtlichen Abteilung. Die vor der Einleitung einer Voruntersuchung angeordnete Einziehung von Vermögenswerten ist ein Endentscheid, der materielles Strafrecht betrifft (E. 1.1).

133 V 1 () from 28. Juni 2006
Regeste: Art. 21 Abs. 5 ATSG; Art. 13 Abs. 1 MVG (in der vom 1. Januar 1994 bis 31. Dezember 2002 in Kraft gestandenen Fassung); Art. 43 MVG (in der bis 31. Dezember 1993 gültig gewesenen Fassung): Sistierung des IV-Rentenanspruchs bei Untersuchungshaft. Art. 21 Abs. 5 ATSG hat an der bisherigen Rechtsprechung (BGE 116 V 323), wonach Untersuchungshaft von gewisser Dauer in gleicher Weise Anlass zur Rentensistierung gibt wie jede andere Form des von einer Strafbehörde angeordneten Freiheitsentzugs, nichts geändert (E. 2-4.4).

135 I 209 (2C_797/2008) from 30. April 2009
Regeste: Art. 26 BV, Art. 31 WG, Art. 69 StGB, Art. 34 WV 1998; Entschädigungspflicht für eingezogene Waffen und Waffenbestandteile. Übersicht über die waffenrechtlichen Beschlagnahmungs- und Einziehungsregeln (E. 2). Das Waffengesetz enthält keine gesetzliche Grundlage für den Einzug des Nettoerlöses der Verwertung von aus Sicherheitsgründen beschlagnahmten bzw. eingezogenen Gegenständen zu Gunsten des Staates. Kann der Gegenstand dem Eigentümer nicht mehr zurück- oder herausgegeben werden, ist die Verwertung unter Herausgabe des Erlöses an den Berechtigten - als weniger weitgehender Eingriff in die Eigentumsgarantie als die entschädigungslose Überlassung, Vernichtung oder Verwertung zu Gunsten des Staates - zu prüfen. Entscheidend ist dabei, ob es sich bei den betroffenen Gegenständen überhaupt um verwertbare, d.h. rechtlich erwerb- und besitzbare Güter von einem gewissen Marktwert handelt, die legal verwendet werden können (E. 2-4).

137 IV 249 (6B_46/2011) from 27. September 2011
Regeste: a Widerruf der bedingten Strafe; Änderung der Vorstrafe zur Bildung einer Gesamtstrafe in Anwendung von Art. 49 StGB (Art. 46 Abs. 1 Satz 2 StGB). Es widerspricht der ratio legis der Bestimmung von Art. 46 Abs. 1 StGB, eine (rechtskräftige) Vorstrafe zulasten des Verurteilten zu ändern. Das Verfahren ist nicht anwendbar, um eine Vorstrafe in eine schwerere Sanktion umzuwandeln (E. 3.4.3).

139 IV 250 (1B_98/2013) from 25. April 2013
Regeste: Art. 90 Abs. 3 und 4, Art. 90a SVG; Art. 196 f., Art. 263 Abs. 1 lit. d StPO; "Via sicura"; Einziehungsbeschlagnahme nach qualifiziert grober Verkehrsregelverletzung (Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit ausserorts um 69 km/h). Die Einziehungsbeschlagnahme setzt (wie bisher) voraus, dass ein konkreter Tatverdacht besteht, die Verhältnismässigkeit gewahrt wird und die Einziehung nicht bereits aus materiellrechtlichen Gründen offensichtlich unzulässig erscheint (E. 2.1). Bei qualifiziert groben Verkehrsregelverletzungen im Sinn von Art. 90 Abs. 3 und 4 SVG dürfte die Einziehungsvoraussetzung von Art. 90a Abs. 1 lit. a SVG in der Regel erfüllt sein. Für die kumulativ zu erfüllende Voraussetzung von lit. b hat das Gericht im Sinne einer Gefährdungsprognose zu prüfen, ob die Einziehung des Tatfahrzeugs geeignet ist, den Täter vor weiteren groben Verkehrswidrigkeiten abzuhalten. In concreto sind beide Voraussetzungen erfüllt (E. 2.3.3 und 2.3.4). Prüfung der Beschlagnahme unter Verhältnismässigkeitsgesichtspunkten (E. 2.4).

140 IV 133 (1B_406/2013) from 16. Mai 2014
Regeste: Art. 90 Abs. 2, 3 und 4, Art. 90a Abs. 1 lit. a und b SVG; Art. 263 Abs. 1 lit. d StPO; Sicherungs-Einziehungsbeschlagnahme eines geleasten Motorfahrzeuges ("Via sicura"). Die Einziehungsvoraussetzungen von Art. 90a Abs. 1 lit. a und b SVG sind nicht vom Beschlagnahmerichter im Untersuchungsverfahren abschliessend zu beurteilen. Für eine Beschlagnahme genügt, dass im aktuellen Verfahrensstadium nicht ausgeschlossen scheint, dass der Strafrichter die materiellen Einziehungsvoraussetzungen bejahen könnte. Besteht der Tatverdacht einer qualifiziert groben Verkehrsregelverletzung (im Sinne von Art. 90 Abs. 3 und 4 SVG), sind die Voraussetzungen von Art. 90a Abs. 1 lit. a SVG grundsätzlich erfüllt. Im Beschlagnahmeverfahren kann offenbleiben, ob diese Bestimmung bei qualifiziert groben Verkehrsregelverletzungen auch noch ein kumulatives Erfordernis der "Skrupellosigkeit" verlangt. Unter dem Gesichtspunkt von Art. 90a Abs. 1 lit. b SVG prüft der Beschlagnahmerichter, ob der Lenker mit dem benutzten Motorfahrzeug künftig die Verkehrssicherheit gefährden bzw. ob die Einziehungsbeschlagnahme des Fahrzeuges geeignet sein könnte, den Lenker vor weiteren groben Verkehrswidrigkeiten abzuhalten. Eine Sicherungs-Einziehungsbeschlagnahme ist auch bei Motorfahrzeugen im Eigentum von Dritten grundsätzlich zulässig, wenn das verwendete Fahrzeug weiterhin für den Lenker verfügbar und die Beschlagnahme dazu geeignet ist, weitere grobe Verkehrsregelverletzungen zu verhindern bzw. zumindest zu verzögern oder zu erschweren (E. 3 und 4).

141 IV 155 (6B_508/2014) from 25. Februar 2015
Regeste: a Verkauf von Bankkundendaten; wirtschaftlicher Nachrichtendienst (Art. 273 Abs. 2 StGB); Einziehung des Verkaufserlöses (Art. 70 Abs. 1 StGB). Die Veräusserung von Daten von Kunden einer Schweizer Bank mit Wohnsitz oder Sitz in Deutschland durch eine nicht bei der Bank angestellte Person an deutsche Steuerbehörden erfüllt den Tatbestand des wirtschaftlichen Nachrichtendienstes im Sinne von Art. 273 Abs. 2 StGB. Schweizerisches Recht ist auch anwendbar, soweit Tathandlungen im Ausland durchgeführt wurden. Die Veräusserung von Bankkundendaten ist nach dem massgebenden schweizerischen Recht mangels Rechtfertigungsgründen rechtswidrig. Der noch vorhandene Verkaufserlös ist nach dem Ableben des Verkäufers während des Strafverfahrens zu Lasten der Erben einzuziehen (E. 2-4).

141 IV 360 (1B_175/2015) from 10. August 2015
Regeste: a Art. 12 BV und Art. 268 StPO; Beschlagnahme zur Kostendeckung. Bei der Beschlagnahme zur Kostendeckung müssen die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Beschuldigten berücksichtigt und Vermögenswerte ausgenommen werden, die nach den Art. 92-94 SchKG nicht pfändbar sind (Art. 268 Abs. 2 und 3 StPO). Diese Prüfung trägt dem Verhältnismässigkeitsprinzip und dem Grundrecht auf Gewährleistung des Existenzminimums Rechnung (E. 3.1).

 

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