Swiss Criminal Code

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of 21 December 1937 (Status as of 1 January 2022)


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Art. 122152

3. As­sault

Ser­i­ous as­sault

 

Any per­son who in­ten­tion­ally in­flicts a life-threat­en­ing in­jury on an­oth­er,

any per­son who in­ten­tion­ally in­flicts ser­i­ous in­jury on the per­son, or on an im­port­ant or­gan or limb of an­oth­er, makes an im­port­ant or­gan or limb un­us­able, makes an­oth­er per­man­ently un­fit for work, in­firm or men­tally ill, or who dis­fig­ures the face of an­oth­er badly and per­man­ently,

any per­son who in­ten­tion­ally causes any oth­er ser­i­ous dam­age to the per­son or to the phys­ic­al or men­tal health of an­oth­er,

shall be li­able to a cus­todi­al sen­tence of at least six months and no more than ten years.153

152Amended by No I of the FA of 23 June 1989, in force since 1 Jan. 1990 (AS 1989 24492456; BBl 1985 II 1009).

153 Pen­al­ties re­vised by No II 1 of the FA of 19 June 2015 (Amend­ment to the Law on Crim­in­al Sanc­tions), in force since 1 Jan. 2018 (AS 2016 1249; BBl 2012 4721).

BGE

86 IV 25 () from 5. Februar 1960
Regeste: Art. 264 StGB. Tierqwälerei. 1. Begriff der argen Vernachlässigung (Erw. 2). 2. Arge Vernachlässigung eines Stieres, dem trotz erheblicher Verletzung während Wochen die nötige Pflege und Heilbehandlung versagt wird (Erw. 3).

87 IV 87 () from 21. April 1961
Regeste: Art. 238 Abs. 2 StGB. Erheblich ist die Gefährdung, wenn eine nicht leichte Körperverletzung oder nicht geringer Sachschaden droht (Erw. 1). Bei einer Schnellbremsung können die Zugsinsassen auch dann konkret gefährdet sein, wenn keiner von ihnen zu Schaden kommt (Erw. 2).

97 IV 8 () from 21. Januar 1971
Regeste: Art. 122 Ziff. 1, 123 Ziff. 2, 125 Abs. 2 StGB. Begriff der schweren Schädigung bei Körperverletzung.

97 IV 84 () from 24. März 1971
Regeste: Art. 122 Ziff. 2 StGB. Schwere Körperverletzung mit voraussehbarer Todesfolge. 1. Begriff der Voraussehbarkeit (Erw. 4 a-c). 2. Voraussehbarkeit des Todes als Folge von rund 100 brutalen Stock- und Peitschenschlägen auf das Gesäss eines 17- jährigen Mädchens (Erw. 4 d). 3. Bedeutung der persönlichen Verhältnisse der Täter für deren Fähigkeit, die möglichen Folgen der Misshandlung vorauszusehen (Erw. 5).

101 IV 285 () from 6. Oktober 1975
Regeste: Art. 123 Ziff. 1 Abs. 2 StGB. Ob ein Gegenstand als gefährliches Werkzeug im Sinne dieser Bestimmung zu gelten hat, entscheidet sich nach der Art und Weise seiner Verwendung. Ein gezielt gegen den Kopf eines Menschen geschleudertes Bierglas stellt ein gefährliches Werkzeug dar.

101 IV 381 () from 2. Oktober 1975
Regeste: Art. 270 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 3 BStP. Der Geschädigte, der eine schwere Körperverletzung erlitten hat, ist weder als Antragsteller noch als Privatstrafkläger befugt, gegen einen Einstellungsbeschluss der Zürcher Strafbehörden Nichtigkeitsbeschwerde zu führen.

108 IV 10 () from 19. Januar 1982
Regeste: Art. 122 Ziff. 2 StGB; schwere Körperverletzung mit Todesfolge. a) Dieses Delikt besteht aus einer vorsätzlichen Haupttat (der Körperverletzung), die durch eine zusätzliche Fahrlässigkeit (das Nichterkennen der voraussehbaren Todesfolge) qualifiziert wird; der Tatbestand ist also nicht nur dann erfüllt, wenn der Täter die Möglichkeit des Todeseintritts ausschliesst, sondern auch wenn er diese überhaupt nicht in Betracht zieht. b) Nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge ist es voraussehbar, dass für einen Menschen, der von einem mit 85 km/h fahrenden Auto hinuntergeschleudert wird, eine grosse Todesgefahr besteht.

109 IV 5 () from 9. Februar 1983
Regeste: 1. Art. 122 Ziff. 2 StGB. Voraussehbarkeit der Todesfolge bei Messerstichen in die Brust- und Bauchgegend bejaht (E. 2). 2. Art. 33 Abs. 2 StGB. Wer durch deliktisches Verhalten selber schuldhaft den Angriff verursacht, kann sich für seine unangemessene Abwehr nicht auf entschuldbare Aufregung berufen (E. 3).

109 IV 18 () from 26. Januar 1983
Regeste: Art. 122 Ziff. 1 Abs. 1 und Art. 125 Abs. 2 StGB. Ein Milzriss, der ohne sofortigen operativen Eingriff mit hoher Wahrscheinlichkeit zum Tode führt, ist eine lebensgefährliche Verletzung. Ob im konkreten Fall rasche medizinische Hilfe zur Stelle sei oder nicht, ist unerheblich.

109 IV 73 () from 21. September 1983
Regeste: Art. 43 und 44 StGB. 1. Verhältnis der beiden Bestimmungen zueinander. Bei trunksüchtigen Tätern, deren Behandlung zum vorneherein keinen Erfolg verspricht, kommt eine Massnahme nach Art. 44 StGB nicht in Betracht. Sie können nach Art. 43 Ziff. 1 Abs. 2 StGB verwahrt werden, wenn die Voraussetzungen dieser Bestimmung erfüllt sind (E. 3 und 4). 2. Die Verwahrung nach Art. 43 Ziff. 1 Abs. 2 StGB muss nicht in einer ärztlich geleiteten Anstalt, sondern kann gegebenenfalls auch in einer Strafanstalt vollzogen werden (E. 5).

110 II 163 () from 3. April 1984
Regeste: Haftung des Arbeitgebers, Genugtuung. Haftung des Arbeitgebers, der eine Sicherheitsmassnahme unterlassen hat (Art. 328 Abs. 2 OR; E. 2a). Anspruch auf Genugtuung wegen eines Unfalls, der zum vollständigen Verlust des Gehörs auf einer Seite führt (E. 2c).

110 IV 74 () from 24. September 1984
Regeste: Art. 122 Ziff. 2 StGB: Schwere Körperverletzung mit Todesfolge. Der Täter, der die Möglichkeit des Todes als Folge der von ihm verursachten Körperverletzungen vorausgesehen hat (Tatfrage), handelt bewusst fahrlässig; wenn er diese Möglichkeit nicht vorausgesehen hat, aber nach den Umständen und den persönlichen Verhältnissen hätte erkennen müssen, dass seine Handlungen zum Tod des Opfers führen können (Rechtsfrage), legt er eine schuldhafte Sorglosigkeit (unbewusste Fahrlässigkeit) an den Tag.

112 II 118 () from 11. März 1986
Regeste: Verlust des Versorgers, Art. 45 Abs. 3 OR. Voraussetzungen für die Zusprechung von Ersatz eines Versorgerschadens an Eltern beim Tod eines Kindes (E. 3). Verjährung. Begriff der Kenntnis vom Schaden im Sinne von Art. 60 Abs. 1 OR und Art. 68 Abs. 1 Bundesgesetz über die Luftfahrt vom 21. Dezember 1948 (LFG), wenn der Umfang der Beeinträchtigung von der Entwicklung einer Situation abhängt (E. 4). Art. 46 OR. Schadenersatz für den Nervenschock eines Vaters, der durch einen Flugzeugabsturz zwei seiner Kinder verloren hat. Wer selber in einem absoluten Recht - hier in der körperlichen Integrität - beeinträchtigt wird, ist direkt geschädigt und hat Anspruch auf Schadenersatz (E. 5a-e). Art. 47 OR. Genugtuung infolge Tötung von Kindern des Klägers (E. 2) und dessen Invalidität wegen Nervenschocks, verursacht durch jene Todesfälle (E. 6). Art. 52 IVG. Übergang der Ansprüche aus Invalidenversicherung (E. 5f).

115 IB 175 () from 17. Mai 1989
Regeste: Staatshaftung für spitalärztliche Tätigkeit. 1. Art. 19 Abs. 2 BZP. Umstände, unter denen der Antrag einer Partei auf Einvernahme ihres gesetzlichen Vertreters als verspätet anzusehen und eine Oberexpertise abzulehnen ist (E. 1 und 3d). 2. Art. 61 OR und §§ 6 ff. des zürcherischen Haftungsgesetzes vom 14. September 1969. Rechtsnatur der Behandlung von Patienten in einem öffentlichen Spital; Folgen gemäss kantonalem Recht (E. 2a). Anforderungen an die ärztliche Sorgfaltspflicht; Voraussetzungen der Haftung und deren Auswirkungen auf die Beweislast der Beteiligten (E. 2b). 3. Ein besonderer Nachweis über die Aufklärung und Einwilligung des Patienten erübrigt sich, wo dieser oder sein gesetzlicher Vertreter sich schon nach seinen Vorkenntnissen über alle Risiken einer schwierigen Operation im klaren sein muss (E. 3a). 4. Welche Massnahmen ein Chirurg in einer Notfallsituation zu ergreifen hat, ist aus seiner Sicht zu beurteilen. Hat er gute Gründe für eine bestimmte Massnahme, so ist ihm daraus auch dann kein Vorwurf zu machen, wenn sie misslingt und rasch ersetzt werden muss (E. 3b und c).

115 IV 17 () from 2. Februar 1989
Regeste: 1. Art. 122 Ziff. 1 Abs. 2 StGB; schwere Körperverletzung. Eine erhebliche, aber nur vorübergehende Entstellung des Gesichtes stellt noch keine schwere Körperverletzung i.S. von Art. 122 Ziff. 1 Abs. 2 StGB dar. Demgegenüber kann eine Schnittwunde vom Mundwinkel bis zum Ohransatz, die gut verheilt, aber weiterhin deutlich sichtbar ist und die den Geschädigten mimisch bleibend beeinträchtigt, als schwere Körperverletzung betrachtet werden. Das subjektive Empfinden des Geschädigten ist nicht entscheidend (E. I). 2. Art. 68 Ziff. 2 StGB; retrospektive Realkonkurrenz. a) Art. 68 Ziff. 2 StGB gilt auch im Fall einer im Ausland ausgesprochenen Grundstrafe, wenn sie Taten betrifft, die nicht in den räumlichen Geltungsbereich des StGB fallen (E. II/5a). b) Grundsätze für die Bemessung einer Gesamtstrafe, die auszusprechen ist, wenn die zu beurteilenden Taten teils vor und teils nach einer früheren Verurteilung begangen worden sind (E. II/5b; Bestätigung von BGE 69 IV 59 E. 4).

116 IV 125 () from 22. Februar 1990
Regeste: Art. 231 StGB (Verbreiten menschlicher Krankheiten). Die Infektion mit einem HIV-Virus (Seropositivität, die im allgemeinen zu AIDS führt) ist eine gefährliche übertragbare menschliche Krankheit (E. 1-4). Art. 122 (schwere Körperverletzung) und Art. 231 StGB; Idealkonkurrenz. Diese beiden Bestimmungen sind anwendbar auf denjenigen, welcher vorsätzlich ein HIV-Virus auf einen andern überträgt (E. 5).

116 IV 312 () from 28. September 1990
Regeste: Art. 139 Ziff. 2 StGB; besonders gefährlicher Raub. 1. Den unbestimmten Rechtsbegriff der besonderen Gefährlichkeit überprüft das Bundesgericht grundsätzlich frei (E. 2c; Präzisierung der Rechtsprechung). 2. Bei der Auslegung des Begriffs der besonderen Gefährlichkeit ist der erhöhten Mindeststrafe und der Stellung dieses Qualifikationsgrundes zwischen jenen gemäss Ziffer 1bis sowie Ziffer 3 von Art. 139 StGB Rechnung zu tragen. Voraussetzung für die Bejahung der besonderen Gefährlichkeit bildet eine gegenüber dem Grundtatbestand erhebliche Erhöhung des Unrechtsgehalts der Tat (E. 2d). 3. Erfüllt das Verabreichen von nicht ganz harmlosen Schlafmitteln an ein Opfer, das sich dann selber überlassen wird, die Qualifikation? (E. 2f).

119 IV 25 () from 19. Januar 1993
Regeste: Art. 123 Ziff. 1 StGB; einfache Körperverletzung. Abgrenzung zwischen einfachen Körperverletzungen und Tätlichkeiten (E. 2a).

120 IB 411 () from 25. Oktober 1994
Regeste: Staatshaftung für spitalärztliche Tätigkeit. Anforderungen an die ärztliche Sorgfaltspflicht (E. 4a). Die Haftung des Arztes für einen Selbstmordversuch des Patienten setzt eine konkret erkennbare Suizidgefährdung voraus (E. 4b/c).

120 IV 282 () from 3. Oktober 1994
Regeste: Art. 346 ff. StGB und Art. 8 OHG; Beteiligung des Opfers am Verfahren um Bestimmung des Gerichtsstandes. Art. 8 OHG verleiht dem Opfer keinen Anspruch darauf, sich zum Gesuch des Beschuldigten um Bestimmung des Gerichtsstandes vernehmen zu lassen (E. 1). Art. 346 ff. StGB. Ein Zeuge ist nicht Partei im Strafverfahren. Er kann daher den Gerichtsstand nicht bestreiten (E. 2). Umstände, die ein Abweichen vom gesetzlichen Gerichtsstand rechtfertigen, insbesondere wenn dieser durch Vereinbarung unter den Kantonen anerkannt worden ist (E. 3).

122 IV 71 () from 15. Februar 1996
Regeste: Art. 270 Abs. 1 BStP, Art. 8 Abs. 1 lit. c OHG. Legitimation zur eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde. Der angeblich durch eine strafbare Handlung Betroffene kann ungeachtet der in Art. 270 Abs. 1 BStP und Art. 8 Abs. 1 lit. c OHG genannten Voraussetzungen mit eidgenössischer Nichtigkeitsbeschwerde geltend machen, er sei im kantonalen Verfahren zu Unrecht nicht als Opfer im Sinne des OHG mit den sich daraus ergebenden Rechten behandelt worden (E. 2). Art. 2 Abs. 1 OHG. Begriff des Opfers; unmittelbare Beeinträchtigung der körperlichen Integrität durch eine Straftat. Der angeblich bei einem Verkehrsunfall Verletzte ist in bezug auf die vom andern Verkehrsteilnehmer allenfalls begangene Straftat der fahrlässigen Körperverletzung Opfer im Sinne des OHG, nicht aber hinsichtlich der vom andern begangenen Straftaten der Verletzung von Verkehrsregeln und des Fahrens in angetrunkenem Zustand (E. 3). Anklagegrundsatz. Opfereigenschaft und Opferrechte (Art. 2 und 8 OHG). Der Anklagegrundsatz wird durch das OHG nicht beschränkt. Für den Richter ist daher auch hinsichtlich der Frage, ob jemand Rechte gemäss OHG geltend machen kann, der Anklagesachverhalt massgeblich. Das OHG verpflichtet den Richter nicht, im Falle einer etwa in bezug auf die Tatfolgen (möglicherweise) unvollständigen Anklage die Sache zur Ergänzung der Untersuchung an die Untersuchungsbehörden zurückzuweisen (E. 4).

124 IV 53 () from 27. Januar 1998
Regeste: Art. 122 StGB und Art. 129 StGB; Abgrenzung zwischen schwerer Körperverletzung und Gefährdung des Lebens. Eine lebensgefährliche Verletzung im Sinne von Art. 122 Abs. 1 StGB ist nur gegeben, wenn die Verletzung, die das Opfer erlitten hat, zur Lebensgefahr führt. Die Strafbarkeit einer Lebensgefährdung, die nicht auf eine Verletzung zurückzuführen ist, beurteilt sich nach den Voraussetzungen von Art. 129 StGB (E. 2; Änderung der Rechtsprechung). Wer sein Opfer lebensgefährlich würgt, ohne ihm jedoch schwerwiegende Verletzungen beizufügen, macht sich nicht der schweren Körperverletzung schuldig, sondern - wenn die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt sind - der Gefährdung des Lebens.

124 IV 258 () from 3. Dezember 1998
Regeste: Art. 122 StGB und 123 StGB; ärztliche Behandlung. Ärztliche Eingriffe erfüllen, auch wenn sie medizinisch indiziert und kunstgerecht durchgeführt worden sind, jedenfalls insoweit den objektiven Tatbestand der Körperverletzung, als sie entweder in die Körpersubstanz eingreifen (z.B. bei Amputationen) oder mindestens vorübergehend die körperliche Leistungsfähigkeit oder das körperliche Wohlbefinden des Patienten nicht nur unerheblich beeinträchtigen oder verschlechtern. Solche Eingriffe können durch die ausdrückliche oder mutmassliche Einwilligung des Patienten gerechtfertigt werden (E. 2). In casu mutmassliche Einwilligung verneint (E. 3).

125 IV 64 () from 2. Februar 1999
Regeste: Art. 219 StGB; Verletzung der Fürsorge- oder Erziehungspflicht. Voraussetzungen, unter denen die Bestimmung anwendbar ist (E. 1a). Die Verantwortliche einer Schule, die, obwohl sie weiss, dass eine unmündige Schülerin durch andere Schüler sexuell missbraucht worden ist, keine Massnahmen ergreift, um die dringende und voraussehbare Gefahr einer Wiederholung solcher Missbräuche zu verhindern, macht sich der fahrlässigen Verletzung der Fürsorge- oder Erziehungspflicht gemäss Art. 219 StGB schuldig (E. 1b-1d). Wenn die Fahrlässigkeit nicht nur die Gesundheit einer der dem Täter anvertrauten unmündigen Personen beeinträchtigt, sondern überdies die körperliche oder seelische Entwicklung anderer Unmündiger, für die er verantwortlich ist, gefährdet, ist Art. 219 StGB unabhängig von einer allfälligen Anwendbarkeit von Art. 125 StGB in jedem Fall anwendbar (E. 1e). Art. 219 Abs. 2 StGB und art. 63 StGB; Sanktion bei fahrlässiger Tatbegehung. Wenn der Täter fahrlässig gehandelt hat, hat der Richter die Möglichkeit, aber nicht die Pflicht, auf Busse statt auf Gefängnis zu erkennen. Bei der Prüfung, welche der beiden Sanktionen ausgesprochen werden muss, ist entscheidend auf die Schwere des begangenen Fehlers abzustellen (E. 2).

125 IV 242 () from 20. Oktober 1999
Regeste: Schwere Körperverletzung (Art. 122 Abs. 1 StGB); Verbreiten menschlicher Krankheiten (Art. 231 Ziff. 1 StGB); Vorsatz (Art. 18 Abs. 2 StGB). Übertragung des HI-Virus durch ungeschützten Sexualkontakt. Die HIV-Infektion ist schon als solche objektiv eine schwere (lebensgefährliche) Körperverletzung und eine gefährliche übertragbare menschliche Krankheit (E. 2). Vorsatz im konkreten Fall bejaht (E. 3).

126 II 348 () from 30. Juni 2000
Regeste: Art. 16 Abs. 3 OHG; Art. 5 Abs. 3 BV; Art. 124 BV. Beginn der Verwirkungsfrist bei Straftaten, deren Schadensfolgen für das Opfer erst einige Zeit nach dem tatbestandsmässigen Verhalten eintreten bzw. erkennbar werden (E. 2-5; Präzisierung der Rechtsprechung); bei Ansteckung des Opfers mit dem HI-Virus und späterem Ausbruch von AIDS (E. 6 u. 7).

126 IV 38 () from 10. November 1999
Regeste: Art. 1, 2 und 9 OHG; Beurteilung der Zivilansprüche der Hinterbliebenen des Opfers im Strafverfahren. Wird wegen eines vorsätzlichen Gewaltdelikts Anklage erhoben, hat sich der Strafrichter mit den unmittelbaren Folgen des Täterverhaltens in zivilrechtlicher Hinsicht auseinander zu setzen. Er muss auch auf Schadenersatz- und Genugtuungsansprüche eintreten, die ein Opfer oder eine dem Opfer gleichgestellte Person aufgrund der Deliktsfolgen geltend macht, auch wenn diese vom eingeklagten Tatbestand nicht erfasst wurden.

126 IV 84 () from 1. März 2000
Regeste: Art. 24 ff. StGB, Art. 90 Ziff. 2 SVG, Mittäterschaft bei Verkehrsdelikten. Mittäter einer groben Verletzung von Verkehrsregeln kann auch sein, wer das Fahrzeug nicht selbst gelenkt hat; so im Besonderen derjenige, welcher die im Zusammenhang mit Versicherungsbetrügen vom Fahrzeuglenker verschuldeten Verkehrsunfälle mitgeplant und gewollt hat (E. 1 und 2).

126 IV 136 () from 10. April 2000
Regeste: Art. 219, 189, 190 und 68 Ziff. 1 StGB; Verletzung der Fürsorge- oder Erziehungspflicht, sexuelle Nötigung und Vergewaltigung; unechte Konkurrenz. Erfüllt ein Verhalten sowohl den Tatbestand der Verletzung der Fürsorge- oder Erziehungspflicht (Art. 219 StGB) als auch den Tatbestand der sexuellen Nötigung (Art. 189 StGB) oder der Vergewaltigung (Art. 190 StGB), so liegt unechte Konkurrenz vor, wobei Art. 219 StGB durch Art. 189 bzw. Art. 190 StGB konsumiert wird.

129 IV 1 () from 7. November 2002
Regeste: Art. 122 Abs. 2 und Art. 123 Ziff. 2 StGB; schwere Körperverletzung und qualifizierte einfache Körperverletzung. Ein wichtiges Organ oder Glied ist im Sinne des Gesetzes nur unbrauchbar, wenn es in seinen Grundfunktionen erheblich gestört ist; eine zwar dauerhafte, aber nur leichte Beeinträchtigung genügt nicht (E. 3.2). Der "Sklave" eines sadomasochistischen Sexspiels kann unter bestimmten Umständen als wehrlos im Sinne von Art. 123 Ziff. 2 StGB gelten; in casu liegt Wehrlosigkeit nicht vor (E. 3.3).

131 IV 1 () from 27. Oktober 2004
Regeste: Schwere Körperverletzung (Art. 122 Abs. 1 StGB); Verbreiten menschlicher Krankheiten (Art. 231 Ziff. 1 StGB); Vorsatz (Art. 18 Abs. 2 StGB); Versuch (Art. 21 f. StGB). Ungeschützte Sexualkontakte einer HIV-infizierten Person. Die HIV-Infektion ist schon als solche objektiv eine schwere (lebensgefährliche) Körperverletzung (Bestätigung der Rechtsprechung; E. 1). Vorsatz im konkreten Fall bejaht (E. 2). Eine Verurteilung der HIV-infizierten Person wegen (versuchter) schwerer Körperverletzung fällt ausser Betracht, wenn der Partner in Kenntnis der Infektion und des Übertragungsrisikos freiverantwortlich mit dem ungeschützten Sexualkontakt einverstanden ist und das Geschehen mitbeherrscht (E. 3). Wer durch ungeschützte Sexualkontakte das HI-Virus auf einen andern überträgt, erfüllt auch den Tatbestand des Verbreitens menschlicher Krankheiten (Bestätigung der Rechtsprechung). Das Einverständnis des Partners schliesst insoweit die Tatbestandsmässigkeit und die Rechtswidrigkeit nicht aus (E. 4).

133 IV 308 () from 5. Juli 2007
Regeste: Schwere Körperverletzung (Art. 122 StGB), Rassendiskriminierung (Art. 261bis Abs. 4 erste Hälfte StGB); Idealkonkurrenz. Eine schwere Körperverletzung im öffentlichen Raum kann in Idealkonkurrenz auch den Tatbestand der Rassendiskriminierung erfüllen, allerdings nur, wenn sie für den unbefangenen durchschnittlichen Dritten aufgrund der gesamten Umstände klar erkennbar als rassendiskriminierender Akt erscheint (E. 8). Diese Voraussetzung war im beurteilten Fall nicht erfüllt (E. 9).

134 IV 26 (6B_298/2007) from 24. Oktober 2007
Regeste: Art. 123 und 125 StGB; vorsätzliche einfache und fahrlässige schwere Körperverletzung beim Eishockeyspiel. In die strafrechtliche Beurteilung von Foulspielen bei Mannschaftssportarten sind auch die geltenden Spielregeln miteinzubeziehen. Je krasser Regeln verletzt werden, die dem Schutz der Körperintegrität der Spieler dienen, desto weniger kann von der Verwirklichung eines spieltypischen Risikos ausgegangen werden und desto eher erscheint eine strafrechtliche Ahndung des foulenden Spielers angezeigt (E. 3). Wer eine einfache Körperverletzung will oder den Eintritt einer solchen in Kauf nimmt, versehentlich aber eine schwere Körperschädigung verursacht, erfüllt die Tatbestände der vorsätzlichen einfachen und der fahrlässigen schweren Körperverletzung in echter Idealkonkurrenz (E. 4).

134 IV 189 (6B_733/2007) from 19. Juni 2008
Regeste: Art. 123 und 126 StGB; einfache Körperverletzungen und Tätlichkeiten. Definitionen der einfachen Körperverletzungen (E. 1.1) und der Tätlichkeiten (E. 1.2) sowie der Abgrenzungskriterien in Grenzfällen (E. 1.3). Körperverletzungen bedingen nicht zwingend eine Beeinträchtigung der körperlichen Integrität. Eine Beeinträchtigung der psychischen Integrität kann genügen, soweit sie ein gewisses Mass annimmt. Zu deren Beurteilung muss einerseits auf die Art und Intensität der Beeinträchtigung, andererseits auf ihre Auswirkung auf die Psyche des Opfers abgestellt werden (E. 1.4).

134 IV 193 (6B_235/2007) from 13. Juni 2008
Regeste: a Willkür in der Beweiswürdigung (Art. 9 BV). Natürlicher Kausalzusammenhang zwischen ungeschütztem Geschlechtsverkehr und HIV-Infektion. Tragweite wissenschaftlicher Gutachten für den Nachweis der direkten Übertragung des HI-Virus (E. 4).

134 IV 297 (6B_627/2007, 6B_629/2007) from 11. August 2008
Regeste: Verfolgungsverjährung; Beginn der Verjährung; Art. 71 aStGB, Art. 98 lit. a StGB. Für den Verjährungsbeginn ist nach dem Wortlaut des Gesetzes auf den Zeitpunkt der Tathandlung und nicht auf denjenigen des Erfolgseintritts der Straftat abzustellen (E. 4.1 und 4.2) mit der Konsequenz, dass Straftaten verjährt sein können, bevor der Erfolg eingetreten ist (E. 4.3). Dieses Ergebnis hält auch vor den Grundrechtsgarantien stand (E. 4.3.5).

137 IV 59 (6B_1062/2009) from 3. November 2010
Regeste: Verwahrung; Art. 65 Abs. 2 StGB. Art. 65 Abs. 2 StGB sieht keine Frist für die Anordnung einer nachträglichen Verwahrung des Verurteilten während des Strafvollzugs vor. Frage offengelassen, ob ein solches Verfahren während des Strafvollzugs eingeleitet werden muss oder ob dies auch nach der Verbüssung der Strafe durch den Verurteilten geschehen kann (E. 3). Die Strafverfolgungsverjährung läuft während des Verfahrens im Hinblick auf die nachträgliche Verwahrung des Verurteilten im Strafvollzug nicht weiter (E. 4). Die Revision zum Nachteil des Verurteilten gemäss Art. 65 Abs. 2 StGB ist an vier Voraussetzungen geknüpft. Sie muss sich auf Tatsachen oder Beweismittel abstützen (1). Diese müssen neu - d.h. der Richter darf davon keine Kenntnis gehabt haben - (2) und erheblich (3) sein. Schliesslich (4) wird verlangt, dass die Gründe für die nachträgliche Verwahrung des Verurteilten im Strafvollzug bereits im Zeitpunkt der Verurteilung bestanden haben (E. 5). Ist das Strafurteil unter dem alten Recht ergangen, müssen für die Anordnung der nachträglichen Verwahrung nicht nur die Voraussetzungen von Art. 64 StGB im Zeitpunkt des Gesuchs erfüllt sein, sondern die Massnahme muss auch in Anwendung von aArt. 42 und 43 Ziff. 1 Abs. 2 StGB zulässig gewesen sein (E. 6).

137 IV 113 (6B_925/2010) from 18. April 2011
Regeste: Konkurrenz zwischen versuchter Tötung und einfacher und/oder schwerer Körperverletzung. Bestätigung der Rechtsprechung (E. 1).

137 IV 219 (1B_123/2011) from 11. Juli 2011
Regeste: Art. 9, 29 Abs. 2 und Art. 32 Abs. 1 BV; Art. 6, 10 Abs. 3, Art. 139 Abs. 1, Art. 324 i.V.m. Art. 319 Abs. 1 sowie Art. 453 Abs. 1 StPO; Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 i.V.m. Art. 132 Abs. 1 BGG; Art. 29 Abs. 3 BGerR; Art. 122-125 StGB; Einstellung der Strafuntersuchung; strafprozessualer Grundsatz "in dubio pro duriore"; Untersuchungsmaxime; rechtliches Gehör; Willkürverbot. Intertemporalrechtliche Bestimmungen betreffend die Anwendbarkeit der StPO (E. 1.1), des BGerR (Zuständigkeit; E. 1.2) und des BGG (E. 2.1). Beschwerdeberechtigung des Privatklägers gegen definitive Verfahrenseinstellungen, wenn die Frage einer möglichen Strafbarkeit von weiteren Untersuchungsergebnissen abhängt (E. 2.2-2.7). Im vorliegenden Fall lässt sich eine strafbare Körperverletzung (durch einen medizinischen Kunstfehler) nicht mit grosser Wahrscheinlichkeit ausschliessen. Es bestehen Anhaltspunkte für schwere, sich langfristig auswirkende Gesundheitsschäden zum Nachteil des Privatklägers infolge eines (durch Erbgut-Schädigungen verursachten) deutlich erhöhten Krebsrisikos. Die definitive Einstellung des Strafverfahrens durch die Untersuchungsbehörde mangels Strafbarkeit verstösst gegen Bundesrecht, insbesondere gegen den Grundsatz "in dubio pro duriore" (E. 3-8). Der Grundsatz "in dubio pro reo" ist auf die Frage der Einstellung oder Anklageerhebung nach Abschluss der Strafuntersuchung nicht anwendbar (E. 7.3).

138 III 276 (4A_364/2011) from 7. Februar 2012
Regeste: Art. 58 und 65 SVG; Haftung für Schockschäden von Angehörigen unmittelbarer Unfallopfer. Wer infolge der Nachricht über den Unfalltod eines Angehörigen einen Schock erleidet, ist ein aus dem Unfallereignis direkt Geschädigter und kann als solcher vom Unfallverursacher grundsätzlich Schadenersatz und Genugtuung für seine eigene gesundheitliche Beeinträchtigung verlangen (BGE 112 II 118). Anwendbarkeit dieser Rechtsprechung, wenn sich die Haftung auf Art. 58 SVG stützt (E. 2 und 3). Frage einer Haftungsbegrenzung (E. 4).

138 IV 113 (6B_180/2011) from 5. April 2012
Regeste: Art. 49 Abs. 2 StGB; retrospektive Konkurrenz; Kassation des Ersturteils. Für die Frage, ob und in welchem Umfang (d.h. ganz oder teilweise) das Gericht eine Zusatzstrafe im Sinne von Art. 49 Abs. 2 StGB aussprechen muss, ist auf das Datum der ersten Verurteilung im ersten Verfahren (sog. Ersturteil) abzustellen. Demgegenüber ist für die Bemessung bzw. die Höhe der Zusatzstrafe das rechtskräftige Urteil im ersten Verfahren massgebend (Bestätigung der Rechtsprechung; E. 3.4.2). Für die Beantwortung der ersten Frage (Anwendbarkeit des Asperationsprinzips) ist unerheblich, ob das Ersturteil oder ein Urteil der Rechtsmittelinstanz in Rechtskraft erwächst oder ob nach einer Kassation neu entschieden werden muss. Dies gilt auch, wenn im Rahmen der Neubeurteilung zuungunsten des Verurteilten für die gleiche Tat eine härtere Strafe verhängt wird als im Ersturteil (E. 3.4.3). Eine Gesamtstrafe gestützt auf Art. 46 Abs. 1 Satz 2 sowie Art. 62a Abs. 2 und Art. 89 Abs. 6 StGB kommt nicht in Betracht, wenn aufgrund einer erneuten Delinquenz in der Zeit zwischen dem Ersturteil und dem Vollzug der ersten Strafe zwei Freiheitsstrafen zum Vollzug anstehen (E. 4).

139 IV 214 (6B_337/2012) from 19. März 2013
Regeste: Übertragung der HIV-Infektion durch ungeschützten Sexualverkehr; Körperverletzung. Angesichts der wissenschaftlichen Erkenntnisse und der medizinischen Behandlungsfortschritte lässt sich heute nicht mehr sagen, dass die HIV-Infektion schon als solche lebensgefährlich im Sinne von Art. 122 Abs. 1 StGB ist. Sie stellt indessen nach wie vor eine nachteilige pathologische Veränderung mit Krankheitswert dar und ist unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls als einfache oder als schwere Körperverletzung zu qualifizieren (Änderung der Rechtsprechung; E. 3.4).

140 V 356 (8C_51/2014) from 14. Juli 2014
Regeste: Art. 6 UVG; Adäquanzbeurteilung bei psychischen Beschwerden nach Unfall. Eine HIV-Infektion ist für sich allein betrachtet adäquanzrechtlich nicht geeignet, das nach der Psycho-Praxis (BGE 115 V 133) bei der Beurteilung der Unfallkausalität von psychischen Fehlentwicklungen gegebenenfalls mitzuberücksichtigende Kriterium der Schwere oder besonderen Art der erlittenen Verletzung in besonders ausgeprägter Weise zu erfüllen (E. 5).

141 IV 97 (6B_768/2014) from 24. März 2015
Regeste: Art. 122 StGB; schwere Körperverletzung, vorsätzliche Infizierung mehrerer Personen mit dem HI-Virus. Die Infizierung mit dem HI-Virus erfüllt angesichts der tiefgreifenden und lebenslangen Beeinträchtigung der körperlichen und psychischen Gesundheit den Tatbestand der schweren Körperverletzung im Sinne der Generalklausel von Art. 122 Abs. 3 StGB. Dass die Übertragung des HI-Virus nach der neueren bundesgerichtlichen Rechtsprechung keine lebensgefährliche Verletzung im Sinne von Art. 122 Abs. 1 StGB darstellt, steht damit nicht in Widerspruch (E. 2.4).

143 I 292 (1B_115/2016) from 21. März 2017
Regeste: Art. 113 Abs. 1 und Art. 280 f. i.V.m. Art. 269 ff. StPO; Art. 10 Abs. 2, Art. 13 Abs. 1 und Art. 36 BV; Art. 8 EMRK; Überwachung mit technischen Überwachungsgeräten. Überwachung mit technischen Überwachungsgeräten von Eltern, die beschuldigt werden, ihren beiden Kleinkindern schwere Körperverletzungen zugefügt und eines davon getötet zu haben. Überwachung als rechtmässig beurteilt. Diese war verhältnismässig und verletzte den Kerngehalt der verfassungsmässigen Rechte der Beschuldigten nicht (E. 2).

143 I 304 (1B_117/2016) from 21. März 2017
Regeste: Art. 113 Abs. 1, Art. 285a f. und Art. 293 Abs. 4 StPO; verdeckte Ermittlung, Aussageverweigerungsrecht der beschuldigten Person. Verweigert die beschuldigte Person die Aussage, steht dies der Anordnung einer verdeckten Ermittlung nicht entgegen. Der verdeckte Ermittler darf der beschuldigten Person allerdings nicht unter Ausnützung des geschaffenen Vertrauensverhältnisses in einer vernehmungsähnlichen Weise Fragen unterbreiten, die ihr bei der Einvernahme gestellt wurden oder hätten gestellt werden sollen, und sie zur Aussage drängen. Darin läge eine Umgehung des Aussageverweigerungsrechts. Ob der verdeckte Ermittler das Mass des Zulässigen überschritten hat, hat das Sachgericht zu beurteilen (E. 2).

143 IV 316 (1B_271/2017) from 16. August 2017
Regeste: Art. 10 und 31 BV; Art. 5 EMRK; Art. 221 StPO; Art. 264a Abs. 1 lit. f StGB; Art. 264k StGB; Verlängerung der Untersuchungshaft wegen dringendem Tatverdacht auf Verbrechen gegen die Menschlichkeit (Folter). Dringender Tatverdacht im Haftprüfungsverfahren, namentlich zu Beginn der Strafuntersuchung (E. 2 und 3). Der Tatbestand der Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Allgemeinen (E. 4.1-4.5) sowie in Bezug auf Folter (E. 4.6). Strafbarkeit des Vorgesetzten (E. 4.7). Vorliegend bestehen hinreichende und konkrete Anhaltspunkte für den Verdacht, dass während der Zeit, in der der Beschwerdeführer Innenminister der Republik Gambia gewesen war, Folter planmässig als Mittel eingesetzt wurde, um die Bevölkerung einzuschüchtern und die Opposition zu unterdrücken (E. 5 und 6).

146 IV 105 (6B_690/2019) from 4. Dezember 2019
Regeste: Art. 66a Abs. 2 StGB, Art. 8 EMRK; Landesverweis, Härtefallprüfung bei in der Schweiz geborenen oder aufgewachsenen Ausländern, Vereinbarkeit mit dem Konventionsrecht. Ob ein Härtefall vorliegt, bestimmt sich weder anhand von starren Altersvorgaben, noch führt eine bestimmte Anwesenheitsdauer automatisch zur Annahme eines Härtefalls. Die Härtefallprüfung ist in jedem Fall anhand der gängigen Integrationskriterien vorzunehmen. Der besonderen Situation von in der Schweiz geborenen oder aufgewachsenen Ausländern wird dabei Rechnung getragen, indem eine längere Aufenthaltsdauer, zusammen mit einer guten Integration, in aller Regel als starke Indizien für ein gewichtiges Interesse an einem Verbleib in der Schweiz und damit für das Vorliegen eines Härtefalls zu werten sind. Bei der anschliessenden Interessenabwägung ist der betroffenen Person mit zunehmender Anwesenheitsdauer ein gewichtigeres privates Interesse an einem Verbleib in der Schweiz zuzubilligen (E. 3.4). Härtefall bei einem chilenischen Staatsangehörigen verneint, der im Alter von 13 Jahren in die Schweiz kam (E. 3.5). Prüfung der Vereinbarkeit der Landesverweisung mit den Garantien von Art. 8 EMRK (E. 4).

 

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