Schweizerisches Strafgesetzbuch

vom 21. Dezember 1937 (Stand am 1. Juni 2022)


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Art. 110
 

1 An­ge­hö­ri­ge ei­ner Per­son sind ihr Ehe­gat­te, ih­re ein­ge­tra­ge­ne Part­ne­rin oder ihr ein­ge­tra­ge­ner Part­ner, ih­re Ver­wand­ten ge­ra­der Li­nie, ih­re voll­bür­ti­gen und halb­bür­ti­gen Ge­schwis­ter, ih­re Ad­op­tiv­el­tern, ih­re Ad­op­tiv­ge­schwis­ter und Ad­op­tiv­kin­der.136

2 Fa­mi­li­en­ge­nos­sen sind Per­so­nen, die in ge­mein­sa­mem Haus­halt le­ben.

3 Als Be­am­te gel­ten die Be­am­ten und An­ge­stell­ten ei­ner öf­fent­li­chen Ver­wal­tung und der Rechts­pfle­ge so­wie die Per­so­nen, die pro­vi­so­risch ein Amt be­klei­den oder pro­vi­so­risch bei ei­ner öf­fent­li­chen Ver­wal­tung oder der Rechts­pfle­ge an­ge­stellt sind oder vor­über­ge­hend amt­li­che Funk­tio­nen aus­üben.

3bis Stellt ei­ne Be­stim­mung auf den Be­griff der Sa­che ab, so fin­det sie ent­spre­chen­de An­wen­dung auf Tie­re.137

4 Ur­kun­densind Schrif­ten, die be­stimmt und ge­eig­net sind, oder Zei­chen, die be­stimmt sind, ei­ne Tat­sa­che von recht­li­cher Be­deu­tung zu be­wei­sen. Die Auf­zeich­nung auf Bild- und Da­ten­trä­gern steht der Schrift­form gleich, so­fern sie dem­sel­ben Zweck dient.

5 Öf­fent­li­che Ur­kun­den sind Ur­kun­den, die von Mit­glie­dern ei­ner Be­hör­de, Be­am­ten und Per­so­nen öf­fent­li­chen Glau­bens in Wahr­neh­mung ho­heit­li­cher Funk­tio­nen aus­ge­stellt wer­den. Nicht als öf­fent­li­che Ur­kun­den gel­ten Ur­kun­den, die von der Ver­wal­tung der wirt­schaft­li­chen Un­ter­neh­mun­gen und Mo­no­pol­be­trie­be des Staa­tes oder an­de­rer öf­fent­lich-recht­li­cher Kör­per­schaf­ten und An­stal­ten in zi­vil­recht­li­chen Ge­schäf­ten aus­ge­stellt wer­den.

6 Der Tag hat 24 auf­ein­an­der fol­gen­de Stun­den. Der Mo­nat und das Jahr wer­den nach der Ka­len­der­zeit be­rech­net.

7 Un­ter­su­chungs­haft ist je­de in ei­nem Straf­ver­fah­ren ver­häng­te Haft, Un­ter­su­chungs‑, Si­cher­heits- und Aus­lie­fe­rungs­haft.

136 Fas­sung ge­mä­ss Art. 37 Ziff. 1 des Part­ner­schafts­ge­set­zes vom 18. Ju­ni 2004, in Kraft seit 1. Jan. 2007 (AS 2005 5685; BBl 2003 1288).

137 AS 2006 3583

BGE

81 IV 238 () from 16. September 1955
Regeste: 1. Art. 110 Ziff. 5, 251, 253 StGB. Urkundenfälschung und Erschleichung falscher Beurkundungen, begangen durch Vortäuschung und Überbewertung von Sacheinlagen in einer Bilanz, dem Sacheinlagevertrag, den Statuten, dem öffentlichen Errichtungsakt und dem Handelsregistereintrag anlässlich der Gründung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (Erw. 1-3). 2. Verhältnis der Art. 251 und 253 StGB zu Art. 1 Abs. 1 BG vom 6. Oktober 1923 betreffend Strafbestimmungen zum Handelsregister- und Firmenrecht (Erw. 4).

87 IV 16 () from 10. Februar 1961
Regeste: Art. 254 Abs. 1 StGB; Unterdrückung von Urkunden. 1. Abgrenzung von Diebstahl; subjektiver Tatbestand (Erw. 1 lit. b und c). 2. Stellt ein Reisecheck, der nicht gegengezeichnet ist, im Sinne von Art. 23 Abs. 1 StGB ein Mittel dar, mit dem die Tat überhaupt nicht ausgeführt werden kann (Erw. 1 lit. a)?

88 IV 15 () from 16. April 1962
Regeste: Art. 140 Ziff. 1 und 3 StGB. 1. Veruntreuung unter Ehegatten ist möglich (Erw. 3); 2. Die bei der Güterverbindung zum Mannesgut und zur Errungenschaft gehörenden Mobilien sind Eigentum des Ehemannes und daher für die Ehefrau fremde Sachen (Erw. 4); 3. Solche vom Ehemann während des richterlich gebotenen Getrenntlebens im ehelichen Haus zurückgelassenen Gegenstände sind der weiterhin in diesem Hause wohnenden Ehefrau anvertraut (Erw. 5).

88 IV 33 () from 16. April 1962
Regeste: Art. 110 Ziff. 5 und Art. 251 Ziff. 1 Abs. 2 StGB. Rechnungen enthalten ihrem Wesen nach blosse Behauptungen. Wer eine inhaltlich unwahre Rechnung ausstellt, macht sich daher nicht der Falschbeurkundung schuldig.

91 IV 6 () from 2. Februar 1965
Regeste: Art. 110 Ziff. 5, 251 Ziff. 1 Abs. 2 StGB. Der Kontrollstreifen der Registrierkasse ist als Bestandteil der Geschäftsbuchhaltung Urkunde. Das Nichttippen vereinzelter Einnahmen, die pflichtgemäss hätten aufgezeichnet werden müssen, stellt eine Falschbeurkundung dar.

93 IV 49 () from 19. Mai 1967
Regeste: 1. Art. 275 Abs. 5 BStP. Nichtigkeitsbeschwerde und staatsrechtliche Beschwerde. Ausnahme von der in dieser Bestimmung vorgesehenen Regel (Erw. I). 2. Art. 288 und 317/24 StGB. Aktive Bestechung und Anstiftung zu Beamtenurkundenfälschung stehen in Idealkonkurrenz (Erw. II 2). 3. Art. 110 Ziff. 5, 317 StGB. Urkunde. Dienstrapporte von Beamten können jedenfalls dann Urkunden sein, wenn sie nicht bloss zum internen Gebrauch in der Verwaltung bestimmt sind (Erw. III 2 a). 4. Art. 24 StGB. Anstiftung ist nur dann nicht mehr möglich, wenn der Angestiftete auch ohne Aufforderung zur Tat entschlossen ist (Erw. III 2 c). 5. Art. 68 Ziff. 1 Abs. 1 StGB. Strafschärfung. Tragweite der Einsatzstrafe (Erw. III 3 a). 6. Art. 63 StGB. Strafzumessung. Der Richter braucht nicht sämtliche strafmindernden und -erhöhenden Umstände bis in die letzten Einzelheiten erschöpfend aufzuzählen (Erw. III 3 c).

95 II 37 () from 11. Februar 1969
Regeste: Art. 20 Abs. 1 OR: Nichtigkeit eines Schmiergeldversprechens an einen Vormund wegen Verstosses gegen die guten Sitten. Art. 175/76 OR: Übernahme und Tilgung der nichtigen Verbindlichkeit durch einen Dritten, der Schuldner des ursprünglichen Schuldners ist. Art. 66 OR: Anwendbarkeit dieser Bestimmung auf die vom ursprünglichen Schuldner dem Schuldübernehmer für die Übernahme und Tilgung der nichtigen Verbindlichkeit erbrachte Gegenleistung.

95 IV 68 () from 23. Mai 1969
Regeste: 1. Art. 1 StGB. Vom Wortlaut abweichende Auslegung des Gesetzes (Erw. 3 a). 2. Art. 110 Ziff. 5 StGB. Urkunde. Hängt die Urkundenqualität ausschliesslich von der Beweiseignung ab, überhaupt nicht von der Beweisbestimmung? (offen gelassen; Erw. 1c). 3. Art. 252 StGB. Fälschung von Ausweisen. Müssen die in diesem Artikel genannten Papiere notwendig Urkunden gemäss Art. 110 Ziff. 5 StGB sein? (offen gelassen; Erw. 1 am Anfang). 4. Art. 251/252 Ziff. 1 Abs. 3 StGB. Gebrauch gefälschter Urkunden und Ausweise durch den Fälscher ist strafbar, sofern dieser für die Fälschung straflos blieb (Erw. 3 b und c).

96 IV 150 () from 6. November 1970
Regeste: Art. 85 Abs. 2 ZG, Art. 251 und 110 Ziff. 5 StGB. 1. Idealkonkurrenz zwischen den durch Falschbeurkundung der Warenmenge verletzten Strafbestimmungen des Zollgesetzes und Art. 251 StGB (Erw. 1). 2. Der Verkäufer, der in einer für die Einfuhrbehörden bestimmten Rechnung zu niedrige Mengenangaben macht, begeht eine Falschbeurkundung (Erw. 2 lit. a). 3. Die Eintragung falscher Gewichte im Frachtbrief, in der Zolldeklaration und im Pflanzenschutzzeugnis begründet keine Falschbeurkundung (Erw. 2 lit. b-d).

96 IV 155 () from 27. November 1970
Regeste: Art. 63, 68 Ziff. 1, 251 Ziff. 1 und 3, 254 Abs. 1, 340 Ziff. 1 Abs. 4 und 5 StGB; Art. 18 Abs. 1 lit. b und c, 19 Abs. 2 BRB vom 28. März 1949 über das Kriegsmaterial. 1. Zuständigkeit des Bundesstrafgerichts. Zusammentreffen von Strafbestimmungen. Falschbeurkundung. Besonders leichter Fall von Urkundenfälschung? Unterdrückung von Urkunden zwecks Selbstbegünstigung. Mittäterschaft (Erw. I). 2. Verbotene Ausfuhr von Kriegsmaterial durch ein Rüstungsunternehmen: Strafrechtliche Verantwortung - des Leiters der Waffen-Verkaufsabteilung (Erw. II/1), - von Mitarbeitern, welche bei der Vorbereitung oder Durchführung der Lieferungen entscheidend mitwirkten (Erw. II/2 und 3), - des Firmeninhabers, der Lieferungen bewusst duldete (Erw. II/4). 3. Allgemeine und besondere Strafzumessungsgründe (Erw. III).

97 IV 31 () from 9. März 1971
Regeste: Art. 254 StGB, Unterdrückung von Urkunden; Verhältnis zu Art. 57 - Abs. 1 Satz 2 PVG. Die beiden Tatbestände stehen inbezug auf Postsendungen mit Urkundencharakter nicht in Idealkonkurrenz, sondern in unechter Gesetzeskonkurrenz.

97 IV 160 () from 2. November 1971
Regeste: Art. 69, 110 Ziff. 7 StGB. Auslieferungshaft ist Untersuchungshaft.

97 IV 210 () from 9. Juli 1971
Regeste: Art. 110 Ziff. 5 und 253 StGB, Art. 52 ff. BG über die Luftfahrt vom 21. Dezember 1948. Erschleichung einer falschen Eintragung in das schweizerische Luftfahrzeugregister.

100 IV 23 () from 7. Juni 1974
Regeste: 1. Art. 110 Ziff. 5 StGB. Urkunden sind: - das Skontro der Garantieverpflichtungen einer Bank (Erw. 1); - die Kopien der Garantiecrklärungen einer Bank (Erw. 2). 2. Art. 254 StGB. Unterdrückung von Urkunden. "Beiseiteschaffen" einer Urkunde durch Verwahren in einem der Bank gehörenden, dem Täter als Arbeitsgerät überlassenen Pult (Erw. 2).

100 IV 108 () from 5. April 1974
Regeste: I. Art. 251 StGB. 1. Bei Anwendung dieser Bestimmung kommt es nicht darauf an, ob der Täter zur Beurkundung einer rechtlich erheblichen Tatsache befugt sei; entscheidend ist, ob die beurkundete Tatsache inhaltlich wahr ist (Erw. 1). 2. Die vom bisherigen Markeninhaber zuhanden des Amtes für geistiges Eigentum gemäss Art. 16 MSchG in Verbindung mit Art. 19 MSchV beglaubigte Erklärung, die Marke sei auf einen neuen Inhaber übergegangen, hat Urkundencharakter im Sinne von Art. 110 Ziff. 5 StGB (Erw. 2). II. Art. 159 StGB. Ein einzelzeichnungsberechtigter Verwaltungsrat, der für das Vermögen der Aktiengesellschaft durch Abschluss von Rechtsgeschäften zu sorgen hat, muss sich die von ihm vorgenommene unbefugte Übertragung einer im Register eingetragenen und zum Vermögen der Aktiengesellschaft gehörenden Marke auf einen Dritten als Schädigung fremden Vermögens zurechnen lassen (Erw. 4).

100 IV 176 () from 30. Juli 1974
Regeste: BRB vom 18.7.1958/10.6.1968 über die Förderung des Absatzes von inländischer Schafwolle. Art. 251 und 148 StGB. Urkundenfälschung und Betrug(sversuch) des Wollproduzenten durch falsche Absenderangabe auf Frachtbriefen für Wollsendungen an die Schweiz. Inlandwollzentrale.

101 III 43 () from 13. Januar 1975
Regeste: Ausseramtliche Konkursverwaltung (Art. 237 Abs. 2 SchKG). Als ausseramtliche Konkursverwaltung kann auch eine juristische Person gewählt werden.

101 IV 60 () from 5. März 1975
Regeste: Art. 253 StGB; Erschleichung einer falschen Beurkundung. 1. Die öffentliche Urkunde über die Gründung einer Aktiengesellschaft stellt eine Urkunde im Sinne von Art. 110 Ziff. 5 StGB dar (Erw. 2a). 2. Wer im Zusammenhang mit der Gründung einer Aktiengesellschaft dem beurkundenden Notar wahrheitswidrig angibt, die Einlagen ständen zur freien Verfügung der Gesellschaft, erfüllt den objektiven Tatbestand des Art. 253 StGB (Erw. 2b).

101 IV 145 () from 30. April 1975
Regeste: Art. 110 Ziff. 5 und 253 StGB. 1. Die öffentliche Urkunde über die Gründung einer AG stellt eine Urkunde im Sinne von Art. 110 Ziff. 5 StGB dar (Erw. 2a). 2. Erschleichung einer Falschbeurkundung, wenn eine Bargründung vorgetäuscht wird, aber eine Sachübernahmegründung beabsichtigt ist (Erw. 2b).

101 IV 278 () from 10. Oktober 1975
Regeste: Art. 110 Ziff. 5 StGB. 1. Die Beweisbestimmung allein macht ein Schriftstück nicht zur Urkunde; es muss überdies nach Gesetz oder Verkehrsübung zum Beweis geeignet sein. 2. Quittungen sind Urkunden, sobald sie an den Schuldner gelangt sind.

102 IV 29 () from 6. Februar 1976
Regeste: 1. Art. 305 StGB. Wer einen Dritten begünstigt, ist straflos, wenn er zugleich auch sich selbst begünstigen wollte (Erw. 1). 2. Art. 251 Ziff. 1, 110 Ziff. 5 StGB. Eine Falschurkunde kann auch vorliegen, wenn unwahre Tatsachen beurkundet werden, die für die Beurteilung des Werts oder der Beweiskraft eines Beweismittels von rechtlicher Bedeutung sind (Erw. 2a). Beweiseignung privatschriftlicher Aufzeichnungen kraft kantonalen Prozessrechts (Erw. 2b).

102 IV 162 () from 11. Juni 1976
Regeste: Art. 110 Ziff. 3 StGB. Ob ein vorübergehender Spitalaufenthalt die Hausgemeinschaft aufhebt, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab.

102 IV 191 () from 10. September 1976
Regeste: Art. 110 Ziff. 5, Art. 251 Ziff. 1 StGB. Urkundenfälschung. 1. Die Herstellung fiktiver Fakturen und Geschäftsbriefe auf den Namen anderer Firmen, die dazu ihre Einwilligung gaben, begründet keine Fälschung. Dagegen liegt eine solche in der Zurückdatierung der Fakturen und Briefe (Erw. 1). 2. Fakturen und Briefe sind im allgemeinen nicht geeignet, die Wahrheit ihres Inhaltes zu beweisen. Hingegen sind Bankbescheinigungen zum Beweis geeignet (Erw. 2 und 3). 3. Eventualabsicht, einen unrechtmässigen Vorteil für einen andern zu erlangen (Erw. 4).

103 IA 218 () from 26. Januar 1977
Regeste: Auslieferung: Steuerdelikte. 1. Begriff der unechten Gesetzeskonkurrenz zwischen einem Steuer- und einem Auslieferungsdelikt des gemeinen Strafrechts. Eine solche Gesetzeskonkurrenz schliesst die Auslieferung aus (E. 2). 2. Auf Leistungs- und Abgabebetrug, auf Urkundenfälschung und Erschleichung einer falschen Beurkundung sind, falls sich das Delikt ausschliesslich gegen das Gemeinwesen richtet und vom VStrR erfasst wird, lediglich die Bestimmungen des VStrR anwendbar (Art. 14 und Art. 15), unter Ausschluss der entsprechenden des gemeinen Strafrechts (insbesondere der Art. 148, Art. 251 und Art. 246 StGB). Es handelt sich dann um Steuerdelikte, welche als solche keine Auslieferung begründen können (E. 7).

103 IV 239 () from 1. Dezember 1977
Regeste: Art. 110 Ziff. 5, 251 StGB. Urkundenfälschung. Die in einem Aktienzertifikat abgegebene Erklärung, die Inhaberaktien seien voll einbezahlt, hat die Bedeutung einer Quittung.

103 V 157 () from 28. Oktober 1977
Regeste: Art. 9 Abs. 1 lit. a der VO II über die Unfallversicherung, Art. 20 Abs. 1 VwVG. Berechnung der sechsmonatigen Frist zur "gerichtlichen Klage" (recte: Beschwerde) gegen eine Verfügung der SUVA.

105 IV 242 () from 23. Oktober 1979
Regeste: Art. 110 Ziff. 5 und 251 Ziff. 1 Abs. 3 StGB. Der Tatbestand des Gebrauchs einer von einem Dritten hergestellten falschen Urkunde ist erfüllt, wenn der Täter mit Wissen und Willen eine objektiv falsche Urkunde zur Täuschung eines andern verwendet; es ist unerheblich, ob der Hersteller der Urkunde die subjektiven Tatbestandselemente der Urkundenfälschung erfüllt (Erw. 2 a-c). Art. 68 Ziff. 1, 148 und 251 Ziff. 1 Abs. 3 StGB. Es besteht ldealkonkurrenz zwischen dem Gebrauch einer von einem Dritten hergestellten Urkunde und dem Betrug (Erw. 3).

108 IV 25 () from 25. März 1982
Regeste: Art. 251 StGB. Die kaufmännische Buchhaltung und ihre Belege müssen nicht nur formal, sondern auch materiell richtig sein (Art. 957 OR). Wer durch Wechsel- und Checkreiterei den Stand eines Bankkontos auf Kontrollstichtage hin von Soll auf Haben bringt und so in der Buchhaltung eine den Tatsachen nicht entsprechende Vermögenssituation vorspiegelt, macht sich der Falschbeurkundung schuldig.

109 IV 121 () from 30. Mai 1983
Regeste: Art. 204, 58 Abs. 4 StGB; unzüchtige Veröffentlichung, Ersatzforderung des Staates. 1. Eine zurückhaltende Anwendung des Art. 204 Ziff. 1 StGB ist nur für diejenigen Fälle angezeigt, die nicht unter die eigentliche Pornographie fallen (E. 1). 2. Soweit die Einziehung der unzüchtigen Gegenstände nicht mehr möglich ist, steht dem Staat eine Ersatzforderung in der Höhe des Bruttoertrages aus dem "Pornohandel" zu (E. 2).

110 IB 173 () from 4. Juli 1984
Regeste: Bundesgesetz über internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRSG). Gegenrechtsprinzip (E. 3a). Grundsatz der Spezialität (E. 3b). Formerfordernisse gemäss Art. 28 IRSG (E. 4). Beidseitige Strafbarkeit (E. 5). Kein Anwendungsfall von Art. 2 IRSG (E. 6).

113 IB 175 () from 20. August 1987
Regeste: Rechtshilfe in Strafsachen gegenüber den USA. 1. Art. 2 Ziff. 1 lit. c Abs. 1 RVUS, Art. 2 lit. b und c sowie Art. 3 Abs. 1 IRSG; erweiterter Schutz, politisches Delikt, Umstände im Zusammenhang mit einem solchen Delikt. Die Untersuchung wird im ersuchenden Staat durch eine von den politischen Instanzen unabhängige Gerichtsperson geführt und zielt einzig auf die Verfolgung von Delikten des gemeinen Rechts. Der Umstand allein, dass sie einen Bezug zur politischen Angelegenheit von "Irangate" hat, erlaubt es der Schweiz nicht, die Rechtshilfe gestützt auf Art. 2 Ziff. 1 lit. c Abs. 1 RVUS zu verweigern (E. 6). 2. Art. 4 Ziff. 2 lit. a RVUS; Zwangsmassnahmen. Der im Rechtshilfeersuchen angegebene Sachverhalt erfüllt die objektiven Voraussetzungen eines Deliktes, das nach schweizerischem Recht strafbar (Art. 314 StGB) und im Anhang zum Rechtshilfevertrag aufgeführt ist (Ziff. 16 und Ziff. 19 lit. c) (E. 7).

114 IV 26 () from 10. Juni 1988
Regeste: Art. 110 Ziff. 5 und 251 Ziff. 2 StGB. Urkundencharakter von Fotokopien. Fotokopien kommt im gewöhnlichen Geschäftsverkehr Beweiseignung zu. Wer eine vom Original eines Steuerinventars abweichende Fotokopie benützt, um für einen Autokauf seine Solvenz zu beweisen, macht sich der Fälschung einer öffentlichen Urkunde schuldig.

114 IV 31 () from 24. Mai 1988
Regeste: Art. 110 Ziff. 5, 251 und 254 StGB; Urkundencharakter eines Kassabuches. Jeder einzelnen Aufzeichnung, die im Rahmen der kaufmännischen Buchführung der Erstellung des Kassabuches dient, kommt Urkundenqualität zu. Dasselbe gilt für ursprüngliche Entwürfe, die später durch eine Neuschrift mit oder ohne Abänderungen ersetzt werden.

114 IV 32 () from 19. Februar 1988
Regeste: Art. 110 Ziff. 5 StGB i.V.m. Art. 293 SchKG; Beweiseignung einer Bilanz. Eine im Nachlassverfahren eingereichte Bilanz stellt eine Urkunde dar, der von Gesetzes wegen Beweiseignung hinsichtlich der dargestellten Vermögenslage zukommt (E. 2). Art. 170 und 251 StGB. Zwischen Erschleichung eines gerichtlichen Nachlassvertrages und Urkundenfälschung besteht echte Konkurrenz (E. 3).

115 IB 68 () from 4. April 1989
Regeste: Internationale Rechtshilfe in Strafsachen. Begriff des Abgabebetruges; Verhältnismässigkeitsgebot; Bankgeheimnis; Begriff des unbeteiligten Dritten; Verfahrensmängel im Sinne von Art. 2 IRSG, politisches Delikt. 1. Bestätigung der Rechtsprechung, wonach für die Auslegung des Begriffs des Abgabebetruges gemäss Art. 3 Abs. 3 Satz 2 IRSG auf die Bestimmung des Art. 14 Abs. 2 VStrR und damit auf die Umschreibung des Betrugsbegriffs in Art. 148 StGB und die hiezu bestehende bundesgerichtliche Rechtsprechung abzustellen ist (E. 3). 2. Die in casu verlangte Auskunftserteilung über zwei Bankkonten stellt keine Verletzung des auch im Rechtshilfeverkehr zu beachtenden Verhältnismässigkeitsgebotes dar (E. 4a) und führt auch nicht zu einer Verwässerung des Bankgeheimnisses (E. 4b). 3. Beim Inhaber von Bankkonten, die in den untersuchten Sachverhalt verwickelt sind, und bei der Bank selber, bei der sich die betreffenden Konten befinden, handelt es sich nicht um unbeteiligte Dritte im Sinne von Art. 10 Abs. 1 IRSG (E. 4c). 4. Der Gegenstand des Rechtshilfeersuchens bildende Sachverhalt wird im ersuchenden Staat durch Gerichtspersonen untersucht, die von den politischen Instanzen unabhängig sind. Der Umstand allein, dass dieser Sachverhalt einen Bezug zur "Parteispendenaffäre" hat, erlaubt es der Schweiz nicht, die Rechtshilfe gestützt auf Art. 2 lit. a EÜR bzw. Art. 2 lit. b/c und Art. 3 Abs. 1 IRSG zu verweigern (E. 5). Auch besteht kein Anlass zur Annahme, dass das die Beschuldigten betreffende Strafverfahren im ersuchenden Staat sonstwie einen schweren Mangel (Art. 2 lit. d IRSG) aufweisen könnte (E. 6).

115 IV 114 () from 13. Juni 1989
Regeste: Art. 251 Ziff. 1 Abs. 2 StGB, Art. 59a VRV, Art. 133a VZV, Art. 83a der Verordnung über Bau und Ausrüstung der Strassenfahrzeuge (BAV) vom 27. August 1969 (SR 741.41); Falschbeurkundung, Abgas-Wartungsdokument. Inhaltlich unrichtige Feststellungen in einem Abgas-Wartungsdokument können eine Falschbeurkundung darstellen: denn es dient der Polizei als Beleg dafür, dass die Abgaswartung durchgeführt wurde (Art. 133a Abs. 1 VZV; E. 2). Entgegen dem Wortlaut verlangt Art. 83a Abs. 4 BAV nicht Identität zwischen der Person, welche die Wartungsarbeiten durchgeführt hat, und derjenigen, welche die Prüfung bestätigt (E. 3).

115 IV 225 () from 5. September 1989
Regeste: Art. 110 Ziff. 5 und 251 Ziff. 1 StGB; Urkundenfälschung. - Eine Rechnung, die einen Bestandteil der dem Inhaber einer Weinhandelsbewilligung obliegenden Buchführung bildet, ist eine Urkunde (E. 2c ff.). - Es liegt eine Falschbeurkundung vor, wenn eine Rechnung den Eindruck vermittelt, dass deklassierte Weine entsprechend den geltenden Regeln gehandelt wurden, obwohl sie dem Käufer als nicht deklassierte Weine angeboten worden sind (E. 2d).

116 IA 477 () from 19. November 1990
Regeste: Art. 85 lit. a OG; Wahl der Gemeindeexekutive; Verwandtschaftsgrad als Unvereinbarkeitsgrund. 1. Gleich wie im Fall der Unwählbarkeit, kann die Frage der Unvereinbarkeit aufgrund von Verwandtschaft oder Verschwägerung im Rahmen einer Stimmrechtsbeschwerde gemäss Art. 85 lit. a OG gestellt werden (E. 1). 2. Der in Art. 48 lit. d des Waadtländischen Gesetzes über die Gemeinden vom 28. Februar 1956 enthaltene Begriff "Schwager" findet nur Anwendung auf Blutsverwandte des Ehegatten und nicht auf Angeheiratete; er betrifft also nicht die Ehegatten von zwei Schwestern (E. 2).

116 IV 50 () from 29. März 1990
Regeste: Art. 110 Ziff. 5, Art. 251 StGB. Urkundenfälschung. Urkundeneigenschaft einer in einem Lieferschein enthaltenen Quittung betreffend den Empfang der Ware trotz Unleserlichkeit der Unterschrift des für den angeblichen Warenbesteller auftretenden angeblichen Unterzeichners des Dokuments im konkreten Fall bejaht.

116 IV 52 () from 6. März 1990
Regeste: Art. 251 Ziff. 1 StGB; Falschbeurkundung. Der Bankangestellte, der Kreditüberschreitungen eines Kunden verschleiern will und deshalb auf den Monatsultimo hin wirtschaftlich voll werthaltige Checks dem Konto des Kunden gutschreibt, obwohl das Konto kurz nach Monatsende durch entsprechende Bezüge wieder belastet wird, begeht hinsichtlich der Bankbuchhaltung keine Falschbeurkundung.

116 IV 134 () from 2. März 1990
Regeste: Art. 141 StGB. Die Anwendung dieser Bestimmung ist nicht auf die Aneignung körperlicher Sachen beschränkt. Der Unterschlagung macht sich auch schuldig, wer in der Absicht unrechtmässiger Bereicherung über ein Guthaben verfügt, das, wie er weiss, seinem Konto irrtümlich gutgeschrieben wurde (Bestätigung von BGE 87 IV 115).

116 IV 343 () from 14. Juni 1990
Regeste: Art. 110 Ziff. 5 und Art. 251 StGB; Urkundenfälschung. Nicht die mittels eines Computers auf elektromagnetischen Datenträgern gespeicherten Daten als solche, sondern deren Erscheinungsbild in der Form des Ausdrucks oder der Bildschirmanzeige (sog. Output) können als Schriften und Zeichen im Sinne von Art. 110 Ziff. 5 StGB betrachtet werden und damit, soweit sie deren übrige Voraussetzungen erfüllen, Urkunden darstellen (Präzisierung der Rechtsprechung). Voraussetzungen, unter denen bei einer Bildschirmanzeige die für eine Schrift erforderliche Beständigkeit bejaht werden kann (E. 5b). Beweiseignung der Wiedergabe einer Gutschrift oder des Standes eines Bankkontos mittels Computerausdruck oder Bildschirmanzeige (E. 6).

117 IB 367 () from 15. November 1991
Regeste: Art. 114bis Abs. 3 BV, Art. 130 Abs. 1 BdBSt, Art. 6 Ziff. 2 EMRK; Steuerstrafrecht; Erbenhaftung; Unschuldsvermutung; Überprüfung von Bundesgesetzen. 1. Die Überprüfung von Bestimmungen des BdBSt auf ihre Verfassungsmässigkeit ist nach Art. 114bis Abs. 3 BV ausgeschlossen (E. 1). 2. Können Bestimmungen des BdBSt daraufhin geprüft werden, ob sie mit der EMRK übereinstimmen? (E. 2). 3. Die in Art. 130 Abs. 1 BdBSt verankerte Haftung der Erben für die vom Erblasser verwirkten Nachsteuern und Bussen verstösst nicht gegen die Unschuldsvermutung gemäss Art. 6 Ziff. 2 EMRK (E. 3-5).

117 IV 35 () from 16. April 1991
Regeste: Art. 251 StGB; Falschbeurkundung (inhaltlich unwahre Rechnungen). 1. Art. 251 StGB ist restriktiv anzuwenden, soweit es um die Falschbeurkundung geht; eine im Verhältnis zur "schriftlichen Lüge" erhöhte Überzeugungskraft der unwahren Urkunde ist nur anzunehmen, wenn allgemeingültige objektive Garantien die Wahrheit der Erklärung gewährleisten (E. 1). 2. Falschbeurkundung bei einer zuhanden einer Versicherung ausgestellten, fingierten Rechnung im konkreten Fall verneint (E. 2).

117 IV 165 () from 14. Mai 1991
Regeste: Art. 251 StGB; Falschbeurkundung. Das Erstellen von inhaltlich unwahren Regierapporten (Tagesrapporten) stellt keine Falschbeurkundung dar.

117 IV 404 () from 25. Oktober 1991
Regeste: Art. 69 StGB; Anrechnung der Untersuchungshaft. Von der Anrechnung der Untersuchungshaft auf die Freiheitsstrafe gemäss Art. 69 StGB ist nur abzusehen, soweit der Beschuldigte - durch sein Verhalten nach der Tat - die Untersuchungshaft in der Absicht herbeigeführt oder verlängert hat, dadurch den Strafvollzug zu verkürzen oder zu umgehen (E. 2; Änderung der Rechtsprechung).

118 IV 35 () from 6. Januar 1992
Regeste: Art. 148 StGB; Betrug. Vorlage von nicht im Rahmen der zulässigen, ordnungsgemässen Geschäftsführung liegenden Schreiben zur (unbesehenen) Erteilung der Zweitunterschrift; Ausnützung eines Vertrauensverhältnisses; Irrtum; Vermögensverfügung (E. 2). Art. 110 Ziff. 5, 254 StGB; Unterdrückung von Urkunden. Sowohl unechte als auch echte, aber inhaltlich unwahre Urkunden sind Urkunden, wenn sie als Beleg für die Buchhaltung bestimmt und damit Bestandteile derselben sind; dies gilt auch für inhaltlich völlig fiktive Rechnungen. Konkurrenz zwischen Urkundenfälschung und Unterdrückung von unechten/unwahren Urkunden (E. 3).

118 IV 254 () from 25. Juni 1992
Regeste: Art. 110 Ziff. 5 Abs. 2, Art. 251 Ziff. 1 StGB; Urkundenfälschung; Selbstbegünstigung mittels eines gefälschten "Unfallprotokolls". 1. Das ausgefüllte und von den am Unfall beteiligten Fahrzeuglenkern unterzeichnete vorgedruckte Formular "Unfallprotokoll" ist eine Urkunde im Sinne von Art. 110 Ziff. 5 Abs. 1 StGB (E. 3). 2. Das Unterzeichnen des Unfallprotokolls mit einem falschen Namen stellt eine Urkundenfälschung dar (E. 4). 3. Die Absicht, sich mittels einer Urkundenfälschung einer Verurteilung zu entziehen, erfüllt die unrechtmässige Vorteilsabsicht i.S. v. Art. 251 Ziff. 1 StGB (E. 5). 4. Ein zugleich mit strafloser Selbstbegünstigung begangenes anderes Delikt ist uneingeschränkt strafbar (E. 5).

118 IV 309 () from 17. Juni 1992
Regeste: Art. 25 StGB. Gehilfenschaft eines Beamten. Die generelle Pflicht eines jeden Beamten, den Strafverfolgungsbehörden die Straftaten anzuzeigen, von denen er bei Ausübung seines Amtes Kenntnis erhalten hat, begründet nicht in jedem Fall eine Garantenstellung. Der Beamte, dessen Aufgabe nicht speziell darin besteht, mit der Polizei zusammenzuarbeiten, macht sich nicht der Gehilfenschaft zu Betrug schuldig, auch wenn der Betrüger seine deliktische Tätigkeit zum Nachteil Dritter fortsetzen kann, weil der Beamte ihn nicht angezeigt hat (E. 1). Art. 316 StGB. Annahme von Geschenken. Verjährung. Diese Tat impliziert nicht ein andauerndes pflichtwidriges Verhalten des Täters. Die Verfolgungsverjährung beginnt daher jeweils mit jeder Entgegennahme eines Vorteils zu laufen, auch wenn der Täter während mehreren Jahren Geschenke angenommen hat (E. 2).

119 IV 234 () from 1. Dezember 1993
Regeste: Art. 251 StGB; Urkundenfälschung. Begriff der Urkunde (E. 2b). Unrechtmässig ist der mit einer falschen Urkunde angestrebte Beweisvorteil auch dann, wenn der Täter damit einen berechtigten Anspruch durchsetzen will (E. 2c; Bestätigung der Rechtsprechung).

120 IV 25 () from 24. Januar 1994
Regeste: Art. 251 Ziff. 1 StGB; Falschbeurkundung. Die Errichtung einer inhaltlich falschen einfach-schriftlichen Vertragsurkunde stellt nur dann eine Falschbeurkundung dar, wenn besondere Garantien dafür bestehen, dass die beiden übereinstimmend abgegebenen Erklärungen dem wirklichen Willen der Vertragsparteien entsprechen (E. 3f; Bestätigung der in BGE 117 IV 35 begründeten Rechtsprechung).

120 IV 122 () from 20. Mai 1994
Regeste: Art. 251 Ziff. 1 StGB; Falschbeurkundung. Die Herausgabe eines inhaltlich unwahren, bei der Kapitalerhöhung nach dem Verfahren der Simultangründung freiwilligen Emissionsprospekts erfüllt den Tatbestand der Falschbeurkundung (E. 4d). Art. 251 Ziff. 1 Abs. 3 StGB; Verwendung der falschen Urkunde zur Täuschung. Wer inhaltlich falsche Bilanzen an der Generalversammlung vertritt und als Verwaltungsratspräsident deren Publikation gestattet, macht sie den Getäuschten zugänglich und erfüllt den Tatbestand des Gebrauchs falscher Urkunden (E. 5c). Art. 148 Abs. 1 StGB; Arglist und Vermögensschaden. Die missbräuchliche Verwendung des unwahren Emissionsprospekts ist unabhängig von seiner Urkundenqualität arglistig, soweit eine Überprüfung nicht möglich oder nicht zumutbar ist (E. 6a). Durch die Zeichnung von Aktien, deren innerer Wert geringer ist, als vorgetäuscht wurde, erleiden die Anleger einen objektiven Schaden, da der aufgewendete Liberierungsbetrag im Umfang des vorgetäuschten Mehrwerts nicht der erworbenen Gegenleistung entspricht. Die Anleger sind auch insofern geschädigt, als der Wert der Papiere durch die Gefahr des Zerfalls der Börsenkurse bei Bekanntwerden der Täuschung vermindert ist (E. 6b).

120 IV 179 () from 16. Mai 1994
Regeste: Art. 251 Ziff. 1, Art. 110 Ziff. 5 StGB; Urkundeneigenschaft eines Telefax. Das vom empfangenden Telefaxapparat angefertigte Schriftstück ist eine Urkunde, wenn das beim Absender verwendete Schriftstück, das fernkopiert wird, selber Urkundenqualität hat (E. 1c).

120 IV 199 () from 22. August 1994
Regeste: Art. 110 Ziff. 5, Art. 251 Ziff. 1, Art. 253, Art. 21 ff. StGB; Art. 701, Art. 702 Abs. 2 OR; inhaltlich unrichtiges Protokoll einer Universalversammlung, Falschbeurkundung, Erschleichung einer falschen Beurkundung, Versuch/Wahndelikt. Ein Universalversammlungsprotokoll hat insoweit Urkundeneigenschaft, als es Grundlage für einen Eintrag im Handelsregister bildet (E. 3c). Wer an einer Universalversammlung die Erklärung des Vorsitzenden, es seien sämtliche Aktien vertreten, im Wissen um deren Unwahrheit protokolliert, ist, sofern nebst dem Vorsatz auch die Schädigungs- oder Vorteilsabsicht gegeben ist, wegen Falschbeurkundung strafbar (E. 3d). Sind sämtliche Aktien vertreten, rechnet der Protokollführer aber damit, es verhalte sich anders, und nimmt er das in Kauf, kommt ein eventualvorsätzlicher Versuch der Falschbeurkundung in Betracht, nicht ein strafloses Wahndelikt (E. 3e). Wer die gültige Wahl eines Verwaltungsrates beim Handelsregister anmeldet und dabei deren Ungültigkeit in Kauf nimmt, ist wegen eventualvorsätzlichen Versuchs der Erschleichung einer falschen Beurkundung strafbar (E. 4).

121 IV 131 () from 10. Mai 1995
Regeste: Art. 110 Ziff. 5 und 251 StGB; Falschbeurkundung durch eine Rechnung mit dazugehöriger Quittung. Einer fiktiven Rechnung mit dazugehöriger Quittung kommt nicht von Gesetzes wegen eine allgemeingültige objektive Garantie zu, die in jedem Fall eine Falschbeurkundung darstellen würde. Aufgrund der Umstände ist noch zu prüfen, ob ein solches Schriftstück z.B. wegen besonderer Eigenschaften der ausstellenden Person einen erhöhten Beweiswert besitzt (E. 2c). Art. 179septies StGB; Missbrauch des Telefons, Begriff der Bosheit und des Mutwillens. Der Begriff des Missbrauchs ist eine vom Richter zu entscheidende Wertungsfrage. Bosheit ist anzunehmen, wenn der Täter die Tat begeht, weil ihm der Schaden oder die Unannehmlichkeiten, die er dem andern damit zufügt, Freude bereiten. Mutwillen bedeutet rücksichtsloses Handeln oder Handeln aus Übermut, Trotz, um eine momentane Laune zu befriedigen (E. 5b).

121 IV 216 () from 14. Juli 1995
Regeste: Art. 110 Ziff. 4, 317 Ziff. 1 Abs. 2 StGB; Falschbeurkundung im Amt. Unterschiede zwischen den Tatbeständen der privaten Falschbeurkundung und der Falschbeurkundung im Amt nach neuem Recht (E. 2). Der Amtsvormund handelt jedenfalls bei der Erstellung von Inventar und Berichten sowie der Rechnungslegung nach Vormundschaftsrecht als Beamter (E. 3). Die Täuschungsabsicht ergibt sich aus dem Willen des Täters, die Urkunde als wahr zu verwenden. Dass eine Person tatsächlich getäuscht wird, ist nicht erforderlich (E. 4).

122 I 18 () from 19. März 1996
Regeste: Art. 4 und 58 BV, Art. 2 ÜbBest. BV, Art. 5 Ziff. 4 EMRK; Zürcher Gesetzesänderungen betreffend fürsorgerische Freiheitsentziehung; abstrakte Normenkontrolle. § 5a der Zürcher Zivilprozessordnung (ZPO), wonach der Richter am Ort der Anstalt zur Behandlung eines Gesuchs um gerichtliche Beurteilung der fürsorgerischen Freiheitsentziehung zuständig ist, verletzt Art. 2 ÜbBest. BV, Art. 58 BV und Art. 4 BV nicht (E. 2b/aa-cc). Es verstösst nicht gegen Bundesrecht, wenn nach dem kantonalen Recht die Berufung auch gegen einen den Freiheitsentzug aufhebenden Entscheid des Einzelrichters zulässig ist (E. 2c/aa). Die Vorschrift von § 203e Abs. 2 Ziff. 4 ZPO, die den Kreis der Verfahrensbeteiligten gegenüber dem Bundesrecht einschränkt, verletzt Art. 2 ÜbBest. BV (E. 2c/bb). Die zürcherische Regelung des Berufungsverfahrens ist mit Art. 397f Abs. 1 ZGB und Art. 5 Ziff. 4 EMRK vereinbar (E. 2d).

122 IV 332 () from 26. September 1996
Regeste: Art. 251 Ziff. 1 StGB; Falschbeurkundung. Das nachträgliche Ausstellen und Rückdatieren von Vollmachten stellt eine Falschbeurkundung dar, da nach der gesetzlichen Regelung über die Stellvertretung der schriftlichen Vollmachtsurkunde vom Adressaten ein besonderes Vertrauen entgegengebracht werden darf und diese somit in objektiver Weise die Wahrheit der Urkunde gewährleistet (E. 2c).

123 IV 17 () from 20. Dezember 1996
Regeste: Art. 251 Ziff. 1 aStGB; Herstellen unechter Urkunden. Ein nicht zeichnungsberechtigter Angestellter einer juristischen Person, der im Namen der Gesellschaft und auf Briefpapier mit dem Briefkopf der Gesellschaft Garantieerklärungen errichtet und unterschreibt, stellt unechte Urkunden her (E. 2). Art. 159 aStGB; ungetreue Geschäftsführung; Schädigung fremder Vermögensinteressen. Der Geschäftsstellenleiter einer Gesellschaft, der in deren Namen und aus Geldgier unwiderrufliche, abstrakte Garantieerklärungen unterschreibt, die nicht bestehen, begeht qualifizierte ungetreue Geschäftsführung (E. 3; Bestätigung der Rechtsprechung).

123 IV 61 () from 14. April 1997
Regeste: Art. 251 Ziff. 1 StGB; Falschbeurkundung. Das Erstellen und Vorlegen eines simulierten Vertrages zum Zweck der Erlangung eines Kredits erfüllt den Tatbestand der Falschbeurkundung nicht (E. 5c/cc).

123 IV 132 () from 9. Juni 1997
Regeste: Art. 251 Ziff. 1 StGB und 253 StGB; unwahre Universalversammlungsprotokolle. Universalversammlungsprotokollen einer Aktiengesellschaft kommt Urkundenqualität zu, soweit sie Grundlage für einen Eintrag im Handelsregister bilden (E. 3; Bestätigung der Rechtsprechung). Strafbarkeit des Organs von zwei Aktiengesellschaften, das trotz fehlender materieller Berechtigung einem Notar alle Inhaberaktien dieser Gesellschaften vorweist, vom Notar die Abhaltung gültiger Universalversammlungen beurkunden lässt, und den Eintrag der gefällten Beschlüsse in das Handelsregister veranlasst (E. 4).

124 IV 1 () from 16. Februar 1998
Regeste: Art. 69 StGB und Art. 110 Ziff. 7 StGB; Art. 13b ANAG; Ausschaffungshaft, Anrechnung auf die Freiheitsstrafe. Die Ausschaffungshaft ist auf die Freiheitsstrafe jedenfalls dann grundsätzlich anzurechnen, wenn auch die Voraussetzungen der Untersuchungshaft gegeben waren und die Ausschaffungshaft faktisch die Funktion der Untersuchungshaft übernommen hat (E. 2b).

124 IV 269 () from 10. September 1998
Regeste: Art. 260 StGB, Landfriedensbruch. Zusammenfassung der Voraussetzungen für die Anwendung dieser Bestimmung (E. 2). Art. 69 und 110 Ziff. 7 StGB, Anrechnung der Untersuchungshaft. Der alleinige Umstand, dass die Untersuchungshaft durch einen Polizeioffizier und nicht durch einen Richter angeordnet wurde, rechtfertigt es nicht, sie nicht an die Freiheitsstrafe anzurechnen (E. 4).

125 II 250 () from 19. April 1999
Regeste: Art. 2 lit. a EUeR, Art. 14 Abs. 2 VStrR, § 4 Abs. 3 des deutschen Einkommenssteuergesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. April 1997 (EStG, BGBl. I S. 821): Deutsches Rechtshilfeersuchen in einem Fall von Steuerhinterziehung, begangen durch Einreichen von unvollständigen Einnahmen-Überschussrechnungen. Grundsätzlich wird keine Rechtshilfe gewährt bei Fiskaldelikten (E. 2). Ein rechtshilfefähiger Abgabebetrug liegt immer vor, wenn der Steuerpflichtige unrichtige oder unvollständige Urkunden im Sinne von Art. 110 Ziff. 5 Abs. 1 StGB den Steuerbehörden eingereicht hat (E. 3). Im Rechtshilfeverfahren ist nach dem schweizerischen Strafrecht zu entscheiden, ob ein der ausländischen Steuerbehörde eingereichtes Schriftstück eine Urkunde ist; nach dem ausländischen Recht beurteilt sich die Bestimmung und Eignung zum Beweis (E. 4a). Die Einnahmen-Überschussrechnung im Sinne von § 4 Abs. 3 des deutschen EStG ist dann eine Urkunde gemäss Art. 110 Ziff. 5 Abs. 1 StGB, wenn ihr eine nach kaufmännischen Grundsätzen geführte Buchhaltung zugrunde liegt bzw. zugrunde liegen sollte (E. 4b-d). Andernfalls begründet die Einreichung einer unvollständigen Einnahmen-Überschussrechnung für sich allein noch keine Arglist (E. 5).

125 IV 17 () from 15. Februar 1999
Regeste: Art. 251 Ziff. 1 StGB und Art. 110 Ziff. 5 Abs. 1 StGB; Art. 530 ff. OR, Art. 552 ff. OR und Art. 957 ff. OR; inhaltlich unrichtige Buchhaltung eines Anwaltsbüros, Falschbeurkundung. Eine Buchführung ist dann eine kaufmännische, wenn sie nach der Zielsetzung von Art. 957 OR geführt wird, lückenlose Belege und Bücher umfasst und so die Feststellung der Vermögenslage mit den Schuld- und Forderungsverhältnissen sowie der Betriebsergebnisse der Geschäftsjahre ermöglicht, unabhängig davon, ob das betreffende Unternehmen der Buchführungspflicht unterliegt (Präzisierung von BGE 91 IV 188). Falschbeurkundung bejaht bei einem Anwalt, der veranlasste, dass in der Buchhaltung des Anwaltsbüros Einnahmen nicht verbucht wurden, die nach der mit seinem Partner getroffenen Vereinbarung hätten verbucht werden müssen (E. 2).

125 IV 273 () from 30. September 1999
Regeste: Art. 251 Ziff. 1 StGB; Falschbeurkundung. Falschbeurkundung verneint bei zwei inhaltlich falschen Erklärungen über die Finanzierung des Kaufs einer Eigentumswohnung.

126 IV 65 () from 17. April 2000
Regeste: Art. 68 Ziff. 1 Abs. 1 StGB, Art. 251 aStGB und Art. 46 Abs. 1 lit. k BankG; Konkurrenz. Die ungenaue oder unvollständige Abfassung und Erstattung eines Bankenrevisionsberichts fällt nicht unter den Tatbestand des Art. 251 aStGB, wenn der Revisor dabei nur die Kontrolle vermeiden will, die ihm das eidgenössische Bankengesetz auferlegt. Handelt er jedoch mit einem anderen Ziel oder zieht er wenigstens eine andere Verwendung seines Berichts in Betracht, ist echte Konkurrenz möglich zwischen dem bankenrechtlichen Tatbestand und dem Tatbestand der Urkundenfälschung des Strafgesetzbuches, sofern deren Voraussetzungen erfüllt sind (E. 3).

129 IV 53 () from 3. Dezember 2002
Regeste: Art. 146 StGB (Betrug), Art. 251 StGB (Urkundenfälschung); Art. 68 StGB (Gesetzeskonkurrenz). Tatbestandsmässigkeit der Urkundenfälschung (E. 2). Zwischen den Straftatbeständen der Urkundenfälschung und des Betruges besteht grundsätzlich echte Gesetzeskonkurrenz (Bestätigung der Rechtsprechung, E. 3).

129 IV 130 () from 28. Januar 2003
Regeste: Art. 251 Ziff. 1 Abs. 1 und Art. 110 Ziff. 5 StGB; Art. 957 ff. OR; Rückdatieren von buchhalterischen Geschäftsvorgängen, Falschbeurkundung. Der kaufmännischen Buchhaltung kommt ungeachtet einer fehlenden gesetzlichen Buchführungspflicht Urkundencharakter zu (Bestätigung der Rechtsprechung; E. 2.2). Wer Geschäftsvorgänge rückdatiert, deren Belege für die kaufmännische Buchhaltung bestimmt sind, begeht bereits mit der Rückdatierung eine Falschbeurkundung, wenn die Buchung das von der kaufmännischen Buchführung zu vermittelnde Bild verfälscht (E. 2.3 und 3).

130 II 193 () from 11. Februar 2004
Regeste: Art. 9, 12, 18a Abs. 3 und 63 f. IRSG, Art. 69 und 77 BStP, Art. 4 Abs. 3 BÜPF; rechtshilfeweise Entsiegelung und Durchsuchung von Dokumenten und elektronischen Daten einer Anwaltskanzlei. Für die Prüfung verfahrensleitender (zwangsmassnahmenrechtlicher) Gesuche der ausführenden Bundesbehörde ist in Rechtshilfesachen grundsätzlich die I. öffentlichrechtliche Abteilung des Bundesgerichtes zuständig (E. 2.2). Im Gesuch um Entsiegelung und Durchsuchung der beschlagnahmten Dokumente und gespeicherten elektronischen Dateien ist darzulegen, inwiefern diese für die Untersuchung von Bedeutung sind und ihre rechtshilfeweise Verwendung in Frage kommen kann. Bei Dokumenten und Dateien einer Anwaltskanzlei ist ausserdem zu prüfen, ob die Durchsuchung vor dem Anwaltsgeheimnis standhält (E. 4.2 und 4.3). Eine Entsiegelung und Durchsuchung von Anwaltsakten kommt namentlich in Frage, wenn der betroffene Anwalt oder die Anwältin selbst strafrechtlich angeschuldigt wird. Zumindest muss im Entsiegelungsgesuch aber dargelegt werden, inwiefern die Anwaltskanzlei in die untersuchten strafbaren Vorgänge verwickelt sein könnte (E. 5).

130 IV 6 () from 6. Januar 2004
Regeste: Art. 69 und 110 Ziff. 7 StGB, Art. 14 IRSG; Anrechnung der Untersuchungshaft. Für die Anrechnung der Untersuchungshaft auf die Freiheitsstrafe ist einzig die Dauer des Freiheitsentzugs massgebend. Besondere Entbehrungen während einer ausländischen Auslieferungshaft können nicht zusätzlich berücksichtigt werden (E. 4).

130 IV 20 () from 10. März 2004
Regeste: Art. 260quater StGB in Verbindung mit Art. 21 Abs. 1 StGB; versuchte Gefährdung der öffentlichen Sicherheit mit Waffen. Die versuchte Gefährdung der öffentlichen Sicherheit mit Waffen ist strafbar (E. 2.3).

131 I 455 () from 6. Oktober 2005
Regeste: Art. 3 und 13 EMRK, Art. 10 Abs. 3 BV, Art. 88 OG; erniedrigende Behandlung, Untersuchung. Wer in vertretbarer Weise behauptet, von einem Polizeibeamten erniedrigend behandelt worden zu sein, hat Anspruch auf eine wirksame und vertiefte amtliche Untersuchung (E. 1.2.5). Anspruch im vorliegenden Fall verletzt (E. 2).

131 IV 125 () from 6. Juni 2005
Regeste: Art. 317 Ziff. 1 StGB; Falschbeurkundung im Amt. Die durch den zur Rechnungskontrolle zuständigen Sachbearbeiter eines Amtes auf Rechnungen angebrachten Prüfvermerke beziehen sich auf die inhaltliche Prüfung der Fakturen. Die in den Vermerken liegende wahrheitswidrige Erklärung des Beamten, die Rechnung sei inhaltlich geprüft und für richtig befunden worden, erfüllt den Tatbestand der Falschbeurkundung im Amt (E. 4.5).

132 II 81 () from 22. Dezember 2005
Regeste: Art. 2 Ziff. 1-4, Art. 9 Ziff. 2 und Art. 17 AVUS; Art. 17 und Art. 28 Ziff. 1-2 EAUe; Art. 5 Abs. 2-3 des Auslieferungsvertrages zwischen der Schweiz und Russland; Art. 314 StGB; konkurrierende Auslieferungsersuchen zweier Staaten. Die USA und Russland beantragen je die Auslieferung des ehemaligen russischen Atomenergieministers. Beschwerdegegenstand, Sachurteilsvoraussetzungen, Beschwerdegründe, Kognition (E. 1). Frage der beidseitigen Strafbarkeit nach schweizerischem und US-amerikanischem Strafrecht (E. 2). Internationalstrafrechtliche Priorität des russischen Ersuchens (E. 3). Zusammenfassung, Rechtsfolgen (E. 4 und 5).

132 IV 12 () from 30. November 2005
Regeste: Art. 251 Ziff. 1 StGB; Falschbeurkundung, kaufmännische Buchführung. Eventualverpflichtungen sind in der Jahresrechnung auszuweisen. Die Unterlassung der Buchung erfüllt, soweit die Jahresrechnung ein besseres Bild als in Wirklichkeit zeigt, den Tatbestand der Falschbeurkundung (E. 8). Der vom Verwaltungsrat zuhanden der Revisionsstelle abgegebenen Vollständigkeitserklärung kommt keine erhöhte Glaubwürdigkeit zu (Änderung der Rechtsprechung; E. 9).

132 IV 57 () from 22. Dezember 2005
Regeste: Art. 251 StGB; Fälschung. Eine vom Schuldner unter falschem Namen unterschriebene Schuldanerkennung stellt eine Urkundenfälschung dar, sobald sie den Gläubiger daran hindert, seine Ansprüche im Prozess geltend zu machen (E. 5).

133 I 168 (1B_63/2007) from 11. Mai 2007
Regeste: Art. 31 Abs. 3 BV und Art. 5 Ziff. 3 EMRK; Untersuchungshaft und Auslieferungshaft; Verhältnismässigkeit. Es verletzt das Verhältnismässigkeitsprinzip, wenn die Dauer der Untersuchungshaft in grosse zeitliche Nähe der konkret zu erwartenden Freiheitsstrafe rückt. Dieser Grenze ist besondere Beachtung zu schenken, weil der Strafrichter dazu neigen könnte, die Dauer der nach Art. 51 StGB anrechenbaren Untersuchungshaft bei der Strafzumessung mitzuberücksichtigen. Da die Auslieferungshaft auf die Strafe angerechnet werden muss, ist sie grundsätzlich bei der Beurteilung der Frage einzubeziehen, ob die Dauer der Untersuchungshaft den aus Art. 31 Abs. 3 BV abgeleiteten Anforderungen entspricht (E. 4.1).

133 IV 150 (6B_46/2007) from 29. Mai 2007
Regeste: Art. 51 StGB; Anrechnung der Untersuchungshaft. Auf die Strafe ist auch die Untersuchungshaft anzurechnen, die in einem anderen Verfahren angeordnet worden ist. Zu entziehende Freiheit ist wenn immer möglich mit bereits entzogener Freiheit zu kompensieren (E. 5).

137 IV 167 (6B_1043/2010) from 28. Juni 2011
Regeste: Art. 251 Ziff. 1 Abs. 2 StGB; Art. 635a OR; Fälschung einer Prüfungsbestätigung. Die Herstellung einer falschen Prüfungsbestätigung in einer elektronischen Datenverarbeitungsanlage als Collage unter Einscannen der Unterschrift einer Drittperson von einem anderen Dokument und die Weiterleitung der Datei zuhanden des Handelsregisteramtes erfüllen den Tatbestand der Urkundenfälschung im eigentlichen Sinne (E. 2.4).

137 IV 269 (1B_77/2011) from 15. Juli 2011
Regeste: a Art. 82 lit. a, Art. 83 lit. e und Art. 89 Abs. 1 BGG; Verfahren betreffend die Ermächtigung zur Strafverfolgung von Behördenmitgliedern und Beamten, Rechtsnatur, bundesgerichtliches Rechtsmittel, Ausschlussgrund, Beschwerdelegitimation des Kantons. Das Ermächtigungs- stellt ein Verwaltungsverfahren dar. Daher ist insoweit grundsätzlich die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegeben (E. 1.3.1). Der Ausschlussgrund nach Art. 83 lit. e BGG kommt bei kantonalen Staatsbediensteten, welche nicht Mitglieder der obersten Vollziehungs- und Gerichtsbehörden sind, nicht zur Anwendung (E. 1.3.2). Allgemeine Beschwerdebefugnis des Kantons nach Art. 89 Abs. 1 BGG bejaht, da sich der angefochtene Entscheid nachteilig auf das Funktionieren staatlicher Organe auswirken konnte und der Kanton damit in einem wichtigen öffentlichen Interesse erheblich betroffen war (E. 1.4).

138 IV 130 (6B_571/2011) from 24. Mai 2012
Regeste: Art. 251 Ziff. 1 StGB; Falschbeurkundung (inhaltlich unwahre Rechnungen). Bestätigung der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zur Falschbeurkundung (E. 2.1 und 2.2). Im Verhältnis zwischen Rechnungsaussteller und Rechnungsempfänger sind Rechnungen nur unter besonderen Umständen Urkunden, da sie in der Regel blosse Behauptungen des Ausstellers über die vom Empfänger geschuldete Leistung enthalten (E. 2.4.2). Der Rechnungsaussteller kann sich der Falschbeurkundung strafbar machen, wenn die inhaltlich unwahre Rechnung nicht nur Rechnungsfunktion hat, sondern objektiv und subjektiv in erster Linie als Beleg für die Buchhaltung der Rechnungsempfängerin bestimmt ist, die damit verfälscht wird. Eine objektive Zweckbestimmung als Buchhaltungsbeleg muss angenommen werden, wenn der Rechnungsaussteller mit der buchführungspflichtigen Rechnungsempfängerin bzw. deren Organen oder Angestellten zusammenwirkt und auf deren Geheiss oder Anregung hin oder mit deren Zustimmung eine inhaltlich unwahre Rechnung erstellt, die als Buchhaltungsbeleg dient (E. 2.4.3 und 3.1). In subjektiver Hinsicht muss der Rechnungsaussteller zumindest für möglich halten und in Kauf nehmen, dass die abgeänderte Rechnung als Beleg für die Buchhaltung der Rechnungsempfängerin bestimmt ist und die Buchhaltung damit verfälscht werden soll (E. 3.2.1-3.2.3). Die Bereicherungsabsicht ist zu bejahen, wenn der Rechnungsaussteller in der Absicht handelt, der Rechnungsempfängerin oder deren Organen einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen (E. 3.2.4).

138 IV 209 (6B_130/2012) from 22. Oktober 2012
Regeste: Art. 110 Abs. 4 und Art. 251 Ziff. 1 StGB; Urkundenqualität eines E-Mails. E-Mails sind Computerurkunden. Verfälscht der Täter an ihn gerichtete E-Mails und leitet sie anschliessend an Drittpersonen weiter, erfüllt er den Tatbestand der Urkundenfälschung i.e.S. (E. 5.4).

139 II 404 (2C_269/2013) from 5. Juli 2013
Regeste: Art. 43, 84a, 89 Abs. 1 und Art. 103 BGG; Art. 6 EMRK; Art. 26 DBA-USA 96; internationale Amtshilfe in Steuerfragen mit den Vereinigten Staaten von Amerika. Verfahrensgrundsätze: Anwendbares Recht und Vorliegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung (E. 1). Beschwerdelegitimation des Kontoinhabers und des wirtschaftlich Berechtigten (E. 2). Keine aufschiebende Wirkung der Beschwerde von Gesetzes wegen (E. 4). Keine Möglichkeit der nachträglichen Ergänzung der Beschwerdeschrift (E. 5). Die strafprozessualen Garantien sind auf das Verfahren der internationalen Amtshilfe in Steuerfragen nicht anwendbar (E. 6). Ein gerichtliches Urteil über die Verweigerung der Amtshilfe entfaltet nur eine eingeschränkte materielle Rechtskraft und hindert den ersuchenden Staat nicht, ein neues, verbessertes Gesuch in der gleichen Sache zu stellen (E. 8). Auf Rechtsmittel, die stellvertretend für einen Dritten eingereicht werden, ist nicht einzutreten (E. 11). Verfahren betreffend die internationale Amtshilfe in Steuerfragen sind Streitigkeiten mit Vermögensinteresse (E. 12). Gruppenanfragen: Auf ein auf das DBA-USA 96 gestütztes Amtshilfegesuch, welches die Namen der betroffenen Steuerpflichtigen nicht erwähnt, ist grundsätzlich einzutreten, sofern die Darstellung des Sachverhalts genügend detailliert ist, um einen Verdacht auf Betrugsdelikte und dergleichen zu ergeben und die Identifikation der gesuchten Personen zu ermöglichen (E. 7.2). Der nicht namentlich genannte Informationsinhaber muss mit einem für den ersuchten Staat zumutbaren Aufwand identifiziert werden können (E. 7.3). Betrugsdelikte und dergleichen: Die von den Vereinigten Staaten von Amerika erhobene Quellensteuer auf Zinsen und Dividenden aus amerikanischen Wertschriften fällt in den Anwendungsbereich des DBA-USA 96 (E. 9.2). Begriff der Betrugsdelikte und dergleichen gemäss Art. 26 DBA-USA 96 (E. 9.3-9.5). Die vom IRS beschriebene Vorgehensweise der betroffenen Steuerpflichtigen erfüllt die Anforderungen des Abgabe- und des Steuerbetrugs; sie war nicht nur darauf ausgerichtet, die normale Einkommenssteuer der an der Gesellschaft wirtschaftlich berechtigten Personen zu hinterziehen, sondern auch den vom IRS zur Absicherung dieser Einkommenssteuerpflicht eingerichteten Kontrollmechanismus zu hintergehen (E. 9.7 und 9.8); das dazu benutzte Formular hat Urkundencharakter (E. 9.9).

140 IV 97 (6B_348/2014) from 19. Juni 2014
Regeste: Art. 110 Abs. 2 und Art. 138 Ziff. 1 Abs. 4 StGB; einschränkende Auslegung des Begriffs der "Familiengenossen". Die Art der Beziehung zwischen zwei Personen genügt für sich allein nicht den objektiven Kriterien für das Zusammenleben in einem gemeinsamen Haushalt im Sinne von Art. 110 Abs. 2 StGB. Nachbarn, die im gleichen Gebäude wohnen, können nicht als Familiengenossen qualifiziert werden, selbst wenn sie sich nahestehen und ihren Alltag gemeinsam verbringen (E. 1.5).

140 IV 162 (1B_57/2014) from 20. Oktober 2014
Regeste: Art. 115 Abs. 1, Art. 118 Abs. 1 und Art. 121 StPO, Art. 22 Abs. 1 FusG; Privatklägerschaft einer juristischen Person per Rechtsnachfolge (nach Fusion). Rechtsnachfolger einer geschädigten natürlichen oder juristischen Person sind als mittelbar Geschädigte einzustufen, die sich grundsätzlich, vorbehältlich der Ausnahmefälle von Art. 121 Abs. 1 und 2 StPO, nicht als Privatkläger im Strafverfahren konstituieren können. Insbesondere führt die privatrechtliche Universalsukzession aufgrund von Art. 22 Abs. 1 FusG nicht (per se) zur Parteistellung der übernehmenden Gesellschaft im Strafprozess. Auslegung von Art. 121 StPO (Wortlaut, Systematik, Materialien, Teleologie). Art. 121 Abs. 1 StPO ist nur auf natürliche Personen anwendbar. Die vom Gesetzgeber (in Abs. 1) angestrebte Privilegierung der engsten Angehörigen eines verstorbenen Geschädigten (als rechtsnachfolgende Privatstrafkläger im Straf- und Zivilpunkt) rechtfertigt sich sachlich aufgrund der verwandtschaftlichen bzw. lebenspartnerschaftlichen affektiven Nähe und Solidarität der betroffenen natürlichen Personen untereinander. Damit führt Abs. 1 nicht zu einer stossenden Ungleichbehandlung natürlicher und juristischer Personen. In Art. 121 Abs. 2 StPO hat der Gesetzgeber eine zweite Ausnahme vom Grundsatz vorgesehen, dass Rechtsnachfolger (als bloss indirekt Geschädigte) keine Parteistellung im Strafprozess haben, nämlich (eingeschränkt auf die Verfahrensrechte zur adhäsionsweisen Durchsetzung der Zivilklage) für natürliche und juristische Personen, die von Gesetzes wegen, per Legalzession bzw. Subrogation, in die Ansprüche der geschädigten Person eingetreten sind. Bei Zivilansprüchen, die auf rechtsgeschäftlichem Erwerb (insbesondere per Fusionsvertrag) beruhen, sieht Abs. 2 hingegen keine (weitere) Ausnahme vor. Verneinung des Vorliegens einer Gesetzeslücke (E. 4).

141 I 201 (2C_1058/2014) from 28. August 2015
Regeste: Art. 13, 16 und 36 BV; gesetzliche Grundlage für Grundrechtseingriffe. Die unbefristete Auflage an einen Verfügungsadressaten, wonach er den Inhalt der Verfügung nur mit Zustimmung der FINMA herausgeben oder zugänglich machen darf, stellt einen schweren Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht und die Meinungsäusserungsfreiheit dar. Die FINMA verfügt über keine ausreichende gesetzliche Grundlage für einen solchen Eingriff (E. 4).

141 IV 132 (6B_818/2014) from 8. April 2015
Regeste: Unrechtmässiger Besitz von Waffen und Waffenzubehör; Verletzung der Meldepflicht; unberechtigtes Tragen von Waffen; Art. 4 ff., 27 Abs. 1, Art. 33 Abs. 1 lit. a, Art. 34 Abs. 1 lit. i, Art. 42 Abs. 5-7 WG. Eine Ausnahmebewilligung zum Erwerb von sog. verbotenen Waffen nach altem oder geltendem Recht berechtigt zum weiteren Besitz der betreffenden Waffe nach Inkrafttreten des revidierten Waffengesetzes am 12. Dezember 2008 (E. 2.4.3). Gleiches gilt für den rechtmässigen Erwerb von sog. bewilligungspflichtigen Waffen. Die am 12. Dezember 2008 neu in Kraft getretenen materiellen Anforderungen von Art. 8 WG an den Waffenerwerb entfalten keine Rückwirkung (E. 2.4.4). Die blosse Verletzung der Meldepflicht von Art. 42 Abs. 5 WG ist ausschliesslich nach Art. 34 Abs. 1 lit. i WG zu ahnden. Eine Bestrafung wegen unrechtmässigen Besitzes nach Art. 33 Abs. 1 lit. a WG kommt in Betracht, wenn die betroffene Person sowohl die dreimonatige Meldefrist von Art. 42 Abs. 5 WG als auch die Frist von Art. 42 Abs. 6 WG unbenutzt verstreichen liess (E. 2.5.2). Der Meldepflicht von Art. 42 Abs. 5 WG unterstehen verbotene Waffen im Sinne von Art. 5 Abs. 2 WG. Waffen, für deren Besitz keine kantonale Ausnahmebewilligung erforderlich ist, sondern ein Waffenerwerbsschein genügt, werden von der Bestimmung nicht erfasst (E. 2.7.2). Konkurrenz zwischen Art. 34 Abs. 1 lit. i WG und Art. 33 Abs. 1 lit. a WG (E. 2.7.3). Der seit der Revision des Waffengesetzes vom 22. Juni 2007 in Art. 27 WG neu verwendete Begriff der "öffentlich zugänglichen Orte" stellt keine Erweiterung des Anwendungsbereichs, sondern eine Präzisierung des Begriffs der "Öffentlichkeit" im Sinne von aArt. 27 Abs. 1 WG dar (E. 3.2.2). Begriff der "öffentlich zugänglichen Orte" (E. 3.2.2 und 3.2.3). Zu einem Haus gehörende Plätze, Höfe oder Gärten sind in Anlehnung an Art. 186 StGB und die dazu ergangene Rechtsprechung nicht "öffentlich" bzw. der "Öffentlichkeit nicht zugänglich" im Sinne von Art. 27 Abs. 1 WG, wenn sie umfriedet sind. Offene Plätze zählen, auch wenn sie zu einem Haus gehören, nicht zu den geschützten Objekten im Sinne von Art. 186 StGB und sind insofern öffentlich zugänglich (E. 3.2.4). Anforderungen an die Anklageschrift (E. 3.4).

141 IV 236 (6B_385/2014) from 23. April 2015
Regeste: Art. 431 StPO, Art. 51 StGB. Untersuchungs- bzw. Sicherheitshaft ist an freiheitsentziehende Massnahmen gemäss Art. 56 ff. StGB, konkret an stationäre therapeutische Massnahmen im Sinne von Art. 59 StGB, grundsätzlich anzurechnen (E. 3).

141 IV 329 (6B_1110/2014) from 19. August 2015
Regeste: Art. 110 Abs. 3 StGB; Begriff des Beamten. Entscheidend für die Beamtenstellung ist, ob die übertragene Funktion amtlicher Natur ist, das heisst, ob sie zur Erfüllung einer dem Gemeinwesen zustehenden öffentlichrechtlichen Aufgabe übertragen wurde (E. 1.3). Die Versicherungskasse für das Staatspersonal (BVK) war eine unselbständige Anstalt des kantonalen öffentlichen Rechts im Kanton Zürich. Sie nahm als Versicherungskasse für die Angestellten des Kantons im Bereich der beruflichen Vorsorge eine öffentliche Aufgabe wahr. Der Chef der Vermögensverwaltung des Kantons Zürich respektive der Chef der Abteilung Vermögensverwaltung der BVK übte Funktionen im Dienst der Öffentlichkeit aus und ist deshalb Beamter im Sinne von Art. 110 Abs. 3 StGB (E. 1.4).

141 IV 360 (1B_175/2015) from 10. August 2015
Regeste: a Art. 12 BV und Art. 268 StPO; Beschlagnahme zur Kostendeckung. Bei der Beschlagnahme zur Kostendeckung müssen die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Beschuldigten berücksichtigt und Vermögenswerte ausgenommen werden, die nach den Art. 92-94 SchKG nicht pfändbar sind (Art. 268 Abs. 2 und 3 StPO). Diese Prüfung trägt dem Verhältnismässigkeitsprinzip und dem Grundrecht auf Gewährleistung des Existenzminimums Rechnung (E. 3.1).

142 IV 65 (6B_851/2015) from 7. März 2016
Regeste: Art. 320 Ziff. 1 Abs. 1 StGB; Amtsgeheimnisverletzung. Die Verpflichtung zur Geheimhaltung ergibt sich aus der besonderen Stellung des Behördenmitgliedes bzw. des Beamten. Es bedarf hierfür keiner besonderen ausserstrafrechtlichen Grundlage in dem für die Ausübung des Amtes massgebenden Gesetz (E. 5.2).

142 IV 82 (6B_827/2014) from 1. Februar 2016
Regeste: Art. 121 StPO; Wirkungen der Rechtsnachfolge; Legitimation der Angehörigen. Die Angehörigen einer verstorbenen geschädigten Person sind in der Reihenfolge der Erbberechtigung kumulativ oder alternativ zur Zivil- und Strafklage berechtigt (E. 3.2). Im Unterschied zum Zivilpunkt ist im Strafpunkt kein gemeinsames Vorgehen der Erben erforderlich. Der Angehörige einer verstorbenen geschädigten Person kann sich im Strafverfahren allein als Privatkläger im Strafpunkt konstituieren (E. 3.3 und 3.4).

142 IV 207 (1B_249/2015) from 30. Mai 2016
Regeste: Art. 6 Ziff. 1 EMRK; Art. 14 Ziff. 3 lit. g UNO-Pakt II; Art. 113 Abs. 1, Art. 170 Abs. 1, Art. 171, Art. 197 Abs. 1 lit. c und d, Art. 248 Abs. 1, Art. 264 Abs. 1 und Art. 265 Abs. 4 StPO; Art. 7 Abs. 2 GwG; Art. 47 BankG. Strafprozessualer "nemo tenetur"-Grundsatz. Entsiegelung eines sichergestellten bankinternen Memorandums, welches zuvor Gegenstand eines bankenaufsichtsrechtlichen Vorabklärungs- bzw. Auskunftsverfahrens gebildet hat. Untersuchungsrelevanz der versiegelten Unterlage und Verhältnismässigkeit der Entsiegelung (E. 7). Tragweite des Verbots des Selbstbelastungszwangs bei einer beschuldigten Bank. Gesetzliche Aufgabenverteilung und Koordination zwischen der FINMA und der Bundesanwaltschaft bei angezeigten Geldwäschereiverdachtsfällen. Die fragliche bankinterne Unterlage wurde aufgrund eines nicht strafbewehrten Auskunftsbegehrens der FINMA erstellt. Der "nemo tenetur"-Grundsatz steht insofern einer gesetzeskonformen strafprozessualen Sicherstellung einer Kopie der Unterlage bei der beschuldigten Bank nicht entgegen (E. 8). Die von der beschuldigten Bank angerufenen Geheimnisschutzinteressen bilden hier (auch im Lichte der gesetzlichen Selbstbelastungsprivilegien) ebenfalls kein Entsiegelungshindernis (E. 9-12).

142 IV 359 (6B_173/2015) from 6. September 2016
Regeste: Anrechnung der vorsorglichen Unterbringung eines Jugendlichen auf einen Freiheitsentzug; Art. 32 JStG. Die vorsorgliche Unterbringung eines Jugendlichen ist auf die Dauer eines Freiheitsentzugs anzurechnen (E. 2.2 und 2.3). Bei Scheitern der Massnahme ist der auf den Freiheitsentzug anzurechnende Teil aufgrund verschiedener Kriterien zu bestimmen. Dabei sind namentlich das Mass der mit der Unterbringung verbundenen Freiheitsbeschränkung, d.h. die konkrete Vollzugssituation, die Aussicht auf Bewährung des Betroffenen sowie die Ursachen, die zum Scheitern der Massnahme geführt haben, zu beachten (E. 2.4).

143 IV 339 (6B_478/2016) from 8. Juni 2017
Regeste: Art. 215, 217 ff., 429 Abs. 1 lit. c StPO; Art. 51, 110 Abs. 7 StGB; Dauer der Einschränkung der Bewegungsfreiheit, welche einen Entschädigungsanspruch wegen ungerechtfertigten Freiheitsentzugs begründet. Erstreckt sich eine Anhaltung mit anschliessender vorläufiger Festnahme über eine Gesamtdauer von mehr als drei Stunden, stellt dies einen Eingriff in die persönliche Freiheit dar und kann Entschädigungsansprüche zur Folge haben. Bei der Berechnung dieser Dauer ist die für eine allfällige formelle Einvernahme verwendete Zeit nicht zu berücksichtigen. Ausschlaggebend ist einzig die Dauer, während der sich der Betroffene den Behörden zur Verfügung halten muss (E. 3).

145 IV 65 (6B_691/2018) from 19. Dezember 2018
Regeste: Art. 59 Abs. 4 StGB; Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 3 BGG; Anordnung und Verlängerung einer stationären therapeutischen Massnahme; Beginn der Fünfjahresfrist; Beschwerdelegitimation der Staatsanwaltschaft. Die Interessen "tangierter Behörden" im Zusammenhang mit dem Massnahmenvollzug sind von der Staatsanwaltschaft zu wahren. Diese kann vor Bundesgericht rügen, der Beginn der Verlängerung einer stationären therapeutischen Massnahme nach Art. 59 Abs. 4 Satz 2 StGB sei vom Gericht falsch berechnet worden, auch wenn der Antrag auf Verlängerung der Massnahme von der Vollzugsbehörde ausging (E. 1). Wird die stationäre therapeutische Massnahme im Sinne von Art. 59 StGB nicht aus der Freiheit heraus angetreten - was der Regel entspricht -, ist für die (Fünfjahres-)Frist gemäss Erstanordnung auf das Datum des in Rechtskraft erwachsenen Anordnungsentscheids abzustellen (E. 2.2-2.7). Für die Verlängerung der stationären therapeutischen Massnahme ist der Zeitpunkt des Ablaufs der (Fünfjahres-)Frist gemäss Erstanordnung bzw. einer allfälligen vorausgegangenen früheren Verlängerung entscheidend. Letzteres gilt auch, wenn der Verlängerungsentscheid vor Ablauf der laufenden Periode erging, d.h. die (Fünfjahres-)Frist gemäss Erstanordnung bzw. der vorausgegangenen Verlängerung im Zeitpunkt des (neuen) Verlängerungsentscheids noch nicht abgelaufen ist (E. 2.8). Zulässigkeit und Grenzen der Verlängerung der Massnahme vor Ablauf der laufenden Periode (E. 2.9)

145 IV 190 (6B_1237/2018) from 15. Mai 2019
Regeste: Art. 30 Abs. 1, Art. 33 und 110 Abs. 4 StGB; Art. 10 Abs. 3, Art. 76 ff., 120 und 304 Abs. 1 StPO; Protokollierung des mündlichen Strafantrags; Beweis des gültigen Strafantrags; Desinteresse des Geschädigten am Strafverfahren. Ein mündlicher Strafantrag kann auch in einem Polizeirapport protokolliert werden (E. 1.3). Ein Polizeirapport, in welchem vermerkt ist, dass ein Strafantrag gestellt wurde, ist als Urkunde im Sinne von Art. 110 Abs. 4 StGB zu qualifizieren. Die Unterschrift des rapportierenden Polizeibeamten ist nicht zwingend. Entscheidend ist, dass aus dem Polizeirapport hervorgeht, wer diesen verfasst hat. Ebenfalls nicht erforderlich ist, dass die Anzeige erstattende Person das Protokoll unterzeichnet (E. 1.4). Ob ein gültiger Strafantrag vorliegt, ist vom Staat zu beweisen (E. 1.5.1). Der Verzicht auf die Stellung als Privatkläger gilt nicht als Rückzug des Strafantrags im Sinne von Art. 33 StGB. Wird der Strafantrag nicht ausdrücklich zurückgezogen, ist das Strafverfahren trotz Desinteresse des Geschädigten fortzusetzen (E. 1.5.2).

145 IV 491 (6B_1326/2018) from 16. Oktober 2019
Regeste: Art. 86 Abs. 1 EBG; Art. 382 Abs. 1 i.V.m. Art. 115 Abs. 1 StPO; Betreten des Bahnbetriebsgebiets ohne Erlaubnis, Legitimation der SBB AG zur Berufung gegen ein freisprechendes Strafurteil. Werden durch Straftaten nur öffentliche Interessen verletzt und private Interessen bloss mittelbar beeinträchtigt, ist die mittelbar beeinträchtigte Person nicht Geschädigte im Sinne von Art. 115 Abs. 1 StPO (E. 2.3.3). Die Rechtsmittelberechtigung im Sinne von Art. 382 Abs. 1 StPO entscheidet sich nach der Rechtsgutsqualifizierung (E. 2.4.1 und 2.4.2). Die SBB AG kann im Sinne von Art. 382 Abs. 1 StPO grundsätzlich durch ihre Bevollmächtigten ein Rechtsmittel ergreifen; die Berechtigung im Sinne der Sachurteilsvoraussetzung steht ihr aber einzig unter den Bedingungen von Art. 115 StPO zu (E. 2.4.7). Art. 86 Abs. 1 EBG dient der Sicherheit des Bahnbetriebs auf dem Bahnbetriebsgebiet und damit öffentlichen Interessen. Die SBB AG ist in casu nicht als Geschädigte im Sinne von Art. 115 Abs. 1 StPO anzuerkennen (E. 2.4.13).

146 IV 258 (6B_1406/2019) from 19. Mai 2020
Regeste: Art. 251 Ziff. 1 StGB; Falschbeurkundung (inhaltlich unrichtiger Kaufvertrag). Ein in einfacher Schriftform abgefasster Vertrag mit unrichtigem Inhalt erfüllt den Tatbestand der Falschbeurkundung grundsätzlich nicht, da ihm keine erhöhte Glaubwürdigkeit zukommt, soweit nicht besondere Garantien dafür bestehen, dass die beiden übereinstimmend abgegebenen Erklärungen der Vertragsparteien ihrem wirklichen Willen entsprechen (Bestätigung der Rechtsprechung; E. 1.1 und 1.2). Anwendung im konkreten Fall (E. 1.2). Die Tatsache, dass das Dokument vom Buchhalter des Verkäufers erstellt wurde, genügt nicht, damit ihm eine erhöhte Glaubwürdigkeit im Sinne der Rechtsprechung zukommt (E. 1.2.4). Ein simulierter Kaufvertrag stellt auch keine Falschbeurkundung dar, wenn er einzig dazu dienen sollte, die Ehefrau des Verkäufers im Rahmen der güterrechtlichen Auseinandersetzung zu täuschen (E. 1.2.5-1.2.7).

146 IV 279 (1B_292/2020) from 6. Juli 2020
Regeste: Art. 5 Abs. 2, Art. 229 Abs. 3 lit. b, Art. 227 StPO; Anordnung von Sicherheitshaft bei vorbestehender Untersuchungshaft, Dauer. Die Anordnung von Sicherheitshaft für längstens 3 Monate ist die Regel, für längstens 6 Monate die Ausnahme. Die Sicherheitshaft darf nicht für 6 Monate bewilligt werden, wenn das erstinstanzliche Gericht aufgrund der Umstände und mit Blick auf das besondere Beschleunigungsgebot in Haftsachen in der Lage sein müsste, die Hauptverhandlung innert 3 Monaten anzusetzen (E. 2). Dies a quo ist der Tag des Eingangs der Anklageschrift beim erstinstanzlichen Gericht. Festlegung des dies ad quem im zu beurteilenden Fall (E. 3).

 

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