Schweizerisches Strafgesetzbuch

vom 21. Dezember 1937 (Stand am 1. Juni 2022)


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Art. 20

Zwei­fel­haf­te Schuld­fä­hig­keit

 

Be­steht ernst­haf­ter An­lass, an der Schuld­fä­hig­keit des Tä­ters zu zwei­feln, so ord­net die Un­ter­su­chungs­be­hör­de oder das Ge­richt die sach­ver­stän­di­ge Be­gut­ach­tung durch einen Sach­ver­stän­di­gen an.

BGE

81 IV 238 () from 16. September 1955
Regeste: 1. Art. 110 Ziff. 5, 251, 253 StGB. Urkundenfälschung und Erschleichung falscher Beurkundungen, begangen durch Vortäuschung und Überbewertung von Sacheinlagen in einer Bilanz, dem Sacheinlagevertrag, den Statuten, dem öffentlichen Errichtungsakt und dem Handelsregistereintrag anlässlich der Gründung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (Erw. 1-3). 2. Verhältnis der Art. 251 und 253 StGB zu Art. 1 Abs. 1 BG vom 6. Oktober 1923 betreffend Strafbestimmungen zum Handelsregister- und Firmenrecht (Erw. 4).

82 IV 20 () from 27. März 1956
Regeste: Art. 26 Abs. 3 und 4 MFG, Art. 45 Abs. 1, 46 Abs. 1 und 2 MFV. 1. Gibt es innert der gesetzlichen Ordnung ein vom Überholen unabhängiges Nebeneinanderfahren? (Erw. 2). 2. Darf auf Vierbahnstrassen bei Einmündungen und in Strassenbiegungen überholt werden? (Erw. 3 und 4).

84 IV 23 () from 28. Februar 1958
Regeste: Art. 3 MFG. 1. Gestützt auf diese Bestimmung erlassene Verkehrsverbote oder Verkehrsbeschränkungen sind an Ort und Stelle durch die in den bundesrätlichen Signalverordnungen vorgesehenen Zeichen kenntlich zu machen (Erw. 2). 2. Darf auf einem Platz mit durch weisse Linien abgegrenzten und mit dem P-Signal Nr. 21 bezeichneten Parkplätzen ausserhalb dieser Flächen stationiert werden? P-Signal als Hinweis- und Verbotssignal (Erw. 3). 3. Die Übertretung eines auf Grund von Art. 3 MFG erlassenen Verbotes ist eine Verletzung kantonalen Rechtes (Erw. 4).

84 IV 60 () from 20. Juni 1958
Regeste: Art. 49 Abs. 3 MFV. Aufstellen eines Motorfahrzeuges an einer engen Strassenstelle; Wirkung des Parkverbotes auch ohne entsprechende Signalisation (Erw. 1). Art. 117, 125 Abs. 2, 237 Ziff. 2 StGB. Rechtserheblicher Kausalzusammenhang bei Mitverschulden; Unterbrechung der Ursachenfolge verneint (Erw. 3).

91 IV 171 () from 9. Juli 1965
Regeste: Art. 269 Abs. 1 BStP. Der Angeschuldigte ist zur Nichtigkeitsbeschwerde nicht legitimiert, wenn er von Strafe befreit oder straflos erklärt oder wenn von Strafe Umgang genommen wird. Bestätigung der Rechtsprechung, nach der die Schuldigerklärung für sich allein mit der Nichtigkeitsbeschwerde nicht angefochten werden kann.

91 IV 201 () from 17. November 1965
Regeste: Art. 272 Abs. 1 BStP; Fristbeginn für Beschwerdeerklärung. Massgebliche Urteilseröffnung ist nach § 188 der luzernischen Strafprozessordnung die Zustellung des Entscheides an den Angeklagten persönlich (Erw. 1). Art. 27 Abs. 1 SVG. Geltungsbereich einer Parkierverbotstafel (Erw. 2). Art. 20 StGB. Rechtsirrtum über Parkierverbot (Erw. 4). Art. 43 Abs. 2 SVG und Art. 41 Abs. 1 VRV. "Genügend freier Raum" für Fussgänger (Erw. 3 und 5).

92 IV 70 () from 25. Februar 1966
Regeste: Art. 20 StGB und Art. 13 lit. a UWG. Die unrichtige Auskunft eines Rechtsanwaltes gibt dem falsch Beratenen nicht in jedem Falle Anspruch auf Strafbefreiung wegen Rechtsirrtums.

92 IV 132 () from 12. Juli 1966
Regeste: Art. 157 Ziff. 1 Abs. 1 StGB. Wucherische Mietzinse: a) Das offenbare Missverhältnis (Erw. 1); b) Die Notlage (Erw. 2); c) Die Ausbeutung (Erw. 3).

94 IV 34 () from 22. März 1968
Regeste: Art. 13 lit. b UWG. Unrichtige oder irreführende Angaben. 1. Auslegung von Inseraten, in denen ein Radiohändler behauptet, dass er bestimmte Apparate zu den billigsten Preisen der Schweiz verkaufe; massgebend ist der Sinn, den der unbefangene Leser den Angeboten in guten Treuen beilegen darf (Erw. 1). 2. Der Vorsatz der Irreführung ist gegeben, wenn der Täter die Inserate erscheinen lässt, obschon er weiss oder nach den Umständen annehmen muss, das Publikum dadurch zu täuschen (Erw. 2 a). 3. Wer in Inseraten mutwillige Behauptungen aufstellt oder sich von unlauteren Werbemethoden anderer leiten lässt, kann sich nicht auf Rechtsirrtum berufen (Erw. 2 b).

94 IV 68 () from 24. Mai 1968
Regeste: 1. Übergesetzliche Rechtfertigungsgründe. Voraussetzung für die Zubilligung eines übergesetzlichen Notstandes oder der Wahrnehmung berechtigter Interessen ist, dass das verwendete Mittel dem verfolgten Ziele angemessen sei. Das trifft dann nicht zu, wenn dem Täter zur Erreichung des Zieles andere, gesetzliche Mittel zur Verfügung stehen und ihm zugemutet werden kann, davon Gebrauch zu machen. 2. Art. 320 Ziff. 1 Abs. 1 StGB, Verletzung des Amtsgeheimnisses. Es kann einem Beamten nicht zugestanden werden, mit Amtsgeheimnissen an die Öffentlichkeit zu treten, solange er nicht mit allen gesetzlichen Mitteln versucht hat, gegen die Missstände anzukämpfen, die er in seiner Stellung wahrgenommen haben will.

94 IV 111 () from 22. November 1968
Regeste: Art. 181 und 285 Ziff. 1 StGB. Nötigung. 1. Wegen Nötigung wird nur bestraft, wer mit rechts- oder sittenwidrigen Mitteln oder zu einem unerlaubten Zweck auf das freie Selbstbestimmungsrecht eines andern einwirkt (Erw. 1). 2. Der Anwalt handelt rechts- und sittenwidrig, wenn er eine Drittperson, die dazu nicht verpflichtet ist, zu zwingen versucht, ihm aussergerichtlich zu einem Beweis zu verhelfen (Erw. 2 a). 3. Auch kündigt er ihr mit der Drohung, sie im Weigerungsfalle als Ehebrecherin in ein Scheidungsverfahren einzubeziehen, ernstliche Nachteile an, mag die Drohung inhaltlich wahr sein oder nicht (Erw. 2 b). 4. Art. 181 StGB verlangt für den Fall, dass bereits das Mittel missbräuchlich ist, keine weitergehende rechtswidrige Absicht (Erw. 2 c). 5. Der Angeschuldigte, der dem Untersuchungsrichter bloss mit einer Beschwerde droht, falls dieser das Verfahren gegen ihn nicht innert einer bestimmten Frist einstelle, erfüllt den Tatbestand des Art. 285 Ziff. 1 StGB nicht (Erw. 3).

96 I 219 () from 24. Juni 1970
Regeste: Bestrafung wegen Teilnahme an einer nicht bewilligten Demonstration. 1. Die Versammlungsfreiheit und die Meinungsäusserungsfreiheit sind durch ungeschriebenes Verfassungsrecht des Bundes gewährleistete Freiheitsrechte. Stellt auch die "Demonstrationsfreiheit" ein solches Recht dar? (Erw. 4). 2. Auslegung und gesetzliche Grundlage der vom Stadtrat von Zürich erlassenen Vorschrift, wonach die Veranstaltung von Versammlungen und Umzügen auf dem öffentlichen Grunde der vorgängigen Bewilligung der Polizeibehörde bedarf (Erw. 6). 3. Vereinbarkeit dieser Vorschrift mit dem ungeschriebenen Verfassungsrecht des Bundes und mit dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit (Erw. 7).

96 IV 64 () from 1. Mai 1970
Regeste: 1. Art. 269 Abs. 1 BStP. Der Angeschuldigte, der einer strafbaren Handlung schuldig erklärt, aber von Strafe befreit wird, kann den Schuldspruch, der Bestandteil des Urteils ist, mit der Nichtigkeitsbeschwerde anfechten (Erw. 1; Änderung der Rechtsprechung). 2. Art. 204 Ziff. 1 StGB. a) Die Vorführung eines Films in einem Kinotheater fällt unter den Begriff der öffentlichen Ausstellung (Abs. 1). Öffentlich ist die Vorführung auch, wenn nur Personen über 18 Jahren zugelassen und die Besucher vor gewagten Szenen gewarnt werden (Erw. 2). b) Der Film "Ich bin neugierig" in der Fassung, die in Biel gezeigt wurde, ist nicht unzüchtig (Erw. 3 und 4).

97 IV 57 () from 21. April 1971
Regeste: Art. 64 Abs. 3 der eidgenössischen Fleischschauverordnung. 1. Diese Bestimmung begrenzt die als Hilfsstoff für die Zubereitung von Fleischkäse verwendbare Menge Magermilchpulver (Erw. 3). Art. 154 Ziff. 2 StGB. Inverkehrbringen gefälschter Waren. 2. Unter diese Bestimmung fällt das Feilhalten eines Fleischgemisches, das nach Konsistenz und äusserer Form Fleischkäse entspricht und unter dieser Bezeichnung angeboten wird, in Wirklichkeit aber mehr Hilfsstoffe enthält, als die eidgenössische Fleischschauverordnung für die Zubereitung einer solchen Fleischware gestattet (Erw. 7). Art. 20 StGB. Rechtsirrtum. 3. Ist eine Rechtsnorm derart mangelhaft, dass ein Rechtsunkundiger das darin enthaltene Gebot oder Verbot nicht erkennen kann, so hat der Beschuldigte, sofern ihm das Unrechtsbewusstsein fehlt, Anspruch auf Strafbefreiung wegen Rechtsirrtums (Erw. 8).

97 IV 77 () from 7. Mai 1971
Regeste: 1. Art. 64 Abs. 1 StGB. Damit dem Täter achtungswerte Beweggründe zugebilligt werden können, muss die Tat einer ethisch hochstehenden oder ethisch zu rechtfertigenden Gesinnung entsprungen sein. 2. Art. 20 StGB. Rechtsirrtum; zureichende Gründe verneint.

98 IV 41 () from 11. Februar 1972
Regeste: Art. 285 Ziff. 1 StGB. 1. Widersetzlichkeit gegen Amtshandlungen bleibt straflos, wenn die Amtshandlung offensichtlich rechtswidrig ist, die Rechtsmittel keinen wirksamen Schutz erwarten lassen und der Widerstand zur Bewahrung oder Wiederherstellung des rechtmässigen Zustandes dient (Erw. 4 b). 2. Begriff der rechtswidrigen Amtshandlung (Erw. 4 b). Art. 285 Ziff. 2 Abs. 1 StGB. 1. Weite Auslegung der Gewalttat des zusammengerotteten Haufens (Erw. 5). 2. Umschreibung des Teilnehmers an der Zusammenrottung (Erw. 6). Art. 64, 34, 20 und 19 StGB. Voraussetzungen für mildernde Umstände, Notstand, Rechts- und Tatirrtum (Erw. 7-8).

98 IV 255 () from 5. Oktober 1972
Regeste: Art. 198 StGB. Kuppelei. 1. In einem Massagesalon vorgenommene Sexual- oder Feinmassage fällt unter den Begriff der Unzucht (Erw. 1). 2. Vorsätzliches Vorschubleisten zu fremder Unzucht aus Gewinnsucht (Erw. 2-4). 3. Mittäterschaft des Vermieters der Räume und Einrichtungen des Massagesalons (Erw. 5).

98 IV 279 () from 10. November 1972
Regeste: Art. 27 Abs. 1 und 44 Abs. 1 SVG, Art. 13 Abs. 3 VRV und Art. 53 Abs. 1 SSV; Verlassen des Fahrstreifens. Wer von Anfang an bewusst falsch einspurt, um auf diese Weise rascher vorwärts zu kommen, macht sich wegen vorsätzlicher Missachtung der Einspurmarkierung strafbar (Erw. 1c). Art. 26 SVG; Vertrauensprinzip im Strassenverkehr. Sofern nicht besondere Umstände dagegen sprechen, darf der sich korrekt verhaltende Verkehrsteilnehmer damit rechnen, dass ein anderer Verkehrsteilnehmer den Verkehr nicht durch pflichtwidriges Verhalten gefährdet; diese Grundregel gilt auch für den Wartepflichtigen (Erw. 1 d). Art. 20 StGB; Rechtsirrtum (Erw. 2 a und b).

98 IV 293 () from 29. September 1972
Regeste: Art. 1 Lotteriegesetz und Art. 43 Ziff. 2 Lotterieverordnung. 1. Voraussetzungen für die Teilnahme an einer Lotterie (Erw. 2 a und b). 2. Ein erheblicher Unsicherheitsfaktor ist schon dann gegeben, wenn der Zufall nur eine wesentliche (nicht ausschliessliche) Rolle spielt; für die Ermittlung der nichtzufälligen Elemente ist auf die Merkfähigkeit und Aufmerksamkeit des durchschnittlichen Teilnehmers abzustellen (Erw. 3). Art. 20 StGB: Voraussetzung für Rechtsirrtum (Erw. 4 a).

100 IV 5 () from 12. März 1974
Regeste: Art. 27 Ziff. 3 Abs. 1 StGB. Die Strafbarkeit des als verantwortlich zeichnenden Redaktors hängt weder von dessen eigenem Verschulden noch demjenigen des eigentlichen Verfassers der beanstandeten Veröffentlichung ab.

100 IV 49 () from 18. Januar 1974
Regeste: 1. Art. 179 quinquies Abs. 2 StGB. Entscheidend für den Ausschluss von der Strafbarkeit nach Art. 179 ter Abs. 1 StGB ist die Bewilligung der Abhöranlage durch die PTT-Betriebe (Erw. 1). 2. Art. 20 StGB. Voraussetzungen, unter denen diese Bestimmung anwendbar ist (Erw. 2).

100 IV 94 () from 26. März 1974
Regeste: Art. 45 Abs. 2 VRV. Mündet eine Nebenstrasse trichterförmig in eine vortrittsberechtigte Hauptstrasse ein, so darf auch die aus der Nebenstrasse kommende Strassenbahn bis zur markierten Grenzlinie zwischen Haupt- und Nebenstrasse fahren, ohne die auf der Hauptstrasse verkehrenden Fahrzeuge in der Ausübung ihres Vortrittsrechtes zu behindern.

100 IV 244 () from 28. November 1974
Regeste: 1. Verweisungsbruch, Art. 291 StGB. Art. 23 ANAG ist zu dieser Bestimmung subsidiär (Erw. 1). 2. Trennung von Ehegatten infolge fremdenpolizeilicher Ausweisung, Art. 11 Abs. 2 ANAG. Das Bundesgericht kann nicht prüfen, ob diese Bestimmung vor dem das Recht zur Ehe gewährleistenden Art. 54 BV standhält (Art. 113 Abs. 3 BV) (Erw. 2). 3. Rechtsirrtum, Art. 20 StGB. a) Verkennen einer Rechtsnorm entschuldigt nicht, wenn sie genügend klar ist, so dass auch ein Rechtsunkundiger das darin enthaltene Gebot oder Verbot erkennen kann. b) Im Zweifel über die Tragweite einer (Ausweisungs-) Verfügung ist es dem von dieser Beschwerten zuzumuten, sich bei der verfügenden Behörde danach zu erkundigen (Erw. 3).

101 IV 402 () from 3. Oktober 1975
Regeste: 1. Art. 182 Ziff. 1 StGB, Freiheitsberaubung, Rechtsirrtum. Rechtswidrige Festnahme eines mutmasslichen Täters durch Privatpersonen (Erw. 1b). 2. Art. 144 StGB. Hehlerei an gestohlenen Blankopässen. Vorsatz des Hehlers (Erw. 2). 3. Art. 179 Abs. 1 StGB, Verletzung des Briefgeheimnisses. Strafantragsberechtigt ist der Adressat des Briefes, nicht der Dritte, an den der Inhalt der Sendung weiterzuleiten war (Erw. 3).

102 IV 273 () from 24. September 1976
Regeste: Art. 194 StGB. "Verführen" im Sinne dieser Vorschrift heisst auf den Willen des Unmündigen einen bestimmenden Einfluss ausüben (Bestätigung der Rechtsprechung). Der Richter hat deshalb möglichst die gesamten Beziehungen zwischen den Partnern abzuklären und sich nicht auf die den Unzuchtshandlungen unmittelbar vorangegangene Zeitspanne zu beschränken (Erw. 1).

103 IV 186 () from 3. November 1977
Regeste: Art. 286 StGB, Hinderung einer Amtshandlung. 1. Begriff (Erw. 2, 4, 6). 2. Das Warnen von Fahrzeugführern vor einer Geschwindigkeitskontrolle erfüllt den Tatbestand nicht (Erw. 4, 5).

103 IV 251 () from 16. Dezember 1977
Regeste: Art. 212 StGB; Gefährdung Jugendlicher durch unsittliche Bilder. Abbildung von cunnilinguus und fellatio in einer für Jugendliche bestimmten Zeitschrift.

104 IV 43 () from 21. Februar 1978
Regeste: Art. 37 Abs. 1 GSchG. Ein in einen Fluss versenkter aufgebrochener Stahlschrank kann geeignet sein, das Wasser zu verunreinigen.

104 IV 175 () from 3. Mai 1978
Regeste: Art. 273 StGB. Wirtschaftlicher Nachrichtendienst; Art. 162 StGB. Verletzung des Geschäftsgeheimnisses. a) Geschäftsgeheimnis (Erw. 1b, c). b) Schutzwürdigkeit des Geheimhaltungsinteresses (Erw. 2). c) Zuständigkeit, Art. 7 StGB (Erw. 3). d) Vorsatz (Erw. 4). e) Rechtsirrtum, Art. 20 StGB (Erw. 5). f) Sachverhaltsirrtum, Art. 19 StGB (Erw. 6).

104 IV 217 () from 19. Dezember 1978
Regeste: Art. 20 und 191 Ziff. 1 StGB. 1. Begriff des Rechtsirrtums. 2. Irrtum bejaht im Falle eines 19jährigen Süditalieners, der seiner 15jährigen Freundin beischlief.

104 IV 263 () from 21. November 1978
Regeste: Verordnung über die Arbeits- und Ruhezeit der berufsmässigen Motorfahrzeugführer (Chauffeurverordnung; ARV). Auf selbständigerwerbende Fahrzeugführer, die daneben keine Erwerbstätigkeit als Arbeitnehmer ausüben, sind die Bestimmungen über die Arbeits- und Ruhezeit (Art. 4-9) nicht anwendbar (Art. 1 Abs. 3). Im übrigen unterstehen sie im vollen Umfang der ARV, insbesondere den Vorschriften über den Fahrtschreiber (Art. 11 ff).

109 IV 46 () from 10. Januar 1983
Regeste: Art. 305 StGB, Begünstigung. Ein Polizeibeamter, der unter Verletzung seiner dienstlichen Pflicht dafür sorgt, dass eine Strafanzeige nicht weitergeleitet wird, damit dem Betroffenen ein Strafverfahren erspart bleibt, macht sich der Begünstigung schuldig. Er kann sich nicht auf das Opportunitätsprinzip berufen.

115 IV 162 () from 2. August 1989
Regeste: Art. 20, 32, 33 und 125 Abs. 2 StGB, § 28 des Dienstreglementes der Kantonspolizei Solothurn; Schusswaffeneinsatz. Art. 33 und 32 StGB umschreiben die Voraussetzungen der Notwehr beziehungsweise Amtspflicht abschliessend. Der Inhalt der Amtspflicht hingegen ergibt sich aus der gesamten Rechtsordnung und insbesondere dem kantonalen Recht (hier: Dienstreglement der Kantonspolizei). Ob eine Amtspflicht einen Rechtfertigungsgrund darstellt, ist eine Rechtsfrage (E. 2a). Voraussetzungen der Notwehr und Amtspflicht hier verneint (E. 2b und c beziehungsweise E. 2d); ebenso das Vorliegen eines Rechtsirrtums (E. 3).

116 IV 56 () from 23. Februar 1990
Regeste: Art. 320 StGB; Verletzung des Amtsgeheimnisses. 1. Dem Amtsgeheimnis unterstehende Informationen stellen auch dann Amtsgeheimnisse dar, wenn sie materiell teilweise unrichtig sind und/oder nur Mutmassungen enthalten (E. II/1/a). 2. Wer unter Umgehung des Dienstweges einem Vorgesetzten Amtsgeheimnisse in der Annahme offenbart, dies sei für die Amtsführung des Vorgesetzten nötig, macht sich nicht der Verletzung des Amtsgeheimnisses schuldig (E. II/1/b). Art. 20 StGB; Rechtsirrtum. In casu bejaht, da der Täterin das Fehlen der richtigen Erkenntnis nicht zum Vorwurf gemacht werden konnte (E. II/3). Art. 173 Abs. 2 BStP; Kostenauflage bei Freispruch (E. III).

116 IV 254 () from 11. September 1990
Regeste: Art. 6 und Art. 13 Abs. 1 des Wappenschutzgesetzes. Schutz öffentlicher Wappen und anderer öffentlicher Zeichen. Gegen diese Bestimmungen verstösst, wer zu gewerblichen Zwecken ein Schreiben verschicken lässt, das den falschen Eindruck erwecken soll, es handle sich um eine amtliche Mitteilung.

118 IV 167 () from 27. Februar 1992
Regeste: Der Generalbevollmächtigte ist ohne vorherigen Beschluss des Verwaltungsrates dort zur Stellung eines Strafantrages befugt, wo es um den Schutz des Geschäftsvermögens geht und der Strafantrag nicht gegen den Willen der Gesellschaftsorgane gestellt wird. Bei Verletzung höchstpersönlicher Rechtsgüter einer Gesellschaft hat grundsätzlich die Verwaltung selbst zu handeln (E. 1). Selbst wenn ein leerstehendes Haus in naher Zukunft nicht benützt werden soll, ist Hausfriedensbruch durch eine unberechtigte Hausbesetzung möglich. Geschütztes Rechtsgut ist nicht der Besitz, sondern der Wille des Berechtigten (E. 3). Der Grundsatz der Subsidiarität des Strafrechts ist nicht anwendbar beim Fehlen vertraglicher Beziehungen zwischen dem Täter und dem Geschädigten (E. 3b). Rechtsirrtum ist ausgeschlossen, wenn die kantonale Behörde feststellt, die Täter seien sich bewusst gewesen, dass ihr Handeln gegen das Strafgesetz verstosse (E. 4).

119 IV 134 () from 9. Juli 1993
Regeste: Art. 169 und 289 StGB; Verstrickungsbruch; Bruch amtlicher Beschlagnahme. Die Verurteilung wegen Verstrickungsbruchs nach Art. 169 StGB erfordert neben dem Vorsatz in bezug auf die Eigenmächtigkeit jenen der Gläubigerschädigung (Klarstellung der Rechtsprechung). Fehlt der Vorsatz der Gläubigerschädigung, kommt eine Bestrafung wegen Bruchs amtlicher Beschlagnahme gemäss Art. 289 StGB in Betracht.

120 IV 73 () from 20. April 1994
Regeste: Art. 91 Abs. 3 SVG n.F.; Vereitelung einer Blutprobe. Die vorsätzliche pflichtwidrige Unterlassung der Meldung eines Unfalls erfüllt auch nach dem neuen Recht dann den Tatbestand der Vereitelung einer Blutprobe, wenn die Anordnung der Blutprobe nach den gesamten relevanten Umständen sehr wahrscheinlich war und der Fahrzeuglenker diese die hohe Wahrscheinlichkeit der Massnahme begründenden Umstände kannte. In diesem Fall musste er im Sinne von Art. 91 Abs. 3 SVG n.F. mit einer Blutprobe rechnen.

120 IV 208 () from 21. Juli 1994
Regeste: 1. Opportunitätsprinzip. Eine Verletzung des kantonalen Opportunitätsprinzips kann nicht mit der eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde gerügt werden (E. 1b/bb). 2. Vervielfältigen und Weiterverbreiten eines urheberrechtlich geschützten Werks nach altem und neuem Recht (Art. 50 Abs. 1 Ziff. 1 i.V.m. Art. 42 Ziff. 1 lit. a und b i.V.m. Art. 12 Abs. 1 Ziff. 1 und 2 aURG; Art. 67 Abs. 1 lit. e und f i.V.m. Art. 10 Abs. 2 lit. a und b nURG); Erschöpfungsgrundsatz (Art. 12 Abs. 1 nURG); Eigengebrauch (Art. 22 aURG; Art. 19 Abs. 1 nURG). Wer ein ihm anonym zugestelltes Exemplar einer noch nicht genehmigten Lizentiatsarbeit als Repräsentant einer darin kritisierten Organisation mit Wissen und Willen ohne die Einwilligung der Urheberin vervielfältigt und die Kopien weiteren, in der Arbeit ebenfalls behandelten Institutionen zukommen lässt, macht sich der vorsätzlichen Urheberrechtsverletzung schuldig (E. 2 und 4). 3. Wahrung berechtigter Interessen. Interessenkonflikte zwischen Urhebern einerseits und andern am urheberrechtlich geschützten Werk interessierten Personen andererseits sind in der Regel im URG abschliessend geregelt, weshalb der Rechtfertigungsgrund der Wahrung berechtigter Interessen nur ausnahmsweise in Betracht kommt (E. 3). 4. Rechtsirrtum (Art. 20 StGB); zureichende Gründe verneint (E. 5). 5. Strafzumessung (Art. 48, 63, 68 StGB) (E. 6). 6. Strafregistereintrag (Art. 9 Ziff. 2 V über das Strafregister). In der Regel sind Bussen wegen Übertretungen nicht einzutragen (E. 7).

124 IV 286 () from 29. Oktober 1998
Regeste: Art. 1 Abs. 3 lit. d und Abs. 4, Art. 19 BetmG; Art. 1 StGB; Handel mit "Ecstasy"; "nulla poena sine lege". Ecstasy wird vom Betäubungsmittelgesetz erfasst. Die Bestrafung des Handels mit diesem Stoff verletzt den Grundsatz "nulla poena sine lege" nicht (E. 1). Art. 19 Ziff. 2 lit. b BetmG; Bandenmässigkeit. Mindestansätze einer Organisation beim Drogenhandel. Bandenmässigkeit auch im Lichte von BGE 124 IV 86 bejaht (E. 2). Art. 63 StGB; Strafzumessung. Strafe von 2 1/2 Jahren Zuchthaus für den Handel mit grossen Mengen Ecstasy. Angesichts der Umstände keine Ermessensüberschreitung der kantonalen Behörde (E. 4).

126 IV 99 () from 29. Februar 2000
Regeste: Art. 9 Abs. 6 lit. c, Art. 30 Abs. 2 und Art. 96 Ziff. 1 Abs. 3 SVG; Art. 67 Abs. 1 lit. a und Abs. 8 VRV; Fahren mit Überlast, Gewichtslimite von 28 t bei Anhängerzügen, Toleranz von 5%. Wer die Gewichtslimite um mehr als 5% überschreitet, ist für die ganze Überschreitung zu bestrafen; die Toleranz von 5% ist nicht abzuziehen (E. 4).

128 IV 201 () from 26. Juli 2002
Regeste: Harte Pornographie (Art. 197 Ziff. 3 StGB); Meinungsäusserungsfreiheit (Art. 10 EMRK). Die Bestrafung wegen des Vertriebes von pornographischen Magazinen und Videofilmen, die sexuelle Handlungen mit Gewalttätigkeiten bzw. mit menschlichen Ausscheidungen zum Inhalt haben, verstösst auch dann nicht gegen die Meinungsäusserungsfreiheit, wenn mit diesen Erzeugnissen ausschliesslich interessierte und eingeweihte Erwachsene bedient werden (E. 1). Art. 20 StGB. Rechtsirrtum verneint (E. 2). Urheberrechtsverletzung (Art. 67 Abs. 1 lit. e, lit. f und Abs. 2 URG); Verwendung zum Eigengebrauch (Art. 19 URG). Der Inhaber eines Geschäfts, der im Handel erhältliche Werkexemplare vollständig oder weitgehend vollständig vervielfältigt und die Kopien an Kunden zu deren Eigengebrauch veräussert, erfüllt den Tatbestand der Urheberrechtsverletzung (E. 3).

129 IV 6 () from 25. September 2002
Regeste: Art. 181 StGB (Nötigung); Art. 32-34 StGB (Rechtfertigungsgründe); Wahrnehmung berechtigter Interessen; Art. 20 StGB (Verbotsirrtum); Art. 48 Ziff. 2, Art. 63 StGB (Strafzumessung). Blockadeaktionen von "Greenpeace"-Aktivisten gegen die Kernkraftwerke Beznau, Gösgen und Leibstadt. Objektiver und subjektiver Tatbestand der Nötigung (E. 2). Prüfung der Rechtfertigungsgründe der Wahrnehmung berechtigter Interessen, der Notstandshilfe, der Putativnotwehr und der Gesetzespflicht (E. 3). Rechtswidrigkeit der Nötigung (E. 3.4-3.7). Voraussetzung für den Rechtfertigungsgrund der Wahrnehmung berechtigter Interessen ist grundsätzlich, dass zuvor der Rechtsweg mit legalen Mitteln beschritten und ausgeschöpft worden ist. Die inkriminierte Handlung muss ein zum Erreichen des angestrebten berechtigten Ziels notwendiges und angemessenes Mittel darstellen und offenkundig weniger schwer wiegen als die Interessen, die der Täter zu wahren sucht. Dies gilt auch, wenn vermeintliche Missstände öffentlich gemacht werden sollen (E. 3.3). Verbotsirrtum (E. 4). Substanziierungsanforderungen der Nichtigkeitsbeschwerde (E. 5). Strafzumessung (E. 6).

129 IV 238 () from 4. April 2003
Regeste: Art. 305bis Ziff. 1, Art. 19 Abs. 1 und Art. 20 StGB; Geldwäscherei, irrige Vorstellung über den Sachverhalt, Rechtsirrtum. Wer fälschlicherweise der Überzeugung ist, aus dem Drogenhandel stammende Vermögenswerte seien wegen Zeitablaufs nicht mehr einziehbar, handelt in einem Sachverhaltsirrtum (E. 3).

129 IV 296 () from 6. August 2003
Regeste: Entzug der Jagdberechtigung (Art. 20 Abs. 1 JSG); bedingter Vollzug (Art. 41 StGB). Der Entzug der Jagdberechtigung im Sinne von Art. 20 Abs. 1 JSG ist keine Massnahme, sondern eine Nebenstrafe. Er kann daher bedingt erfolgen (E. 2).

129 IV 305 () from 16. September 2003
Regeste: Art. 28 ff. und 59 StGB. Einziehung von Vermögenswerten bei Antragsdelikten. Die durch ein Antragsdelikt erlangten Vermögenswerte sind auch einzuziehen, wenn ein gültiger Strafantrag fehlt (E. 4). Art. 59 Ziff. 1 Abs. 3 und Art. 70 ff. aStGB, Art. 277ter BStP. Verjährung der Strafverfolgung und des Einziehungsrechts bei (teilweiser) Gutheissung der eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde. Soweit die letztinstanzliche kantonale Verurteilung wegen bestimmter Straftaten mit der eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde nicht oder erfolglos angefochten worden ist und damit materiell rechtskräftig bleibt, findet keine Strafverfolgung mehr statt und hört daher in Bezug auf diese Straftaten die Verfolgungsverjährung mit der Ausfällung des letztinstanzlichen kantonalen Entscheides definitiv zu laufen auf. Dies gilt auch, wenn infolge (teilweiser) Gutheissung der Nichtigkeitsbeschwerde aus andern Gründen das angefochtene Urteil formal vollumfänglich aufgehoben wird und die kantonale Instanz etwa wegen des Dahinfallens von Verurteilungen des Beschuldigten in andern Punkten die Strafe neu bemessen muss (Präzisierung der Rechtsprechung; E. 6.2). Entsprechendes gilt in Bezug auf die Verjährung des Einziehungsrechts, welches mit der Nichtigkeitsbeschwerde nicht oder erfolglos angefochten worden ist (E. 6.3).

130 IV 77 () from 11. Juni 2004
Regeste: Art. 23 Abs. 1 al. 5 ANAG; Erleichtern des rechtswidrigen Verweilens. Art. 23 Abs. 1 al. 5 ANAG erfasst nicht nur die Schlepper (E. 2.2). Unter den Anwendungsbereich dieser Bestimmung fällt, wer einen rechtswidrig im Lande weilenden Ausländer - im konkreten Fall während mehr als drei Monaten - beherbergt und dadurch den behördlichen Zugriff erschwert beziehungsweise verunmöglicht (E. 2.3).

133 IV 145 () from 30. Mai 2007
Regeste: Art. 20 StGB (Art. 13 aStGB); Einholung eines psychiatrischen Gutachtens. Posttraumatische Belastungs- und Anpassungsstörungen gehen nur selten mit Straftaten einher. Es ist kaum denkbar, dass sie zur Aufhebung der Einsichtsfähigkeit führen (E. 3.5). Die Diagnose derartiger Störungen wie auch der Umstand, dass dem Beschwerdeführer eine volle Invalidenrente zugesprochen worden ist, vermögen keine ernsthaften Zweifel an der Schuldfähigkeit zu begründen (E. 3.6).

140 IV 49 (6B_459/2013) from 13. Februar 2014
Regeste: Art. 20 und 56 Abs. 3 StGB; sachverständige Person. Die sachverständige Person, die gestützt auf Art. 20 und 56 Abs. 3 StGB Gutachten erstellt, muss in aller Regel Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie sein (E. 2). Das kantonale Recht kann weitergehende Bestimmungen vorsehen (z.B. forensische Weiterbildung) (E. 2.8).

144 I 253 (1B_520/2017) from 4. Juli 2018
Regeste: Art. 29 Abs. 1 und 2, Art. 32 Abs. 2 BV; Art. 6 Ziff. 1 und 3 EMRK; Art. 147 Abs. 1, Art. 157 f., Art. 185 StPO. Zulassung der Verteidigung zur psychiatrischen Exploration der beschuldigten Person. Das Verhör des Beschuldigten und die Beweisaussagen der Parteien erfüllen andere gesetzliche Funktionen als eine forensisch-psychiatrische Begutachtung. Die sachverständige Person nimmt ausschliesslich fachspezifische Erhebungen vor, die mit dem Expertiseauftrag in engem Zusammenhang stehen. Eine eigene Befragung der beschuldigten Person durch die sachverständige Person ist spezifisch gutachtensorientiert. Folglich dürfen die Strafbehörden Äusserungen der beschuldigten Person bei einem psychiatrischen Explorationsgespräch dieser auch nicht wie Beweisaussagen zum inkriminierten Sachverhalt vorhalten. Nach einer gesetzeskonformen kontradiktorischen Ernennung und Instruktion der forensischen sachverständigen Person (unter Teilnahme der Parteien) hat die Verteidigung auf materielle Begutachtungsvorgänge durch die medizinisch-psychiatrische Fachperson (bis zum Vorliegen der Expertise) keinen direkten Einfluss mehr zu nehmen. Die Verteidigung hat weder den fachlich-methodischen Ablauf der Expertise unmittelbar zu "kontrollieren", noch die Exploration mit eigenen Fragen direkt zu ergänzen bzw. zu beeinflussen. Nach Vorliegen des Gutachtens steht es den Parteien (im Rahmen ihres gesetzlich vorgesehenen Stellungnahmerechts) frei, nötigenfalls Kritik am methodischen Vorgehen oder an den fachlichen Schlussfolgerungen des Gutachters zu äussern und entsprechende Beweis- und Ergänzungsanträge zu stellen. Ein Recht auf Zulassung der Verteidigung zur forensisch-psychiatrischen Exploration ergibt sich weder aus Art. 147 Abs. 1 StPO noch aus anderen gesetzlichen Bestimmungen. Ein solcher Anspruch lässt sich hier auch nicht aus den Grundrechten der Bundesverfassung oder der EMRK herleiten (E. 3).

144 IV 176 (6B_835/2017) from 22. März 2018
Regeste: Art. 56 Abs. 3 StGB; Art. 184 Abs. 1, 2 lit. a und b, Abs. 3, Art. 185 Abs. 1 und Art. 187 Abs. 1 StPO; § 27 Abs. 2 der Verordnung des Kantons Zürich vom 1./8. September 2010 über psychiatrische und psychologische Gutachten in Straf- und Zivilverfahren (PPGV/ZH); Delegationsverbot und Transparenzgebot bei der psychiatrischen Begutachtung. Wird für ein psychiatrisches Gutachten ein bestimmter Sachverständiger bestellt und mit der Begutachtung betraut, hat er den Auftrag grundsätzlich persönlich auszuführen (Delegationsverbot). Hingegen ist der Sachverständige nicht verpflichtet, sämtliche für die Begutachtung notwendigen Tätigkeiten selber vorzunehmen, sondern er kann für untergeordnete Arbeiten Hilfspersonen heranziehen. Umfang und Grenzen des zulässigen Beizugs von Hilfspersonen (E. 4.2.3, 4.5.1 und 4.6). Der Beizug von Hilfspersonen ist im Gutachten transparent zu machen. Aus dem Gutachten muss u.a. hervorgehen, wie die Hilfspersonen konkret eingesetzt wurden und wie der Sachverständige seine Gesamtverantwortung wahrnehmen konnte bzw. wahrgenommen hat (E. 4.2.4 und 4.5.2). Für den blossen Beizug von Hilfspersonen bedarf es keiner vorgängigen Ermächtigung durch die Strafverfolgungsbehörde. Sind Dritte am Gutachtensprozess als Hilfspersonen unmittelbar beteiligt, ist es aber dennoch zu begrüssen, wenn der Gutachter der auftraggebenden Strafbehörde de- ren Name sowie Art und Umfang von deren Beizug vorab bekannt gibt (E. 4.5.2 und 4.6).

 

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