|
Art. 146
Betrug 1 Wer in der Absicht, sich oder einen andern unrechtmässig zu bereichern, jemanden durch Vorspiegelung oder Unterdrückung von Tatsachen arglistig irreführt oder ihn in einem Irrtum arglistig bestärkt und so den Irrenden zu einem Verhalten bestimmt, wodurch dieser sich selbst oder einen andern am Vermögen schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft. 2 Handelt der Täter gewerbsmässig, so wird er mit Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren oder Geldstrafe nicht unter 90 Tagessätzen bestraft. 3 Der Betrug zum Nachteil eines Angehörigen oder Familiengenossen wird nur auf Antrag verfolgt. BGE
122 IV 149 () from 9. Mai 1996
Regeste: Art. 146 und 148 StGB; Check- und Kreditkartenmissbrauch, Anwendung auf Benutzung der Postcheckkarte, Abgrenzung zum Betrug. Der Tatbestand des Check- und Kreditkartenmissbrauchs findet auch im Zweiparteiensystem (hier: Einlösen von ungedeckten, mittels einer Postcheckkarte garantierten Postchecks durch den rechtmässigen Inhaber bei einer schweizerischen Poststelle) Anwendung und geht dem Betrugstatbestand vor (E. 3b und c). Art. 172ter StGB; geringfügige Vermögensdelikte bei der Einlösung mehrerer Checks. Bei der gleichzeitigen Einlösung von mehreren garantierten Checks zu Fr. 300.-- ist auf die Summe aller Checks abzustellen, Geringwertigkeit gemäss Art. 172ter StGB als zu verneinen (E. 3c).
122 IV 197 () from 4. Juni 1996
Regeste: Art. 146 StGB; Prozessbetrug, Arglist. Auch der sogenannte Prozessbetrug fällt unter den allgemeinen Betrugstatbestand. Betrug begeht, wer das Gericht durch Täuschung veranlasst, zum Nachteil des Prozessgegners zu entscheiden (E. 2; Änderung der in BGE 78 IV 84 begründeten Rechtsprechung). Arglist in der Form der besonderen Machenschaften (E. 3).
124 IV 59 () from 20. Februar 1998
Regeste: Art. 70 ff. StGB, art. 146 Abs. 2 StGB, Art. 148 Abs. 2 aStGB; Verfolgungsverjährung, gewerbsmässiger Betrug. Die einzelnen strafbaren Handlungen eines gewerbsmässigen Betruges bilden keine verjährungsrechtliche Einheit. Der vom Gesetz hergestellte Zusammenhang zwischen diesen und dem Qualifikationsmerkmal der Gewerbsmässigkeit betrifft die Strafzumessung.
125 I 369 () from 30. Juni 1999
Regeste: Art. 2 ÜbBest. BV, Art. 2-8 UWG, Art. 4 BV und Art. 49 BV sowie Art. 9 EMRK; kantonales Übertretungsstrafrecht: Verbot des unlauteren oder täuschenden Anwerbens auf öffentlichem Grund und Ermächtigung der Polizei, Anwerbende wegzuweisen. Abstrakte Normenkontrolle. Beschwerdelegitimation eines Vereins «Scientology-Kirche» und seines Mitglieds (E. 1). Die kantonale Regelung ist kein gegen Art. 4 BV verstossendes Einzelfallgesetz (E. 3). Verhältnis der kantonalen Norm zum Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (E. 4). Die umstrittene Vorschrift kann einen Eingriff in die Religionsfreiheit bewirken. Sie ist im vorliegenden Fall nicht auf ihre Vereinbarkeit mit anderen Grundrechten zu prüfen (E. 5). Die Bestimmung ist nicht zu unbestimmt (E. 6), dient einem öffentlichen Interesse und kann verfassungs- und verhältnismässig ausgelegt und angewandt werden (E. 7).
125 IV 124 () from 22. Januar 1999
Regeste: Art. 146 StGB und Art. 149 StGB; Verhältnis zwischen Zechprellerei und Betrug, Arglist. Die Zechprellerei ist kein Spezialtatbestand, der im Bereich des Gastgewerbes dem Betrug vorgeht, sondern gelangt nur zur Anwendung, wenn die Voraussetzungen des Betrugs nicht erfüllt sind (E. 2c). Arglist verneint, weil sich der Hotelgast keiner besonderen Machenschaften bediente, um seine Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit vorzutäuschen, und es den Hoteliers möglich gewesen wäre, die Zahlungsfähigkeit zu überprüfen (E. 3b).
125 IV 206 () from 10. August 1999
Regeste: Art. 270 Abs. 1 BStP und Art. 261bis StGB. Beschwerdelegitimation von Verbänden und Einzelpersonen bei Rassendiskriminierung (E. 2). Art. 261bis Abs. 4 StGB und Art. 27 StGB. Da Art. 261bis Abs. 4 StGB selbst die öffentliche Kundgabe von diskriminierenden Äusserungen und Darstellungen unter Strafe stellt, ist Art. 27 StGB in diesem Zusammenhang nicht anwendbar (E. 3).
125 IV 260 () from 10. November 1999
Regeste: Art. 148 StGB; Checkkarten- und Kreditkartenmissbrauch, objektive Strafbarkeitsbedingung. Art. 148 StGB verlangt, dass "dieser (der Aussteller) und das Vertragsunternehmen die ihnen zumutbaren Massnahmen gegen den Missbrauch der Karte ergriffen haben"; dabei handelt es sich um eine objektive Strafbarkeitsbedingung (E. 2). Massnahmen, die durch den Aussteller ergriffen werden müssen und die im vorliegenden Fall ungenügend waren (E. 4-6).
126 I 172 () from 29. Juni 2000
Regeste: Art. 31 Abs. 4 BV, Art. 5 Ziff. 4 EMRK; grundrechtliche Anforderungen an das Haftprüfungsverfahren beim freiheitsentziehenden vorzeitigen Massnahmenvollzug. Rechtsnatur des vorzeitigen (vorläufigen) stationären Massnahmenvollzuges. Für den freiheitsentziehenden vorzeitigen Sanktionenvollzug vor Erlass eines rechtskräftigen Strafurteils gelten die grundrechtlichen Verfahrensregeln des strafprozessualen Freiheitsentzuges (E. 3a-b). Anforderungen an die kontradiktorische Ausgestaltung des Haftprüfungsverfahrens (E. 3c-e). Art. 31 Abs. 3 BV, Art. 5 Ziff. 3 EMRK; zulässige Dauer des vorzeitigen stationären Massnahmenvollzuges. Besondere Problematik der Prüfung der zeitlichen Verhältnismässigkeit einer vorläufigen freiheitsentziehenden Massnahme (E. 5).
126 IV 165 () from 24. Oktober 2000
Regeste: Art. 146 Abs. 1 StGB, Art. 513 Abs. 1 und Art. 514 Abs. 2 OR; Betrug bei einem Fernsehquiz, Arglist, Vermögensschaden, Vorsatz. Arglist in der Form besonderer Machenschaften bejaht bei einem Täter, der umfangreiche Vorkehren getroffen hat, um vor der Sendung Kenntnis von den gestellten Fragen und Antworten zu erhalten. Opfermitverantwortung verneint (E. 2). Frage offen gelassen, ob es sich bei der Sendung um ein Spiel im Sinne des Obligationenrechtes handelt, da auch diesfalls der Veranstalter einen zivilrechtlich geschützten Anspruch auf Ausgleich des erlittenen Nachteils hätte und damit ein Vermögensschaden gegeben wäre (E. 3). Hält der Täter einen Gewinn für möglich und will er ihn für den Fall, dass er eintreten sollte, ist Vorsatz gegeben (E. 4).
128 IV 18 () from 25. Oktober 2001
Regeste: Art. 22 Abs. 1 und Art. 146 StGB; vollendeter Betrugsversuch, Arglist. Zunächst ist zu entscheiden, ob das Vorgehen des Täters objektiv arglistig war. Trifft dies zu, bleibt die Täuschung jedoch ohne Erfolg, so ist versuchte arglistige Täuschung gegeben (E. 3b).
129 IV 22 () from 26. November 2002
Regeste: Art. 185 Ziff. 2 StGB; qualifizierte Geiselnahme. Wird die Drohung, der Geisel einen der in Art. 185 Ziff. 2 StGB aufgezählten Nachteile zuzufügen, direkt und ausschliesslich an einen Dritten, der genötigt werden soll, gerichtet, so ist diese Bestimmung ebenfalls anwendbar, sofern der so auf diesen Dritten ausgeübte Druck erheblich grösser als der vom Grundtatbestand erfasste ist und der Täter mindestens mit Eventualvorsatz beabsichtigte, einen solchen Druck auszuüben (E. 2). Art. 68 Ziff. 1 Abs. 1, 147 und 156 StGB; Konkurrenz zwischen betrügerischem Missbrauch einer Datenverarbeitungsanlage und Erpressung. Die Erpressung umfasst den betrügerischen Missbrauch einer Datenverarbeitungsanlage, wenn sich aus den konkreten Umständen ergibt, dass die beiden Widerhandlungen derart eng verbunden sind, dass das Verhalten, das durch Art. 147 StGB erfasst wird, nur der Unterstützung der Erpressung dient bzw. zu deren Verwirklichung notwendig ist (E. 4). Der Umstand, dass im vorliegenden Fall keine Konkurrenz zwischen den beiden Widerhandlungen besteht, kann auf die Strafzumessung nur einen geringfügigen Einfluss haben (E. 5). Art. 11, 63 und 66 StGB; Strafreduktion bei verminderter Zurechnungsfähigkeit. Es verletzt Bundesrecht, wenn die kantonale Instanz, ohne dies zu begründen, die einem Angeklagten auferlegte Strafe nur um 40% reduziert, obwohl sie von einer in mittlerem Masse verminderten Zurechnungsfähigkeit ausgeht (E. 6.2). Art. 49 OR; Genugtuung. Genugtuungssummen, die dem Opfer einer Geiselnahme und dessen Angehörigen zuzusprechen sind (E. 7).
129 IV 53 () from 3. Dezember 2002
Regeste: Art. 146 StGB (Betrug), Art. 251 StGB (Urkundenfälschung); Art. 68 StGB (Gesetzeskonkurrenz). Tatbestandsmässigkeit der Urkundenfälschung (E. 2). Zwischen den Straftatbeständen der Urkundenfälschung und des Betruges besteht grundsätzlich echte Gesetzeskonkurrenz (Bestätigung der Rechtsprechung, E. 3).
129 IV 172 () from 12. März 2003
Regeste: Art. 262 Ziff. 1 Abs. 3 StGB; Störung des Totenfriedens. Entfernung eines Herzschrittmachers post mortem durch den Angestellten eines Bestattungsinstituts (E. 2).
129 IV 188 () from 26. November 2002
Regeste: Art. 19 Ziff. 2 lit. c BetmG und Art. 305bis Ziff. 2 lit. c StGB, grosser Umsatz; Art. 19 Ziff. 1 BetmG und Art. 21 StGB, Versuch bzw. Anstaltentreffen zu umsatzmässig qualifizierter Tatbegehung. Ein mit gewerbsmässigem Drogenhandel bzw. mit gewerbsmässiger Geldwäscherei erzielter Umsatz von Fr. 100'000.- oder mehr ist gross (E. 3.1). Der Zeitraum, über den sich die gewerbsmässige Tätigkeit erstreckte, ist für die Beurteilung der Umsatzgrösse unerheblich (E. 3.2). Der Täter ist wegen vollendeter einfacher Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz bzw. das Geldwäschereiverbot zu verurteilen, wenn der gewerbsmässig erzielte Umsatz die kritische Grösse von Fr. 100'000.- nicht erreicht und keine anderen Qualifikationsgründe vorliegen; eine Verurteilung wegen versuchter qualifizierter Tatbegehung wäre nicht zulässig (E. 3.3).
130 II 217 () from 3. Mai 2004
Regeste: Internationale Rechtshilfe in Strafsachen; Art. 1a, 2, 5, 8 und 80p IRSG. Der Republik China (Taiwan) kann Rechtshilfe gewährt werden, auch wenn dieser Staat von der Schweiz nicht anerkannt wird (E. 5). Kann die Gewährung von Rechtshilfe an Taiwan wesentliche Interessen der Schweiz im Sinne von Art. 1a IRSG beeinträchtigen? Frage offen gelassen (E. 6). Die Voraussetzung des Gegenrechts ist erfüllt (E. 7). Erfordernis der Einhaltung der Verfahrensgarantien in dem im Ausland geführten Strafverfahren (E. 8). Die Verjährung beurteilt sich nach dem im Zeitpunkt der Schlussverfügung geltenden schweizerischen Recht, im vorliegenden Fall nach Art. 73 Ziff. 1 aStGB (E. 11).
131 IV 83 () from 10. November 2004
Regeste: Widerhandlung gegen das Ergänzungsleistungsgesetz (Art. 16 Abs. 1 ELG und Art. 24 ELV); Verjährung (Art. 71 StGB). Der Tatbestand des Art. 16 Abs. 1 ELG ist kein Dauerdelikt (E. 2.1). Die Meldepflicht gemäss Art. 24 ELV begründet keine Garantenpflicht (E. 2.1.3). Die Rechtsfigur der verjährungsrechtlichen Einheit wird aufgegeben (E. 2.4). Fallkonstellationen, in denen mehrere Tathandlungen nach wie vor verjährungsrechtlich eine Einheit bilden (E. 2.4.5).
132 II 81 () from 22. Dezember 2005
Regeste: Art. 2 Ziff. 1-4, Art. 9 Ziff. 2 und Art. 17 AVUS; Art. 17 und Art. 28 Ziff. 1-2 EAUe; Art. 5 Abs. 2-3 des Auslieferungsvertrages zwischen der Schweiz und Russland; Art. 314 StGB; konkurrierende Auslieferungsersuchen zweier Staaten. Die USA und Russland beantragen je die Auslieferung des ehemaligen russischen Atomenergieministers. Beschwerdegegenstand, Sachurteilsvoraussetzungen, Beschwerdegründe, Kognition (E. 1). Frage der beidseitigen Strafbarkeit nach schweizerischem und US-amerikanischem Strafrecht (E. 2). Internationalstrafrechtliche Priorität des russischen Ersuchens (E. 3). Zusammenfassung, Rechtsfolgen (E. 4 und 5).
132 IV 20 () from 1. Dezember 2005
Regeste: Art. 273 Abs. 1 lit. a und b, Art. 277bis BStP; Art. 303 Ziff. 1 StGB; Bindung des Kassationshofs an die Anträge des Beschwerdeführers; falsche Anschuldigung. In den Punkten, in denen das letztinstanzliche kantonale Urteilsdispositiv angefochten ist, prüft der Kassationshof sämtliche Fragen des eidgenössischen Rechts frei und von Amtes wegen (E. 3). Das Vortäuschen einer falschen Identität anlässlich einer Festnahme und der nachfolgenden Einvernahmen durch die Polizei erfüllt den Tatbestand der mittelbaren falschen Anschuldigung gemäss Art. 303 Ziff. 1 Abs. 2 StGB (E. 5).
133 IV 21 () from 16. Februar 2007
Regeste: Art. 138 Ziff. 1 Abs. 2 und Ziff. 2 StGB; qualifizierte Veruntreuung anvertrauter Vermögenswerte. Täuschungsbedingte Gegenleistungen für die versprochene vertragliche Leistung aus vollkommen zweiseitigen Verträgen begründen keine Werterhaltungspflicht. Der Freispruch von der Anklage des Betruges in einem Fall schwindelhaften Verkaufs von angeblichen Bankgarantien erlaubt daher keine ersatzweise Verurteilung wegen Veruntreuung (E. 6 und 7).
133 IV 150 (6B_46/2007) from 29. Mai 2007
Regeste: Art. 51 StGB; Anrechnung der Untersuchungshaft. Auf die Strafe ist auch die Untersuchungshaft anzurechnen, die in einem anderen Verfahren angeordnet worden ist. Zu entziehende Freiheit ist wenn immer möglich mit bereits entzogener Freiheit zu kompensieren (E. 5).
133 IV 171 () from 30. Mai 2007
Regeste: Art. 146 StGB (Dreiecksbetrug); Art. 7 aStGB (schweizerische Zuständigkeit im Strafpunkt); Art. 129 IPRG und Art. 30 Abs. 2 BV (Zivilpunkt, Adhäsionsprozess). Schädigt der Getäuschte nicht sich selbst, sondern einen Dritten, setzt die Erfüllung des Betrugstatbestands voraus, dass der Getäuschte für den Vermögenskreis des Geschädigten verantwortlich ist und darüber zumindest in tatsächlicher Hinsicht verfügen kann. Diese Stellung des Getäuschten im Umfeld des Geschädigten ermöglicht die Abgrenzung zum Diebstahl, begangen in mittelbarer Täterschaft (E. 4.3). Im internationalen Verhältnis ist bei mehreren gewerbsmässig verübten Taten für jede einzelne selbständig zu prüfen, ob der Handlungs- oder der Erfolgsort gemäss Art. 7 aStGB in der Schweiz liegt (E. 6.3). Ein arglistiges Bestärken in einem Irrtum nach erfolgter Vermögensverfügung sowie nach Eintritt von Schaden und Bereicherung ist als Nachtatverhalten für die Begründung der Zuständigkeit nicht mehr von Relevanz (E. 6.5). Das IPRG sieht nicht ausdrücklich einen Adhäsionsgerichtsstand vor (E. 9.2). Art. 129 IPRG geht mit Rücksicht auf Art. 30 Abs. 2 BV vom Wohnsitzgerichtsstand aus. Sinn und Zweck des Instituts des Adhäsionsprozesses gebieten, dass sich der einer strafbaren Handlung Beschuldigte nicht auf die Garantie des Wohnsitzgerichtsstands berufen kann. Die adhäsionsweise Geltendmachung von Zivilforderungen am Forum des Strafgerichts ist daher auch im internationalen Verhältnis zulässig (E. 9.4).
133 IV 256 () from 15. August 2007
Regeste: Geldfälschung (Art. 240 StGB); Inumlaufsetzen falschen Geldes (Art. 242 StGB); Betrug (Art. 146 StGB). Ein besonders leichter Fall der Geldfälschung i.S. von Art. 240 Abs. 2 StGB bejaht bei Herstellung von acht Zweihunderternoten (E. 3). Zwischen der Geldfälschung (Art. 240 StGB) und dem Inumlaufsetzen falschen Geldes (Art. 242 StGB) besteht echte Konkurrenz (Präzisierung der Rechtsprechung; E. 4.2). Zwischen dem Inumlaufsetzen falschen Geldes (Art. 242 StGB) und dem Betrug besteht ebenfalls echte Konkurrenz (Änderung der Rechtsprechung; E. 4.3). Wer Falschgeld in Umlauf bringt (Art. 242 StGB), begeht in aller Regel zugleich einen Betrug. Über die Verwendung zur Zahlung hinausgehende arglistige Machenschaften sind nicht erforderlich (E. 4.4). Voraussetzungen der Annahme einer natürlichen Handlungseinheit bei Herstellung und In Umlaufsetzen von Falschgeld (E. 4.5).
134 IV 210 (6B_4/2008) from 13. Juni 2008
Regeste: Erfordernis der Stoffgleichheit beim Betrug; Leasingvertrag. Beim Betrugstatbestand hat der Schaden als Vermögensnachteil der Bereicherung als Vermögensvorteil zu entsprechen (Prinzip der Stoffgleichheit; E. 5.3). Der Leasingnehmer, welcher das Leasingfahrzeug der Versicherungsgesellschaft, bei der er eine Vollkaskoversicherung abgeschlossen hat, fälschlicherweise als gestohlen meldet, um sich hierdurch gegenüber dem Leasinggeber von seiner Verpflichtung zur Bezahlung der Leasingraten zu befreien, macht sich nicht des Betrugs gemäss Art. 146 StGB, sondern - allenfalls - der arglistigen Vermögensschädigung gemäss Art. 151 StGB schuldig (E. 5.4).
135 IV 76 (6B_466/2008) from 15. Dezember 2008
Regeste: Art. 146 Abs. 1 StGB; Anlagebetrug. Die aggressive mündliche Vermittlung von Aktienoptionen unter Verschleierung der von den Kunden tatsächlich erhobenen Kommissionen durch Telefonverkäufer, welche von den vermittelten Geschäften weitgehend nichts verstanden und über die Kommissionsstruktur selber im Irrtum waren, erfüllt den Tatbestand des Betruges. Dass die Opfer nachträglich aufgrund korrekt erstellter Abrechnungen die Höhe der Kommissionen hätten erkennen können, schliesst Arglist nicht aus (E. 5.3).
135 IV 87 (6B_538/2008) from 7. Januar 2009
Regeste: a Verwertung entfernter Strafregistereinträge; Art. 369 Abs. 7 StGB. Verurteilungen, die aus dem Strafregister entfernt wurden, dürfen in einem neuen Strafverfahren bei der Strafzumessung und beim Entscheid über den Strafaufschub nicht mehr verwertet werden. Bei einer neuen Begutachtung können die einer entfernten Verurteilung zugrunde liegenden Taten jedoch berücksichtigt werden (E. 2).
139 I 72 (2C_484/2010) from 29. Juni 2012
Regeste: Art. 30, 32 und 96 BV, Art. 6 und 7 EMRK, Art. 15 UNO-Pakt II, Art. 2 Abs. 1bis, Art. 4 Abs. 2, Art. 7 Abs. 1 und 2 lit. b, Art. 26 ff. und 49a KG. Kartellrechtliche Sanktionen nach Art. 49a KG haben einen strafrechtlichen bzw. strafrechtsähnlichen Charakter. Die Garantien von Art. 6 und 7 EMRK sowie Art. 30 und 32 BV sind bei solchen Sanktionen anwendbar (E. 2). Anforderungen von Art. 6 EMRK können in einem Kartellsanktionsverfahren auch erst im Verwaltungsgerichtsverfahren erfüllt werden; Anforderungen an die Kognition des Verwaltungsgerichts (E. 4). Frage der genügenden Bestimmtheit von Art. 7 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 lit. b KG für Sanktionen nach Art. 49a KG (E. 8). Relevanter Markt und marktbeherrschende Stellung (E. 9). Diskriminierung von Handelspartnern bei Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen als missbräuchliches Verhalten (Art. 7 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 lit. b KG; E. 10).
139 III 126 (4A_496/2012) from 25. Februar 2013
Regeste: Materielle Rechtskraft; Identität von prozessualen Ansprüchen. Die Identität von prozessualen Ansprüchen beurteilt sich nach den Klageanträgen und dem behaupteten Lebenssachverhalt, d.h. dem Tatsachenfundament, auf das sich die Klagebegehren stützen (Präzisierung der Rechtsprechung; E. 3). Eine behauptete arglistige Prozessführung ist mit Revision geltend zu machen (Bestätigung der Rechtsprechung; E. 4).
140 IV 11 (6B_750/2012) from 12. November 2013
Regeste: Art. 146 StGB, Art. 31 Abs. 1 ATSG; Verletzung der Meldepflicht. Betrug durch Unterlassen setzt eine qualifizierte Rechtspflicht des Täters zum Handeln voraus (E. 2.3.2). Gesetzliche und vertragliche Pflichten des Bezügers von Versicherungsleistungen, rentenrelevante Veränderungen in den persönlichen Verhältnissen zu melden, begründen keine Garantenpflicht (Bestätigung der Rechtsprechung; E. 2.4).
140 IV 150 (6B_183/2014) from 28. Oktober 2014
Regeste: Betrug (Art. 146 StGB), untauglicher Versuch (Art. 22 StGB). Wer vollständig arbeitsunfähig ist, kann keinen untauglichen Betrugsversuch zum Nachteil der Sozialversicherungen begehen (E. 3.4-3.7).
140 IV 206 (9C_171/2014) from 17. September 2014
Regeste: Art. 25 Abs. 2 und Art. 31 Abs. 1 ATSG; Art. 146 Abs. 1 StGB; Art. 31 Abs. 1 lit. d ELG; Verwirkung eines Anspruchs auf Rückforderung von Leistungen; längere Verjährungsfrist des Strafrechts. Eine Verletzung der Pflicht, wesentliche Änderungen in den für einen Leistungsanspruch massgebenden Verhältnissen zu melden, wird im Falle des Begehens durch Unterlassung nach den speziellen Strafbestimmungen in den Sozialversicherungsgesetzen geahndet (E. 6.3.2.2). Wird ein Informationsschreiben, welches an die Pflicht zur Mitteilung jeder Tatsachenänderung erinnert, nicht befolgt, so stellt dies keine Täuschung durch aktives Tun und demnach keinen Betrug im Sinne von Art. 146 Abs. 1 StGB dar (E. 6.4).
142 IV 153 (6B_887/2015) from 8. März 2016
Regeste: Art. 146 StGB; Betrug. Unter dem Gesichtspunkt der Arglist respektive der Opfermitverantwortung missachtet derjenige grundlegendste Vorsichtsmassnahmen und verhält sich leichtfertig, der bei einem Kauf über das Internet ein Produkt mit einem hohen Warenwert auf Rechnung an eine unbekannte Privatperson liefert, ohne deren Bonität zumindest rudimentär zu prüfen. Bei der Bestellung eines leistungsstarken Druckers durch eine Privatperson für rund Fr. 2'200.- kann nicht von einem Alltagsgeschäft gesprochen werden. Arglistige Täuschung des weder erfüllungswilligen noch erfüllungsfähigen Bestellers vorliegend verneint (E. 2.2.4).
143 IV 179 (6B_1128/2016) from 15. Februar 2017
Regeste: Art. 391 Abs. 2 StPO; Verbot der reformatio in peius; Gehilfenschaft und Täterschaft. Das Verschlechterungsverbot ist nicht verletzt, wenn ein Verhalten statt als Gehilfenschaft zu einem Verbrechen als Vergehen in Haupttäterschaft qualifiziert wird. Eine Verurteilung als (Mit-)Täter wiegt gegenüber einer Verurteilung als Gehilfe nur schwerer, soweit die Verurteilungen denselben Straftatbestand beziehungsweise dieselbe Deliktskategorie betreffen. Die Gehilfenschaft zu einem Verbrechen bleibt trotz Strafmilderung ein Verbrechen und wiegt daher schwerer als ein Vergehen in der Begehungsform als Haupttäter (E. 1.5).
143 IV 302 (6B_184/2017) from 19. Juli 2017
Regeste: Art. 146 Abs. 1 StGB; Versicherungsbetrug; arglistige Täuschung und Eigenverantwortung des Versicherers. Nach der Rechtsprechung ist eine falsche Schadenanzeige grundsätzlich immer arglistig (E. 1.3). Eigenverantwortung des Opfers setzt eine genwärtige Täuschung voraus. Handlungen oder Unterlassungen des Opfers, die einem qualifiziert täuschenden Verhalten des Täters vorangegangen sind, begründen daher von vornherein keine Opfermitverantwortung (hier: bei Abschluss einer Vollkaskoversicherung unterbliebene Besichtigung und Prüfung des Fahrzeugs auf vorbestandene Schäden; E. 1.4).
143 V 393 (8C_392/2017) from 26. Oktober 2017
Regeste: Art. 46 Abs. 2 UVG; falsche Unfallmeldung. Art. 46 Abs. 2 UVG erlaubt dem Versicherer die Leistungskürzung oder -verweigerung als Sanktionierung absichtlicher Falschmeldungen. Der Versicherer hat diese Möglichkeit unter Beachtung des Willkürverbots sowie der Grundsätze der Gleichbehandlung und der Verhältnismässigkeit für jede Leistung gesondert zu prüfen (E. 6.2). Eine strafrechtliche Verurteilung, insbesondere wegen Betrugs, wird für die Anwendung von Art. 46 Abs. 2 UVG nicht zwingend vorausgesetzt (E. 7.3). Im konkreten Fall kann, mit Blick auf das Verhältnismässigkeitsgebot, die Ausrichtung von Taggeldern (E. 8.2), nicht aber die Übernahme der Heilbehandlungskosten verweigert werden (E. 8.3).
145 IV 377 (6B_516/2019) from 21. August 2019
Regeste: Art. 49 Abs. 2 StGB; teilweise retrospektive Konkurrenz; gewerbsmässige Deliktsbegehung; bedingter Strafvollzug. Hat das Gericht ein gewerbsmässiges Delikt zu beurteilen, von dem der eine Teil der Einzeltaten vor und der andere Teil nach einer früheren Verurteilung begangen worden ist, hat es die strafbaren Handlungen als Einheit zu betrachten, wobei sich die Einzelakte im Rahmen der Strafzumessung in denjenigen Teil des Delikts eingliedern, in welchen die letzte Einzeltat fällt (E. 2.3.3). Bei einer teilweisen retrospektiven Konkurrenz hat das Gericht nicht für jeden Teil der Delikte eine Prognose für den bedingten Strafvollzug abzugeben. Es hat eine Prognose vielmehr im Zeitpunkt des Urteils unter Würdigung der Situation der beschuldigten Person im Moment der Verurteilung zu stellen. Für die Prüfung, ob für die auszusprechende Freiheitsstrafe die Voraussetzungen der Gewährung des bedingten oder teilbedingten Strafvollzuges erfüllt sind, hat das Gericht sämtliche Zusatzstrafen, Grundstrafen und zu kumulierenden Strafen zu addieren und hernach zu entscheiden, ob diese hypothetische Gesamtstrafe die Anwendung von Art. 42 oder 43 StGB erlaubt (E. 2.4.1).
146 II 321 (2C_744/2019) from 20. August 2020
Regeste: Art. 62 Abs. 2 und Art. 63 Abs. 3 AIG; Art. 66a Abs. 2 und Art. 66abis StGB; Zulässigkeit eines Widerrufs einer Aufenthaltsbewilligung wenn ein Strafurteil sich mit der Landesverweisung nicht auseinandersetzt. Wird ein Ausländer für Delikte verurteilt, die eine Landesverweisung gerechtfertigt hätten, eine solche jedoch im Strafurteil nicht thematisiert (E. 3), ist davon auszugehen, dass das Strafgericht darauf verzichtet hat, diese Massnahme im Sinne von Art. 63 Abs. 3 AIG zu ergreifen. Die Verwaltungsbehörde kann somit ausschliesslich gestützt auf die betreffende strafrechtliche Verurteilung die Niederlassungsbewilligung nicht widerrufen (E. 4). Der Umstand, dass die strafrechtliche Verurteilung vorliegend für vor und nach dem 1. Oktober 2016 begangene Delikte und somit teilweise für Delikte ausgesprochen wurde, für welche noch keine Landesverweisung erteilt werden konnte, vermag daran nichts zu ändern (E. 5).
146 IV 136 (1B_6/2020) from 29. Januar 2020
Regeste: Art. 221 Abs. 1 lit. c StPO; Untersuchungshaft, Wiederholungsgefahr, erhebliche Sicherheitsgefährdung. Drohen vom Beschuldigten Vermögensdelikte, welche die Geschädigten besonders hart bzw. ähnlich treffen wie ein Gewaltdelikt, ist die erhebliche Gefährdung der Sicherheit anderer zu bejahen und kommt damit Untersuchungshaft wegen Wiederholungsgefahr in Betracht. Massgeblich sind die Umstände. Im zu beurteilenden Fall erhebliche Sicherheitsgefährdung verneint bei einem Beschuldigten, der bereits zahlreiche Betrüge begangen hat, jedoch nie jemanden besonders schwer geschädigt hat und nie wegen Gewalt auffällig geworden ist (E. 2).
147 IV 36 (6B_895/2019) from 15. September 2020
Regeste: Art. 400 Abs. 3 lit. b und Art. 401 StPO; Art. 15 Abs. 2 StBOG; Umwandlung der Berufung in eine Anschlussberufung. Die gleichen Anträge einer Partei können nicht parallel Gegenstand einer Berufung und einer Anschlussberufung zur Berufung einer anderen Partei sein. Eine Berufung kann nach Ablauf der Frist für die Anschlussberufung gemäss Art. 400 Abs. 3 lit. b StPO daher nicht mehr gültig in eine Anschlussberufung umgewandelt werden (E. 2).
147 IV 73 (6B_572/2020) from 8. Januar 2021
Regeste: Art. 146 Abs. 1 StGB; Betrug; Entgelt für sexuelle Dienstleistungen; Täuschung über die Zahlungsbereitschaft; Arglist; Vermögensschaden. Die Vorspiegelung der Zahlungsbereitschaft ist als Täuschung über innere Tatsachen grundsätzlich arglistig. Dass das Täuschungsopfer im konkreten Fall die sexuellen Dienstleistungen erbracht hat, ohne auf Vorauszahlung des vereinbarten Entgelts zu bestehen, führt nicht zu seiner alleinigen, die Strafbarkeit des Täuschenden ausschliessenden Verantwortung für den erlittenen Schaden (E. 3.3 und 4.2). Dem Anspruch einer sich prostituierenden Person auf Entschädigung für die von ihr erbrachte sexuelle Dienstleistung kommt Vermögenswert zu (E. 7.2). |