Schweizerisches Strafgesetzbuch

vom 21. Dezember 1937 (Stand am 22. November 2022)


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Art. 16

Ent­schuld­ba­re Not­wehr

 

1 Über­schrei­tet der Ab­weh­ren­de die Gren­zen der Not­wehr nach Ar­ti­kel 15, so mil­dert das Ge­richt die Stra­fe.

2 Über­schrei­tet der Ab­weh­ren­de die Gren­zen der Not­wehr in ent­schuld­ba­rer Auf­re­gung oder Be­stür­zung über den An­griff, so han­delt er nicht schuld­haft.

BGE

136 IV 49 (6B_1005/2009) from 18. Februar 2010
Regeste: Art. 15 StGB; Notwehr; angemessene Abwehr mit einem Messer. Beim Einsatz eines Messers zur Abwehr eines Angriffs gegen die körperliche Integrität ist besondere Zurückhaltung geboten. Er ist grundsätzlich das letzte Mittel der Verteidigung. Doch kann er im Einzelfall, etwa in Anbetracht der Art und Weise des Angriffs, der zahlenmässigen Überlegenheit der Angreifer und des Risikos, im Laufe der Auseinandersetzung schwere Körperverletzungen davonzutragen, auch angemessen sein (E. 3 und 4).

136 IV 55 (6B_238/2009) from 8. März 2010
Regeste: Art. 19 Abs. 2, Art. 47 und 50 StGB; Strafzumessung bei verminderter Schuldfähigkeit; Begründungspflicht. Ausgehend von der objektiven Tatschwere hat der Richter das (subjektive) Tatverschulden zu bewerten. Dabei hat er (auch) die verminderte Schuldfähigkeit zu berücksichtigen. Er muss dartun, in welchem Umfange sich diese verschuldensmindernd auswirkt (E. 5.5 und 5.6). Die Gesamteinschätzung des Tatverschuldens ist im Urteil zu benennen, damit überprüft werden kann, ob die daraus resultierende (hypothetische) Strafe angemessen ist und mit der durch den gesetzlichen Strafrahmen zum Ausdruck gebrachten Abstufung des Unrechtsgehaltes übereinstimmt (E. 5.7). Die tat- und täterangemessene Strafe für eine einzelne Tat ist grundsätzlich innerhalb des ordentlichen Strafrahmens festzusetzen. Dieser ist nur zu verlassen, wenn aussergewöhnliche Umstände vorliegen und die für die betreffende Tat angedrohte Strafe im konkreten Fall zu hart bzw. zu milde erscheint. Die Frage einer Unterschreitung des ordentlichen Strafrahmens kann sich stellen, wenn verschuldens- bzw. strafreduzierende Faktoren zusammentreffen, die einen objektiv an sich leichten Tatvorwurf weiter relativieren, so dass eine Strafe innerhalb des ordentlichen Rahmens dem Rechtsempfinden widerspräche. Die verminderte Schuldfähigkeit allein führt deshalb grundsätzlich nicht dazu, den ordentlichen Strafrahmen zu unterschreiten. Dazu bedarf es weiterer, ins Gewicht fallender Umstände, die das Verschulden als besonders leicht erscheinen lassen (E. 5.8).

142 IV 14 (6B_454/2015) from 26. November 2015
Regeste: Tötung in Notwehrexzess; Verhältnis zwischen vorsätzlicher und fahrlässiger Tötung sowie Totschlag; Art. 15 f., 111, 113 und 117 StGB. Ob der Angegriffene den Angriff provoziert hat, ist bei der Zulässigkeit bzw. der Verhältnismässigkeit der Notwehr und der Entschuldbarkeit eines allfälligen Notwehrexzesses zu berücksichtigen. Ein Schuldspruch wegen fahrlässiger Tötung mit der Begründung, der Täter habe die Notwehrsituation selbst verschuldet, wenn auch nur fahrlässig, kommt nicht in Betracht (E. 5.3). Totschlag und Notwehrlage schliessen sich nicht gegenseitig aus. Liegt die heftige Gemütsbewegung in der Aufregung oder Bestürzung über einen unrechtmässigen Angriff, gelangen Art. 113 und 16 Abs. 1 StGB jedoch nicht gleichzeitig zur Anwendung; die Tat ist als vorsätzliche Tötung nach Art. 111 StGB, begangen in Notwehrexzess, zu qualifizieren (E. 5.4).

 

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