Schweizerisches Strafgesetzbuch

vom 21. Dezember 1937 (Stand am 22. November 2022)


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Art. 169

Ver­fü­gung über mit Be­schlag be­leg­te Ver­mö­gens­wer­te

 

Wer ei­gen­mäch­tig zum Scha­den der Gläu­bi­ger über einen Ver­mö­gens­wert ver­fügt, der

amt­lich ge­pfän­det oder mit Ar­rest be­legt ist,

in ei­nem Be­trei­bungs‑, Kon­kurs- oder Re­ten­ti­ons­ver­fah­ren amt­lich auf­ge­zeich­net ist oder

zu ei­nem durch Li­qui­da­ti­ons­ver­gleich ab­ge­tre­te­nen Ver­mö­gen ge­hört

oder einen sol­chen Ver­mö­gens­wert be­schä­digt, zer­stört, ent­wer­tet oder un­brauch­bar macht,

wird mit Frei­heits­s­tra­fe bis zu drei Jah­ren oder Geld­stra­fe be­straft.

BGE

82 IV 187 () from 14. September 1956
Regeste: Art. 169 StGB. Verfügung über gepfändetes Trinkgeld.

83 III 1 () from 14. Februar 1957
Regeste: Rekurs an das Bundesgericht (Art. 19 SchKG) gegen kantonale Rechtsvorschriften oder interne Dienstanweisungen der kantonalen Aufsichtsbehörden? Lohnpfändung. Das Betreibungsamt kann den Schuldner beim Pfändungsvollzug unter Hinweis auf die Strafdrohung von Art. 292 StGB auffordern, ihm jeden Wechsel der Arbeitsstelle und jede Änderung der Verdienstverhältnisse unverzüglich zu melden.

86 IV 170 () from 9. September 1960
Regeste: Art. 169 StGB. Der Arbeitgeber, der im Falle einer gegen seinen Arbeitnehmer gerichteten Lohnpfändung auf betreibungsamtliche Anzeige hin die gepfändete Lohnquote in Abzug bringt, den abgezogenen Geldbetrag aber nicht an das Betreibungsamt abliefert, sondern anderweitig verwendet, verfügt damit nicht über eine amtlich gepfändete Sache; Pfändungsobjekt bildet bis zu ihrer Tilgung ausschliesslich die Lohnforderung.

87 IV 115 () from 28. November 1961
Regeste: Art. 141 StGB. Die Anwendung dieser Bestimmung ist nicht auf die Aneignung körperlicher Sachen beschränkt. Der Unterschlagung macht sich auch schuldig, wer in Bereicherungsabsicht über ein Bankguthaben verfügt, das, wie er weiss, seinem Konto irrtümlich gutgeschrieben wurde.

91 IV 69 () from 24. Juni 1965
Regeste: Art. 169 StGB, Art. 93 SchKG. Die Pfändung künftigen Dirnenlohnes ist rechtsgültig.

93 III 33 () from 25. April 1967
Regeste: Die Pfändung und Arrestierung von Erwerbseinkommen (Art. 93, 275 SchKG) bleibt nicht nur bei einem Stellenwechsel des Schuldners, sondern auch dann wirksam, wenn dieser die selbständige mit einer unselbständigen Erwerbstätigkeit vertauscht oder umgekehrt. Sie erfasst im Falle, dass der Schuldner beim Pfändungs- oder Arrestvollzug über die Art seiner Tätigkeit falsche Angaben gemacht hat, das Einkommen aus der von ihm wirklich ausgeübten Tätigkeit (Erw. 1). Eine revisionsweise verfügte Erhöhung des gepfändeten oder arrestierten Einkommensbetrages kommt den Gläubigern nachgehender Gruppen erst nach Ablauf der für die vorgehenden Gruppen erfolgten Lohnpfändungen oder nach vollständiger Befriedigung der betreffenden Gläubiger zugut (Art. 110 Abs. 3 SchKG). Das gilt auch dann, wenn dieVerhältnisse, welche die Erhöhung rechtfertigen, beim Vollzug eines Arrestes entdeckt werden. Der Arrestgläubiger kann in einem solchen Falle nicht die entsprechende Anwendung von Art. 281 Abs. 1 SchKG verlangen (Erw. 2).

96 IV 111 () from 30. November 1970
Regeste: Art. 169 StGB. Massgebend für die Feststellung, ob der Verdienst aus selbständigem Erwerb den Notbedarf überschritten habe, ist bei der Pfändung eines festen Monatsbetrages nicht das Einkommen jedes einzelnen Monats, sondern der während der ganzen Pfändungsdauer erzielte durchschnittliche Monatsverdienst. Dabei sind vom Bruttoeinkommen die auf die Pfändungsperiode entfallenden Gewinnungskosten abzuziehen, und zwar auch dann, wenn diese erst später bezahlt werden.

97 IV 18 () from 22. Januar 1971
Regeste: Art. 163 Ziff. 1 Abs. 2 StGB. Zum Begriff der strafbaren Vermögensverminderung. 1. Eine solche kann liegen in der Eingehung neuer Schulden (Erw. 1a). 2. "Zum Nachteil der Gläubiger" erfolgt die Vermögensverminderung dann, wenn sie den Gläubigern im Hinblick auf ihre Befriedigung in der Zwangsvollstreckung objektiv zum Nachteil gereicht und der Vorsatz des Täters auf diese Benachteiligung gerichtet ist (Erw. 1 b). 3. Zur Frage, wann gemäss Art. 286/88 SchKG nicht anfechtbare und daher rechtmässige Schenkungen und Leistungen zur Erfüllung sittlicher Pflichten vorliegen (Erw. 1c).

98 III 12 () from 7. September 1972
Regeste: Lohnpfändung (Art. 93 SchKG); Höchstdauer. Künftiger Lohn kann in einem bestimmten Betreibungsverfahren höchstens für ein Jahr seit dem Pfändungsvollzug gepfändet werden (Bestätigung der Rechtsprechung). Im Falle der Teilnahme mehrerer Gläubiger (Art. 110, 111 SchKG) läuft diese Jahresfrist von der Pfändung an, welche die Teilnahmefristen in Gang setzt (Preisgabe einer abweichenden Auffassung, die in Entscheiden aus den Jahren 1894-1898 vertreten worden war).

100 IV 227 () from 11. Oktober 1974
Regeste: Art. 169 StGB, Verfügung über gepfändete Sachen. Der Anwalt ist zur Verrechnung mit einem Geldvorschuss auch dann berechtigt, wenn seine Honorarforderungen erst nach einer Pfändung des Anspruchs des Auftraggebers auf Rückerstattung des Vorschusses entstehen.

102 IA 35 () from 8. März 1976
Regeste: Pflicht zur Verwendung der Amtssprache des Kantons im Verkehr mit den kantonalen Behörden. Auswirkungen. Überspitzter Formalismus. Art. 4 BV. 1. Im Verkehr mit den kantonalen Behörden ist die Amtssprache des Kantons zu verwenden (Bestätigung der Rechtsprechung). 2. Die kantonale Behörde, die innert Frist eine in einer anderen Sprache als der Amtssprache des Kantons abgefasste Rechtsschrift erhält, sie dem Betreffenden nicht zurückschickt zur Übersetzung in die Amtssprache innert einer Nachfrist, sondern sie ohne weiteres für unzulässig erklärt, verfällt in überspitzten Formalismus und verletzt damit Art. 4 BV.

102 IV 248 () from 20. November 1976
Regeste: Art. 169 StGB. Verfügung über gepfändeten Lohn. Ein während der Dauer der Lohnpfändung im Vergleich zum Existenzminimum eingetretener Mindererwerb ist auch dann mit einem Mehrerlös auszugleichen, wenn das unterschiedliche Einkommen auf einen Wechsel von der selbständigen zur unselbständigen Erwerbstätigkeit zurückzuführen ist.

103 III 91 () from 7. Juli 1977
Regeste: Arrestierung von Bankguthaben - Ersuchen um Auskunfterteilung unter Androhung von Strafsanktionen. Ist der Arrest für eine Forderung bewilligt, die sich nicht auf einen vollstreckbaren Titel stützt, so kann das Betreibungsamt der Bank (bzw. deren Organen), die sich weigert, die verlangten Auskünfte zu erteilen, nicht die in Art. 292 StGB vorgesehene Strafe androhen (Bestätigung und Präzisierung der Rechtsprechung).

105 IV 322 () from 16. November 1979
Regeste: Art. 169 StGB. Die Verfügung über die in einem Retentionsverfahren amtlich aufgezeichneten Sachen erfüllt den Tatbestand von Art. 169 StGB auch dann, wenn die Behörde es unterlassen hat, dem Schuldner innert der Ordnungsfrist von drei Tagen seit Vornahme der Retention eine Abschrift der Retentionsurkunde zuzustellen.

116 III 91 () from 14. August 1990
Regeste: Aufteilung des Verwertungserlöses unter die Gläubiger einer Pfändungsgruppe, wenn der zu teilende Betrag mit einer von einem Gläubiger eingereichten Strafklage eingetrieben wurde. 1. Die Verteilung des mit einer Strafklage eingetriebenen Betrages unter die Gläubiger ist eine der Beschwerde nach Art. 17 SchKG unterliegende Verfügung (E. 1). 2. Der Betrag, den einer von mehreren Gläubigern mit einer Strafklage eintreiben konnte, dient nicht in erster Linie der Befriedigung dieses Gläubigers und zur Deckung seiner Kosten: Das Betreibungsamt, das diesen Betrag unter allen Gläubigern der gleichen Gruppe aufteilt und zwar nach Klassen, handelt gesetzeskonform (E. 2).

116 IV 134 () from 2. März 1990
Regeste: Art. 141 StGB. Die Anwendung dieser Bestimmung ist nicht auf die Aneignung körperlicher Sachen beschränkt. Der Unterschlagung macht sich auch schuldig, wer in der Absicht unrechtmässiger Bereicherung über ein Guthaben verfügt, das, wie er weiss, seinem Konto irrtümlich gutgeschrieben wurde (Bestätigung von BGE 87 IV 115).

119 IV 134 () from 9. Juli 1993
Regeste: Art. 169 und 289 StGB; Verstrickungsbruch; Bruch amtlicher Beschlagnahme. Die Verurteilung wegen Verstrickungsbruchs nach Art. 169 StGB erfordert neben dem Vorsatz in bezug auf die Eigenmächtigkeit jenen der Gläubigerschädigung (Klarstellung der Rechtsprechung). Fehlt der Vorsatz der Gläubigerschädigung, kommt eine Bestrafung wegen Bruchs amtlicher Beschlagnahme gemäss Art. 289 StGB in Betracht.

120 III 42 () from 24. Februar 1994
Regeste: Art. 17-19 SchKG. Legitimation eines Staates zur Beschwerde und zum Rekurs gegen den Arrestvollzug, der Vermögenswerte einer öffentlichrechtlichen und seiner Ministerien unterstellten Körperschaft erfasst (E. 3). Art. 274 Abs. 2 Ziff. 1 und 67 Abs. 1 Ziff. 2 SchKG; Bezeichnung des Schuldners und seines Vertreters im Arrestbefehl. Der Arrestbefehl kann und soll sogar das Organ nennen, welches von Gesetzes wegen die öffentlichrechtliche Körperschaft vertritt (E. 4a). Im vorliegenden Fall bestehen keine Zweifel hinsichtlich der Identität des Schuldners und bezüglich der mit Arrest zu belegenden Vermögenswerte (E. 4b u. c). Art. 97 Abs. 2 und 275 SchKG. Werden durch einen Gläubiger zwei oder mehrere Arreste gegen denselben Schuldner und für dieselbe Forderung erwirkt, so liegt darin ein Rechtsmissbrauch, wenn dieses Vorgehen zur Blockierung von Vermögenswerten in einem Umfang führt, der erheblich über dem Betrag liegt, der für die Befriedigung der aus Kapital, Zinsen und Kosten zusammengesetzten Forderung nötig ist (E. 5a). In einem solchen Fall ist es angezeigt, einen Teil oder alle der zuletzt ergriffenen Massnahmen zu widerrufen (E. 5b), wobei massgebend der Zeitpunkt der gemäss Art. 99 SchKG erfolgten Anzeige ist (E. 6).

121 IV 353 () from 24. November 1995
Regeste: Art. 169 StGB; Verfügung über mit Beschlag belegte Vermögenswerte. Die Verpflichtung des Schuldners, die mit Beschlag belegten Gegenstände zu erhalten, begründet weder gegenüber dem Gläubiger noch gegenüber den Betreibungs- und Konkursbehörden eine Garantenpflicht. Das blosse Untätigbleiben stellt daher keine eigenmächtige Verfügung im Sinne von Art. 169 StGB dar.

129 IV 68 () from 3. Dezember 2002
Regeste: Art. 169 StGB; Verfügung über mit Beschlag belegte Vermögenswerte. Wer dem Betreibungsbeamten, der einen gepfändeten Vermögenswert zum Zwecke der Verwertung abholen möchte, wahrheitswidrig erklärt, er habe den gepfändeten Vermögenswert veräussert und besitze ihn daher nicht mehr, erfüllt nicht den Tatbestand von Art. 169 StGB, da er durch diese Lüge nicht über den Vermögenswert verfügt (E. 2).

140 V 441 (8C_752/2013) from 20. August 2014
Regeste: Art. 8 ff. AVIG; Art. 93 Abs. 1 SchKG; beschränkte Pfändung von Arbeitslosentaggeldern. Das für einen ganzen Kalendermonat von der Zwangsvollstreckungsbehörde im Rahmen einer Lohnpfändung festgesetzte betreibungsrechtliche Existenzminimum darf von der Arbeitslosenkasse nicht pro rata temporis auf den Zeitraum des innerhalb einer Kontrollperiode (Kalendermonat) zustehenden Arbeitslosentaggeldanspruchs umgerechnet werden. Eine solche Abschöpfung des Ersatzeinkommens unterhalb des betreibungsrechtlich fixierten Existenzminimums zuhanden des Betreibungsamtes ist nicht rechtens (E. 3).

146 IV 59 (6B_389/2019) from 28. Oktober 2019
Regeste: Art. 97 Abs. 3 StGB, Art. 366 ff. StPO; Verfolgungsverjährung bei Aufhebung eines Abwesenheitsurteils. Ein Abwesenheitsurteil im Sinne von Art. 366 ff. StPO gilt nur unter der resolutiven Bedingung, dass zu einem späteren Zeitpunkt kein Gesuch um neue Beurteilung eingereicht und das Abwesenheitsurteil durch ein neues Urteil ersetzt wird, als erstinstanzliches Urteil gemäss Art. 97 Abs. 3 StGB. Ergeht in Gutheissung des Gesuchs um Neubeurteilung ein neues Urteil, fällt das Abwesenheitsurteil dahin. Die zwischen den beiden Urteilen verstrichene Zeit muss bei der Verfolgungsverjährung angerechnet werden (E. 3.4).

 

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