Schweizerisches Strafgesetzbuch

vom 21. Dezember 1937 (Stand am 22. November 2022)


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Art. 3

3. Räum­li­cher Gel­tungs­be­reich.

Ver­bre­chen oder Ver­ge­hen im In­land

 

1 Die­sem Ge­setz ist un­ter­wor­fen, wer in der Schweiz ein Ver­bre­chen oder Ver­ge­hen be­geht.

2 Ist der Tä­ter we­gen der Tat im Aus­land ver­ur­teilt wor­den und wur­de die Stra­fe im Aus­land ganz oder teil­wei­se voll­zo­gen, so rech­net ihm das Ge­richt die voll­zo­ge­ne Stra­fe auf die aus­zu­spre­chen­de Stra­fe an.

3 Ist ein Tä­ter auf Er­su­chen der schwei­ze­ri­schen Be­hör­de im Aus­land ver­folgt wor­den, so wird er, un­ter Vor­be­halt ei­nes kras­sen Ver­stos­ses ge­gen die Grund­sät­ze der Bun­des­ver­fas­sung und der Kon­ven­ti­on vom 4. No­vem­ber 19505 zum Schut­ze der Men­schen­rech­te und Grund­frei­hei­ten (EMRK), in der Schweiz we­gen der Tat nicht mehr ver­folgt, wenn:

a.
das aus­län­di­sche Ge­richt ihn end­gül­tig frei­ge­spro­chen hat;
b.
die Sank­ti­on, zu der er im Aus­land ver­ur­teilt wur­de, voll­zo­gen, er­las­sen oder ver­jährt ist.

4 Hat der auf Er­su­chen der schwei­ze­ri­schen Be­hör­de im Aus­land ver­folg­te Tä­ter die Stra­fe im Aus­land nicht oder nur teil­wei­se ver­büsst, so wird in der Schweiz die Stra­fe oder de­ren Rest voll­zo­gen. Das Ge­richt ent­schei­det, ob ei­ne im Aus­land nicht oder nur teil­wei­se voll­zo­ge­ne Mass­nah­me in der Schweiz durch­zu­füh­ren oder fort­zu­set­zen ist.

BGE

86 IV 212 () from 17. September 1960
Regeste: 1. Art. 191 StGB. Darunter fällt auch Unzucht mit einer ehemündigen Italienerin, die das 16. Altersjahr noch nicht erreicht hat (Erw. 2); 2. Art. 32, 20 StGB. Zureichende Gründe zur Annahme, der voreheliche Verkehr mit einer ehemündigen Italienerin unter 16 Jahren sei erlaubt? (Erw. 3 und 4); 3. Art. 41 Ziff. 5 StGB. Unzulässige Verweigerung des bedingten Aufschubes der Landesverweisung (Erw. 6).

92 II 293 () from 8. November 1966
Regeste: Widerrechtliche Benützung einer in der Schweiz patentierten Erfindung (Art. 66 lit. a und Art. 8 PatG). 1. Widerrechtlich kann nur eine in der Schweiz erfolgte Benützung sein. Dieser Begriff erfasst aber nicht bloss in der Schweiz ausgeführte Handlungen, sondern ohne Rücksicht auf den Ort der Ausführung jedes Tun oder Unterlassen, das rechtserhebliche Ursache einer in der Schweiz erfolgten Benützung ist, insbesondere die Handlungen von Anstiftern, mittelbaren Tätern, Miturhebern und Gehilfen, welche die Benützung in der Schweiz vom Ausland aus veranlasst oder gefördert haben (Erw. 4). 2. Begriff und Arten der Benützung (Erw. 5). 3. Widerrechtliche Benützung einer in der Schweiz patentierten Erfindung durch Einfuhr patentverletzender Erzeugnisse in die Schweiz und durch Lagerung solcher Erzeugnisse in einem schweizerischen Zollfreilager zwecks Belieferung von Kunden im Ausland, sowie durch Verkauf und Versand solcher Erzeugnisse aus der Schweiz ins Ausland (Erw. 6).

102 IV 35 () from 20. Januar 1976
Regeste: Ein Pressedelikt im Sinne von Art. 27 StGB kann auch dann in der Schweiz verfolgt werden, wenn das Presseerzeugnis zwar im Ausland herausgegeben und gedruckt, aber in der Schweiz verbreitet wurde (Art. 346 ff. StGB).

104 IV 77 () from 14. April 1978
Regeste: Art. 3, 6, 152, 167 StGB; Auslieferungsrecht. 1. Die Verletzung des Grundsatzes der Spezialität ist mit Nichtigkeitsbeschwerde geltend zu machen. Der Beschuldigte, der mit seiner Zustimmung vom Ausland bedingungslos an die Schweiz ausgeliefert wurde, kann seine Verurteilung in der Schweiz nicht wegen Verletzung des Grundsatzes der Spezialität anfechten (E. 2). 2. Zahlungsunfähig im Sinne des Art. 167 StGB ist eine Aktiengesellschaft, wenn ihre Aktiven die Forderungen der Gesellschaftsgläubiger nicht mehr decken. Die Deckung muss auch Forderungen erfassen, die noch nicht fällig sind, aber mit grosser Wahrscheinlichkeit in naher Zukunft fällig werden (E. 3). 3. Wer fortgesetzt Briefpapier mit unwahrem Briefkopf für Äusserungen unterschiedlichen Inhalts verwendet, macht keine öffentliche Mitteilung gemäss Art. 152 StGB (E. 5). 4. Die in der Schweiz begangene Teilnahme (Anstiftung) an einer im Ausland ausgeführten Haupttat (Fälschung von Ausweisen) gilt als im Ausland verübt. Der Teilnehmer ist in der Schweiz nur unter der Voraussetzung zu verfolgen, dass er nach schweizerischem Recht für Auslandstaten (hier nach Art. 6 Ziff. 1 StGB) strafbar ist (E. 7).

104 IV 238 () from 13. Oktober 1978
Regeste: 1. Art. 305 StGB, Begünstigung. Diese Bestimmung schützt nur die schweizerische Strafrechtspflege (Erw. 1). 2. Art. 226 Abs. 2 StGB, Weiterschaffen von Sprengstoffen. Fall im Ausland zu verübender Sprengstoffanschläge (Erw. 2). 3. Art. 64 StGB, achtungswerte Beweggründe. Begriff. Bedeutung politischer Motive (Erw. 3). 4. Art. 145 Abs. 2 StGB, gemeine Gesinnung. Begriff (Erw. 4).

105 IB 294 () from 21. Dezember 1979
Regeste: Europäisches Auslieferungsübereinkommen vom 13. Dezember 1957 (EAÜ); Art. 12 AuslG und Art. 19 Ziff. 4 BetmG. Einschränkende Auslegung von Art. 12 AuslG im Lichte des EAÜ und der Tendenzen der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen (E. 2a und 3a); bloss subsidiäre Natur von Art. 19 Ziff. 4 BetmG (E. 2b und 3b). Aus beidem ergibt sich, dass die Auslieferung für im Ausland begangene Drogendelikte nicht grundsätzlich ausgeschlossen wird durch eine in der Schweiz (gestützt auf Art. 19 Ziff. 4 BetmG) bereits eingeleitete Strafverfolgung (E. 3c).

105 IV 326 () from 2. November 1979
Regeste: Art. 215 CP. Die Bigamie ist ein Zustandsdelikt, nicht ein Dauerdelikt (Erw. 3b). Art. 7 Abs. 1 StGB. "Erfolg" im Sinne dieser Bestimmung ist der als Tatbestandselement umschriebene Aussenerfolg eines sogenannten Erfolgsdeliktes (Praxisänderung) (Erw. 3 c-g).

108 IV 145 () from 23. Dezember 1982
Regeste: Art. 5 und 6 StGB. Unzulässigkeit von Kontumazialurteilen, wenn der Täter vor Eröffnung des gerichtlichen Verfahrens die Schweiz verlassen hat.

109 IV 90 () from 19. Dezember 1983
Regeste: Art. 68 Ziff. 2 StGB; Zusatzstrafe zu ausländischer Grundstrafe. 1. Art. 68 Ziff. 2 StGB gilt auch im Falle einer im Ausland ergangenen Grundstrafe (E. 2b). 2. Die Zusatzstrafe zu einer ausländischen Grundstrafe ist in Anwendung der Strafzumessungsregeln des schweizerischen Rechts zu bestimmen (E. 2c und d).

109 IV 145 () from 24. Oktober 1983
Regeste: Art. 24 MSchG; Art. 3 und 7 StGB. Räumliche Geltung des Markenschutzes. Das Inverkehrbringen von unrechtmässig mit einer Marke versehenen Waren im inländischen Schutzland ist mit dem Versand an den ausländischen Käufer vollendet.

111 IV 1 () from 6. Februar 1985
Regeste: Art. 3 StGB; Territorialprinzip und Anrechnung. 1. Die Schweiz beansprucht gemäss Art. 3 Ziff. 1 Abs. 1 StGB auch dann die Gerichtsbarkeit, wenn bei einer einheitlichen Tathandlung nur ein Teil in der Schweiz begangen wurde und ein ausländischer Staat sich wegen des auf seinem Gebiet begangenen Tatanteils ebenfalls als zur Strafverfolgung zuständig erachtet (E. 2a). 2. Die Anerkennung eines ausländischen Urteils als definitive Erledigung ergibt sich aus Art. 3 Ziff. 2 StGB für den Fall, dass ein Ausländer (wegen der in der Schweiz begangenen Tat) auf Ersuchen der schweizerischen Behörde im Ausland verfolgt worden ist (E. 2b). 3. Grundsätze für die Anrechnung einer im Ausland verhängten Geldstrafe auf eine in der Schweiz auszusprechende Freiheitsstrafe (Art. 3 Ziff. 1 Abs. 2 StGB; E. 3).

114 IV 83 () from 12. Dezember 1988
Regeste: Art. 3 Ziff. 1 Abs. 2 StGB; Anrechnung einer im Ausland verbüssten Strafe. Die Auflage gemäss § 56 b Abs. 2 Ziff. 2 des deutschen StGB (Zahlung eines Geldbetrages zugunsten einer gemeinnützigen Einrichtung oder der Staatskasse) weist einen derart strafähnlichen Charakter auf, dass sie bei der Anwendung des Art. 3 Ziff. 1 Abs. 2 StGB wie eine Geldstrafe zu behandeln ist.

115 IB 517 () from 2. November 1989
Regeste: Internationale Rechtshilfe in Strafsachen; Art. 63 und 74 IRSG, Herausgabe von Vermögenswerten. Bei der Auslegung der Bestimmungen über die Herausgabe von Gegenständen im Rahmen der "anderen Rechtshilfe" sind mitzuberücksichtigen: - die übrigen Vorschriften des IRSG und die internationalen Rechtshilfe-Übereinkommen (E. 3); - Sinn und Zweck des IRSG (E. 4); - die Regelung über die Herausgabe von Objekten im Auslieferungsverfahren (E. 5). Art. 63 IRSG (E. 6). Art. 63 IRSG umfasst auch Vorkehren, die es dem ersuchenden Staat ermöglichen, Verfügungsgewalt über Deliktsgut zu erlangen, d.h. die Sicherungsbeschlagnahme und die Herausgabe der beschlagnahmten Gegenstände (E. 6a, b), ohne Beschränkung auf bestimmte Herausgabezwecke (E. 6c). Art. 74 IRSG (E. 7). Wortlaut, Materialien (E. 7a). Art. 74 Abs. 1 bezieht sich auf Gegenstände, die als Beweismittel dienen können (E. 7b). Art. 74 Abs. 2 IRSG betrifft Deliktsgut und nennt den Sonderfall, dass im ersuchenden Staat kein Strafverfahren läuft, gilt aber a fortiori, wenn ein solches eröffnet worden ist; in diesem Fall ist der Herausgabezweck nicht beschränkt (E. 7c). Als Beweismittel beanspruchte Objekte müssen eine Beziehung zum Strafverfahren im ersuchenden Staat aufweisen; Voraussetzung für die Herausgabe von Deliktsgut ist, dass die fraglichen Gegenstände in Beziehung zur Tat stehen, d.h. dass ihre deliktische Herkunft höchst wahrscheinlich sein muss (E. 7d). Herauszugeben ist nur Deliktsgut, über das der Verfolgte rechtlich oder tatsächlich verfügt (E. 7e). Der Begriff der Beute umfasst auch das Entgelt (E. 7f). Rechte von Behörden und Dritten: Unterliegt das Deliktsgut in der Schweiz als ersuchtem Staat der Einziehung, geht diese der Herausgabe vor (E. 7g aa). Bestehen Rechte Dritter an herausverlangten Beweismitteln, müssen diese herausgegeben, vom ersuchenden Staat aber wieder zurückgegeben werden; Rechte Dritter am Deliktsgut gehen der Herausgabe grundsätzlich vor (E. 7g bb). Art. 74 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 63 Abs. 1 IRSG ist eine Kann-Vorschrift (E. 7h). Vollstreckung ausländischer Einziehungsentscheide (E. 8). Lehre und Rechtsprechung (E. 8a). Die Möglichkeit der Vollstreckung ausländischer Einziehungsentscheide steht mit dem Zweck des IRSG in Einklang (E. 8b). Der in Art. 94 Abs. 2 IRSG verwendete Begriff der "Sanktionen" umfasst auch die Einziehung (E. 8b aa-dd). Die Voraussetzung von Art. 94 lit. a IRSG gilt im Falle der Vollstreckung ausländischer Einziehungsentscheide nicht (E. 8c). Die Vollstreckung ausländischer Einziehungsentscheide besteht in der Aushändigung der fraglichen Gegenstände oder Vermögenswerte an den ersuchenden Staat (E. 8d). Aufschub der Herausgabe; Art. 95 und Art. 110 Abs. 2 IRSG, verjährungs- und übergangsrechtliche Fragen (E. 9). Ein Aufschub der Herausgabe darf nicht dazu führen, dass die Rechtshilfe infolge der inzwischen eingetretenen Verfolgungsverjährung nicht mehr geleistet werden kann (E. 9a). Ist die Herausgabe des Deliktsgutes vor Ausfällung des ausländischen Sachurteils zulässig, darf sie im Exequaturverfahren nicht mit Hinweis auf Art. 110 Abs. 2 IRSG verweigert werden (E. 9b). Zusammenfassung der allgemeinen Erwägungen (E. 10). Kompetenz zur Anordnung der Herausgabe (E. 11). Der Herausgabeentscheid kann auch von einer Verwaltungsbehörde ausgehen (E. 11a). Kantonale Zuständigkeitsordnung, Notwendigkeit richterlicher Überprüfung (E. 11b, c). Anwendung auf den vorliegenden Fall (E. 12-14). Doppelte Strafbarkeit (E. 12). Die beschlagnahmten Vermögenswerte rühren höchstwahrscheinlich aus der Gegenstand des mexikanischen Strafverfahrens bildenden Straftat her (E. 13a, b). Die Vermögenswerte können in der Schweiz nicht eingezogen werden (E. 13c). Drittpersonen, die von den Verfolgten eingeschaltet worden sind, um die wahren Verfügungsverhältnisse zu verschleiern, können sich nicht auf Art. 34 Abs. 3 und 4 IRSG berufen (E. 13d). Sofortige Herausgabe oder Aufschub? Abwägung der auf dem Spiele stehenden Interessen (E. 14).

115 IV 17 () from 2. Februar 1989
Regeste: 1. Art. 122 Ziff. 1 Abs. 2 StGB; schwere Körperverletzung. Eine erhebliche, aber nur vorübergehende Entstellung des Gesichtes stellt noch keine schwere Körperverletzung i.S. von Art. 122 Ziff. 1 Abs. 2 StGB dar. Demgegenüber kann eine Schnittwunde vom Mundwinkel bis zum Ohransatz, die gut verheilt, aber weiterhin deutlich sichtbar ist und die den Geschädigten mimisch bleibend beeinträchtigt, als schwere Körperverletzung betrachtet werden. Das subjektive Empfinden des Geschädigten ist nicht entscheidend (E. I). 2. Art. 68 Ziff. 2 StGB; retrospektive Realkonkurrenz. a) Art. 68 Ziff. 2 StGB gilt auch im Fall einer im Ausland ausgesprochenen Grundstrafe, wenn sie Taten betrifft, die nicht in den räumlichen Geltungsbereich des StGB fallen (E. II/5a). b) Grundsätze für die Bemessung einer Gesamtstrafe, die auszusprechen ist, wenn die zu beurteilenden Taten teils vor und teils nach einer früheren Verurteilung begangen worden sind (E. II/5b; Bestätigung von BGE 69 IV 59 E. 4).

116 IV 244 () from 22. August 1990
Regeste: Art. 19 Ziff. 4 BetmG; im Ausland begangene Drogendelikte. - Für Betäubungsmitteldelikte ist Art. 19 Ziff. 4 BetmG und nicht Art. 6bis StGB anzuwenden (E. 2). - Art. 19 Ziff. 4 BetmG knüpft nicht an das reine Universalitätsprinzip an (E. 3a). - Verhältnis zu der in Art. 85 IRSG vorgesehenen Kompetenz zur stellvertretenden Strafverfolgung (E. 3b bis d). - In der Regel beurteilt der schweizerische Richter die im Ausland begangenen Delikte erst, wenn er sich davon überzeugt hat, dass nicht um die grundsätzlich zulässige Auslieferung ersucht wird (E. 4). - Der Ausdruck "in der Schweiz angehalten" ist nicht eng auszulegen; es genügt die Anwesenheit des Täters in der Schweiz, unabhängig von deren Veranlassung (E. 5).

117 IV 233 () from 21. November 1991
Regeste: Einziehung bei verjährter Tat. 1. Art. 268 Ziff. 1 und 2 BStP. Der Entscheid eines Gerichts, durch den ein Strafverfahren infolge Eintritts der absoluten Verjährung eingestellt und die Einziehung von beschlagnahmten Vermögenswerten abgelehnt wird, ist nicht ein Einstellungsbeschluss, sondern ein Urteil (E. 1b). 2. Art. 58, Art. 70 ff. und Art. 109 StGB; Art. 10 SBG (SR 935.52); Art. 6 Ziff. 2 EMRK. a) Die Unschuldsvermutung steht der Einziehung von Deliktswerkzeugen und von durch strafbare Handlungen erlangten Vermögenswerten nach Eintritt der absoluten Verfolgungsverjährung in bezug auf die Anknüpfungstat nicht entgegen (E. 3). b) Der Richter kann und muss, auch wenn ein Strafverfahren wegen der Anknüpfungstat nicht (mehr) durchgeführt werden kann, prüfen, ob die Einziehungsvoraussetzungen erfüllt sind (E. 4). c) Offengelassen, ob es in bezug auf die sachliche Massnahme der Einziehung eine absolute Verfolgungsverjährung gibt und welche relative Verjährungsfrist gilt. Jedenfalls kann die kurze absolute Verfolgungsverjährungsfrist von zwei Jahren, die das Gesetz für Übertretungen vorsieht, für die Einziehung der mit Übertretungen zusammenhängenden Vermögenswerte (hier Spielgelder und Spielgewinne) nicht gelten (E. 5; teilweise Änderung der Rechtsprechung).

117 IV 369 () from 9. April 1991
Regeste: 1. Art. 6 StGB. Verbrechen oder Vergehen von Schweizern im Ausland. Diese Bestimmung ist auch gegenüber einem Täter anwendbar, der das Schweizer Bürgerrecht nach der Verübung von Verbrechen oder Vergehen im Ausland erworben hat und wegen seines Schweizer Bürgerrechts nicht ausgeliefert werden kann (E. 3-7). 2. Art. 21 StGB. Versuchte Tat. Bestimmung des entscheidenden Schritts, von dem es in der Regel kein Zurück mehr gibt. Fall, in dem der entscheidende Schritt zur Verübung eines Mordes verneint wird (E. 8-10); Fall, in dem der entscheidende Schritt zur Verübung eines Raubes bejaht wird, obschon die Tat erst am folgenden Tag ausgeführt werden sollte (E. 11-12). 3. Art. 2 Abs. 2 StGB. Anwendung des milderen Rechts durch die letzte kantonale Instanz. Die "lex mitior" muss von einer kantonalen Kassationsinstanz (hier: des Kantons Tessin) angewendet werden, wenn diese nach ihrer Zuständigkeit - die ihr gestattet, aufgrund der tatsächlichen Feststellungen der ersten Instanz, ohne Rückweisung an diese, in der Sache selber zu urteilen, den angefochtenen Entscheid zu ändern und das Gesetz anzuwenden (Art. 237 StPO/TI) - in diesem Sinne einem Sachrichter gleichgestellt ist. Dazu genügt, dass sie zur Überprüfung von Bundesrecht befugt ist (E. 13-15a); es ist unerheblich, ob sie die diesbezüglichen Rügen gutheisst oder abweist (E. 15b-c). Fall betreffend die Änderung von Art. 112 StGB zwischen dem Urteil der ersten und dem Entscheid der zweiten Instanz. 4. Art. 112 StGB. Mord. Ob eine Tötung als Mord im Sinne des neuen Art. 112 StGB zu qualifizieren sei, kann nur aufgrund der direkt mit der Tat zusammenhängenden Umstände entschieden werden; Prüfung der Umstände des konkreten Falles (E. 18-19). Die "besondere Skrupellosigkeit" gemäss dem Wortlaut des neuen Art. 112 StGB kann auch dann eine Verurteilung wegen Mordes rechtfertigen, wenn sie nicht durch "eine besondere Verwerflichkeit des Beweggrundes, des Zwecks der Tat oder der Art der Ausführung" manifestiert wird. Die Aufzählung in Art. 112 StGB nennt nur Beispiele. Fall, in dem ein Richter getötet wird, einzig um durch diese Tat zur Destabilisierung des Staates beizutragen (E. 17-19).

118 IA 137 () from 17. Juni 1992
Regeste: Art. 4 BV; Legalitätsprinzip im Bereich des kantonalen Strafrechts (extraterritoriale Anwendung von kantonalem Recht, Begründung der kantonalen Strafrechtshoheit nach dem "Auswirkungsprinzip"). Das bündnerische Jagdpolizeirecht verbietet unter gewissen Voraussetzungen das Verwenden von Motorfahrzeugen auf ausserkantonalem Gebiet zum Zweck der späteren Jagdausübung im Kanton Graubünden. Die Kollisionsregeln von Art. 3 und Art. 7 StGB ("Territorialitäts-" bzw. "Ubiquitätsprinzip") begründen keinen Anknüpfungsgrund für die entsprechende Strafnorm. Dennoch liegt keine unzulässige Ausdehnung der kantonalen Strafrechtshoheit auf ausserkantonale Sachverhalte vor. Das durch das bündnerische Jagdpolizeirecht geschützte Rechtsgut wird durch das inkriminierte Verhalten nämlich in erheblicher Weise berührt, so dass insofern eine ausreichende Binnenbeziehung besteht ("Auswirkungsprinzip").

119 IV 113 () from 17. August 1993
Regeste: Art. 5, 6, 348 StGB. Verbrechen und Vergehen von Schweizern gegen Schweizer im Ausland; Bestimmung des Gerichtsstandes. 1. Ist aufgrund von Art. 5 und 6 StGB materiell schweizerisches Strafrecht anwendbar, so gelten die Bestimmungen des IRSG über die stellvertretende Strafverfolgung nicht; ein förmliches Übernahmebegehren des ausländischen Tatortstaates bildet in diesem Fall nicht Voraussetzung der schweizerischen Gerichtsbarkeit (E. 1). 2. Sind sowohl die Voraussetzungen von Art. 5 als auch jene von Art. 6 StGB erfüllt, so ergibt sich die schweizerische Gerichtsbarkeit gestützt auf Art. 6 in Verbindung mit Art. 5 StGB (E. 2). 3. Massgebend für die Bestimmung des Wohnortes im Sinne von Art. 348 StGB ist grundsätzlich jener im Zeitpunkt der Übermittlung des ausländischen Übernahmeersuchens durch das Bundesamt für Polizeiwesen an eine kantonale Behörde (E. 3a). Dieser Grundsatz gilt nicht, wenn der Ehemann der Beschuldigten ohne deren Mitwirkung nach Anhebung der ausländischen Strafverfolgung den bisherigen Familien-Wohnort verlegt hat und nach den Umständen nicht zu erwarten ist, dass auch die Beschuldigte allenfalls wieder an diesem Ort mit ihrer Familie zusammen wohnen wird (E. 3d).

122 IV 162 () from 2. April 1996
Regeste: Art. 3, 6, 346, 348 StGB. Schweizerische Gerichtsbarkeit; Bestimmung des Gerichtsstandes für Auslandstat. Legitimation des Anzeigers/Geschädigten; Kognition der Anklagekammer (E. 1). Die Bestimmung des Gerichtsstandes gemäss Art. 346 ff. StGB setzt voraus, dass die schweizerische Strafgerichtsbarkeit nach den Art. 3 bis 7 StGB jedenfalls nicht offensichtlich auszuschliessen ist. Der endgültige Entscheid über die Frage der schweizerischen Strafgerichtsbarkeit bleibt vorbehalten und unterliegt nach Erschöpfung des kantonalen Instanzenzuges der Nichtigkeitsbeschwerde an den Kassationshof des Bundesgerichts (E. 2). Erachtet sich ein Kanton als nicht zuständig, so hat er mit dem als zuständig in Betracht fallenden Kanton einen Meinungsaustausch durchzuführen (E. 3). Kommt bei einer in Frage stehenden Mitwirkung Mittäterschaft zumindest in Frage, so ist für die Bestimmung des Gerichtsstandes von dieser schwereren Teilnahmeform auszugehen (E. 4b). Die schweizerische Gerichtsbarkeit für einen Schweizer, der an einem im Ausland verübten Betrug mitgewirkt hat und sich in der Schweiz aufhält, bestimmt sich nach Art. 6 StGB (E. 4c); der Gerichtsstand ergibt sich in diesem Fall aus Art. 348 StGB (E. 4d). Gerichtsstand bei Urkundenfälschung (E. 5). Kostenfolgen für die kantonale Behörde (E. 8b).

122 IV 250 () from 10. Juli 1996
Regeste: Art. 350 Ziff. 1 StGB; Art. 263 BStP. Gerichtsstand bei Antragsdelikten, Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen und Privatstrafklageverfahren. Entscheidungsbefugnis der Anklagekammer bei Gesuch des Beschuldigten (E. 1 und 3g). Die bundesrechtlichen Gerichtsstandsbestimmungen gelten ausnahmslos auch für die nur auf Antrag strafbaren und in einem Privatstrafklageverfahren zu verfolgenden (Ehrverletzungs-)Delikte (E. 3b). Wird der Gerichtsstand von dem für die Verfolgung und Beurteilung des Antragsdeliktes an sich zuständigen Kanton zufolge Zusammentreffens mehrerer Handlungen bzw. Prävention oder eines Entscheides der Anklagekammer in einen anderen Kanton verschoben, hat dieser Kanton den an sich am richtigen Ort form- und fristgerecht eingereichten Strafantrag grundsätzlich anzuerkennen und den Fall im aktuellen Stadium zu übernehmen (Änderung der Rechtsprechung; E. 3e).

123 II 464 () from 12. September 1997
Regeste: Art. 16 Abs. 2 SVG und Art. 22 Abs. 1 SVG; Art. 30 Abs. 4 VZV; Warnungsentzug nach Auslandtat ohne Aberkennung des schweizerischen Führerausweises durch ausländische Behörden. Nach Verkehrsregelverletzungen im Ausland hat die Wohnsitzbehörde zu prüfen, ob gegenüber dem Fehlbaren eine Massnahme zu ergreifen ist (Bestätigung der Rechtsprechung; E. 2), und zwar auch dann, wenn der Auslandstaat auf eine Aberkennung des schweizerischen Führerausweises verzichtet hat (E. 3).

125 IV 14 () from 27. November 1998
Regeste: Art. 3 Ziff. 1 Abs. 1 StGB, Art. 7 Abs. 1 StGB und Art. 220 StGB; Entziehen von Unmündigen, Begehungsort. Wer sich nach einem Ferienaufenthalt im Ausland weigert, die Kinder ihrer Mutter in der Schweiz zurückzugeben, erfüllt den Tatbestand des Entziehens von Unmündigen in der Schweiz.

125 IV 177 () from 15. Juni 1999
Regeste: Art. 3 Ziff. 1 Abs. 1 StGB, Art. 7 Abs. 1 StGB, Art. 173 ff. StGB. Erfolgsort bei ehrverletzenden Äusserungen in Briefen. Schweizerische Gerichtsbarkeit bejaht bei ehrverletzenden Äusserungen in Briefen, die im Ausland verfasst, aus dem Ausland zielgerichtet an individuell bestimmte Personen in der Schweiz versandt und von den Adressaten im Inland zur Kenntnis genommen wurden (E. 2 und 3). Art. 27 aStGB. Pressestrafrecht. Ehrverletzende Äusserungen in Briefen an die rund 250 Mitglieder eines Vereins fallen nicht unter den Anwendungsbereich dieser Bestimmung (E. 4).

128 II 107 () from 18. Januar 2002
Regeste: Art. 3 Abs. 3 und 4 OHG; Anspruch eines zum Tatzeitpunkt im Ausland wohnhaften Schweizer Opfers auf weitere Opferhilfe. Die schweizerische Staatsbürgerschaft des Opfers im Tatzeitpunkt genügt, um eine persönliche Beziehung zur Schweiz und damit die Anspruchsberechtigung gemäss Art. 3 OHG zu begründen. Voraussetzung für die Hilfeleistung ist ferner, dass die Hilfe in der Schweiz benötigt wird. Dies ist zu bejahen, wenn das Opfer zum Zeitpunkt, in dem es die Hilfe beansprucht, seinen Lebensmittelpunkt in der Schweiz hat (E. 3).

128 IV 145 () from 11. Juni 2002
Regeste: Art. 270 lit. h BStP; Legitimation zur eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde. Der Inhaber von eingezogenen Bankguthaben ist zur eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde legitimiert (E. 1a). Art. 3 bis 7 und 59 StGB; schweizerische Gerichtsbarkeit, Einziehung von Vermögenswerten. Die Einziehung von Vermögenswerten kann nur angeordnet werden, wenn die Anlasstat unter die schweizerische Gerichtsbarkeit fällt (E. 2).

128 IV 225 () from 25. Juni 2002
Regeste: Art. 340bis StGB und Art. 260 BStP; neue Zuständigkeiten des Bundes gemäss der "Effizienzvorlage"; Gesuch des Beschuldigten. Übergangsrecht. Die Anklagekammer entscheidet Konflikte über die Frage, ob die Bundes- oder die kantonalen Strafverfolgungsbehörden zuständig sind, in Anwendung von Art. 260 BStP; die Art. 18bis Abs. 3 und 105bis BStP sind nicht anwendbar. Die Gesuche auf diesem Gebiet werden behandelt wie ein interkantonal streitiger Gerichtsstand (Art. 351 StGB und 264 BStP; E. 2.1-2.3). Da besondere Übergangsbestimmungen fehlen, gilt die allgemeine Regel von Art. 171 Abs. 1 OG (E. 3.2). Eine neue Anzeige muss mit einem früheren Verfahren, mit dem sie in tatsächlicher Hinsicht zusammenhängt, vereinigt werden, ohne dass dies zu einer Änderung der Zuständigkeit führen würde (E. 3.3). Ein Abweichen vom gesetzlichen Gerichtsstand gemäss der Rechtsprechung zu den Art. 351 StGB und 264 BStP bleibt vorbehalten (E. 3.4).

129 II 168 () from 17. Dezember 2002
Regeste: Art. 16 und 17 SVG, Art. 30 Abs. 4 VZV; Warnungsentzug des Führerausweises nach Verkehrsdelikt im Ausland. Der Warnungsentzug des Führerausweises nach Verkehrsdelikten im Ausland ist zulässig, wenn die Fahrberechtigung auch vom Tatortstaat entzogen wird. Entzieht die schweizerische Behörde den Führerausweis, so hat sich ihr Entscheid nach schweizerischem Recht zu richten; insbesondere ist eine allfällige gesetzliche Mindestentzugsdauer verbindlich (E. 2). Kann der Vollzug der beiden Massnahmen nicht koordiniert werden und ist die ausländische Massnahme bereits vollzogen, wenn der Warnungsentzug in der Schweiz angeordnet wird, so hat die zuständige Behörde bei der Bemessung der Entzugsdauer der ausländischen Massnahme angemessen Rechnung zu tragen (E. 6).

132 III 661 () from 14. August 2006
Regeste: a Internationales Privatrecht; Rechtswahl. Bestimmung des auf die zivilrechtliche Verjährung einer Forderung aus unerlaubter Handlung anwendbaren Rechts (E. 2).

133 IV 288 (1B_88/2007) from 12. September 2007
Regeste: Art. 92 und 93 BGG; Zwischenentscheid über die Zuständigkeit in Strafsachen. Ein Entscheid während der Strafuntersuchung, der die Frage der örtlichen Zuständigkeit nicht endgültig regelt, fällt nicht unter Art. 92 BGG (E. 2.1-2.2). Ein nicht wiedergutzumachender Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG liegt nicht vor (E. 3.1); Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG - der in Strafsachen restriktiv auszulegen ist - kommt im konkreten Fall nicht zur Anwendung (E. 3.2-3.3).

136 III 23 (4A_106/2009) from 1. Oktober 2009
Regeste: a Art. 10 Abs. 2 lit. c und Art. 9 Abs. 1 und 2 UWG; Art. 18 und 136 IPRG; Klagerecht des Bundes zum Schutz des guten Rufs der Schweiz im Ausland; Anwendbarkeit von schweizerischem Recht. Das Klagerecht des Bundes nach Art. 10 Abs. 2 lit. c UWG und die Spezialbestimmungen des UWG, auf die Art. 9 UWG verweist, stellen bei Erhebung einer Klage durch den Bund eine "loi d'application immédiate" im Sinn von Art. 18 IPRG dar, die im öffentlichen Interesse eine unbedingte Anwendung verlangt, unabhängig von anderslautenden Verweisen in den Spezialnormen des IPRG (E. 5 und 6).

141 II 256 (1C_538/2014) from 9. Juni 2015
Regeste: Art. 16cbis Abs. 2 SVG; Bemessung des schweizerischen Führerausweisentzugs nach einer Verkehrsregelverletzung im Ausland. Bei einem Ersttäter bildet die Dauer des im Ausland ausgesprochenen Fahrverbots die obere Grenze des Ermessensbereichs der schweizerischen Behörde. Diese hat die Belastung, welche das ausländische Fahrverbot für den Täter dargestellt hat, angemessen zu berücksichtigen. Die Dauer des schweizerischen Führerausweisentzugs ist so festzusetzen, dass sich unter Anrechnung dieser Belastung eine gesamthafte Sanktion ergibt, welche die Dauer des ausländischen Fahrverbots nicht übersteigt (E. 2).

141 IV 155 (6B_508/2014) from 25. Februar 2015
Regeste: a Verkauf von Bankkundendaten; wirtschaftlicher Nachrichtendienst (Art. 273 Abs. 2 StGB); Einziehung des Verkaufserlöses (Art. 70 Abs. 1 StGB). Die Veräusserung von Daten von Kunden einer Schweizer Bank mit Wohnsitz oder Sitz in Deutschland durch eine nicht bei der Bank angestellte Person an deutsche Steuerbehörden erfüllt den Tatbestand des wirtschaftlichen Nachrichtendienstes im Sinne von Art. 273 Abs. 2 StGB. Schweizerisches Recht ist auch anwendbar, soweit Tathandlungen im Ausland durchgeführt wurden. Die Veräusserung von Bankkundendaten ist nach dem massgebenden schweizerischen Recht mangels Rechtfertigungsgründen rechtswidrig. Der noch vorhandene Verkaufserlös ist nach dem Ableben des Verkäufers während des Strafverfahrens zu Lasten der Erben einzuziehen (E. 2-4).

141 IV 205 (6B_1045/2014, 6B_1046/2014) from 19. Mai 2015
Regeste: a Art. 3 Abs. 1 und Art. 8 Abs. 1 StGB, Art. 183 Ziff. 1 und aArt. 220 StGB, Art. 5 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 lit. a und b des Haager Kindesschutzübereinkommens (HKsÜ); Zuständigkeit der schweizerischen Gerichtsbarkeit bei Entführung und Entziehung eines Unmündigen. Schweizerische Gerichtsbarkeit bejaht in einem Fall, in welchem eine nicht allein sorgeberechtigte Mutter verhinderte, dass der Sohn, der zuvor im Einverständnis des in der Schweiz wohnhaften Vaters ferienhalber zu seiner Grossmutter in die Ukraine ausgereist war, an den Wohnsitz in der Schweiz zurückkehrte (E. 5).

141 IV 336 (6B_974/2014) from 3. Juli 2015
Regeste: a Art. 8 StGB; Begehungsort. Im Falle einer Fälschung amtlicher Wertzeichen, vorliegend einer Autobahnvignette, gilt die Tat (auch dann) als in der Schweiz begangen, wenn der Täter die Vignette im Ausland fälscht in der Absicht, diese auf einer gebührenpflichtigen Strasse in der Schweiz zu verwenden (E. 1).

143 IV 63 (6B_1151/2015) from 21. Dezember 2016
Regeste: Anklageprinzip; Anwendbarkeit des AETR sowie der ARV 1 bei Auslandtaten. Anforderungen an die Anklageschrift hinsichtlich örtlicher Konkretisierung und Angabe der nach Auffassung der Staatsanwaltschaft anwendbaren Gesetzesbestimmungen (E. 2.2 und 2.3). Durchbrechung des Territorialitätsprinzips bei im Ausland begangenen Widerhandlungen gegen das AETR respektive die ARV 1. Frage des anwendbaren Sanktionsrechts (E. 3.1 und 3.2).

143 IV 270 (1B_29/2017) from 24. Mai 2017
Regeste: Art. 13 Abs. 1 BV; Art. 1, Art. 54, Art. 113 Abs. 1, Art. 141, Art. 192 Abs. 2, Art. 196 lit. a, Art. 235, Art. 241 Abs. 1 und Abs. 3, Art. 246, Art. 247 Abs. 1 und Abs. 3, Art. 248 Abs. 1 und Abs. 3 lit. a, Art. 263 Abs. 1 lit. a und Abs. 3, Art. 264 Abs. 1 lit. b, Art. 265 Abs. 4, Art. 277 Abs. 2 sowie Art. 312 StPO; Online-Recherche und vorläufige Sicherstellung von Chat-Verläufen auf einem digitalen sozialen Netzwerk; Entsiegelung. Zusammenfassung der einschlägigen Rechtsprechung, insbesondere bezüglich Datenerhebung bei sogenannten "abgeleiteten" Internetdiensten, und Abgrenzung der anwendbaren strafprozessualen Untersuchungsmassnahmen (E. 4.3-4.8). Abwehr von akuter Kollusion und Durchsuchung eines Kassibers mit persönlichen Zugangsdaten des inhaftierten Beschuldigten zum sozialen Netzwerk Facebook (FB); Online-Recherche auf dem FB-Konto und vorläufige Sicherstellung von untersuchungsrelevanten (auf elektronischen Servern bzw. sogenannten "Internet-Clouds" gespeicherten) Chat-Nachrichten; Versiegelung von provisorisch sichergestellten Nachrichten; Fehlen von gesetzlichen Verwertungsverboten (Art. 140 und 141 StPO) im beurteilten (das Untersuchungsverfahren betreffenden) Entsiegelungsfall (E. 5-7). Die Artikel 269-279 StPO sind auf abgeleitete Internetdienste wie FB nicht anwendbar (Bestätigung der Rechtsprechung; E. 7.1). Die Online-Recherche auf dem FB-Konto verstösst nicht gegen das Territorialitätsprinzip (E. 7.10).

144 IV 217 (6B_483/2016) from 30. April 2018
Regeste: Art. 49 Abs. 1 StGB; Konkurrenzen (Gesamtstrafenbildung). Die Bildung einer Gesamtstrafe in Anwendung des Asperationsprinzips nach Art. 49 Abs. 1 StGB ist nur möglich, wenn das Gericht im konkreten Fall für jeden einzelnen Normverstoss gleichartige Strafen ausfällt. Dass die anzuwendenden Strafbestimmungen (teilweise) abstrakt gleichartige Strafen androhen, genügt nicht. Geld- und Freiheitsstrafe sind keine gleichartigen Strafen im Sinne von Art. 49 Abs. 1 StGB (sog. "konkrete Methode"; Bestätigung der Rechtsprechung; E. 2.2, 3.3 und 3.4). Eine Gesamtstrafe in Anwendung des Asperationsprinzips setzt in Abgrenzung zum Absorptions- und Kumulationsprinzip voraus, dass das Gericht die (hypothetischen) Einzelstrafen sämtlicher Delikte (zumindest gedanklich) gebildet hat. Die Ausfällung einer Einheitsstrafe im Sinne einer Gesamtbetrachtung aller zu beurteilenden Delikte ist nicht möglich (Präzisierung der Rechtsprechung; E. 3.5). Der Gesetzgeber hat die Konkurrenzen in Art. 49 StGB abschliessend geregelt. De lege lata ist es weder möglich, eine Gesamtfreiheitsstrafe aus Geld- und Freiheitsstrafen noch aus mehreren Geldstrafen zu bilden (Präzisierung der Rechtsprechung; E. 3.6).

144 IV 265 (6B_1120/2016, 6B_1127/2016) from 23. Juli 2018
Regeste: Art. 3, 8, 24 und 25 StGB; internationale Zuständigkeit; Begehungsort; akzessorische Teilnahmehandlung. Aufgrund ihrer Akzessorietät zur Haupttat begründet die Handlung eines Anstifters oder Gehilfen keinen selbständigen Anknüpfungspunkt, um einen Begehungsort nach Art. 3 und 8 StGB zu bestimmen. Wenn die Haupttat ausschliesslich im Ausland verübt wurde, besteht daher für eine in der Schweiz begangene Anstiftung oder Gehilfenschaft keine schweizerische Strafhoheit. Bestätigung der Rechtsprechung (E. 2).

 

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