Schweizerisches Strafgesetzbuch

vom 21. Dezember 1937 (Stand am 22. November 2022)


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Art. 303

Falsche An­schul­di­gung

 

1. Wer einen Nicht­schul­di­gen wi­der bes­se­res Wis­sen bei der Be­hör­de ei­nes Ver­bre­chens oder ei­nes Ver­ge­hens be­schul­digt, in der Ab­sicht, ei­ne Straf­ver­fo­lgung ge­gen ihn her­bei­zu­füh­ren,

wer in an­de­rer Wei­se arg­lis­ti­ge Ver­an­stal­tun­gen trifft, in der Ab­sicht, ei­ne Straf­ver­fol­gung ge­gen einen Nicht­schul­di­gen her­bei­zu­füh­ren,

wird mit Frei­heits­s­tra­fe oder Geld­stra­fe be­straft.

2. Be­trifft die falsche An­schul­di­gung ei­ne Über­tre­tung, so ist die Stra­fe Frei­heits­s­tra­fe bis zu drei Jah­ren oder Geld­stra­fe.

BGE

85 IV 80 () from 12. Juni 1959
Regeste: Art. 303 Ziff. 1 Abs. 1 StGB. Dieser Tatbestand setzt ein arglistiges Vorgehen nicht voraus (Erw. 1). Der Täter beschuldigt, wenn er der Behörde, auch in einem von dieser veranlassten Verhör, mitteilt, dass eine Person ein Verbrechen oder Vergehen begangen habe (Erw. 2). Der Beschuldigte muss nicht mit Namen genannt werden, aber bestimmbar sein (Erw. 3).

86 IV 132 () from 28. Juni 1960
Regeste: Art. 264 BStP; Art. 351 StGB. 1. Gesuchsberechtigung des Antragstellers (Erw. 1 lit. a) und des Anzeigers (Erw. 1 lit. b). 2. Halten sich die Strafbehörden eines Kantons zur Verfolgung eines Offizialdeliktes für örtlich unzuständig, so haben sie mit den Behörden des für zuständig erachteten Kantons in Verbindung zu treten. Lehnen auch diese die Zuständigkeit ab, so ist nach Art. 264 BStP von Amtes wegen die Anklagekammerdes Bundesgerichtes um Bestimmung des Gerichtsstandes anzugehen (Erw. 2).

93 I 83 () from 17. März 1967
Regeste: 1. Art. 1 Abs. 1 lit. d, 15 Abs. 1 VG. Die Strafverfolgung von Mitgliedern der Eidg. Bankenkommission bedarf einer Ermächtigung des Eidg. Justiz- und Polizeidepartementes (Erw. 1). 2. Art. 15 VG, Art. 32 und 303 StGB. Sinn und Zweck des Vorverfahrens, in dem über die Ermächtigung entschieden wird. Die Eidg. Bankenkommission ist verpflichtet, strafbare Handlungen, die ihren Aufgabenkreis betreffen, den Strafbehörden anzuzeigen. Inhalt und Grenzen dieser Pflicht (Erw. 2). 3. Art. 4 BV, Art. 15 Abs. 3 VG. Darf die Ermächtigung zur Strafverfolgung von Amtspersonen ohne Anhörung des Anzeigers verweigert werden (Erw. 3)?

95 IV 17 () from 16. Januar 1969
Regeste: Art. 303 Ziff. 1 Abs. 1 StGB. Verhältnis dieser Bestimmung zu Art. 303 Ziff. 1 Abs. 2 StGB.

102 IV 103 () from 9. April 1976
Regeste: Art. 277bis BStP, Art. 303 Ziff. 1 StGB. 1. Ob der Täter wider besseres Wissen gehandelt habe, ist Tatfrage (Erw. 1). 2. Überprüfungsbefugnis des Kassationshofes. Sie erstreckt sich grundsätzlich auch auf Rechtsfragen, die weder im kantonalen Verfahren noch in der Nichtigkeitsbeschwerde aufgeworfen worden sind (Erw. 2). 3. Wer während eines bereits im Gange befindlichen Strafverfahrens an der falschen Anschuldigung festhält, macht sich dadurch nicht nach Art. 303 StGB strafbar (Erw. 3).

104 IV 238 () from 13. Oktober 1978
Regeste: 1. Art. 305 StGB, Begünstigung. Diese Bestimmung schützt nur die schweizerische Strafrechtspflege (Erw. 1). 2. Art. 226 Abs. 2 StGB, Weiterschaffen von Sprengstoffen. Fall im Ausland zu verübender Sprengstoffanschläge (Erw. 2). 3. Art. 64 StGB, achtungswerte Beweggründe. Begriff. Bedeutung politischer Motive (Erw. 3). 4. Art. 145 Abs. 2 StGB, gemeine Gesinnung. Begriff (Erw. 4).

108 IV 77 () from 22. Februar 1982
Regeste: Art. 270 Abs. 3 BStP. Der öffentliche Ankläger nimmt am Verfahren Teil, wenn er auf Strafklage hin die Eröffnung einer Strafuntersuchung in einem von Amtes wegen zu verfolgenden Delikt verweigert. Im Gegensatz zu anderen Kantonen kennt das Prozessrecht des Kantons Genf die Institution des Privatstrafklägers, der die Anklage allein vertritt, nicht.

111 IV 159 () from 13. August 1985
Regeste: Art. 303 und 304 Ziff. 1 Abs. 2 StGB. 1. Wer sich auf die an den unbekannten Lenker eines bestimmten Fahrzeugs gerichtete Vorladung hin bei der Polizei meldet und sich wahrheitswidrig als Fahrzeuglenker ausgibt, erfüllt den Tatbestand der falschen Selbstbeschuldigung (Art. 304 Ziff. 1 Abs. 2 StGB) auch dann, wenn er die angezeigte Verkehrsregelverletzung in tatsächlicher und/oder rechtlicher Hinsicht bestreitet. Massgebend ist die fälschliche Übernahme der Angeschuldigtenrolle (E. 1). 2. Der Fahrzeuglenker, der zusammen mit dem Beifahrer beschliesst, dass sich letzterer auf die an den unbekannten Fahrzeugführer gerichtete Vorladung hin bei der Polizei melden und sich wahrheitswidrig als Lenker ausgeben soll, macht sich nicht der falschen Anschuldigung (Art. 303 StGB) oder der Mittäterschaft an falscher Selbstbeschuldigung, sondern der Teilnahme (Anstiftung oder Gehilfenschaft) zu falscher Selbstbeschuldigung schuldig (E. 2).

115 IV 1 () from 3. März 1989
Regeste: Art. 28, 303 und 173 ff. StGB; Umfang eines Strafantrags. Ein Strafantrag wegen "falscher Anschuldigung StGB Art. 303" kann grundsätzlich auch einen solchen wegen Ehrverletzung mitumfassen (E. 2b); aus konkludentem Verhalten des Antragstellers kann sich aber ebenfalls ein Verzicht auf letzteren ergeben (E. 2b).

132 IV 20 () from 1. Dezember 2005
Regeste: Art. 273 Abs. 1 lit. a und b, Art. 277bis BStP; Art. 303 Ziff. 1 StGB; Bindung des Kassationshofs an die Anträge des Beschwerdeführers; falsche Anschuldigung. In den Punkten, in denen das letztinstanzliche kantonale Urteilsdispositiv angefochten ist, prüft der Kassationshof sämtliche Fragen des eidgenössischen Rechts frei und von Amtes wegen (E. 3). Das Vortäuschen einer falschen Identität anlässlich einer Festnahme und der nachfolgenden Einvernahmen durch die Polizei erfüllt den Tatbestand der mittelbaren falschen Anschuldigung gemäss Art. 303 Ziff. 1 Abs. 2 StGB (E. 5).

136 IV 170 (6B_600/2010) from 26. November 2010
Regeste: Art. 303 Ziff. 1 Abs. 1 StGB; mehrfache falsche Anschuldigung. Wer gegen eine Person eine Strafanzeige einreicht, macht sich dadurch nicht wegen falscher Anschuldigung strafbar, wenn das aufgrund der Anzeige eröffnete Strafverfahren eingestellt wird. Die Strafanzeige erfüllt den Tatbestand nur, wenn die Nichtschuld der Drittperson in einem früheren Verfahren festgestellt wurde (E. 2).

137 IV 246 (1B_236/2011) from 15. Juli 2011
Regeste: Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG; Legitimation der Privatklägerschaft. Am 1. Januar 2011 ist die revidierte Bestimmung von Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG in Kraft getreten. Die Voraussetzung, dass sich der angefochtene Entscheid auf die Beurteilung der Zivilansprüche auswirken kann, blieb dabei unverändert. An der bisherigen Praxis zur Beschwerdebefugnis des Opfers gemäss aArt. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG ist insofern festzuhalten (E. 1.3.1).

141 IV 20 (6B_912/2013) from 4. November 2014
Regeste: a Art. 309 Abs. 3 StPO; Eröffnung der Strafuntersuchung. Der Eröffnungsverfügung kommt lediglich deklaratorische Wirkung zu. Die Strafuntersuchung gilt als eröffnet, sobald sich die Staatsanwaltschaft mit dem Straffall zu befassen beginnt (E. 1.1.4).

141 IV 444 (6B_615/2015) from 29. Oktober 2015
Regeste: Legitimation zur Beschwerde in Strafsachen gegen eine Einstellungsverfügung einer Person, die geltend macht, durch ein gegenüber einer kantonalen parlamentarischen Untersuchungskommission abgelegtes falsches Zeugnis in ihrer Ehre verletzt worden zu sein; Art. 81 Abs. 1 lit. a und b Ziff. 5 BGG; Art. 307, 309 und 335 Abs. 2 StGB. Die Ehre als ein durch Art. 307 StGB sekundär geschütztes Rechtsgut? Frage offengelassen (E. 3.2). Art. 307 und 309 StGB sind als bundesrechtliche Normen nicht anwendbar auf Aussagen eines Zeugen, welcher durch eine kantonale parlamentarische Untersuchungskommission vernommen wird (E. 3.3-3.5). Verweist das kantonale Recht auf Art. 307 und 309 StGB, sind die Bestimmungen lediglich unter dem Titel ergänzenden kantonalen Rechts anwendbar. In diesem Fall schützen die Normen weder private Interessen, insbesondere die Ehre, noch durchbrechen sie die bundesrechtlichen Schranken (Strafantragserfordernis und Antragsfrist), welche dem Schutz der Ehre gesetzt sind (E. 3.6). Beschwerdelegitimation vorliegend verneint (E. 3.7).

142 IV 14 (6B_454/2015) from 26. November 2015
Regeste: Tötung in Notwehrexzess; Verhältnis zwischen vorsätzlicher und fahrlässiger Tötung sowie Totschlag; Art. 15 f., 111, 113 und 117 StGB. Ob der Angegriffene den Angriff provoziert hat, ist bei der Zulässigkeit bzw. der Verhältnismässigkeit der Notwehr und der Entschuldbarkeit eines allfälligen Notwehrexzesses zu berücksichtigen. Ein Schuldspruch wegen fahrlässiger Tötung mit der Begründung, der Täter habe die Notwehrsituation selbst verschuldet, wenn auch nur fahrlässig, kommt nicht in Betracht (E. 5.3). Totschlag und Notwehrlage schliessen sich nicht gegenseitig aus. Liegt die heftige Gemütsbewegung in der Aufregung oder Bestürzung über einen unrechtmässigen Angriff, gelangen Art. 113 und 16 Abs. 1 StGB jedoch nicht gleichzeitig zur Anwendung; die Tat ist als vorsätzliche Tötung nach Art. 111 StGB, begangen in Notwehrexzess, zu qualifizieren (E. 5.4).

145 IV 335 (6B_1208/2018, 6B_1209/2018) from 6. August 2019
Regeste: Art. 305bis Ziff. 1 und 3 StGB; Geldwäscherei. Geldwäscherei kann nur an Vermögenswerten begangen werden, die einziehbar sind. Soweit die Vortaten im Ausland begangen worden sind, setzt die Strafbarkeit wegen Geldwäscherei voraus, dass ein selbstständiger schweizerischer Einziehungsanspruch besteht oder die Vermögenswerte nach dem im Zeitpunkt der mutmasslichen Geldwäschereihandlung geltenden ausländischen Recht einziehbar sind (E. 3 und 4).

 

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