Schweizerisches Strafgesetzbuch

vom 21. Dezember 1937 (Stand am 22. November 2022)


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Art. 307

Falsches Zeug­nis. Falsches Gut­ach­ten. Falsche Über­set­zung

 

1 Wer in ei­nem ge­richt­li­chen Ver­fah­ren als Zeu­ge, Sach­ver­stän­di­ger, Über­set­zer oder Dol­met­scher zur Sa­che falsch aus­sagt, einen falschen Be­fund oder ein falsches Gut­ach­ten ab­gibt oder falsch über­setzt, wird mit Frei­heits­s­tra­fe bis zu fünf Jah­ren oder Geld­stra­fe be­straft.

2 Wer­den die Aus­sa­ge, der Be­fund, das Gut­ach­ten oder die Über­set­zung mit ei­nem Eid oder mit ei­nem Hand­ge­lüb­de be­kräf­tigt, so ist die Stra­fe Frei­heits­s­tra­fe von sechs Mo­na­ten bis zu fünf Jah­ren.362

3 Be­zieht sich die falsche Äus­se­rung auf Tat­sa­chen, die für die rich­ter­li­che Ent­schei­dung un­er­heb­lich sind, so ist die Stra­fe Geld­stra­fe.363

362 Straf­dro­hun­gen neu um­schrie­ben ge­mä­ss Ziff. II 1 des BG vom 19. Ju­ni 2015 (Än­de­rung des Sank­tio­nen­rechts), in Kraft seit 1. Jan. 2018 (AS 2016 1249; BBl 2012 4721).

363 Straf­dro­hun­gen neu um­schrie­ben ge­mä­ss Ziff. II 1 des BG vom 19. Ju­ni 2015 (Än­de­rung des Sank­tio­nen­rechts), in Kraft seit 1. Jan. 2018 (AS 2016 1249; BBl 2012 4721).

BGE

85 IV 30 () from 25. März 1959
Regeste: Art. 307 StGB. Der Zeuge, der seine Lügen, gleichgültig aus welchem Grunde, vor Abschluss der Einvernahme zurücknimmt, kann weder wegen vollendeten noch wegen versuchten falschen Zeugnisses bestraft werden.

86 I 86 () from 16. März 1960
Regeste: Kantonaler Zivilprozess; Zeugnisverweigerungsrecht. 1. Ist die Vorschrift, wonach der Richter die Zeugen über das Zeugnisverweigerungsrecht zu belehren hat, eine Ordnungs- oder eine Gültigkeitsvorschrift? (Erw. 2). 2. Auslegung einer Vorschrift, wonach die Partei und die mit ihr nahe verwandten Zeugen die Antwort auf Fragen über solche Tatsachen verweigern können, welche die Ehre der Partei berühren. Die Annahme, ausserehelicher Geschlechtsverkehr sei für eine ledige Frau auf keinen Fall ehrenrührig, ist unhaltbar und willkürlich (Erw. 3).

92 IV 201 () from 16. Dezember 1966
Regeste: 1. 1. Art. 64 letzter Abs. StGB. Strafmilderung wegen Ablaufs verhältnismässig langer Zeit. a) Diese Bestimmung ist grundsätzlich nur anwendbar bei Tatbeständen, die den allgemeinen Verjährungsfristen, nicht den in der Regel bloss zweijährigen besonderen Fristen unterliegen (Erw. 1 b). b) Als Verfolgungsverjährung, die Masstab für den Ablauf verhältnismässig langer Zeit ist, gilt die ordentliche nach Art. 70, nicht die absolute nach Art. 72 StGB (Erw. I c). c) Dem einzelnen Angeklagten kann nur sein eigenes Verhalten (z.B. Uneinsichtigkeit) zur Last gelegt werden, nicht auch dasjenige der Mitangeklagten (Erw. I d). 2. Art. 307 StGB. Falsches Zeugnis. a) Die Zeugnisfähigkeit Tatverdächtiger wird durch die kantonale Prozessgesetzgebung geordnet (Erw. III 2 a). b) Vom Bundesrecht aus steht nichts entgegen, dass der Privatstrafkläger als Zeuge abgehört werde, selbst wenn er adhäsionsweise Zivilansprüche einklagt (Erw. III 2 b).

94 IV 1 () from 22. März 1968
Regeste: Untauglicher Versuch zu falschem Zeugnis. 1. Art. 23 Abs. 1 StGB. Von dieser Bestimmung auszunehmende Versuchshandlungen. Die Begriffe Mittel und Gegenstand sind weit, dem Schuldstrafrecht entsprechend auszulegen (Erw. a). 2. Art. 307 Abs. 1 StGB. Falsche Zeugenaussage: Als Objekt der Handlung hat im Falle einer rogatorischen Einvernahme nicht nur der Richter, für den die Aussage bestimmt ist, sondern auch die Amtsperson zu gelten, welche den Zeugen abhört (Erw. b und c).

98 IV 212 () from 15. Juni 1972
Regeste: Art. 307, 24 StGB. Falsches Zeugnis; Anstiftung dazu. 1. Zeugnisfähigkeit Tatverdächtiger (Erw. 1). 2. Anstiftung zu falscher Aussage als Zeuge oder als Angeschuldigter? (Erw. 2 c).

101 IA 405 () from 9. Juli 1975
Regeste: Auslieferung; Auslieferungsvertrag mit Grossbritannien. Überprüfungsbefugnis des Bundesgerichtes (E. 1b). Keine Anwendung des Prinzips der Gegenseitigkeit, wenn der britische Auslieferungsrichter das Vorliegen des hinreichenden Tatverdachtes überprüft (E. 3). Die richtige Qualifikation der verfolgten Tat ist nicht Gültigkeitserfordernis für das Auslieferungsbegehren (E. 4). Fragen der Verjährung der Auslieferungsdelikte "murder" und Anstiftung zu Meineid (E. 6). Die in Art. V Abs. 6 des Auslieferungsvertrages vorgesehene Frist zur Ergänzung der Akten ist keine Verwirkungsfrist (E. 6aa). Grundsatz von Treu und Glauben im zwischenstaatlichen Verkehr (E. 6bb).

102 IV 103 () from 9. April 1976
Regeste: Art. 277bis BStP, Art. 303 Ziff. 1 StGB. 1. Ob der Täter wider besseres Wissen gehandelt habe, ist Tatfrage (Erw. 1). 2. Überprüfungsbefugnis des Kassationshofes. Sie erstreckt sich grundsätzlich auch auf Rechtsfragen, die weder im kantonalen Verfahren noch in der Nichtigkeitsbeschwerde aufgeworfen worden sind (Erw. 2). 3. Wer während eines bereits im Gange befindlichen Strafverfahrens an der falschen Anschuldigung festhält, macht sich dadurch nicht nach Art. 303 StGB strafbar (Erw. 3).

104 IA 448 () from 26. April 1978
Regeste: Auslieferungsvertrag zwischen der Schweiz und Spanien vom 31. August 1883. - Haftbefehl gegen einen spanischen Anwalt, provisorische Haftentlassung desselben gegen Kaution; dieser war zuerst Wahlverteidiger eines Beschuldigten, wurde dann von diesem als Zeuge angerufen und in dieser Eigenschaft wegen Teilnahme an den seinem Ex-Klienten zur Last gelegten Straftaten verhaftet. - "Salvus-conductus"-Klausel.

107 IV 130 () from 29. September 1981
Regeste: Art. 308 Abs. 1 StGB. Berichtigung einer falschen Aussage. Die Anwendung von Art. 308 Abs. 1 StGB setzt nicht voraus, dass der Zeuge seine falsche Aussage noch anlässlich derselben Einvernahme berichtigt hat. Nur wenn vor der Berichtigung aus eigenem Antrieb ein Rechtsnachteil tatsächlich eingetreten ist, fällt eine Strafmilderung gemäss dieser Bestimmung ausser Betracht; die Möglichkeit von Rechtsnachteilen zwischen Falschaussage und Berichtigung genügt nicht.

108 IV 77 () from 22. Februar 1982
Regeste: Art. 270 Abs. 3 BStP. Der öffentliche Ankläger nimmt am Verfahren Teil, wenn er auf Strafklage hin die Eröffnung einer Strafuntersuchung in einem von Amtes wegen zu verfolgenden Delikt verweigert. Im Gegensatz zu anderen Kantonen kennt das Prozessrecht des Kantons Genf die Institution des Privatstrafklägers, der die Anklage allein vertritt, nicht.

115 IV 230 () from 18. Oktober 1989
Regeste: Art. 24 Abs. 1 und Art. 305 Abs. 1 StGB; Anstiftung zur Selbstbegünstigung. Sofern die Begünstigungshandlung nicht auch andere Straftatbestände erfüllt, bleibt die Selbstbegünstigung straflos (E. 1; Bestätigung der Rechtsprechung). Teilnahmehandlungen (Anstiftung und Gehilfenschaft) zur Selbstbegünstigung sind straflos (E. 2; Änderung der Rechtsprechung).

116 IA 85 () from 27. Juli 1990
Regeste: Art. 4 BV (Willkürverbot); Gesuch um Revision des Verfahrens nach § 169 ff. StPO/BL aufgrund eines als neues Beweismittel eingereichten Schreibens eines anonymen Zeugen, wonach der Verurteilte entlastet werden soll; Beweiswürdigung. 1. Der Zeuge, der anonym bleiben soll, ist nicht als eigentlicher Zeuge im strafprozessualen Sinn zu betrachten, da er weder vorgeladen noch einvernommen werden kann, wie er auch nicht über seine Personalien befragt werden und schliesslich mangels Bekanntgabe seiner Identität nicht der Strafandrohung von Art. 307 StGB unterstehen kann. 2. Scheidet somit die Einvernahme des anonymen Zeugen aus, so bleibt einzig seine schriftliche Stellungnahme als neues Beweismittel. Allein diese Stellungnahme ermöglicht dem Gericht aber keine Kontrolle über die tatsächliche Urheberschaft. Sie bietet damit keine Gewähr, dass sie auch wahr ist. Solange nicht im Vergleich mit andern Beweismitteln und Indizien die Glaubwürdigkeit des von einem anonymen Zeugen verfassten Schreibens als ganzes entscheidend erhöht wird und damit annähernd Gewissheit über dessen Wahrheitsgehalt besteht, ist es nicht willkürlich, bei der Beweiswürdigung nicht auf jeden einzelnen Hinweis eines derartigen Schreibens einzugehen und diesem die Tauglichkeit für eine Wiederaufnahme des Verfahrens abzusprechen.

118 IV 175 () from 2. Juni 1992
Regeste: Falsches Zeugnis; Strafmilderung nach Art. 308 Abs. 2 StGB. Art. 308 Abs. 2 StGB erfasst auch das falsche Zeugnis zugunsten eines bereits angeschuldigten Angehörigen (E. 1a und E. 1b). Art. 308 Abs. 2 StGB ist auch dann anwendbar, wenn dem Zeugen ein Zeugnisverweigerungsrecht zusteht und er darauf hingewiesen worden ist (E. 1c). Gegenüber demjenigen, welcher zu falschem Zeugnis zu seinen eigenen Gunsten oder zugunsten eines Angehörigen angestiftet hat, ist Art. 308 Abs. 2 StGB nicht anwendbar (E. 2).

120 IA 220 () from 2. November 1994
Regeste: Art. 88 OG; Legitimation zur staatsrechtlichen Beschwerde wegen Verletzung von Parteirechten. Der Einzelne ist legitimiert, mit staatsrechtlicher Beschwerde zu rügen, er sei in einem kantonalen Strafverfahren zu Unrecht nicht als Geschädigter zugelassen worden (E. 2a). Art. 4 BV; Art. 261 StGB; Begriff des Geschädigten im zürcherischen Strafverfahren. Es ist willkürlich, in einem Strafverfahren wegen Störung der Glaubens- und Kultusfreiheit (Art. 261 StGB) den in seinen religiösen Überzeugungen Verletzten nicht als Geschädigten gemäss §§ 40 und 395 Abs. 1 Ziff. 2 der Zürcher Strafprozessordnung anzuerkennen (E. 3).

120 IB 112 () from 3. Februar 1994
Regeste: Internationale Rechtshilfe in Strafsachen; Rechtsmittel gegen kantonale Verfügungen; Aussagepflicht des Anwalts. In einem kantonalen Verfahren, das zwar auf der kantonalen Strafprozessordnung beruhende Zwangsmassnahmen zum Gegenstand hat, dadurch aber direkt ein nach dem IRSG abzuwickelndes Rechtshilfeverfahren und damit den Umfang der gegenüber dem ersuchenden Staat allenfalls zu leistenden Rechtshilfe betrifft, kann die erstinstanzlich getroffene Verfügung oder auch nur Zwischenverfügung zunächst an die kantonale Beschwerdeinstanz (Art. 23 IRSG) und hierauf deren Entscheid mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht weitergezogen werden (E. 3). Der Anwalt kann im Rechtshilfeverfahren nicht unter Berufung auf das Berufsgeheimnis bzw. das entsprechende Zeugnisverweigerungsrecht Auskünfte über Tatsachen verweigern, die er im Zusammenhang mit einem ihm erteilten blossen Inkassomandat erfahren hat (E. 4).

122 IV 197 () from 4. Juni 1996
Regeste: Art. 146 StGB; Prozessbetrug, Arglist. Auch der sogenannte Prozessbetrug fällt unter den allgemeinen Betrugstatbestand. Betrug begeht, wer das Gericht durch Täuschung veranlasst, zum Nachteil des Prozessgegners zu entscheiden (E. 2; Änderung der in BGE 78 IV 84 begründeten Rechtsprechung). Arglist in der Form der besonderen Machenschaften (E. 3).

123 IV 184 () from 8. September 1997
Regeste: Art. 270 Abs. 1 BStP; Beschwerdelegitimation des Geschädigten. Bedingungen, unter welchen der Geschädigte zur Nichtigkeitsbeschwerde gegen einen Einstellungsbeschluss legitimiert ist (E. 1b). Wenn ein falsches Zeugnis in einem Zivilprozess keinen Einfluss auf das Urteil hatte, ist der vermeintlich Geschädigte durch den strafrechtlichen Einstellungsbeschluss auch nicht in seinen Zivilforderungen betroffen (E. 1c).

124 I 34 () from 30. Januar 1998
Regeste: Persönliche Freiheit; Gutachtensauftrag an den Strafantragsteller. Die Aushändigung von in einem Strafverfahren sichergestellten Computerfestplatten und Disketten an einen Experten bewirkt einen Eingriff in die persönliche Freiheit des Beschuldigten, wenn darauf auch persönliche Daten gespeichert sind (E. 3a). Für den Beizug eines Experten zur Analyse von elektronischen Datenträgern in einem Strafverfahren besteht im zürcherischen Recht im Prinzip eine genügende gesetzliche Grundlage (E. 3b und c). Eine solche fehlt jedoch für die Vergabe des Gutachtensauftrags an den Strafantragsteller (E. 3d und e).

125 I 46 () from 30. November 1998
Regeste: Art. 36 Abs. 4 BV, Art. 8 EMRK; Telefonabhörung, Verwendung von Zufallsfunden als Beweismittel im Strafverfahren gegen den von der Abhörung mit erfassten Gesprächspartner, Zeugnisverweigerungsrecht aufgrund des Berufsgeheimnisses. Die auf dem Berufsgeheimnis beruhende Einschränkung der Verwendung von Abhörprotokollen entfällt, wenn die zur Zeugnisverweigerung berechtigte Person selbst einer überwachungswürdigen Straftat verdächtigt wird. Protokolle über Gespräche einer rechtmässig überwachten Person dürfen daher zu Lasten des mit abgehörten Berufsgeheimnisträgers verwendet werden, sofern bei diesem die Voraussetzungen für eine Telefonabhörung ebenfalls erfüllt gewesen wären (E. 6). Voraussetzung der Schwere des Delikts (E. 7a).

126 I 168 () from 29. Februar 2000
Regeste: Art. 58 aBV; Art. 6 Ziff. 1 EMRK; richterliche Unbefangenheit; Ausstand. Der Scheidungsrichter, der einen Zeugen einvernommen hat, gilt nicht als unbefangen in einem späteren Strafverfahren gegen diesen Zeugen wegen falschen Zeugnisses (E. 2 - 4).

129 I 85 () from 13. November 2002
Regeste: Art. 29 Abs. 2 und Art. 32 Abs. 2 BV; Art. 6 Ziff. 3 EMRK; verfassungsrechtliche Anforderungen an die gerichtliche Verwertung der Überwachung fremdsprachiger Telefongespräche. Weder das (hier noch nicht anwendbare) Bundesgesetz betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (BÜPF; SR 780.1) oder die Verordnung dazu (VÜPF; SR 780.11) noch die Aargauer Strafprozessordnung enthalten Vorschriften, in welcher Form die in einer fremden Sprache abgehörten Telefongespräche dem Gericht zugänglich zu machen sind (E. 3). Die aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör als Teilaspekt des Grundsatzes des fairen Verfahrens folgenden Verteidigungsrechte erheischen, dass aktenmässig belegt ist, wie Beweismittel produziert wurden (hier deutsche Protokolle von abgehörten fremdsprachigen Telefongesprächen; E. 4.1-4.3). Der Angeklagte kann sich darauf beschränken, die Verwertbarkeit von Beweismitteln zu bestreiten, ohne im Voraus die Verbesserung der geltend gemachten Mängel verlangt zu haben (hier namentlich die Bekanntgabe der Verfasser der Telefonabhörprotokolle; E. 4.4).

129 I 249 () from 27. Mai 2003
Regeste: Art. 29 Abs. 2 BV; Anspruch auf Akteneinsicht ausserhalb eines Verfahrens; Einsicht in die Ergebnisse einer Administrativuntersuchung. Anspruch auf Akteneinsicht ausserhalb eines Verfahrens (E. 3). Einsicht in die Akten einer Administrativuntersuchung, deren Ergebnisse aus unterschiedlichen Herrschaftsbereichen stammen (E. 4). Abwägung der für und gegen eine Einsichtnahme sprechenden Interessen. Den Interessen des im vorliegenden Fall persönlich Betroffenen stehen keine wesentlichen Interessen von privaten oder bediensteten Auskunftspersonen gegenüber (E. 5).

132 IV 89 () from 28. März 2006
Regeste: Art. 340 f. StGB, Art. 26 lit. a SGG; Bundesgerichtsbarkeit oder kantonale Gerichtsbarkeit. Wenn die Strafkammer des Bundesstrafgerichts die Bundesgerichtsbarkeit verneint und deshalb auf eine Anklage der Bundesanwaltschaft nicht eintritt, ist die eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde ans Bundesgericht zulässig (E. 1). Wenn die eidgenössischen und kantonalen Strafverfolgungsbehörden eine Vereinbarung über die Bundesgerichtsbarkeit getroffen haben, darf die Strafkammer des Bundesstrafgerichts diese nur in Frage stellen, wenn die Vereinbarung auf einem eigentlichen Missbrauch des Ermessens beruht (E. 2). Beim Vorwurf der Anstiftung zu falschem Zeugnis gemäss Art. 307 StGB kommt es für die Frage, ob eidgenössische oder kantonale Gerichtsbarkeit gegeben ist, darauf an, ob ein Verfahren der Bundesrechtspflege oder der kantonalen Rechtspflege betroffen ist (E. 3).

133 IV 324 () from 4. Juli 2007
Regeste: a Art. 307 StGB; falsches Zeugnis. Anwendbarkeit von Art. 307 StGB auf Falschaussagen bei rechtshilfeweisen Einvernahmen durch ausländische Gerichte (E. 3.2).

141 IV 145 (6B_154/2015) from 11. Mai 2015
Regeste: Verfolgungsverjährung und Vollstreckungsverjährung bei Wiederaufnahme des Verfahrens; Beweisergänzungen im wieder aufgenommenen Verfahren (Art. 70 ff. aStGB, Art. 97 ff. StGB; Art. 397 aStGB, Art. 385 StGB; Art. 410 ff. und 414 StPO). Im Falle der Gutheissung eines Revisionsgesuchs gegen ein verurteilendes Erkenntnis lebt die Verfolgungsverjährung nicht wieder auf (E. 2.4). Die Vollstreckungsverjährung, die mit der Vollstreckbarkeit des Urteils begann, läuft während des Wiederaufnahmeverfahrens und des wieder aufgenommenen Verfahrens weiter. Auch nach dem Eintritt der Vollstreckungsverjährung im wieder aufgenommenen Verfahren ist über die gegen den Beschuldigten erhobenen Vorwürfe zu entscheiden (E. 3). Im wieder aufgenommenen Verfahren können, genauso wie im ersten Verfahren, Beweisanträge gestellt werden (E. 6).

142 IV 289 (1B_63/2016) from 8. Juni 2016
Regeste: Art. 13 Abs. 1 BV, Art. 7, 12 lit. a, 15, 269, 272, 274, 306, 307 und 309 StPO; geheime Telefonüberwachung, polizeiliche Berichte zur Rechtfertigung des dringenden Tatverdachts. Bei der Prüfung des dringenden Verdachts nach Art. 269 Abs. 1 lit. a StPO (E. 2.2.1) stützt sich das Zwangsmassnahmengericht auf das Gesuch der Staatsanwaltschaft, deren Überwachungsanordnung und Begründung so wie die wesentlichen Verfahrensakten (vgl. Art. 274 Abs. 1 lit. a und b StPO; E. 2.2.2). Insoweit kann die Genehmigungsbehörde die in den Berichten der Polizei enthaltenen Feststellungen berücksichtigen, auch wenn diese - insbesondere zum vorübergehenden oder dauernden Schutz der Identität von Informanten - nicht weiter belegt werden können (E. 2.2.3). Das rechtfertigt sich mit Blick auf die Eigenschaft der Polizei als Strafverfolgungsbehörde (vgl. Art. 12 lit. a StPO) und die ihr zukommenden Aufgaben (vgl. Art. 7, 15, 306 und 307 StPO), das noch frühe Stadium der Untersuchung im Zeitpunkt der Einreichung des Gesuchs um geheime Überwachung (E. 3.1) sowie die Art der angezeigten Straftat (E. 3.2).

143 V 269 (8C_113/2017) from 29. Juni 2017
Regeste: Art. 72bis Abs. 1 IVV; Art. 43 Abs. 1, Art. 45 Abs. 1 und Art. 61 lit. c ATSG; Höhe der von der IV-Stelle zu tragenden Kosten eines polydisziplinären Gerichtsgutachtens. Im Sinne der bisherigen Rechtsprechung besteht mit Art. 45 Abs. 1 ATSG eine genügende gesetzliche Grundlage, dem Versicherungsträger die Kosten eines Gerichtsgutachtens aufzuerlegen (E. 6.2.1). Was die Bemessung der Kosten dieser Abklärungen angeht, fehlt eine bundesgesetzliche Grundlage dafür, dass das BSV mit den MEDAS Tarifvereinbarungen mit Geltung auch für die erstinstanzlichen Beschwerdeverfahren treffen könnte (E. 6.2.2). Eine solche Gesetzesgrundlage, die zu erlassen der Bund ohne Weiteres befugt wäre, ist unabdingbar (E. 6.2.2). Mit Blick auf die fehlende gesetzliche Grundlage wird die bisherige Rechtsprechung insoweit aufgegeben, als die kantonalen Versicherungsgerichte und das Bundesverwaltungsgericht nicht mehr an den Tarif gemäss Anhang 2 der Vereinbarung zwischen dem BSV und den MEDAS gebunden sind. Das bedeutet, dass die IV-Stellen im Rahmen der mit BGE 139 V 496 umschriebenen Grundsätze für die gesamten Kosten des Gerichtsgutachtens aufzukommen haben (E. 7.2). Der vom BSV mit den MEDAS vereinbarte Tarif kann immerhin als Richtschnur dienen, an der sich die Beteiligten zu orientieren haben. Darüber hinaus ergeht die Empfehlung, entweder die erforderliche Gesetzesgrundlage zu schaffen oder aber den bestehenden Tarif unter repräsentativem Einbezug der erstinstanzlichen Beschwerdeinstanzen an die Besonderheiten des Gerichtsverfahrens anzupassen (E. 7.3).

144 IV 97 (6B_171/2017) from 15. Februar 2018
Regeste: Art. 162 und 178 lit. f StPO; Verfahrensstellung nach rechtskräftiger Verurteilung in einem getrennten Verfahren. Eine Person, die in einem getrennten Verfahren für die abzuklärende oder eine damit in Zusammenhang stehende Straftat rechtskräftig verurteilt wurde, ist grundsätzlich in analoger Anwendung von Art. 162 ff. StPO als Zeuge oder Zeugin einzuvernehmen (E. 2 und 3).

144 IV 176 (6B_835/2017) from 22. März 2018
Regeste: Art. 56 Abs. 3 StGB; Art. 184 Abs. 1, 2 lit. a und b, Abs. 3, Art. 185 Abs. 1 und Art. 187 Abs. 1 StPO; § 27 Abs. 2 der Verordnung des Kantons Zürich vom 1./8. September 2010 über psychiatrische und psychologische Gutachten in Straf- und Zivilverfahren (PPGV/ZH); Delegationsverbot und Transparenzgebot bei der psychiatrischen Begutachtung. Wird für ein psychiatrisches Gutachten ein bestimmter Sachverständiger bestellt und mit der Begutachtung betraut, hat er den Auftrag grundsätzlich persönlich auszuführen (Delegationsverbot). Hingegen ist der Sachverständige nicht verpflichtet, sämtliche für die Begutachtung notwendigen Tätigkeiten selber vorzunehmen, sondern er kann für untergeordnete Arbeiten Hilfspersonen heranziehen. Umfang und Grenzen des zulässigen Beizugs von Hilfspersonen (E. 4.2.3, 4.5.1 und 4.6). Der Beizug von Hilfspersonen ist im Gutachten transparent zu machen. Aus dem Gutachten muss u.a. hervorgehen, wie die Hilfspersonen konkret eingesetzt wurden und wie der Sachverständige seine Gesamtverantwortung wahrnehmen konnte bzw. wahrgenommen hat (E. 4.2.4 und 4.5.2). Für den blossen Beizug von Hilfspersonen bedarf es keiner vorgängigen Ermächtigung durch die Strafverfolgungsbehörde. Sind Dritte am Gutachtensprozess als Hilfspersonen unmittelbar beteiligt, ist es aber dennoch zu begrüssen, wenn der Gutachter der auftraggebenden Strafbehörde de- ren Name sowie Art und Umfang von deren Beizug vorab bekannt gibt (E. 4.5.2 und 4.6).

145 III 143 (4A_563/2017) from 19. Februar 2019
Regeste: Art. 271 f. OR; Art. 59 Abs. 2 lit. e ZPO; Art. 328-333 ZPO; Kündigungsschutz; Rechtskraft; Revision. Wurde im Rahmen der Anfechtung nach Art. 271 f. OR rechtskräftig festgestellt, dass die Kündigung des Vermieters nicht missbräuchlich ist, darf dieselbe Frage nicht neu beurteilt werden, wenn der Mieter später eine Schadenersatzklage erhebt mit der Begründung, das nachträgliche Verhalten des Vermieters zeige, dass der von ihm angegebene Kündigungsgrund (Eigenbedarf) doch vorgeschoben war. Die Rechtskraft (Bindungswirkung) des Entscheids im Anfechtungsverfahren könnte ausschliesslich mittels Revision unter den Voraussetzungen von und im Verfahren nach Art. 328-333 ZPO beseitigt werden (E. 3-5).

147 II 144 (2C_383/2020) from 8. März 2021
Regeste: a Art. 42 Abs. 1 KG; Art. 6 VwVG; Unterscheidung zwischen den "von der Untersuchung Betroffenen" und "Dritten" mit Blick auf die Befragung aktueller und ehemaliger Organe eines untersuchungsbetroffenen Unternehmens. Der Begriff der "von der Untersuchung Betroffenen" umschliesst nur die Verfahrensparteien eines Kartellsanktionsverfahrens (E. 4.4). Ob eine Person als Verfahrenspartei zu qualifizieren ist, beantwortet sich nach Art. 6 VwVG (E. 4.5). Personen, die in einem untersuchungsbetroffenen Unternehmen eine Organfunktion bekleiden, verfügen nicht aus eigenem Recht über die Parteistellung; weil sie in diesem Verfahren allerdings eine juristische Person vertreten, der Parteistellung zukommt, sind sie trotzdem als Partei zu behandeln (E. 4.6). Demgegenüber ist ein ehemaliges Organ ein "Dritter" (E. 4.7).

 

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