Schweizerisches Strafgesetzbuch

vom 21. Dezember 1937 (Stand am 22. November 2022)


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Art. 62d

Prü­fung der Ent­las­sung und der Auf­he­bung

 

1 Die zu­stän­di­ge Be­hör­de prüft auf Ge­such hin oder von Am­tes we­gen, ob und wann der Tä­ter aus dem Voll­zug der Mass­nah­me be­dingt zu ent­las­sen oder die Mass­nah­me auf­zu­he­ben ist. Sie be­schliesst dar­über min­des­tens ein­mal jähr­lich. Vor­her hört sie den Ein­ge­wie­se­nen an und holt einen Be­richt der Lei­tung der Voll­zug­s­ein­rich­tung ein.

2 Hat der Tä­ter ei­ne Tat im Sin­ne von Ar­ti­kel 64 Ab­satz 1 be­gan­gen, so be­schliesst die zu­stän­di­ge Be­hör­de ge­stützt auf das Gut­ach­ten ei­nes un­ab­hän­gi­gen Sach­ver­stän­di­gen und nach An­hö­rung ei­ner Kom­mis­si­on aus Ver­tre­tern der Straf­ver­fol­gungs­be­hör­den, der Voll­zugs­be­hör­den so­wie der Psych­ia­trie. Sach­ver­stän­di­ge und Ver­tre­ter der Psych­ia­trie dür­fen den Tä­ter nicht be­han­delt oder in an­de­rer Wei­se be­treut ha­ben.

BGE

139 I 51 (6B_603/2012) from 14. Februar 2013
Regeste: Art. 62d Abs. 1 StGB; Art. 31 Abs. 4 BV; Art. 5 Ziff. 4 EMRK; Prüfung der Entlassung und der Aufhebung einer stationären therapeutischen Massnahme; zuständige Behörde. Die in Art. 62d Abs. 1 StGB vorgesehene jährliche Prüfung muss von einer gerichtlichen Behörde vorgenommen werden. Die erstinstanzliche Zuständigkeit einer Verwaltungsbehörde ist zulässig, sofern ein Rechtsmittel mit voller Kognition an ein Gericht offensteht und der in Art. 31 Abs. 4 BV und Art. 5 Ziff. 4 EMRK verankerte Anspruch auf gerichtliche Überprüfung auf diese Weise garantiert ist (E. 3).

141 IV 49 (6B_227/2014) from 11. Februar 2015
Regeste: Aufhebung und Änderung stationärer Massnahmen, Rechtsweg; Art. 62c Abs. 1 lit. a und Abs. 4 StGB. Den Entscheid, ob und wann eine stationäre therapeutische Massnahme als aussichtslos erscheint und aufzuheben ist, trifft die Vollzugsbehörde. Diese Frage fällt mit dem Erreichen der in der Regel fünfjährigen Höchstfrist des mit der Behandlung verbundenen stationären Freiheitsentzugs nicht als gegenstandslos dahin. Nach rechtskräftiger Aufhebung der Massnahme obliegt es dem Sachgericht, über die Rechtsfolgen zu befinden, d.h. auf Antrag der Vollzugsbehörde gegebenenfalls die Verwahrung anzuordnen (E. 2 und 3).

142 IV 1 (6B_708/2015) from 22. Oktober 2015
Regeste: Art. 59 Abs. 3 StGB; stationäre therapeutische Behandlung von psychischen Störungen in einer geschlossenen Einrichtung oder Strafanstalt, Zuständigkeit. Ob ein Täter gemäss Art. 59 Abs. 3 StGB in einer geschlossenen Einrichtung oder Strafanstalt nach Art. 76 Abs. 2 StGB unterzubringen ist, ist eine Vollzugsfrage, die von den Vollzugsbehörden zu beurteilen ist (E. 2).

145 IV 167 (6B_1098/2018) from 21. März 2019
Regeste: Art. 62c Abs. 1 lit. a und Art. 62d Abs. 1 StGB; Art. 19 Abs. 2 lit. b und Art. 363 ff. StPO; Gerichts- und Behördenorganisation bei Aufhebung und Umwandlung von Massnahmen; Spruchkörperbesetzung. Den Kantonen steht es frei, eine gerichtliche Instanz zu schaffen, welche sowohl über die Aufhebung einer Massnahme als auch deren Umwandlung gleichzeitig in einem einzigen Entscheid befinden kann (E. 1.5). Anwendbares Verfahrensrecht und Rechtsmittelweg (E. 1.6). Abgrenzung der Anordnung der Verwahrung gemäss Art. 62c Abs. 4 i.V.m. Art. 64 Abs. 1 StGB von der nachträglichen Verwahrung nach Art. 65 Abs. 2 StGB hinsichtlich des anwendbaren Verfahrensrechts und der Voraussetzungen (E. 1.7). Verneinung einer Verletzung von Bestimmungen der EMRK (E. 1.8). Über Beschwerden gegen eine in einem selbstständigen nachträglichen Verfahren angeordnete Verwahrung hat die Beschwerdeinstanz als Kollegialgericht zu befinden (E. 2.3).

145 IV 281 (6B_156/2019) from 27. Juni 2019
Regeste: Art. 56 Abs. 3, 63a Abs. 2 und 63b Abs. 5 StGB, Art. 363 ff. StPO; Anordnung einer stationären therapeutischen Massnahme an Stelle des Strafvollzugs, Verwertbarkeit des Gutachtens. Das Gericht muss sich zur in Art. 63b Abs. 5 StGB vorgesehenen Anordnung einer stationären therapeutischen Massnahme an Stelle des Strafvollzugs auf eine Begutachtung durch einen Sachverständigen stützen (E. 2.1.4). Die Strafvollzugsbehörde kann gestützt auf kantonales Recht ein für ihren Entscheid zur Einleitung eines Verfahrens im Sinne von Art. 364 Abs. 1 StPO massgebendes Gutachten selbst anordnen. Die Gerichtsbehörde, welche über die Anordnung einer stationären therapeutischen Massnahme im Rahmen eines Verfahrens gemäss Art. 363 ff. StPO entscheidet, darf ein solches Gutachten berücksichtigen. Wenn eine möglicherweise freiheitsentziehende Massnahme in Erwägung gezogen wird, bedarf die verurteilte Person einer notwendigen Verteidigung. Der Anspruch auf rechtliches Gehör und die Verteidigungsrechte der von einem Verfahren nach Art. 364 Abs. 1 StPO betroffenen Person sind nicht notwendigerweise bereits vor der Anrufung der Gerichtsbehörde durch die Strafvollzugsbehörde sicherzustellen, sofern dies anschliessend im entsprechenden Verfahren ausreichend gewährleistet wird (E. 2.3).

 

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