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Art. 71
Ersatzforderungen 1 Sind die der Einziehung unterliegenden Vermögenswerte nicht mehr vorhanden, so erkennt das Gericht auf eine Ersatzforderung des Staates in gleicher Höhe, gegenüber einem Dritten jedoch nur, soweit dies nicht nach Artikel 70 Absatz 2 ausgeschlossen ist. 2 Das Gericht kann von einer Ersatzforderung ganz oder teilweise absehen, wenn diese voraussichtlich uneinbringlich wäre oder die Wiedereingliederung des Betroffenen ernstlich behindern würde. 3 Die Untersuchungsbehörde kann im Hinblick auf die Durchsetzung der Ersatzforderung Vermögenswerte des Betroffenen mit Beschlag belegen. Die Beschlagnahme begründet bei der Zwangsvollstreckung der Ersatzforderung kein Vorzugsrecht zu Gunsten des Staates. BGE
81 IV 90 () from 21. Januar 1955
Regeste: Art. 144 StGB. Rückzug des Strafantrages gegen den Vortäter hindert die Bestrafung des Hehlers nicht.
91 IV 64 () from 9. August 1965
Regeste: 1. Der Begriff des fortgesetzten Delikts setzt nicht voraus, dass alle Einzelhandlungen, die auf denselben Willensentschluss zurückgehen, unter die gleiche Strafbestimmung fallen; es genügt, dass sie den gleichen gesetzlichen Tatbestand erfüllen oder Begehungsformen desselben Verbrechens oder Vergehens darstellen (Erw. 1a). 2. Art. 191 Ziff. 1 und 2 StGB. Zwischen Unzuchtshandlungen im Sinne dieser Bestimmungen kann Fortsetzungszusammenhang bestehen (Erw. 1 b und c). 3. Art. 13 Abs. 1 StGB. Der Umstand, dass der Beschuldigte die Tat in angetrunkenem Zustand begangen hat, ist noch kein Grund, ihn psychiatrisch begutachten zu lassen (Erw. 2).
92 IV 171 () from 10. November 1966
Regeste: Art. 70 ff., 73 ff., StGB. Die Strafverfolgung wird mit der Ausfällung des letztinstanzlichen kantonalen Urteils beendet. Die Verfolgungsverjährung, die am gleichen Tag aufhört, wird durch die eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde nicht wieder in Gang gesetzt, sondern kann erst im Falle der Aufhebung des angefochtenen Entscheides von der Eröffnung des Bundesgerichtsentscheides an weiterlaufen.
97 IV 153 () from 18. November 1971
Regeste: 1. Art. 72 Ziff. 2 Abs. 2 StGB. Die Verfolgungsverjährung läuft über den Zeitpunkt der Ausfällung eines freisprechenden oder das Verfahren einstellenden letztinstanzlichen kantonalen Urteils hinaus weiter, auch wenn der öffentliche oder der private Ankläger eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde erhoben hat (Erw. 2). 2. Art. 28 StGB. Inhalt und Form des Strafantrages gegen den Verfasser eines Presseberichtes (Erw. 3).
97 IV 238 () from 3. Dezember 1971
Regeste: Art. 29 StGB. Berechnung der Antragsfrist. Der Tag, an dem die Antragsfrist zu laufen beginnt, ist nicht mitzuzählen (Anderung der Rechtsprechung).
101 IV 20 () from 24. Januar 1975
Regeste: Beginn der Verjährung bei Delikten, die den Eintritt einer objektiven Strafbarkeitsbedingung voraussetzen. Art. 71, 163-167 StGB. Wo Handlungen oder Unterlassungen nur verfolgt werden, wenn eine objektive Strafbarkeitsbedingung erfüllt ist, beginnt die Verfolgungsverjährung mit dem Tag, an dem die Handlungen oder Unterlassungen begangen werden, nicht mit dem Tag, an dem die objektive Strafbarkeitsbedingung eintritt. Anwendung dieses Grundsatzes auf Art. 163-167 StGB.
102 IV 79 () from 18. Juni 1976
Regeste: Art. 71, 24 ff. StGB; Beginn der Verfolgungsverjährung, wenn mehrere Personen als Mittäter oder Teilnehmer ihren Tatbeitrag nicht gleichzeitig erbringen.
105 IV 12 () from 1. März 1979
Regeste: Art. 18 Abs. 2, 71 Abs. 2, 148 Abs. 2 StGB. 1. Sowohl beim gewerbsmässigen wie beim fortgesetzten Delikt beginnt die Verjährung erst mit der Ausführung der letzten Teilhandlung (E. 4a). 2. Der Fortsetzungszusammenhang wird nicht unterbrochen, wenn ein gewerbsmässiger Betrüger zunächst mit Eventualvorsatz, in der Folge mit direktem Vorsatz handelt (E. 4b).
107 IB 74 () from 27. März 1981
Regeste: Art. 10 und Art. 28 des Europäischen Auslieferungsübereinkommens; Art. IV Abs. 1 des Vertrages zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Bundesrepublik Deutschland über die Ergänzung des Europäischen Auslieferungsübereinkommens und die Erleichterung seiner Anwendung (SR 0.353.913.61). Durch welche Handlungen die Verjährung unterbrochen wird, bestimmt sich im Verhältnis zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweiz gemäss Art. IV Abs. 1 der von diesen beiden Staaten abgeschlossenen Zusatzvereinbarung allein nach dem Recht des um die Auslieferung ersuchenden Staates. Mit dieser Bestimmung sollte nach dem Willen der Bundesversammlung eine Lücke im Europäischen Auslieferungsübereinkommen geschlossen werden; das Bundesgericht kann daher nicht prüfen, ob diese Regelung mit den Bestimmungen des Auslieferungsübereinkommens in Einklang stehe.
109 IV 84 () from 21. September 1983
Regeste: Fortgesetztes Delikt. Gesetzliche Grundlage der durch die Rechtsprechung entwickelten Rechtsfigur. Praktische Auswirkungen.
109 IV 113 () from 19. Juli 1983
Regeste: Art. 165 Ziff. 1, 170 StGB; Fortsetzungszusammenhang, Verjährung. 1. Fortsetzungszusammenhang zwischen der Erschleichung eines Nachlassvertrages und dem leichtsinnigen Konkurs verneint (E. 1a). 2. Wenn mehrere Bankrotthandlungen zum leichtsinnigen Konkurs führen, macht sich der Täter nur der einfachen Tatbegehung schuldig. Die Verjährung beginnt mit der letzten Einzelhandlung zu laufen (E. 1c).
111 II 429 () from 19. Dezember 1985
Regeste: Verantwortlichkeit des Grundeigentümers (Art. 679 ZGB und 58 OR). 1. Einrede der höheren Gewalt: Begriff und Anforderungen (Erw. 1b). 2. Einrede der Verjährung: Steht die einjährige Frist des Art. 60 Abs. 1 OR während der Ausarbeitung eines gerichtlichen Gutachtens still? Frage offen gelassen, da die bei strafbaren Handlungen geltende längere Frist (Art. 60 Abs. 2 OR) auch auf eine juristische Person anwendbar ist, die den von ihren Organen verursachten Schaden zu ersetzen hat (Weiterentwicklung der Rechtsprechung; Erw. 2). 3. Eine Kausalhaftung schliesst ein zusätzliches Verschulden des Haftpflichtigen nicht aus; je nach den Umständen kann dieses ein Selbstverschulden des Geschädigten aufwiegen oder unbeachtlich werden lassen (Art. 44 Abs. 1 OR; Erw. 3). 4. Welche Massnahmen sich im Rahmen von Art. 679 ZGB zum Schutz gegen künftige Schäden aufdrängen, hat der Richter zu bestimmen; der Richter hat die sich gegenüberstehenden Interessen frei zu würdigen und darauf zu achten, dass er in seinem Entscheid kein Missverhältnis schafft zwischen dem dem klagenden Grundeigentümer erwachsenden Nutzen und den dem haftpflichtigen Grundeigentümer erteilten Auflagen. Der Anspruch auf Errichtung von Schutzbauten auf dem Grundstück, von dem der Schaden ausgeht oder droht, ist unverjährbar; derjenige auf Errichtung einer solchen Baute auf dem Grundstück des Klägers ist schadenersatzrechtlicher Natur und verjährt nach den Vorschriften des Art. 60 OR (Erw. 15b).
111 V 172 () from 3. Juli 1985
Regeste: Art. 52 AHVG. Die Verantwortlichkeit eines Prokuristen bestimmt sich im Lichte des Art. 52 AHVG nicht nach seiner Handlungsvollmacht im Aussenverhältnis, sondern nach seinen Rechten und Pflichten im Innenverhältnis. Bedeutung der strafrichterlichen Beurteilung für den Sozialversicherungsrichter (Erw. 5). Art. 82 AHVV. - Kenntnis des Schadens kann auch dann gegeben sein, wenn die Ausgleichskasse von einer Meinungsäusserung des Konkursverwalters über die voraussichtlichen Dividendenaussichten gegenüber einer dritten Behörde (z.B. einer Strafbehörde) Kenntnis erhält (Erw. 3). - Hinsichtlich Dauer und Beginn der im Strafrecht vorgesehenen längern Verjährungsfristen sind die allgemeinen Bestimmungen des StGB massgebend (Erw. 4a). - Die fünfjährige Verjährungsfrist gilt nur für die Schadenersatzforderung aus der Zweckentfremdung der Arbeitnehmerbeiträge und nicht auch der Arbeitgeberbeiträge (Erw. 4b).
112 V 161 () from 24. Juni 1986
Regeste: Art. 82 Abs. 2 AHVV. Die längere Frist des Strafrechts ist jene der ordentlichen Verjährung des Art. 70 StGB und nicht diejenige der absoluten Verjährung des Art. 72 Ziff. 2 Abs. 2 StGB.
114 IV 1 () from 17. Februar 1988
Regeste: Art. 2 Abs. 2, 71 Abs. 2 StGB; lex mitior, Verjährung (Zollvergehen). Der unter altem Recht verübte Teil eines fortgesetzten Delikts ist unter Vorbehalt der lex mitior nach altem Recht zu beurteilen (Bestätigung der Rechtsprechung). Sieht das neue Recht zwar eine längere, aber zusätzlich eine absolute Verjährungsfrist vor, so ist das im konkreten Fall für den Täter mildere Recht anzuwenden.
116 IB 452 () from 21. Dezember 1990
Regeste: Gesuch der Republik der Philippinen um internationale Rechtshilfe in Strafsachen. Art. 1 Abs. 1 lit. b und Art. 63 Abs. 3 IRSG; Voraussetzung des Strafverfahrens im gesuchstellenden Staat. Auch wenn im gesuchstellenden Staat noch kein eigentliches Strafverfahren eröffnet worden ist, können ihm Auskünfte erteilt werden, wenn diese ihm als Beweise dienen in einem Strafverfahren, das in Kürze vor einem ordentlichen Gericht zu eröffnen er sich verpflichtet hat, und mit dem er die Verurteilung der Beschuldigten bzw. die Einziehung von angeblich unerlaubt erworbenen Vermögenswerten verfolgt (E. 3a, b). Dabei ist er auf die Voraussetzung eines dem europäischen Recht entsprechenden Strafverfahrens aufmerksam zu machen und einzuladen, das Spezialitätsprinzip zu beachten (E. 3c). Verwerfung der Einrede der Verjährung der vorgeworfenen Delikte, welche als fortgesetzte Delikte zu qualifizieren sind, soweit diese Einrede überhaupt erhoben werden konnte (E. 4). Art. 63, Art. 74 und Art. 94 IRSG. Anwendbare Grundsätze auf die Aushändigung des Deliktsguts (E. 5a, b). Im konkreten Fall wird die Aushändigung von in der Schweiz blockierten Vermögenswerten gewährt, ihre Übergabe jedoch bis zu dem Zeitpunkt hinausgeschoben, da ein vollstreckbarer Entscheid eines in Strafsachen zur Beurteilung der Rückgabe an die Berechtigten oder die Einziehung zuständigen philippinischen Gerichts vorliegt. Festlegung einer Frist von einem Jahr für die Eröffnung eines den Art. 4, Art. 58 BV und Art. 6 EMRK entsprechenden Verfahrens. Vor dem Vollzug eines solchen ausländischen Entscheids haben die Behörden des nachgesuchten Staates sich zu vergewissern, dass dieser in Übereinstimmung mit den genannten Bestimmungen ergangen ist (E. 5c).
117 IV 408 () from 8. März 1991
Regeste: Art. 71 Abs. 2 StGB; Zusammenfassung mehrerer strafbarer Handlungen zu einer verjährungsrechtlichen Einheit; fortgesetztes Delikt. Ob und unter welchen Bedingungen eine Mehrzahl strafbarer Handlungen jeweils zu einer entsprechenden rechtlichen Einheit zusammenzufassen ist, ist in den Sachbereichen, in denen das fortgesetzte Delikt bisher Anwendung gefunden hat (Strafschärfung, Verjährung, Strafantragsfrist, ne bis in idem), gesondert zu beurteilen. Verzicht auf die Rechtsfigur des fortgesetzten Delikts (E. 2d). Verschiedene strafbare Handlungen sind gemäss Art. 71 Abs. 2 StGB dann als eine Einheit (bei der die Verjährung für sämtliche Teilhandlungen erst mit der letzten Tat zu laufen beginnt) anzusehen, wenn sie gleichartig und gegen dasselbe Rechtsgut gerichtet sind und ein andauerndes pflichtwidriges Verhalten bilden. Unter welchen genauen Voraussetzungen dies der Fall ist, kann nicht abschliessend in einer abstrakten Formel umschrieben werden (E. 2f).
118 IV 309 () from 17. Juni 1992
Regeste: Art. 25 StGB. Gehilfenschaft eines Beamten. Die generelle Pflicht eines jeden Beamten, den Strafverfolgungsbehörden die Straftaten anzuzeigen, von denen er bei Ausübung seines Amtes Kenntnis erhalten hat, begründet nicht in jedem Fall eine Garantenstellung. Der Beamte, dessen Aufgabe nicht speziell darin besteht, mit der Polizei zusammenzuarbeiten, macht sich nicht der Gehilfenschaft zu Betrug schuldig, auch wenn der Betrüger seine deliktische Tätigkeit zum Nachteil Dritter fortsetzen kann, weil der Beamte ihn nicht angezeigt hat (E. 1). Art. 316 StGB. Annahme von Geschenken. Verjährung. Diese Tat impliziert nicht ein andauerndes pflichtwidriges Verhalten des Täters. Die Verfolgungsverjährung beginnt daher jeweils mit jeder Entgegennahme eines Vorteils zu laufen, auch wenn der Täter während mehreren Jahren Geschenke angenommen hat (E. 2).
118 IV 325 () from 27. Juli 1992
Regeste: Art. 29 und Art. 217 StGB; Beginn der Strafantragsfrist bei Vernachlässigung von Unterhaltspflichten. Wenn der Pflichtige während einer gewissen Zeit und ohne Unterbrechung schuldhaft die Zahlung der Unterhaltsbeiträge unterlässt, beginnt die Antragsfrist erst mit der letzten schuldhaften Unterlassung zu laufen (E. 2b). Der Antrag ist gültig für den Zeitraum, in dem der Täter ohne Unterbrechung den Tatbestand erfüllt hat (E. 2c).
118 V 193 () from 30. Oktober 1992
Regeste: Art. 82 Abs. 2 AHVV: Längere Verwirkungsfrist des Strafrechts. Die längere Verwirkungsfrist des Strafrechts ist nur auf die Person anwendbar, welche die strafbare Handlung begangen hat.
119 IV 73 () from 17. Februar 1993
Regeste: Art. 82 Ziff. 2 ZG; Art. 71 Abs. 2 StGB; Zusammenfassung verschiedener strafbarer Handlungen gegen das Zollgesetz zu einer verjährungsrechtlichen Einheit; Gewohnheitsmässigkeit. Bei gewohnheitsmässiger Tatbegehung gemäss Art. 82 Ziff. 2 ZG bilden die verschiedenen strafbaren Handlungen eine verjährungsrechtliche Einheit, bei der die Verjährung für sämtliche Einzelhandlungen erst mit der letzten Tat zu laufen beginnt (E. 2d).
119 IV 199 () from 28. Mai 1993
Regeste: Art. 71 Abs. 2 StGB; Art. 173 ff. StGB; Beginn der Verjährung bei Ehrdelikten. Mehrere strafbare Handlungen sind gemäss dieser Bestimmung dann als Einheit anzusehen, wenn sie gleichartig und gegen dasselbe Rechtsgut gerichtet sind und ein andauerndes pflichtwidriges Verhalten bilden. Ehrverletzungen fehlt in der Regel das Merkmal der Dauerhaftigkeit; vielmehr stellt jede für sich einen Einzelakt dar, weshalb hinsichtlich der Verjährung grundsätzlich keine Einheit anzunehmen ist (Konkretisierung der Rechtsprechung).
120 IV 6 () from 18. März 1994
Regeste: Art. 71 Abs. 2 und Art. 187 Ziff. 1 StGB; Zusammenfassung mehrerer strafbarer Handlungen zu einer verjährungsrechtlichen Einheit; sexuelle Handlungen mit Kindern. Wer als Primarlehrer die sexuellen Handlungen mit den gleichen Schülern nach deren Übertritt in die Oberstufe in derselben Art und Weise weiterpflegt, handelt andauernd pflichtwidrig. Seine Straftaten bilden eine verjährungsrechtliche Einheit (E. 2c/cc).
120 IV 107 () from 15. März 1994
Regeste: Art. 270 Abs. 1 BStP; Legitimation des Strafantragstellers zur eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde, soweit es um Fragen des Strafantragsrechts als solches geht (E. 1; Bestätigung der Rechtsprechung). Es verstösst nicht gegen Bundesrecht, einem Verfahren keine Folge zu geben mit der Begründung, dass der Strafantragsteller die von der Behörde verlangte Übersetzung seiner einige Seiten umfassenden Eingabe ohne Grund erst mehr als zwei Jahre nach der Aufforderung nachgereicht hat (E. 2).
123 IV 193 () from 7. November 1997
Regeste: Art. 165 Ziff. 1 aStGB und Art. 71 StGB; leichtsinniger Konkurs, Verjährung. Führen mehrere Bankrotthandlungen zum leichtsinnigen Konkurs, ist das gesamte Verhalten des Täters als eine Einheit zu betrachten (Bestätigung der Rechtsprechung).
124 IV 5 () from 7. November 1997
Regeste: Art. 71 Abs. 2 StGB und Art. 140 Ziff. 1 aStGB; Zusammenfassung mehrerer Veruntreuungen zu einer verjährungsrechtlichen Einheit. Ob ein andauerndes pflichtwidriges Verhalten anzunehmen ist, kann nur im konkreten Fall beurteilt werden. Dabei kommt auch den konkreten Umständen des Sachverhalts Bedeutung zu (E. 2b). Wer als Finanzverantwortlicher in regelmässigen Abständen über lange Zeit hinweg ihm von seinem Arbeitgeber zur Verwaltung anvertraute Geldbeträge veruntreut, handelt andauernd pflichtwidrig. Seine Straftaten bilden eine verjährungsrechtliche Einheit (E. 3a).
124 IV 59 () from 20. Februar 1998
Regeste: Art. 70 ff. StGB, art. 146 Abs. 2 StGB, Art. 148 Abs. 2 aStGB; Verfolgungsverjährung, gewerbsmässiger Betrug. Die einzelnen strafbaren Handlungen eines gewerbsmässigen Betruges bilden keine verjährungsrechtliche Einheit. Der vom Gesetz hergestellte Zusammenhang zwischen diesen und dem Qualifikationsmerkmal der Gewerbsmässigkeit betrifft die Strafzumessung.
126 II 348 () from 30. Juni 2000
Regeste: Art. 16 Abs. 3 OHG; Art. 5 Abs. 3 BV; Art. 124 BV. Beginn der Verwirkungsfrist bei Straftaten, deren Schadensfolgen für das Opfer erst einige Zeit nach dem tatbestandsmässigen Verhalten eintreten bzw. erkennbar werden (E. 2-5; Präzisierung der Rechtsprechung); bei Ansteckung des Opfers mit dem HI-Virus und späterem Ausbruch von AIDS (E. 6 u. 7).
126 III 382 () from 17. Juli 2000
Regeste: Verjährung des Gewinnherausgabeanspruchs gemäss Art. 423 Abs. 1 OR. Bei bösgläubiger Geschäftsanmassung sind auf den Gewinnherausgabeanspruch die deliktsrechtlichen Verjährungsregeln (Art. 60 OR) anwendbar (E. 4).
126 IV 5 () from 1. Februar 2000
Regeste: Art. 72 Ziff. 2 StGB; Unterbrechung der Verjährung. Unterbricht die Eröffnung des Strafverfahrens die Verjährung? Frage offen gelassen, da gleichzeitig mit der Eröffnung des Strafverfahrens ein Haftbefehl erlassen wurde und das Gesetz den Erlass eines Haftbefehls als Unterbrechungsgrund ausdrücklich nennt (E. 1). Art. 164 Ziff. 1 Abs. 3 und Ziff. 2 StGB; Gläubigerschädigung durch Vermögensminderung, Veräusserung von Vermögenswerten gegen eine Leistung mit offensichtlich geringerem Wert. Der Dritte, der die Vermögenswerte erwirbt, bleibt in den Grenzen der notwendigen Teilnahme straflos (E. 2).
126 IV 141 () from 20. Mai 2000
Regeste: Art. 288 StGB; Art. 71 Abs. 2 StGB; Bestechen, verjährungsrechtliche Einheit. Eine verjährungsrechtliche Einheit ist nach objektiven Kriterien im Einzelfall zu beurteilen. Sie kann auch bei Bestechungshandlungen vorliegen (E. 1). Aktive Bestechung ist gegeben, wenn die Zuwendung erfolgt, um den Beamten zur Verletzung einer Amts- oder Dienstpflicht zu veranlassen. Der Tatbestand kann auch dann erfüllt sein, wenn keine passive Bestechung (Art. 315 StGB) vorliegt (E. 2a). Wer mit einer eindeutigen, darauf hinzielenden Erwartungshaltung handelt, der Beamte lasse sich über die finanziellen Vorteile zu einer parteiischen Amtsführung bestimmen, erfüllt den Tatbestand (E. 2c).
126 IV 255 () from 29. November 2000
Regeste: Art. 305bis Ziff. 1 und 3, Art. 59 Ziff. 1 Abs. 1 und 3 StGB, Art. 19 Ziff. 4 BetmG; Verjährung der Vortat beim Tatbestand der Geldwäscherei und der Einziehung von Vermögenswerten. Geldwäscherei setzt den Nachweis eines Verbrechens voraus, das im Zeitpunkt der Vereitelungshandlung nicht verjährt ist. Ist die Vortat im Ausland begangen worden, beurteilt sich deren Verjährung in erster Linie nach dem ausländischen Recht. Ist die im Ausland begangene Vortat nach dem massgebenden ausländischen Recht nicht verjährt, erfolgt die Einziehung aufgrund von Art. 59 StGB. Der Geldwäscher vereitelt einen schweizerischen Einziehungsanspruch (E. 3b/bb). Massgebend für die Verjährung des Anspruchs auf Einziehung gemäss Art. 59 Ziff. 1 Abs. 3 StGB ist der Zeitpunkt ihrer gerichtlichen Anordnung. Ob der Anspruch verjährt ist, beurteilt sich ebenfalls primär nach dem ausländischen Recht am Ort der Vortat. Bei Betäubungsmitteldelikten ist aufgrund Art. 19 Ziff. 4 BetmG subsidiär schweizerisches Recht anwendbar (E. 4c).
129 II 385 () from 25. April 2003
Regeste: Art. 6 des Bundesgesetzes über die Ein- und Ausfuhr von Erzeugnissen aus Landwirtschaftsprodukten (sog. "Schoggigesetz"); Art. 15 der Verordnung über die Ausfuhrbeiträge für Erzeugnisse aus Landwirtschaftsprodukten; Art. 30 SuG; Art. 12 VStrR. Rückerstattung von Ausfuhrbeiträgen; Verjährung. Die gestützt auf Art. 6 des Schoggigesetzes gewährten Ausfuhrbeiträge sind keine Subventionen im Sinne des Subventionsgesetzes, deren Rückforderung allenfalls durch Art. 30 Abs. 2 SuG ausgeschlossen ist (E. 3.3). Das unrechtmässige Erwirken eines Ausfuhrbeitrages ist keine Zollwiderhandlung (E. 3.4). Zu Unrecht bezogene Ausfuhrbeiträge können während 5 Jahren seit der Zahlung des jeweiligen Beitrages jederzeit und ohne weitere Voraussetzungen zurückgefordert werden (E. 3.5 und 4.1). Es handelt sich bei dem in Frage stehenden strafbaren Verhalten weder um ein Dauerdelikt, noch liegt eine verjährungsrechtliche Einheit vor (E. 4.2). Unterbrechung der Verjährung (E. 4.3). Soweit die (objektiv) strafbaren Handlungen, aus denen der Rückerstattungsanspruch hergeleitet wird, nicht verjährt sind, ist der zu Unrecht gewährte Beitrag samt Zins zurückzuzahlen (E. 4.4).
131 IV 83 () from 10. November 2004
Regeste: Widerhandlung gegen das Ergänzungsleistungsgesetz (Art. 16 Abs. 1 ELG und Art. 24 ELV); Verjährung (Art. 71 StGB). Der Tatbestand des Art. 16 Abs. 1 ELG ist kein Dauerdelikt (E. 2.1). Die Meldepflicht gemäss Art. 24 ELV begründet keine Garantenpflicht (E. 2.1.3). Die Rechtsfigur der verjährungsrechtlichen Einheit wird aufgegeben (E. 2.4). Fallkonstellationen, in denen mehrere Tathandlungen nach wie vor verjährungsrechtlich eine Einheit bilden (E. 2.4.5).
132 IV 49 () from 14. Dezember 2005
Regeste: Art. 217 und 29 StGB; Vernachlässigung von Unterhaltspflichten; Beginn der Strafantragsfrist. Der Arbeitgeber, der entgegen dem Entscheid eines Zivilgerichts den von seinem Arbeitnehmer als Unterhaltsbeitrag geschuldeten Lohnanteil nicht der unterhaltsberechtigten Gattin zukommen lässt, sondern den gesamten Lohn an den Arbeitnehmer überweist, ist subjektiv Gehilfe zur Vernachlässigung von Unterhaltspflichten, wenn er im Zeitpunkt der Überweisung den deliktischen Willen des Arbeitnehmers kennt, der bereits den Entschluss zur Vernachlässigung der Unterhaltspflichten gefasst hat (E. 1). Die Vernachlässigung von Unterhaltspflichten ist ein Dauerdelikt, so dass die Strafantragsfrist - analog der Verjährungsfrist (Art. 71 lit. c StGB) - erst mit der letzten tatbestandsmässigen Unterlassung der Zahlung zu laufen beginnt (E. 3.1). Die Strafantragsfrist beginnt gegenüber dem Teilnehmer erst zu laufen, wenn die Berechtigte den Täter kennt (E. 3.2).
133 IV 112 () from 23. März 2007
Regeste: Verwaltungsstrafrecht; Verjährung; Einziehungsverfügung. Während der Erlass eines Strafbescheids (Art. 64 VStrR) Parallelen zu einem Strafmandat (Strafbefehl) aufweist, gilt die Strafverfügung (Art. 70 VStrR), der ein Strafbescheid (Art. 64 VStrR) vorangeht, verjährungsrechtlich als erstinstanzliches Urteil im Sinne von Art. 70 Abs. 3 StGB. Somit ist auch eine im Einziehungsverfahren erlassene Einziehungsverfügung der Verwaltung nach Art. 70 VStrR als erstinstanzliches Urteil gemäss Art. 70 Abs. 3 StGB zu qualifizieren (E. 9.4.4).
133 IV 215 (1C_126/2007, 1C_127/2007) from 11. Juli 2007
Regeste: Art. 84 und 93 Abs. 2 BGG; Art. 74a und 94 ff. IRSG, Art. 13 GWÜ. Beschwerde gegen einen Zwischenentscheid über eine provisorische Beschlagnahme von Vermögenswerten im Hinblick auf die Herausgabe an den ersuchenden Staat zur Durchsetzung einer Ersatzforderung im Zusammenhang mit einem Steuerdelikt; die Voraussetzung von Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG ist erfüllt (E. 1.1), und es handelt sich um eine Grundsatzfrage (E. 1.2). Eine Herausgabe nach Art. 13 GWÜ ist nicht möglich, wenn sie nach den Art. 74a und 94 ff. IRSG ausgeschlossen ist (E. 2).
134 IV 297 (6B_627/2007, 6B_629/2007) from 11. August 2008
Regeste: Verfolgungsverjährung; Beginn der Verjährung; Art. 71 aStGB, Art. 98 lit. a StGB. Für den Verjährungsbeginn ist nach dem Wortlaut des Gesetzes auf den Zeitpunkt der Tathandlung und nicht auf denjenigen des Erfolgseintritts der Straftat abzustellen (E. 4.1 und 4.2) mit der Konsequenz, dass Straftaten verjährt sein können, bevor der Erfolg eingetreten ist (E. 4.3). Dieses Ergebnis hält auch vor den Grundrechtsgarantien stand (E. 4.3.5).
137 IV 145 (1B_417/2010) from 1. April 2011
Regeste: Art. 79 i.V.m. Art. 81 Abs. 1 und 2 BGG; Art. 169 f. und Art. 191 Abs. 1 DBG; Art. 46 Abs. 1 lit. b VStrR; Art. 333 Abs. 1 StGB; Zulässigkeit von Einziehungsbeschlagnahmen im Rahmen von besonderen Fiskaluntersuchungen wegen des Verdachts von schweren Steuerwiderhandlungen. Anwendbarkeit des VStrR nach Inkrafttreten der Eidg. StPO; Übergangsrecht (E. 1.1). Beschwerdelegitimation der Eidg. Steuerverwaltung (E. 1.2). Massgebliches Fiskalstrafrecht; anwendbare Verfahrensvorschriften (E. 5). Dass die Fiskalbehörden im Rahmen eines allfälligen Hinterziehungs- bzw. Nachsteuerverfahrens auf verwaltungsrechtliche Instrumente der Steuersicherung zurückgreifen können, schliesst die vorsorgliche Anordnung von strafprozessualen Einziehungsbeschlagnahmen durch die Eidg. Steuerverwaltung im Verfahren der besonderen Fiskaluntersuchung nicht aus. Ebenso wenig ergibt sich in diesen Fällen aus Art. 333 Abs. 1 StGB ein Beschlagnahmehindernis (E. 6).
139 IV 1 (6B_584/2011) from 11. Oktober 2012
Regeste: a Art. 150bis StGB; Herstellen und Inverkehrbringen von Materialien zur unbefugten Entschlüsselung codierter Angebote. Der Betrieb eines Kartenfreigabesystems (cardsharing), das seinen Benutzern ermöglicht, Fernsehprogramme zu entschlüsseln, ohne mit dem Sendeunternehmen ein Abonnement abgeschlossen zu haben, fällt für sich gesehen nicht unter den Tatbestand von Art. 150bis StGB (E. 2).
139 IV 209 (6B_491/2012) from 18. April 2013
Regeste: Einziehung (Art. 70 Abs. 1 StGB) und staatliche Ersatzforderung (Art. 71 Abs. 1 StGB) im Falle eines Vergleichs. Ein Vergleich steht der Einziehung nicht entgegen. Einzuziehen ist der durch die strafbare Handlung erlangte Vermögenswert unter Abzug der geleisteten Rückzahlung. Ist der Vermögenswert nicht mehr vorhanden, muss auf eine staatliche Ersatzforderung erkannt werden (E. 5).
140 IV 57 (1B_326/2013, 1B_327/2013) from 6. März 2014
Regeste: a Strafprozessuale Zwangsmassnahmen (Art. 196 ff. und 263 ff. StPO); Überprüfung durch das Bundesgericht mit freier Kognition (Art. 36 und 190 BV, Art. 95 lit. a, Art. 98 und 106 Abs. 2 BGG). Das Bundesgericht überprüft Entscheide über strafprozessuale Zwangsmassnahmen mit freier Kognition (Art. 196 lit. a-c StPO). Die nach Art. 98 BGG (für vorsorgliche Massnahmen) vorgeschriebene Beschränkung der Rügegründe und das Rügeprinzip im Sinne von Art. 106 Abs. 2 BGG sind nicht anwendbar. Dies gilt auch für die Beschlagnahme von Gegenständen oder Vermögenswerten (Art. 263 ff. StPO; E. 2.2).
141 IV 155 (6B_508/2014) from 25. Februar 2015
Regeste: a Verkauf von Bankkundendaten; wirtschaftlicher Nachrichtendienst (Art. 273 Abs. 2 StGB); Einziehung des Verkaufserlöses (Art. 70 Abs. 1 StGB). Die Veräusserung von Daten von Kunden einer Schweizer Bank mit Wohnsitz oder Sitz in Deutschland durch eine nicht bei der Bank angestellte Person an deutsche Steuerbehörden erfüllt den Tatbestand des wirtschaftlichen Nachrichtendienstes im Sinne von Art. 273 Abs. 2 StGB. Schweizerisches Recht ist auch anwendbar, soweit Tathandlungen im Ausland durchgeführt wurden. Die Veräusserung von Bankkundendaten ist nach dem massgebenden schweizerischen Recht mangels Rechtfertigungsgründen rechtswidrig. Der noch vorhandene Verkaufserlös ist nach dem Ableben des Verkäufers während des Strafverfahrens zu Lasten der Erben einzuziehen (E. 2-4).
141 IV 305 (6B_978/2014) from 23. Juni 2015
Regeste: Illegaler Abbruch eines schützenswerten Einfamilienhauses; Verjährung der Einziehung bei Übertretungen; Berechnung der Ersatzforderung; Art. 26 und 36 Abs. 3 BV; Art. 97 Abs. 3, Art. 70 f. und 109 StGB. Verjährung der Einziehung bei Übertretungen (E. 1). Anwendung des Brutto- oder Nettoprinzips bei der Festlegung einer Ersatzforderung (Zusammenfassung und Bestätigung der Rechtsprechung; E. 6.3.3). Kognition des Bundesgerichts bei Ersatzforderungen in Anwendung kantonalen Rechts (E. 6.4). Der Beschwerdeführer liess das Einfamilienhaus im Wissen um die verweigerte Entlassung des Objekts aus dem kommunalen Inventar der schützenswerten Kulturobjekte abreissen, um darauf eine gewinnbringende Überbauung vornehmen zu können. Nicht als willkürlich oder unverhältnismässig zu beanstanden ist unter diesen Umständen, wenn die Kosten des Abbruchs, d.h. der eigentlichen Straftat, und der Wert des abgebrochenen Gebäudes bei der Berechnung der Ersatzforderung nicht zum Abzug zugelassen werden. Unerheblich war, dass im Zeitpunkt des Einziehungsentscheids noch nicht mit letzter Sicherheit feststand, ob das Immobilienprojekt mit der höheren Ausnutzung überhaupt verwirklicht werden kann (E. 6.5). Ermittlung des Verkehrswerts des unüberbauten Grundstücks nach der Lageklassenmethode (E. 6.6).
141 IV 317 (6B_988/2014 und andere) from 23. Juni 2015
Regeste: Illegaler Abbruch eines schützenswerten Einfamilienhauses; Berechnung der Ersatzforderung gegenüber Drittbetroffenen; Art. 26 und 36 Abs. 3 BV; Art. 70 f. StGB. Illegaler Abbruch eines schützenswerten Einfamilienhauses durch einen Eigentümer und Vertreter des Baukonsortiums, wobei die weiteren Eigentümer (Drittbetroffene) das Haus bloss auf legale Weise zerstören wollten. Kognition des Bundesgerichts bei Ersatzforderungen in Anwendung kantonalen Rechts (E. 5.4). Anwendung des Brutto- oder Nettoprinzips bei der Festlegung einer Ersatzforderung (Zusammenfassung und Bestätigung der Rechtsprechung; E. 5.8.2). Das Nettoprinzip drängt sich vorliegend bei der Berechnung der Ersatzforderungen der Drittbetroffenen aus Gründen der Verhältnismässigkeit auf und ist auch mit dem Grundsatz "Verbrechen soll sich nicht lohnen" vereinbar. Es ist daher zumindest der von diesen bezahlte Kaufpreis für das Grundstück bzw. der Marktwert des Grundstücks vor Abbruch des Einfamilienhauses zum Abzug zuzulassen (E. 5.8.3-5.8.5).
141 IV 360 (1B_175/2015) from 10. August 2015
Regeste: a Art. 12 BV und Art. 268 StPO; Beschlagnahme zur Kostendeckung. Bei der Beschlagnahme zur Kostendeckung müssen die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Beschuldigten berücksichtigt und Vermögenswerte ausgenommen werden, die nach den Art. 92-94 SchKG nicht pfändbar sind (Art. 268 Abs. 2 und 3 StPO). Diese Prüfung trägt dem Verhältnismässigkeitsprinzip und dem Grundrecht auf Gewährleistung des Existenzminimums Rechnung (E. 3.1).
142 III 65 (5A_159/2015) from 11. Januar 2016
Regeste: Art. 193 ZGB; Gläubigerschutz bei güterrechtlicher Auseinandersetzung. Allgemeine Tatbestandsvoraussetzungen und Rechtsfolgen (E. 4.2). Definition der unter die güterrechtliche Auseinandersetzung fallenden Rechtsgeschäfte; Unterhaltsforderungen gehören nicht dazu (E. 4.3), ebenso wenig die Rücknahme von Vermögensgegenständen (E. 4.4). Massgeblicher Zeitpunkt ist die Übertragung der Vermögenswerte (E. 4.5).
142 III 174 (5A_204/2015) from 15. Januar 2016
Regeste: Art. 44, 116 ff., 144 Abs. 2 und 281 SchKG; Art. 70 und 71 StGB; Pfändung von mit Beschlag gemäss Art. 71 Abs. 3 StGB belegten Vermögenswerten; Verwertung der gepfändeten Vermögensstücke und provisorische Verteilung des Erlöses. Werden Vermögenswerte, die zur Durchsetzung der Ersatzforderung zugunsten des Staates (Art. 71 Abs. 3 StGB) mit Beschlag belegt worden sind, von einem anderen Gläubiger gepfändet, so nimmt der Staat in analoger Anwendung von Art. 281 SchKG von Rechts wegen provisorisch an der Pfändung teil (E. 3).
142 IV 276 (6B_503/2015) from 24. Mai 2016
Regeste: Art. 37 GwG i.V.m. Art. 98 StGB; Verletzung der Meldepflicht, Verjährung. Die Meldepflicht gemäss Art. 9 GwG hört nicht mit der Beendigung der Geschäftsbeziehung auf, sondern hält an, solange Vermögenswerte aufgespürt und eingezogen werden können. Im konkreten Fall endete sie am Tag, als der Staatsanwalt des Bundes aufgrund der Anzeige eines anderen Finanzintermediärs eine kriminalpolizeiliche Untersuchung eröffnete. Die Verjährung begann mit der Eröffnung der kriminalpolizeilichen Untersuchung (E. 5.4).
143 IV 228 (2C_1154/2015) from 31. März 2017
Regeste: Art. 11 und 12 VStrR; Art. 98 lit. a und 333 StGB; Verjährung einer Steuerforderung im Fall eines Verstosses gegen das Bundesverwaltungsrecht; Ruhen der Verjährung. Berechnung der Verjährungsfrist einer Steuerforderung, die im Zusammenhang mit einem Verstoss gegen das Bundesverwaltungsrecht steht (E. 4). Gemäss Art. 11 Abs. 3 VStrR ruht die Verjährung der Strafverfolgung während der Dauer des Einspracheverfahrens; das besagte Einspracheverfahren setzt mit der Ausfällung des steueramtlichen Entscheids ein, aus welchem sich ergibt, dass die steuerpflichtige Person Schuldner der streitbetroffenen Forderung ist (E. 5).
144 IV 1 (6B_735/2016) from 24. Oktober 2017
Regeste: Art. 70 StGB; Art. 376 StPO; selbständiges Einziehungsverfahren; Einziehung zukünftiger wirtschaftlicher Vorteile. Voraussetzungen des selbständigen Einziehungsverfahrens, insbesondere wenn dieses nach dem Strafverfahren durchgeführt wird (selbständige Einziehung nach dem Strafverfahren; E. 4.1). Eine Einziehungsverfügung im Sinne von Art. 70 Abs. 1 StGB kann auch zukünftige, zeitlich und quantitativ genügend bestimmbare wirtschaftliche Vorteile, nicht aber einfache Gewinnaussichten oder Anwartschaften, betreffen (E. 4.2). In diesem Zusammenhang ermöglicht es die in Art. 70 Abs. 5 StGB vorgesehene Befugnis des Gerichts, den Umfang der einzuziehenden Vermögenswerte zu schätzen, auf die ausdrückliche Bezifferung des Betrags zu verzichten, wenn der Vermögenswert genügend präzise abgegrenzt und bestimmt werden kann (E. 4.4). Wenn die Einziehung der zukünftigen wirtschaftlichen Vorteile unter Berücksichtigung der genannten Grundsätze bereits im Strafverfahren hätte verfügt werden können, ist die selbständige Einziehung nach dem Strafverfahren mit dem Grundsatz ne bis in idem nicht vereinbar und kann nicht angeordnet werden (E. 4 und 5).
144 IV 17 (6B_1356/2017) from 17. Januar 2018
Regeste: Art. 105 Abs. 1 lit. f und Art. 383 Abs. 1 StPO; durch Verfahrenshandlungen beschwerte Dritte; Sicherheitsleistung im Rechtsmittelverfahren. Von einer Einziehung betroffene, selber nicht beschuldigte Personen nehmen am Strafverfahren als durch Verfahrenshandlungen beschwerte Dritte und damit als andere Verfahrensbeteiligte im Sinne von Art. 105 Abs. 1 lit. f StPO teil. Die Rechtsmittelinstanz darf von ihnen keine Sicherheitsleistung für allfällige Kosten und Entschädigungen verlangen. Art. 383 Abs. 1 StPO ist nicht analog anwendbar (E. 2).
146 IV 145 (1B_103/2019) from 10. Januar 2020
Regeste: Art. 352 StPO, Art. 42 Abs. 4 StGB; Strafbefehlskompetenz der Staatsanwaltschaft. Die Staatsanwaltschaft darf mit Strafbefehl zusätzlich zu einer bedingten Geldstrafe von 180 Tagessätzen eine Verbindungsbusse aussprechen (E. 2).
146 IV 201 (6B_178/2019 und andere) from 1. April 2020
Regeste: Art. 70 und 71 StGB; Berechnung der Ersatzforderung im Zusammenhang mit Vermögenswerten, welche im Rahmen eines illegalen Pokerturniers gewonnen wurden. Anwendung des Brutto- oder Nettoprinzips bei der Festlegung einer Ersatzforderung (Zusammenfassung und Bestätigung der Rechtsprechung; E. 8.3). Vorliegend haben die von der Einziehung betroffenen Personen an illegalen Pokerturnieren teilgenommen, sich dadurch aber - im Gegensatz zum Organisator der Turniere - nicht strafbar gemacht. Aus Gründen der Verhältnismässigkeit rechtfertigt es sich daher, die Ersatzforderung des Staates gegenüber den Pokerturnierteilnehmern nach dem Nettoprinzip zu bemessen und von den einziehbaren Pokerturniergewinnen jeweils das hierfür aufgewendete Startgeld ("Buy-In", bestehend aus dem Spieleinsatz und einer Rake) zum Abzug zuzulassen (E. 8.4).
147 IV 36 (6B_895/2019) from 15. September 2020
Regeste: Art. 400 Abs. 3 lit. b und Art. 401 StPO; Art. 15 Abs. 2 StBOG; Umwandlung der Berufung in eine Anschlussberufung. Die gleichen Anträge einer Partei können nicht parallel Gegenstand einer Berufung und einer Anschlussberufung zur Berufung einer anderen Partei sein. Eine Berufung kann nach Ablauf der Frist für die Anschlussberufung gemäss Art. 400 Abs. 3 lit. b StPO daher nicht mehr gültig in eine Anschlussberufung umgewandelt werden (E. 2). |