Schweizerisches Strafgesetzbuch


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Art. 64

4. Ver­wah­rung.

Vor­aus­set­zun­gen und Voll­zug

 

1 Das Ge­richt ord­net die Ver­wah­rung an, wenn der Tä­ter einen Mord, ei­ne vor­sätz­li­che Tö­tung, ei­ne schwe­re Kör­per­ver­let­zung, ei­ne Ver­ge­wal­ti­gung, einen Raub, ei­ne Gei­sel­nah­me, ei­ne Brand­stif­tung, ei­ne Ge­fähr­dung des Le­bens oder ei­ne an­de­re mit ei­ner Höchst­stra­fe von fünf oder mehr Jah­ren be­droh­te Tat be­gan­gen hat, durch die er die phy­si­sche, psy­chi­sche oder se­xu­el­le In­te­gri­tät ei­ner an­dern Per­son schwer be­ein­träch­tigt hat oder be­ein­träch­ti­gen woll­te, und wenn:59

a.
auf Grund der Per­sön­lich­keits­merk­ma­le des Tä­ters, der Ta­tum­stän­de und sei­ner ge­sam­ten Le­ben­sum­stän­de ernst­haft zu er­war­ten ist, dass er wei­te­re Ta­ten die­ser Art be­geht; oder
b.
auf Grund ei­ner an­hal­ten­den oder lang­dau­ern­den psy­chi­schen Stö­rung von er­heb­li­cher Schwe­re, mit der die Tat in Zu­sam­men­hang stand, ernst­haft zu er­war­ten ist, dass der Tä­ter wei­te­re Ta­ten die­ser Art be­geht und die An­ord­nung ei­ner Mass­nah­me nach Ar­ti­kel 59 kei­nen Er­folg ver­spricht.

1bis Das Ge­richt ord­net die le­bens­läng­li­che Ver­wah­rung an, wenn der Tä­ter einen Mord, ei­ne vor­sätz­li­che Tö­tung, ei­ne schwe­re Kör­per­ver­let­zung, einen Raub, ei­ne Ver­ge­wal­ti­gung, ei­ne se­xu­el­le Nö­ti­gung, ei­ne Frei­heits­be­rau­bung oder Ent­füh­rung, ei­ne Gei­sel­nah­me, ein Ver­schwin­den­las­sen, Men­schen­han­del, Völ­ker­mord, ein Ver­bre­chen ge­gen die Mensch­lich­keit oder ein Kriegs­ver­bre­chen (Zwölf­ter Ti­telter) be­gan­gen hat und wenn die fol­gen­den Vor­aus­set­zun­gen er­füllt sind:60

a.
Der Tä­ter hat mit dem Ver­bre­chen die phy­si­sche, psy­chi­sche oder se­xu­el­le In­te­gri­tät ei­ner an­de­ren Per­son be­son­ders schwer be­ein­träch­tigt oder be­ein­träch­ti­gen wol­len.
b.
Beim Tä­ter be­steht ei­ne sehr ho­he Wahr­schein­lich­keit, dass er er­neut ei­nes die­ser Ver­bre­chen be­geht.
c.
Der Tä­ter wird als dau­er­haft nicht the­ra­pier­bar ein­ge­stuft, weil die Be­hand­lung lang­fris­tig kei­nen Er­folg ver­spricht.61

2 Der Voll­zug der Frei­heits­s­tra­fe geht der Ver­wah­rung vor­aus. Die Be­stim­mun­gen über die be­ding­te Ent­las­sung aus der Frei­heits­s­tra­fe (Art. 86–88) sind nicht an­wend­bar.62

3 Ist schon wäh­rend des Voll­zugs der Frei­heits­s­tra­fe zu er­war­ten, dass der Tä­ter sich in Frei­heit be­währt, so ver­fügt das Ge­richt die be­ding­te Ent­las­sung aus der Frei­heits­s­tra­fe frü­he­s­tens auf den Zeit­punkt hin, an wel­chem der Tä­ter zwei Drit­tel der Frei­heits­s­tra­fe oder 15 Jah­re der le­bens­läng­li­chen Frei­heits­s­tra­fe ver­büsst hat. Zu­stän­dig ist das Ge­richt, das die Ver­wah­rung an­ge­ord­net hat. Im Üb­ri­gen ist Ar­ti­kel 64a an­wend­bar.63

4 Die Ver­wah­rung wird in ei­ner Mass­nah­me­voll­zug­s­ein­rich­tung oder in ei­ner Straf­an­stalt nach Ar­ti­kel 76 Ab­satz 2 voll­zo­gen. Die öf­fent­li­che Si­cher­heit ist zu ge­währ­leis­ten. Der Tä­ter wird psych­ia­trisch be­treut, wenn dies not­wen­dig ist.

59 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I des BG vom 24. März 2006 (Kor­rek­tu­ren am Sank­ti­ons- und Straf­re­gis­ter­recht), in Kraft seit 1. Jan. 2007 (AS 2006 3539; BBl 2005 4689).

60 Fas­sung ge­mä­ss An­hang 2 Ziff. 1 des BB vom 18. Dez. 2015 über die Ge­neh­mi­gung und die Um­set­zung des In­ter­na­tio­na­len Über­ein­kom­mens zum Schutz al­ler Per­so­nen vor dem Ver­schwin­den­las­sen, in Kraft seit 1. Jan. 2017 (AS 2016 4687; BBl 2014 453).

61 Ein­ge­fügt durch Ziff. I des BG vom 21. Dez. 2007 (Le­bens­läng­li­che Ver­wah­rung ex­trem ge­fähr­li­cher Straf­tä­ter), in Kraft seit 1. Aug. 2008 (AS 2008 2961; BBl 2006 889).

62 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I des BG vom 24. März 2006 (Kor­rek­tu­ren am Sank­ti­ons- und Straf­re­gis­ter­recht), in Kraft seit 1. Jan. 2007 (AS 2006 3539; BBl 2005 4689).

63 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I des BG vom 24. März 2006 (Kor­rek­tu­ren am Sank­ti­ons- und Straf­re­gis­ter­recht), in Kraft seit 1. Jan. 2007 (AS 2006 3539; BBl 2005 4689).

 

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