Schweizerisches Strafgesetzbuch


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Art. 47

1. Grund­satz

 

1 Das Ge­richt misst die Stra­fe nach dem Ver­schul­den des Tä­ters zu. Es be­rück­sich­tigt das Vor­le­ben und die per­sön­li­chen Ver­hält­nis­se so­wie die Wir­kung der Stra­fe auf das Le­ben des Tä­ters.

2 Das Ver­schul­den wird nach der Schwe­re der Ver­let­zung oder Ge­fähr­dung des be­trof­fe­nen Rechts­guts, nach der Ver­werf­lich­keit des Han­delns, den Be­weg­grün­den und Zie­len des Tä­ters so­wie da­nach be­stimmt, wie weit der Tä­ter nach den in­ne­ren und äus­se­ren Um­stän­den in der La­ge war, die Ge­fähr­dung oder Ver­let­zung zu ver­mei­den.

BGE

147 IV 241 (6B_1308/2020) from 5. Mai 2021
Regeste: Art. 34 und 2 StGB; Strafzumessung, Wahl der Strafart, Geldstrafe, Übergangsrecht. Der Richter bestimmt bei der Aussprechung einer Strafe zuerst die Art der Strafe und setzt danach das Strafmass fest. Bei der Wahl der Strafart trägt er neben dem Verschulden des Täters, der Angemessenheit der Strafe, ihren Auswirkungen auf den Täter und auf seine soziale Situation sowie ihrer Wirksamkeit unter dem Gesichtswinkel der Prävention Rechnung (Bestätigung der Rechtsprechung; E. 3). Der neue Art. 34 StGB (in Kraft seit 1. Januar 2018), nach welchem die Geldstrafe mindestens drei und höchstens 180 Tagessätze beträgt, verschärft das Sanktionensystem insofern, als es den Anwendungsbereich der Geldstrafe einschränkt und denjenigen der Freiheitsstrafe entsprechend ausdehnt (E. 4).

147 IV 340 (6B_1178/2019) from 10. März 2021
Regeste: Art. 21 und 24 der Verordnung (EG) Nr. 1987/2006 (SIS-II-Verordnung) und der Verordnung (EU) 2018/1861; Voraussetzungen für die Ausschreibung von Einreiseverboten im Schengener Informationssystem (SIS). Art. 24 Abs. 2 Bst. a SIS-II-Verordnung setzt weder eine Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr voraus, noch verlangt die Bestimmung einen Schuldspruch wegen einer Straftat, die mit einer Mindestfreiheitsstrafe von einem Jahr bedroht ist. Insoweit genügt, wenn der entsprechende Straftatbestand eine Freiheitsstrafe im Höchstmass von einem Jahr oder mehr vorsieht. Indes ist im Sinne einer kumulativen Voraussetzung stets zu prüfen, ob von der betroffenen Person eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgeht (Art. 24 Abs. 2 SIS-II-Verordnung). An die Annahme einer solchen Gefahr sind keine allzu hohen Anforderungen zu stellen. Nicht verlangt wird, dass das "individuelle Verhalten der betroffenen Person eine tatsächliche, gegenwärtige und hinreichend schwere Gefährdung darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt" (E. 4.4-4.8). Begründungspflicht des Gerichts und Heilung des Begründungsmangels vor Bundesgericht (E. 4.11).

148 IV 148 (6B_1476/2020, 6B_48/2021) from 28. Oktober 2021
Regeste: Art. 392 Abs.1 StPO; Ausdehnung gutheissender Rechtsmittelentscheide; Tragweite von Art. 392 Abs. 1 lit. a StPO. Art. 392 StPO findet lediglich Anwendung, wenn die Rechtsmittelinstanz von einem anderen Sachverhalt ausgeht, nicht jedoch, wenn sie diesen rechtlich anders qualifiziert (E. 7).

148 IV 205 (6B_210/2021) from 24. März 2022
Regeste: Art. 3, Art. 113, Art. 140 Abs. 1, Art. 141 Abs. 1 und Art. 293 Abs. 4 StPO; Art. 6 Ziff. 1 EMRK; verdeckte Ermittlung; Selbstbelastungsfreiheit; Beweisverwertungsverbot. Die Verwertbarkeit von Beweismitteln, die im Rahmen einer verdeckten Ermittlung erlangt wurden, setzt grundsätzlich voraus, dass die Garantien von Art. 140 Abs. 1 StPO eingehalten werden. Wird eine beschuldigte Person von einem verdeckten Ermittler durch übermässige Druckausübung und unter Umgehung der Selbstbelastungsfreiheit zu selbstbelastenden Aussagen veranlasst, sind diese absolut unverwertbar im Sinne von Art. 141 Abs. 1 StPO (E. 2.8).

148 IV 393 (6B_1450/2020) from 5. September 2022
Regeste: Art. 24, 139 und 160 StGB; Anstiftung, Hehlerei, Konkurrenz. Die Hehlerei, die von jemandem begangen worden ist, der vorgängig andere zu einem Vermögensdelikt angestiftet hat, stellt eine straflose Nachtat dar. Es besteht keine Konkurrenz zwischen der Anstiftung zum Vermögensdelikt und der nachfolgenden Hehlerei (Änderung der Rechtsprechung; E. 3).

149 IV 217 (6B_620/2022) from 30. März 2023
Regeste: Art. 48 und 48a StGB; Straftaten, welche Klimaaktivisten im Rahmen ihrer Aktionen und Demonstrationen verüben; Strafmilderungsgründe des Handelns "aus achtenswerten Beweggründen","in schwerer Bedrängnis" und "unter grosser seelischer Belastung". Der Strafmilderungsgrund des Handelns "aus achtenswerten Beweggründen" (Art. 48 lit. a Ziff. 1 StGB) kann zwar je nach der Natur der begangenen Taten bei Klimaaktivisten in Betracht kommen, welche in der Absicht vorgehen, in ökologischen Belangen zu sensibilisieren oder das Bewusstsein für die Unzulänglichkeit der diesbezüglichen politischen Vorkehren zu wecken; er ist aber in jedem Fall zu verneinen, wenn die von den Klimaaktivisten verübten Taten wegen deren Gewalttätigkeit mit Sachbeschädigungen oder einer Gefahr der Verletzung der körperlichen Integrität anderer verbunden sind (E. 1.3). Unterscheidung der Strafmilderungsgründe des Handelns "in schwerer Bedrängnis" (Art. 48 lit. a Ziff. 2 StGB) und des Handelns "unter grosser seelischer Belastung" (Art. 48 lit. c StGB), die im zu beurteilenden Fall nicht anwendbar sind (E. 1.4).

149 IV 273 (6B_1108/2021) from 27. April 2023
Regeste: Art. 148a Abs. 2 StGB; unrechtmässiger Bezug von Leistungen einer Sozialversicherung oder der Sozialhilfe; Eingrenzung des leichten Falls. Definition von abgestuften Erheblichkeitsschwellen für die Abgrenzung eines leichten Falls des unrechtmässigen Bezugs von Leistungen einer Sozialversicherung oder der Sozialhilfe (Art. 148a Abs. 2 StGB) vom Grundtatbestand (Art. 148a Abs. 1 StGB): Bei einem Deliktsbetrag unter Fr. 3'000.- ist stets von einem leichten Fall auszugehen. Bei einem Deliktsbetrag zwischen Fr. 3'000.- und Fr. 35'999.99 ist anhand der gesamten Tatumstände eine Einzelfallbeurteilung nach dem Ausmass des Verschuldens vorzunehmen. Bei einem Deliktsbetrag ab Fr. 36'000.- scheidet die Bejahung eines leichten Falls grundsätzlich aus, ausser es liegen im Sinne einer Ausnahme ausserordentliche, besonders gewichtige Umstände vor, die eine massive Verminderung des Verschuldens bewirken (E. 1.5). Anwendung dieser Grundsätze auf den konkreten Fall (E. 1.6).

149 IV 321 (6B_337/2022) from 12. Juli 2023
Regeste: Art. 42 Abs. 4 StGB; Höhe der Verbindungsbusse. Die Verbindungsbusse i.S.v. Art. 42 Abs. 4 StGB darf höchstens 20 % der in der Summe schuldangemessenen Sanktion - bestehend aus einer bedingt ausgesprochenen Hauptstrafe kombiniert mit einer Verbindungsbusse - betragen (Präzisierung der Rechtsprechung; E. 1, insb. E. 1.3.2).

149 IV 395 (6B_1186/2022, 6B_1193/2022) from 12. Juli 2023
Regeste: Art. 85 Abs. 1 und 3 aMWSTG; Art. 96 Abs. 4 lit. a, Art. 97 Abs. 1, Art. 103 Abs. 1 und Art. 104 Abs. 2 und 3 MWSTG; Art. 2 und 8 VStrR; Art. 34, 47 und 106 Abs. 3 StGB; Strafzumessung auf dem Gebiet der Mehrwertsteuerhinterziehung. Allgemeine Strafzumessungskritieren (E. 3.6.2; Bestätigung der Rechtsprechung). Kennt der anwendbare Straftatbestand, wie dies bei Art. 85 Abs. 1 aMWSTG und Art. 97 Abs. 1 Satz 2 MWSTG der Fall ist, keinen generell-abstrakten oberen Bussenrahmen, sondern lediglich einen oberen Bussenrahmen für den Einzelfall, der sich an der Höhe der hinterzogenen Steuer oder des unrechtmässigen Vorteils orientiert, darf für die Frage, ob die Busse im oberen oder unteren Bereich dieses individuellen Bussenrahmens anzusetzen ist, nicht erneut auf die Höhe der hinterzogenen Steuer abgestellt werden (sog. Doppelverwertungsverbot; E. 3.7.1). Bei der vorsätzlichen, vollendeten Hinterziehung der Einfuhrsteuer im Sinne von Art. 85 Abs. 1 aMWSTG muss Ausgangspunkt für die Strafzumessung ein Strafmass im Bereich des Einfachen der hinterzogenen Steuer sein. Ausgehend davon ist die Strafe aufgrund der übrigen Strafzumessungsfaktoren, namentlich der konkreten Tatumstände und des subjektiven Tatverschuldens sowie bei Bussen über Fr. 5'000.- (vgl. Art. 8 VStrR) in Berücksichtigung der persönlichen und insbesondere wirtschaftlichen Verhältnisse, zu mindern oder zu schärfen (E. 3.7.2 und 3.7.3). Ratio legis des in Art. 96 ff. MWSTG vorgesehenen neuen Konzepts des Mehrwertsteuerstrafrechts (E. 3.8 und 3.10.2). Trotz des in Art. 96 Abs. 4 lit. a MWSTG verankerten fixen oberen Bussenrahmens muss Ausgangspunkt für die Strafzumessung bei der vorsätzlichen Hinterziehung der Einfuhrsteuer wie altrechtlich der (ungefähre) Deliktserlös bilden, wobei der strafrechtlich relevante Deliktserlös angesichts des im Strafrecht geltenden Grundsatzes "in dubio pro reo" mit dem von den Steuerbehörden errechneten Betrag nicht zwingend identisch sein muss (E. 3.10.1).

150 IV 277 (7B_261/2023) from 18. März 2024
Regeste: Art. 79b Abs. 1 lit. a StGB; elektronische Überwachung; Bemessung der Maximalstrafe bei teilbedingten Freiheitsstrafen. Für die Bemessung der Maximaldauer von 12 Monaten für den Vollzug einer Freiheitsstrafe in der Form der elektronischen Überwachung (Art. 79b Abs. 1 lit. a StGB) ist der unbedingt vollziehbare Teil der ausgesprochenen teilbedingten Freiheitsstrafe massgebend (Änderung der Rechtsprechung; E. 2).

 

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