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Art. 66a72
1a. Expulsion. a. Mandatory expulsion 1 The court shall expel foreign nationals from Switzerland for a period of 5–15 years if they are convicted of any of the following offences, irrespective of the sentence imposed:
2 The court may by way of exception refrain from ordering expulsion if it would cause serious personal hardship to the foreign national concerned and the public interest in expulsion does not outweigh the private interest of the foreign national in remaining in Switzerland. In such cases, account must be taken of the special position of foreign nationals who were born or have grown up in Switzerland. 3 The court may also refrain from ordering expulsion if the offence was committed in justifiable self-defence (Art. 16 para. 1) or in a justifiable situation of necessity (Art. 18 para. 1). 72 Inserted by No I 1 of the FA of 20 March 2015 (Implementation of Art. 121 para. 3–6 Federal Constitution on the expulsion of foreign nationals convicted of certain criminal offences), in force since 1 Oct. 2016 (AS 2016 2329; BBl 2013 5975). 73 Amended by No I 1 of the FA of 17 Dec. 2021 on the Harmonisation of Sentencing Policy, in force since 1 July 2023 (AS 2023 259; BBl 2018 2827). 74 Amended by No I 1 of the FA of 17 Dec. 2021 on the Harmonisation of Sentencing Policy, in force since 1 July 2023 (AS 2023 259; BBl 2018 2827). 75 Amended by No I 1 of the FA of 17 Dec. 2021 on the Harmonisation of Sentencing Policy, in force since 1 July 2023 (AS 2023 259; BBl 2018 2827). 77 Amended by No I 1 of the FA of 16 June 2023 on a Revision of the Law on Sex Offences, in force since 1 July 2024 (AS 2024 27; BBl 2018 2827; 2022 687, 1011). 78 Amended by No I 1 of the FA of 17 Dec. 2021 on the Harmonisation of Sentencing Policy, in force since 1 July 2023 (AS 2023 259; BBl 2018 2827). 79 Amended by No I 1 of the FA of 17 Dec. 2021 on the Harmonisation of Sentencing Policy, in force since 1 July 2023 (AS 2023 259; BBl 2018 2827). 80 Amended by No I 1 of the FA of 17 Dec. 2021 on the Harmonisation of Sentencing Policy, in force since 1 July 2023 (AS 2023 259; BBl 2018 2827). 81 Amended by Annex No II 2 of the FedD of 25 Sept. 2020 on the Approval and Implementation of the Council of Europe Convention on the Prevention of Terrorism and its Additional Protocol and the Strengthening of Criminal Justice Instruments for combating Terrorism and Organised Crime, in force since 1 July 2021 (AS 2021 360; BBl 2018 6427). 82 SR 0.518.12, 0.518.23, 0.518.42, 0.518.51 85 Inserted by Annex No II 2 of the FedD of 25 Sept. 2020 on the Approval and Implementation of the Council of Europe Convention on the Prevention of Terrorism and its Additional Protocol and the Strengthening of Criminal Justice Instruments for combating Terrorism and Organised Crime, in force since 1 July 2021 (AS 2021 360; BBl 2018 6427). BGE
147 IV 340 (6B_1178/2019) from 10. März 2021
Regeste: Art. 21 und 24 der Verordnung (EG) Nr. 1987/2006 (SIS-II-Verordnung) und der Verordnung (EU) 2018/1861; Voraussetzungen für die Ausschreibung von Einreiseverboten im Schengener Informationssystem (SIS). Art. 24 Abs. 2 Bst. a SIS-II-Verordnung setzt weder eine Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr voraus, noch verlangt die Bestimmung einen Schuldspruch wegen einer Straftat, die mit einer Mindestfreiheitsstrafe von einem Jahr bedroht ist. Insoweit genügt, wenn der entsprechende Straftatbestand eine Freiheitsstrafe im Höchstmass von einem Jahr oder mehr vorsieht. Indes ist im Sinne einer kumulativen Voraussetzung stets zu prüfen, ob von der betroffenen Person eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgeht (Art. 24 Abs. 2 SIS-II-Verordnung). An die Annahme einer solchen Gefahr sind keine allzu hohen Anforderungen zu stellen. Nicht verlangt wird, dass das "individuelle Verhalten der betroffenen Person eine tatsächliche, gegenwärtige und hinreichend schwere Gefährdung darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt" (E. 4.4-4.8). Begründungspflicht des Gerichts und Heilung des Begründungsmangels vor Bundesgericht (E. 4.11).
147 IV 453 (6B_422/2021) from 1. September 2021
Regeste: Art. 66a und 66d StGB; Art. 42 Abs. 2, Art. 78 Abs. 2 lit. b und Art. 81 Abs. 1 lit. b BGG; Zulässigkeit der Beschwerde in Strafsachen gegen einen Entscheid, in dem der Aufschub des Vollzugs der obligatorischen Landesverweisung abgewiesen wird. Der Vollzug einer rechtskräftigen Strafe oder einer rechtskräftigen Massnahme kann grundsätzlich nur aus wichtigen Gründen (Art. 92 StGB) sine die aufgeschoben oder unterbrochen werden, sofern kein überwiegendes öffentliches Interesse entgegensteht (E. 1.2). Bezüglich der Landesverweisung werden diese Grundsätze in Art. 66d StGB präzisiert. Sie beeinflussen die Zulässigkeit der Beschwerde in Strafsachen im Vollzugsstadium (Art. 78 Abs. 2 lit. b BGG), die gemäss Art. 81 Abs. 1 lit. b BGG ein aktuelles und konkretes Rechtsschutzinteresse voraussetzt (E. 1.4.3). Ein solches Interesse kann alleine aufgrund des Zeitablaufs weder a prior i ausgeschlossen noch vermutet werden. Vielmehr hat der Beschwerdeführer glaubhaft zu machen, dass sich die massgebenden Umstände seit dem die Massnahme anordnenden Urteil verändert haben, dass diese Änderungen zu einer anderen Beurteilung der Verhältnismässigkeit führen können und dass es sich deshalb aufdrängt, auf den Vollzug der Landesverweisung zu verzichten (E. 1.4.8).
147 IV 471 (6B_536/2020) from 23. Juni 2021
Regeste: Art. 2 Abs. 2 StGB; Bestimmung des milderen Rechts bei drohender Übertretungsbusse einerseits und (bedingter) Geldstrafe andererseits. Bestätigung der rechtlichen Grundlagen (E. 4). Bussen und Geldstrafen sind keine gleichartigen Strafen. Bei einem übergangsrechtlichen Wechsel von einer Übertretung zu einem Vergehen oder umgekehrt stellt die Übertretungsbusse unabhängig von der Strafvollzugsmodalität und der Höhe des Betrags die mildere Sanktion dar als die Geldstrafe (E. 5).
147 IV 534 (6B_323/2021) from 11. August 2021
Regeste: Art. 139 Abs. 2, Art. 164 Abs. 1 und 2, Art. 177 Abs. 2 StPO; Abklärungen zum Vorleben und den persönlichen Verhältnissen von Zeugen. Art. 164 Abs. 1 StPO dient dem Schutz der Persönlichkeit von Zeuginnen und Zeugen (E. 2.3.2). Über die Frage nach den Beziehungen des Zeugen zu den Parteien (sog. Generalfrage, vgl. Art. 177 Abs. 2 StPO) hinausgehende Abklärungen zum Vorleben und den persönlichen Verhältnissen des Zeugen sind nur mit Zurückhaltung und soweit notwendig vorzunehmen. Abklärungen zur Glaubwürdigkeit des Zeugen sind nicht bereits dann notwendig, wenn Zweifel an der allgemeinen Glaubwürdigkeit des Zeugen bestehen, sondern nur, wenn diese Zweifel auch geeignet sind, sich auf die konkrete Beweiswürdigung, d.h. die Glaubhaftigkeit von konkreten, rechtserheblichen Zeugenaussagen auszuwirken (E. 2.3.2-2.3.4 und E. 2.5.1). Zeugen sind daher nicht immer zwingend zu allfälligen Strafverfahren wegen Rechtspflegedelikten zu befragen (E. 2.5.2).
149 I 248 (1C_537/2021) from 13. März 2023
Regeste: Art. 8 Abs. 2, Art. 10 Abs. 2, Art. 16, 27 und 36 BV; Art. 8, 10 und 14 EMRK; Grund- und Menschenrechtskonformität eines partiellen Bettelverbots; abstrakte Normenkontrolle. Bettelei fällt in den Schutzbereich des Grundrechts der persönlichen Freiheit bzw. des Rechts auf Achtung des Privatlebens. Ein partielles Bettelverbot greift in diese Rechte ein und hat die entsprechenden Voraussetzungen zu erfüllen. Auf die Rechtsprechung, dass Betteln nicht unter den Schutz der Meinungsfreiheit und der Wirtschaftsfreiheit fällt, ist im vorliegenden Zusammenhang nicht zurückzukommen (E. 4). Das Verbot organisierten Bettelns ist verfassungs- und menschenrechtskonform auszulegen. Das Verbot von passivem Betteln in Parks ist aufzuheben. Passives Betteln mit einer Busse zu bestrafen, die bei Nichtleistung in eine Freiheitsstrafe umgewandelt wird, ist nur zulässig, wenn vorweg angemessene Administrativmassnahmen ergriffen worden sind, um die Sanktionsfolge abzumildern. Im Übrigen ist die erlassene Regelung eines partiellen Bettelverbots mit Blick auf die persönliche Freiheit bzw. den Schutz des Privatlebens nicht zu beanstanden (E. 5). Das Bettelverbot verstösst nicht gegen Freizügigkeitsrecht (E. 6). Das partielle Bettelverbot bewirkt als Gesetzesbestimmung keine indirekte Diskriminierung; bei der Umsetzung des Verbots ist jedoch den Anforderungen an eine diskriminierungsfreie Rechtsanwendung gebührend Rechnung zu tragen (E. 7).
149 IV 161 (6B_156/2023) from 3. April 2023
Regeste: Art. 67 Abs. 3 lit. d Ziff. 2 i.V.m. Art. 67 Abs. 4bis StGB; Ausnahme vom lebenslänglichen Tätigkeitsverbot. Darstellung, unter welchen kumulativen Voraussetzungen ausnahmsweise von der Anordnung eines Tätigkeitsverbots gemäss Art. 67 Abs. 3 und 4 StGB abgesehen werden kann, und in welchen Konstellationen eine Ausnahme von Gesetzes wegen ausgeschlossen ist (E. 2.5.1-2.5.6). Sind die beiden Voraussetzungen von Art. 67 Abs. 4bis StGB erfüllt, hat das Gericht von einem Tätigkeitsverbot abzusehen, sofern kein Fall von Art. 67 Abs. 4bis lit. a und b StGB vorliegt (E. 2.5.7). Voraussetzungen für ein Absehen von der Anordnung eines Tätigkeitsverbots im konkreten Fall verneint (E. 2.6).
149 IV 231 (6B_627/2022) from 6. März 2023
Regeste: Art. 66a und 66d StGB; strafrechtliche Landesverweisung. Bestätigung der Grundzüge der strafrechtlichen Landesverweisung (E. 2.1). Allfällige Vollzugshindernisse der Landesverweisung im Sinne von Art. 66d Abs. 1 StGB müssen bereits im Zeitpunkt des Entscheids über die Landesverweisung berücksichtigt werden, soweit die Verhältnisse stabil sind und sich definitiv bestimmen lassen (E. 2.1.2). Vorliegend stellte das kantonale Gericht eine Gefahr für eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Falle einer Rückkehr des tibetischen Beschwerdeführers in die Volksrepublik China fest, welche dem Vollzug der Landesverweisung in dieses Land in Anwendung von Art. 66d Abs. 1 lit. b StGB entgegensteht. Indem das kantonale Gericht eine Landesverweisung des Beschwerdeführers "in einen Drittstaat" unter Ausschluss der Volksrepublik China aussprach, ohne Präzisierung des Drittstaats, hat es Bundesrecht verletzt. Eine Landesverweisung kann nicht gestützt auf blosse Vermutungen in Bezug auf das Ausreiseland ausgesprochen werden. Des Weiteren verlangt die Wegweisung in einen Drittstaat, dass eine solche möglich ist, d.h. der Ausländer dort über ein Aufenthaltsrecht verfügt (E. 2.4).
149 IV 273 (6B_1108/2021) from 27. April 2023
Regeste: Art. 148a Abs. 2 StGB; unrechtmässiger Bezug von Leistungen einer Sozialversicherung oder der Sozialhilfe; Eingrenzung des leichten Falls. Definition von abgestuften Erheblichkeitsschwellen für die Abgrenzung eines leichten Falls des unrechtmässigen Bezugs von Leistungen einer Sozialversicherung oder der Sozialhilfe (Art. 148a Abs. 2 StGB) vom Grundtatbestand (Art. 148a Abs. 1 StGB): Bei einem Deliktsbetrag unter Fr. 3'000.- ist stets von einem leichten Fall auszugehen. Bei einem Deliktsbetrag zwischen Fr. 3'000.- und Fr. 35'999.99 ist anhand der gesamten Tatumstände eine Einzelfallbeurteilung nach dem Ausmass des Verschuldens vorzunehmen. Bei einem Deliktsbetrag ab Fr. 36'000.- scheidet die Bejahung eines leichten Falls grundsätzlich aus, ausser es liegen im Sinne einer Ausnahme ausserordentliche, besonders gewichtige Umstände vor, die eine massive Verminderung des Verschuldens bewirken (E. 1.5). Anwendung dieser Grundsätze auf den konkreten Fall (E. 1.6).
149 IV 342 (6B_1445/2021) from 14. Juni 2023
Regeste: Art. 3 Abs. 2 JStG; Art. 66a ff. StGB; Landesverweisung von Übergangsstraftätern. Ein dem Erwachsenenstrafrecht unterstehendes Delikt eines jungen Straftäters kann eine Anlasstat für eine (nicht obligatorische) Landesverweisung darstellen, auch wenn dieser gleichzeitig für weitere Taten verurteilt wird, die er als Jugendlicher begangen hat (E. 2).
150 IV 329 (6B_66/2024) from 5. Juni 2024
Regeste: Art. 291 Abs. 1 StGB; Art. 19a BetmG; Rückführungsrichtlinie 2008/115/EG; Art. 124a AIG; Verweisungsbruch; Strafart. Zusammenfassung der Rechtsprechung zur Rückführungsrichtlinie und zum Tatbestand des Verweisungsbruchs (E. 1.2). Art. 124a AIG findet, wie aus seinem Wortlaut hervorgeht, nur auf die Anordnung der Landesverweisung bzw. deren Vollzug Anwendung. Keine Anwendbarkeit dieser Bestimmung im Rahmen der Strafzumessung, insbesondere im Zusammenhang mit einer Verurteilung wegen Verweisungsbruchs (E. 1.3, 1.4 und 1.6.1-1.6.4). |