Schweizerische Strafprozessordnung
(Strafprozessordnung, StPO)

vom 5. Oktober 2007 (Stand am 1. Juli 2022)


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Art. 105 Andere Verfahrensbeteiligte

1 An­de­re Ver­fah­rens­be­tei­lig­te sind:

a.
die ge­schä­dig­te Per­son;
b.
die Per­son, die An­zei­ge er­stat­tet;
c.
die Zeu­gin oder der Zeu­ge;
d.
die Aus­kunfts­per­son;
e.
die oder der Sach­ver­stän­di­ge;
f.
die oder der durch Ver­fah­rens­hand­lun­gen be­schwer­te Drit­te.

2 Wer­den in Ab­satz 1 ge­nann­te Ver­fah­rens­be­tei­lig­te in ih­ren Rech­ten un­mit­tel­bar be­trof­fen, so ste­hen ih­nen die zur Wah­rung ih­rer In­ter­es­sen er­for­der­li­chen Ver­fah­rens­rech­te ei­ner Par­tei zu.

BGE

135 I 91 (6B_611/2008) from 5. Dezember 2008
Regeste: Unentgeltliche Rechtspflege im Strafverfahren; Art. 29 Abs. 3 BV, Art. 6 Ziff. 3 lit. c EMRK. Weder Art. 29 Abs. 3 BV noch Art. 6 Ziff. 3 lit. c EMRK verpflichten den Staat, endgültig auf die Rückzahlung von Kostenvorschüssen zu verzichten, die dem Empfänger der unentgeltlichen Rechtspflege für die amtliche Verteidigung gewährt worden sind. Voraussetzungen, unter denen die letzte kantonale Instanz diese Kosten dem Empfänger der unentgeltlichen Rechtspflege auferlegen kann (E. 2).

137 IV 280 (1B_238/2011) from 13. September 2011
Regeste: Art. 101 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 StPO; Verweigerung, Auskunftspersonen Akteneinsicht zu gewähren. Als Verfahrensbeteiligte geniessen Auskunftspersonen insofern die Verfahrensrechte einer Partei, als sie in ihren Rechten i.S. von Art. 105 Abs. 2 StPO unmittelbar betroffen sind (E. 2.1). Dies setzt eine direkte, unmittelbare und persönliche Betroffenheit voraus (E. 2.2.1). Die blosse Vorladung zu einer Einvernahme bedeutet keine derartige Betroffenheit (E. 2.2.2). Die offene Formulierung von Art. 101 Abs. 1 StPO räumt der Verfahrensleitung einen gewissen Ermessensspielraum ein. Die Behörde missbraucht ihr Ermessen nicht, wenn sie Auskunftspersonen die Akteneinsicht zu einem Zeitpunkt verweigert, in dem die Auskunftspersonen noch nicht erstmals einvernommen worden sind und in dem die Untersuchung noch nicht weit fortgeschritten ist (E. 2.3).

139 IV 78 (6B_261/2012) from 22. Oktober 2012
Regeste: Art. 115, Art. 118 Abs. 1, Art. 119 Abs. 2 lit. a und Art. 382 Abs. 1 StPO; Beschwerdelegitimation des Strafklägers. Der Geschädigte, selbst wenn er im Strafverfahren keine Zivilforderung angemeldet hat, ist als Strafkläger legitimiert, im Strafpunkt Berufung zu erheben (E. 3).

141 IV 155 (6B_508/2014) from 25. Februar 2015
Regeste: a Verkauf von Bankkundendaten; wirtschaftlicher Nachrichtendienst (Art. 273 Abs. 2 StGB); Einziehung des Verkaufserlöses (Art. 70 Abs. 1 StGB). Die Veräusserung von Daten von Kunden einer Schweizer Bank mit Wohnsitz oder Sitz in Deutschland durch eine nicht bei der Bank angestellte Person an deutsche Steuerbehörden erfüllt den Tatbestand des wirtschaftlichen Nachrichtendienstes im Sinne von Art. 273 Abs. 2 StGB. Schweizerisches Recht ist auch anwendbar, soweit Tathandlungen im Ausland durchgeführt wurden. Die Veräusserung von Bankkundendaten ist nach dem massgebenden schweizerischen Recht mangels Rechtfertigungsgründen rechtswidrig. Der noch vorhandene Verkaufserlös ist nach dem Ableben des Verkäufers während des Strafverfahrens zu Lasten der Erben einzuziehen (E. 2-4).

141 IV 187 (6B_719/2014) from 21. April 2015
Regeste: Art. 135 Abs. 3 und Art. 439 Abs. 1 StPO; Rechtsmittel der amtlichen Verteidigung gegen den Entschädigungsentscheid im Verfahren betreffend bedingte Entlassung aus dem Strafvollzug. Das Verfahren über die bedingte Entlassung aus dem Strafvollzug und die hiergegen offenstehenden Rechtsmittel sind nicht unmittelbar in der StPO geregelt (vgl. Art. 439 Abs. 1 Satz 1 StPO). Eine Ausnahme bildet Art. 135 Abs. 3 StPO, der als Spezialregelung i.S. des Gesetzesvorbehalts von Art. 439 Abs. 1 Satz 2 StPO die der amtlichen Verteidigung in Bezug auf ihre Entschädigungsansprüche zur Verfügung stehenden Rechtswege ohne Unterscheidung des zugrundeliegenden strafrechtlichen Verfahrensgegenstandes abschliessend regelt. Die Norm findet demnach auch auf den Straf- und Massnahmenvollzug Anwendung (E. 1.1). Setzt die Strafbehörde die Entschädigung der amtlichen Vereidigung für das kantonale Verfahren vor erster und zweiter Instanz fest, ist die Entschädigung gesamthaft mit der Beschwerde gemäss Art. 135 Abs. 3 lit. b StPO bei der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts (Art. 37 Abs. 1 StBOG) anzufechten (E. 1.2).

142 IV 289 (1B_63/2016) from 8. Juni 2016
Regeste: Art. 13 Abs. 1 BV, Art. 7, 12 lit. a, 15, 269, 272, 274, 306, 307 und 309 StPO; geheime Telefonüberwachung, polizeiliche Berichte zur Rechtfertigung des dringenden Tatverdachts. Bei der Prüfung des dringenden Verdachts nach Art. 269 Abs. 1 lit. a StPO (E. 2.2.1) stützt sich das Zwangsmassnahmengericht auf das Gesuch der Staatsanwaltschaft, deren Überwachungsanordnung und Begründung so wie die wesentlichen Verfahrensakten (vgl. Art. 274 Abs. 1 lit. a und b StPO; E. 2.2.2). Insoweit kann die Genehmigungsbehörde die in den Berichten der Polizei enthaltenen Feststellungen berücksichtigen, auch wenn diese - insbesondere zum vorübergehenden oder dauernden Schutz der Identität von Informanten - nicht weiter belegt werden können (E. 2.2.3). Das rechtfertigt sich mit Blick auf die Eigenschaft der Polizei als Strafverfolgungsbehörde (vgl. Art. 12 lit. a StPO) und die ihr zukommenden Aufgaben (vgl. Art. 7, 15, 306 und 307 StPO), das noch frühe Stadium der Untersuchung im Zeitpunkt der Einreichung des Gesuchs um geheime Überwachung (E. 3.1) sowie die Art der angezeigten Straftat (E. 3.2).

143 IV 40 (6B_654/2016) from 16. Dezember 2016
Regeste: a Art. 384 lit. a und Art. 396 Abs. 1 StPO; Fristbeginn der Beschwerde gegen ein Urteil. Die Frist für die Beschwerde gegen ein Urteil beginnt mit der Eröffnung des schriftlich begründeten Entscheids (E. 3.2-3.4).

144 IV 17 (6B_1356/2017) from 17. Januar 2018
Regeste: Art. 105 Abs. 1 lit. f und Art. 383 Abs. 1 StPO; durch Verfahrenshandlungen beschwerte Dritte; Sicherheitsleistung im Rechtsmittelverfahren. Von einer Einziehung betroffene, selber nicht beschuldigte Personen nehmen am Strafverfahren als durch Verfahrenshandlungen beschwerte Dritte und damit als andere Verfahrensbeteiligte im Sinne von Art. 105 Abs. 1 lit. f StPO teil. Die Rechtsmittelinstanz darf von ihnen keine Sicherheitsleistung für allfällige Kosten und Entschädigungen verlangen. Art. 383 Abs. 1 StPO ist nicht analog anwendbar (E. 2).

144 IV 97 (6B_171/2017) from 15. Februar 2018
Regeste: Art. 162 und 178 lit. f StPO; Verfahrensstellung nach rechtskräftiger Verurteilung in einem getrennten Verfahren. Eine Person, die in einem getrennten Verfahren für die abzuklärende oder eine damit in Zusammenhang stehende Straftat rechtskräftig verurteilt wurde, ist grundsätzlich in analoger Anwendung von Art. 162 ff. StPO als Zeuge oder Zeugin einzuvernehmen (E. 2 und 3).

144 IV 299 (1B_180/2018) from 18. Juli 2018
Regeste: Art. 29 Abs. 3 BV; Art. 105 Abs. 1 und 2 StPO; unentgeltliche Rechtspflege. Den anderen Verfahrensbeteiligten im Sinne von Art. 105 Abs. 1 StPO stehen unter gewissen Bedingungen die Verfahrensrechte einer Partei zu, zu denen der Anspruch auf unentgeltlichen Rechtsbeistand gehört (E. 2).

145 IV 161 (6B_344/2019) from 6. Mai 2019
Regeste: Andere Verfahrensbeteiligte und Beschwerdelegitimation; Familienmitglieder der beschuldigten Person, gegen die eine Landesverweisung ausgesprochen wurde. Wird gegen eine beschuldigte Person eine Landesverweisung ausgesprochen, sind deren Familienmitglieder - im vorliegenden Fall die Lebensgefährtin und ihr Kind - davon höchstens indirekt betroffen. Die Familienmitglieder gelten daher nicht als andere Verfahrensbeteiligte im Sinne von Art. 105 Abs. 2 StPO. Sie haben kein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung der Landesverweisung - im Sinne von Art. 382 Abs. 1 StPO - und können dagegen somit kein Rechtsmittel ergreifen. Ihr Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens gemäss Art. 13 Abs. 1 BV und Art. 8 EMRK wird zumindest indirekt im Rahmen der Entscheidung über die Landesverweisung berücksichtigt (E. 3).

145 IV 351 (6B_1194/2018) from 6. August 2019
Regeste: Art. 115 Abs. 1, 118 Abs. 1 StPO; Konstituierung als Zivilklägerin. Die Beurteilung adhäsionweise geltend gemachter Zivilforderungen setzt voraus, dass die Zivilklage nicht bei einem anderen Gericht rechtshängig ist oder rechtskräftig entschieden ist. Eine zwischen den Parteien geschlossene Insolvenzvereinbarung steht einem Zivilurteil gleich (E. 3 und 4).

145 IV 491 (6B_1326/2018) from 16. Oktober 2019
Regeste: Art. 86 Abs. 1 EBG; Art. 382 Abs. 1 i.V.m. Art. 115 Abs. 1 StPO; Betreten des Bahnbetriebsgebiets ohne Erlaubnis, Legitimation der SBB AG zur Berufung gegen ein freisprechendes Strafurteil. Werden durch Straftaten nur öffentliche Interessen verletzt und private Interessen bloss mittelbar beeinträchtigt, ist die mittelbar beeinträchtigte Person nicht Geschädigte im Sinne von Art. 115 Abs. 1 StPO (E. 2.3.3). Die Rechtsmittelberechtigung im Sinne von Art. 382 Abs. 1 StPO entscheidet sich nach der Rechtsgutsqualifizierung (E. 2.4.1 und 2.4.2). Die SBB AG kann im Sinne von Art. 382 Abs. 1 StPO grundsätzlich durch ihre Bevollmächtigten ein Rechtsmittel ergreifen; die Berechtigung im Sinne der Sachurteilsvoraussetzung steht ihr aber einzig unter den Bedingungen von Art. 115 StPO zu (E. 2.4.7). Art. 86 Abs. 1 EBG dient der Sicherheit des Bahnbetriebs auf dem Bahnbetriebsgebiet und damit öffentlichen Interessen. Die SBB AG ist in casu nicht als Geschädigte im Sinne von Art. 115 Abs. 1 StPO anzuerkennen (E. 2.4.13).

146 IV 76 (6B_307/2019) from 13. November 2019
Regeste: a Art. 110 Abs. 1 StGB; Art. 118, 121 Abs. 1 und 382 Abs. 1 StPO; Legitimation der Angehörigen einer verstorbenen geschädigten Person zur Anfechtung einer Verfahrenseinstellung. Die Angehörigen der verstorbenen geschädigten Person, die sich im Vorverfahren rechtsgültig als Privatklägerschaft konstituiert haben, können über ein rechtlich geschütztes Interesse im Sinne von Art. 382 Abs. 1 StPO an der Aufhebung einer Verfahrenseinstellung verfügen (E. 2).

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