Schweizerische Strafprozessordnung
(Strafprozessordnung, StPO)

vom 5. Oktober 2007 (Stand am 1. Juli 2022)


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Art. 152 Allgemeine Massnahmen zum Schutz von Opfern

1 Die Straf­be­hör­den wah­ren die Per­sön­lich­keits­rech­te des Op­fers auf al­len Stu­fen des Ver­fah­rens.

2 Das Op­fer kann sich bei al­len Ver­fah­rens­hand­lun­gen aus­ser von sei­nem Rechts­bei­stand von ei­ner Ver­trau­ens­per­son be­glei­ten las­sen.

3 Die Straf­be­hör­den ver­mei­den ei­ne Be­geg­nung des Op­fers mit der be­schul­dig­ten Per­son, wenn das Op­fer dies ver­langt. Sie tra­gen in die­sem Fall dem An­spruch der be­schul­dig­ten Per­son auf recht­li­ches Ge­hör auf an­de­re Wei­se Rech­nung. Ins­be­son­de­re kön­nen sie das Op­fer in An­wen­dung von Schutz­mass­nah­men nach Ar­ti­kel 149 Ab­satz 2 Buch­sta­ben b und d ein­ver­neh­men.

4 Ei­ne Ge­gen­über­stel­lung kann an­ge­ord­net wer­den, wenn:

a.
der An­spruch der be­schul­dig­ten Per­son auf recht­li­ches Ge­hör nicht auf an­de­re Wei­se ge­währ­leis­tet wer­den kann; oder
b.
ein über­wie­gen­des In­ter­es­se der Straf­ver­fol­gung sie zwin­gend er­for­dert.

BGE

103 IA 293 () from 23. Februar 1977
Regeste: Strenge Einzelhaft; Schranken des Rechts des Untersuchungsgefangenen auf Kontakt mit seinem Verteidiger; persönliche Freiheit, Art. 3 und Art. 6 EMRK. Die strenge Einzelhaft, durch die die persönliche Freiheit eine Beschränkung erfährt, steht an sich nach waadtländischem Recht zu dem als zulässig betrachteten Zweck (Sicherung des Untersuchungsverfahrens), der sie gegebenenfalls erheischt, in keinem Missverhältnis. Die Einschränkungen, die sie mit sich bringt (Besuchsverbot, Beschränkung des Rechts frei mit seinem Anwalt zu verkehren) verstossen nicht gegen Art. 3 und Art. 6 EMRK.

140 IV 118 (6B_1104/2013) from 5. Juni 2014
Regeste: Art. 316 Abs. 1 StPO; Vorladung zu einer Vergleichsverhandlung; Offizialdelikt. Die Staatsanwaltschaft kann nach dem französischen Wortlaut von Art. 316 Abs. 1 Satz 1 StPO eine Vergleichsverhandlung vorsehen, wenn sich das Vorverfahren ausschliesslich auf Antragsdelikte bezieht. Die deutsche und italienische Fassung unterscheiden sich vom französischen Text insofern, als das Adverb "ausschliesslich" darin nicht enthalten ist. Ein Vergleich ist nicht ausgeschlossen, wenn das Verfahren nebst Antragsdelikten auch Offizialdelikte betrifft (E. 3).

143 I 194 (1B_349/2016, 1B_350/2016) from 22. Februar 2017
Regeste: Art. 16, 17, 30 Abs. 3 und 36 BV; Art. 6 Ziff. 1 EMRK; Art. 14 UNO-Pakt II; Art. 69 und 70 StPO; § 11 Abs. 2 AEV/ZH; Ausschluss der Medien von der Berufungsverhandlung und Urteilseröffnung. Die rechtsstaatliche und demokratische Bedeutung des Grundsatzes der Justizöffentlichkeit gebietet, einen Ausschluss des Publikums und der Medienschaffenden in gerichtlichen Strafverfahren nur sehr restriktiv, mithin bei überwiegenden entgegenstehenden Interessen, zuzulassen (E. 3.1). Zur Wahrung gewichtiger Anliegen des Kinder-, Jugend- oder Opferschutzes kommt eine Zugangsverweigerung nur dann in Frage, wenn sich weniger weitgehende Einschränkungen als zweckuntauglich erweisen; sie ist auf diejenigen Verfahrensabschnitte zu beschränken, in denen schwergewichtig besonders sensible Umstände thematisiert werden, die in der Öffentlichkeit auszubreiten den betroffenen Personen nicht zugemutet werden kann (E. 3.6.1). Im vorliegenden Fall verletzte der vollständige Ausschluss der akkreditierten Gerichtsberichterstatterinnen und -erstatter von der Berufungsverhandlung und mündlichen Urteilsverkündung den Grundsatz der Justizöffentlichkeit und die Medien- und Informationsfreiheit, zumal die Interessen am Schutz der Privatkläger nicht gegen die Interessen der Medienschaffenden an der Informationsbeschaffung bzw. -verbreitung und an einer wirksamen Justizkontrolle aufzukommen vermochten (E. 3.6 und 3.7).

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