Schweizerische Strafprozessordnung
(Strafprozessordnung, StPO)

vom 5. Oktober 2007 (Stand am 1. Juli 2022)


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Art. 16 Staatsanwaltschaft

1 Die Staats­an­walt­schaft ist für die gleich­mäs­si­ge Durch­set­zung des staat­li­chen Straf­an­spruchs ver­ant­wort­lich.

2 Sie lei­tet das Vor­ver­fah­ren, ver­folgt Straf­ta­ten im Rah­men der Un­ter­su­chung, er­hebt ge­ge­be­nen­falls An­kla­ge und ver­tritt die An­kla­ge.

BGE

107 IA 15 () from 13. Mai 1981
Regeste: Kantonales Strafverfahren; Ausstandspflicht im Revisionsverfahren: Art. 4 und Art. 58 BV; Art. 16 Ziff. 6 der Tessiner Strafprozessordnung in Verbindung mit Art. 62 und Art. 63 des Tessiner Gerichtsorganisationsgesetzes. Die Tatsache allein, dass die Richter in einem Kanton, in dem das Strafkassationsgericht auch als Revisionsinstanz tätig ist, einmal oder mehrmals auf eine Kassationsbeschwerde des Verurteilten hin an einem Entscheid als Kassationsrichter mitgewirkt haben, verpflichtet diese nicht sich in Ausstand zu begeben, wenn der Verurteilte später ein Begehren um Revision des erstinstanzlichen Urteils stellt. Diese Tatsache bildet jedenfalls für sich allein auch keinen Ablehnungsgrund.

131 I 455 () from 6. Oktober 2005
Regeste: Art. 3 und 13 EMRK, Art. 10 Abs. 3 BV, Art. 88 OG; erniedrigende Behandlung, Untersuchung. Wer in vertretbarer Weise behauptet, von einem Polizeibeamten erniedrigend behandelt worden zu sein, hat Anspruch auf eine wirksame und vertiefte amtliche Untersuchung (E. 1.2.5). Anspruch im vorliegenden Fall verletzt (E. 2).

137 IV 87 (1B_174/2011) from 17. Mai 2011
Regeste: Art. 31 Abs. 2 und 3 BV, Art. 5 EMRK; Art. 222 und 381 StPO, Art. 81 Abs. 1 lit. b und Art. 111 BGG, aktuelles Rechtsschutzinteresse; Beschwerdebefugnis der Staatsanwaltschaft gegen einen Haftentlassungsentscheid des Zwangsmassnahmengerichts. Die Staatsanwaltschaft hat ein aktuelles Rechtsschutzinteresse am Feststellungsbegehren, die vom Zwangsmassnahmengericht angeordnete Haftentlassung sei bundesrechtswidrig und damit auch an der Beschwerde ans Bundesgericht gegen den Entscheid der Anklagekammer, die darauf nicht eintrat (E. 1). Die Staatsanwaltschaft ist befugt, Haftentscheide des Zwangsmassnahmengerichts innerkantonal anzufechten; an der in BGE 137 IV 22 begründeten Rechtsprechung ist festzuhalten (E. 2 und 3).

138 IV 142 (1B_263/2012) from 8. Juni 2012
Regeste: Art. 6 Ziff. 1 EMRK, Art. 30 Abs. 1 BV, Art. 56 lit. f StPO; Ausstand eines Staatsanwalts, an den die Sache nach der Aufhebung einer Einstellungsverfügung zurückgewiesen worden ist. Anwendbare Grundsätze für den Ausstand der Staatsanwaltschaft (E. 2.1-2.3). Die Begründung der Einstellungsverfügung und die späteren Aussagen des Staatsanwalts rechtfertigen vorliegend, dass er für das weitere Verfahren in Ausstand tritt (E. 2.4 und 2.5).

139 IV 137 (2C_84/2012) from 15. Dezember 2012
Regeste: Verantwortlichkeit der Schweizerischen Eidgenossenschaft; Rechtshilfe in Strafsachen mit Brasilien; unaufgeforderte Übermittlung von Bankinformationen; Art. 3 Abs. 1 VG; Art. 3 Abs. 3, Art. 64, 67 und 67a IRSG. Haftungsvoraussetzungen (E. 4.1 und 4.2). Unaufgeforderte Weitergabe von in den Geheimbereich nach Art. 67a IRSG fallenden Informationen; Modalitäten; Abgrenzung zwischen Information und Beweismittel (E. 4.3-4.6). Tragweite der Grundsätze der doppelten Strafbarkeit und der Spezialität bei unaufgeforderter Übermittlung von Informationen aus dem Geheimbereich (E. 5).

141 IV 178 (1B_419/2014) from 27. April 2015
Regeste: Art. 29 Abs. 1 BV und Art. 56 lit. f StPO; Anschein der Befangenheit des Staatsanwalts. Ausstandspflicht der beiden verfahrensleitenden Staatsanwälte wegen wiederholter und krasser Verfahrensfehler bejaht (E. 3).

142 IV 29 (1B_419/2015) from 21. Dezember 2015
Regeste: Art. 226 Abs. 4 lit. c, Art. 227 Abs. 5, Art. 237 Abs. 1 StPO; Anordnung von Ersatzmassnahmen an Stelle der Untersuchungshaft. Das Zwangsmassnahmengericht kann keine Untersuchungshaft anordnen, wenn die Staatsanwaltschaft lediglich Ersatzmassnahmen beantragt hat (E. 3).

143 IV 77 (1B_320/2015) from 3. Januar 2017
Regeste: Art. 261bis Abs. 4 erster Satzteil StGB; Art. 115 Abs. 1 und Art. 118 Abs. 1 StPO; Rassendiskriminierung, Geschädigtenstellung. Bei Diskriminierung einer Gruppe von Personen (hier: der Juden) kommt den einzelnen Gruppenangehörigen mangels unmittelbarer Betroffenheit keine Geschädigtenstellung zu. Sie können sich deshalb nicht als Privatkläger konstituieren (E. 4).

145 IV 190 (6B_1237/2018) from 15. Mai 2019
Regeste: Art. 30 Abs. 1, Art. 33 und 110 Abs. 4 StGB; Art. 10 Abs. 3, Art. 76 ff., 120 und 304 Abs. 1 StPO; Protokollierung des mündlichen Strafantrags; Beweis des gültigen Strafantrags; Desinteresse des Geschädigten am Strafverfahren. Ein mündlicher Strafantrag kann auch in einem Polizeirapport protokolliert werden (E. 1.3). Ein Polizeirapport, in welchem vermerkt ist, dass ein Strafantrag gestellt wurde, ist als Urkunde im Sinne von Art. 110 Abs. 4 StGB zu qualifizieren. Die Unterschrift des rapportierenden Polizeibeamten ist nicht zwingend. Entscheidend ist, dass aus dem Polizeirapport hervorgeht, wer diesen verfasst hat. Ebenfalls nicht erforderlich ist, dass die Anzeige erstattende Person das Protokoll unterzeichnet (E. 1.4). Ob ein gültiger Strafantrag vorliegt, ist vom Staat zu beweisen (E. 1.5.1). Der Verzicht auf die Stellung als Privatkläger gilt nicht als Rückzug des Strafantrags im Sinne von Art. 33 StGB. Wird der Strafantrag nicht ausdrücklich zurückgezogen, ist das Strafverfahren trotz Desinteresse des Geschädigten fortzusetzen (E. 1.5.2).

145 IV 491 (6B_1326/2018) from 16. Oktober 2019
Regeste: Art. 86 Abs. 1 EBG; Art. 382 Abs. 1 i.V.m. Art. 115 Abs. 1 StPO; Betreten des Bahnbetriebsgebiets ohne Erlaubnis, Legitimation der SBB AG zur Berufung gegen ein freisprechendes Strafurteil. Werden durch Straftaten nur öffentliche Interessen verletzt und private Interessen bloss mittelbar beeinträchtigt, ist die mittelbar beeinträchtigte Person nicht Geschädigte im Sinne von Art. 115 Abs. 1 StPO (E. 2.3.3). Die Rechtsmittelberechtigung im Sinne von Art. 382 Abs. 1 StPO entscheidet sich nach der Rechtsgutsqualifizierung (E. 2.4.1 und 2.4.2). Die SBB AG kann im Sinne von Art. 382 Abs. 1 StPO grundsätzlich durch ihre Bevollmächtigten ein Rechtsmittel ergreifen; die Berechtigung im Sinne der Sachurteilsvoraussetzung steht ihr aber einzig unter den Bedingungen von Art. 115 StPO zu (E. 2.4.7). Art. 86 Abs. 1 EBG dient der Sicherheit des Bahnbetriebs auf dem Bahnbetriebsgebiet und damit öffentlichen Interessen. Die SBB AG ist in casu nicht als Geschädigte im Sinne von Art. 115 Abs. 1 StPO anzuerkennen (E. 2.4.13).

147 IV 2 (6B_753/2020) from 11. Januar 2021
Regeste: Art. 81 BGG; Art. 17, 357 Abs. 1 und Art. 381 Abs. 3 StPO; Berechtigung zur Beschwerde in Strafsachen. Die für die Verfolgung von Übertretungen zuständigen kantonalen Verwaltungsbehörden sind nicht zur Erhebung der Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht berechtigt: Sie fallen nicht unter Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 3 BGG (E. 1.7) und verfügen auch nicht über ein rechtlich geschütztes Interesse zur Durchsetzung des staatlichen Strafanspruchs (E. 1.8).

147 IV 123 (1B_438/2020) from 27. November 2020
Regeste: Art. 222 und 237 Abs. 4 StPO; Nichtanordnung von Ersatzmassnahmen anstelle von Untersuchungshaft; Beschwerdelegitimation der Staatsanwaltschaft. Die Staatsanwaltschaft ist berechtigt, den Entscheid des Zwangsmassnahmengerichts, mit welchem dieses die Anordnung von ihr beantragter Ersatzmassnahmen ablehnt, bei der kantonalen Beschwerdeinstanz anzufechten (E. 2).

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