Schweizerische Strafprozessordnung
(Strafprozessordnung, StPO)

vom 5. Oktober 2007 (Stand am 1. Juli 2022)


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Art. 221 Voraussetzungen

1 Un­ter­su­chungs- und Si­cher­heits­haft sind nur zu­läs­sig, wenn die be­schul­dig­te Per­son ei­nes Ver­bre­chens oder Ver­ge­hens drin­gend ver­däch­tig ist und ernst­haft zu be­fürch­ten ist, dass sie:

a.
sich durch Flucht dem Straf­ver­fah­ren oder der zu er­war­ten­den Sank­ti­on ent­zieht;
b.
Per­so­nen be­ein­flusst oder auf Be­weis­mit­tel ein­wirkt, um so die Wahr­heits­fin­dung zu be­ein­träch­ti­gen; oder
c.
durch schwe­re Ver­bre­chen oder Ver­ge­hen die Si­cher­heit an­de­rer er­heb­lich ge­fähr­det, nach­dem sie be­reits frü­her gleich­ar­ti­ge Straf­ta­ten ver­übt hat.

2 Haft ist auch zu­läs­sig, wenn ernst­haft zu be­fürch­ten ist, ei­ne Per­son wer­de ih­re Dro­hung, ein schwe­res Ver­bre­chen aus­zu­füh­ren, wahr­ma­chen.

BGE

137 IV 13 (1B_25/2011) from 14. März 2011
Regeste: Art. 221 Abs. 1 lit. c StPO; Haftverlängerung wegen Wiederholungsgefahr. Ein psychiatrisches Gutachten diagnostiziert beim Beschwerdeführer, der das Bestehen eines dringenden und konkreten Tatverdachts gegen ihn betreffend eines Tötungsdeliktes einräumt, eine psychische Störung mit gravierenden dissozialen Persönlichkeitsstrukturen, welche nur mit einer langfristigen Psychotherapie behandelbar sei, der er sich widersetzt. Zudem besteht eine massive und ernsthafte Wiederholungsgefahr, indem die Freilassung des Beschwerdeführers mit erheblichen konkreten Risiken für die öffentliche Sicherheit verbunden wäre (E. 2). Aus einer systematisch-teleologischen Auslegung von Art. 221 Abs. 1 lit. c StPO ergibt sich, dass es - selbst bei Fehlen von früheren gleichartigen Straftaten - nicht in der Absicht des Gesetzgebers lag, mögliche Opfer von weiteren Gewaltdelikten derartigen Risiken auszusetzen. Angesichts der Besonderheiten des beurteilten Falles erscheint die Sicherheit anderer hier nicht weniger gefährdet als im Falle der Drohung einer Person, sie werde ein schweres Verbrechen ausführen, im Sinne von Art. 221 Abs. 2 StPO. Die Haftverlängerung erweist sich daher als rechtmässig (E. 3 und 4).

137 IV 22 (1B_64/2011) from 17. Februar 2011
Regeste: Art. 222 StPO; Art. 80 und 111 BGG; Beschwerde der Staatsanwaltschaft in Haftsachen. Die Staatsanwaltschaft kann einen Haftentlassungsentscheid des Zwangsmassnahmegerichts bei der Beschwerdeinstanz anfechten (E. 1).

137 IV 84 (1B_126/2011) from 6. April 2011
Regeste: Haftgrund der Wiederholungsgefahr; Art. 221 Abs. 1 lit. c StPO. Art. 221 Abs. 1 lit. c StPO in der deutschen und der italienischen Fassung ist dahingehend auszulegen, dass "Verbrechen oder schwere Vergehen" drohen müssen (E. 3.2).

137 IV 87 (1B_174/2011) from 17. Mai 2011
Regeste: Art. 31 Abs. 2 und 3 BV, Art. 5 EMRK; Art. 222 und 381 StPO, Art. 81 Abs. 1 lit. b und Art. 111 BGG, aktuelles Rechtsschutzinteresse; Beschwerdebefugnis der Staatsanwaltschaft gegen einen Haftentlassungsentscheid des Zwangsmassnahmengerichts. Die Staatsanwaltschaft hat ein aktuelles Rechtsschutzinteresse am Feststellungsbegehren, die vom Zwangsmassnahmengericht angeordnete Haftentlassung sei bundesrechtswidrig und damit auch an der Beschwerde ans Bundesgericht gegen den Entscheid der Anklagekammer, die darauf nicht eintrat (E. 1). Die Staatsanwaltschaft ist befugt, Haftentscheide des Zwangsmassnahmengerichts innerkantonal anzufechten; an der in BGE 137 IV 22 begründeten Rechtsprechung ist festzuhalten (E. 2 und 3).

137 IV 122 (1B_141/2011) from 16. Mai 2011
Regeste: Haftgrund der Ausführungsgefahr (Art. 221 Abs. 2 StPO); Ersatzmassnahme der Aufenthaltsbeschränkung (Art. 237 Abs. 2 lit. c StPO). Der dringende Tatverdacht (E. 3) und der besondere Haftgrund der Kollusionsgefahr (E. 4) sind zu bejahen. Hingegen liegt keine Ausführungsgefahr gemäss Art. 221 Abs. 2 StPO vor; denn die Möglichkeit der Anordnung von Präventivhaft entfällt, wenn sich die Drohung "lediglich" auf die Ausführung eines Vergehens im Sinne von Art. 10 Abs. 3 StGB bezieht (E. 5.2 und 5.3). Die Aufenthaltsbeschränkung gemäss Art. 237 Abs. 2 lit. c StPO besteht entweder in der Verpflichtung, ein bestimmtes Gebiet nicht zu verlassen (Eingrenzung), oder in jener, eine bestimmte Gegend nicht zu betreten (Ausgrenzung; E. 6.2). Eine Eingrenzung auf ein bestimmtes Gebiet kommt primär bei Fluchtgefahr in Betracht. Geht es demgegenüber darum einer Kollusionsgefahr in Form der möglichen Beeinflussung des mutmasslichen Opfers zu begegnen, genügt in aller Regel eine Ausgrenzung als mildere Massnahme (E. 6.4).

137 IV 230 (1B_232/2011) from 12. Juli 2011
Regeste: Art. 81 BGG, Art. 222, 226 Abs. 5 und Art. 388 StPO; Untersuchungshaft, Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen Freilassungsentscheid des Zwangsmassnahmengerichts. Rechtsschutzinteresse der Staatsanwaltschaft an der Beschwerdeführung gegen die Beendigung der Untersuchungshaft (E. 1). Die Beschwerdeinstanz kann ohne vorherige Anhörung der beschuldigten Person die vorläufige Weiterführung der Haft anordnen, wenn dies zum Schutz des Untersuchungszwecks notwendig ist (E. 2.2.1). Die Nichtbehandlung des Gesuchs um vorläufige Weiterführung der Untersuchungshaft führt zur Vereitelung des Beschwerderechts der Staatsanwaltschaft (E. 2.3).

137 IV 237 (1B_273/2011) from 31. August 2011
Regeste: Art. 81 und 93 BGG, Art. 222, 226 Abs. 5 und Art. 387 f. StPO; Untersuchungshaft, Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen einen Freilassungsentscheid des Zwangsmassnahmengerichts, aufschiebende Wirkung. Beschwerde der Staatsanwaltschaft wegen Verweigerung der aufschiebenden Wirkung in Bezug auf eine Beschwerde gegen die Beendigung der Untersuchungshaft. Nicht wieder gutzumachender Nachteil bejaht, da die sofortige Freilassung des Beschuldigten die Fortführung des Strafverfahrens erschweren oder vereiteln kann, wenn ein besonderer Haftgrund vorliegt (E. 1.1). Die wirksame Geltendmachung des Beschwerderechts durch die Staatsanwaltschaft setzt voraus, dass die beschuldigte Person in Haft bleibt, bis die Beschwerdeinstanz über die Weiterführung der Haft (superprovisorisch) entscheiden kann (E. 2.4). In diesem zeitlich begrenzten Umfang ist die aufschiebende Wirkung des Rechtsmittels Teil des Beschwerderechts der Staatsanwaltschaft (E. 2.5).

137 IV 333 (1B_378/2011) from 15. August 2011
Regeste: Sicherheitshaft im Verfahren betreffend nachträgliche Anordnung der Verwahrung (Art. 65 Abs. 2 StGB). Die Anordnung und die Weiterführung von Sicherheitshaft im Verfahren betreffend nachträgliche Anordnung der Verwahrung nach Verbüssung der Strafe durch den Verurteilten beruhen auf einer hinreichenden gesetzlichen Grundlage (Art. 65 Abs. 2 StGB i.V.m. Art. 410 ff., 221 und 229 f. StPO) und sind damit grundsätzlich zulässig (E. 2.2). Voraussetzungen sind die hinreichende Wahrscheinlichkeit der Anordnung einer Verwahrung und das Vorliegen eines besonderen Haftgrunds im Sinne von Art. 221 StPO (E. 2.3).

137 IV 339 (1B_440/2011) from 23. September 2011
Regeste: Art. 221 Abs. 2 StPO; Haftgrund der Ausführungsgefahr. Die Drohung, ein schweres Verbrechen auszuführen, kann auch konkludent erfolgen (E. 2.4).

138 I 425 (6B_814/2011) from 30. August 2012
Regeste: Anspruch auf ein unabhängiges und unparteiisches Gericht, Vorführung als Ausstandsgrund? Art. 30 Abs. 1 BV, Art. 6 Ziff. 1 EMRK, Art. 56 und 232 Abs. 1 StPO. Entscheidet der Präsident des Berufungsgerichts während der Berufungsverhandlung, die in Haft zu setzende Person vorführen zu lassen, muss er deswegen für den Sachentscheid nicht in den Ausstand treten (E. 4).

138 IV 81 (1B_145/2012) from 19. April 2012
Regeste: Art. 3 Abs. 2 lit. c, Art. 226 Abs. 2 und Art. 232 StPO; Art. 29 Abs. 2 BV; Haftanordnung des Berufungsgerichts; Begründungsanforderungen. Obwohl nach Art. 232 StPO die Verfahrensleitung, d.h. der Präsident des Berufungsgerichts zur Anordnung der Sicherheitshaft zuständig ist, kann darüber auch das Berufungsgericht in corpore entscheiden (E. 2.1). Der Entscheid muss den Anforderungen des analog anwendbaren Art. 226 Abs. 2 StPO genügen. Für die Begründung sind die aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör gemäss Art. 29 Abs. 2 BV und Art. 3 Abs. 2 lit. c StPO abgeleiteten Regeln massgebend (E. 2.2). Mit diesen Anforderungen nicht vereinbar ist die Haftanordnung im Dispositiv eines Berufungsentscheids, dessen Begründung drei Wochen später zugestellt wird (E. 2.3). Folgen der Verletzung der Begründungspflicht (E. 2.4). Wird die Haft im Rahmen eines Berufungsentscheids angeordnet, der zunächst nur im Dispositiv eröffnet wird, so muss der Haftentscheid als separate schriftliche Verfügung mit zumindest kurzer Begründung ausgefertigt werden. Diese Verfügung ist innert kürzester Frist zu eröffnen (E. 2.5).

138 IV 92 (1B_442/2011) from 4. Januar 2012
Regeste: Art. 5 Abs. 2, Art. 222, 224 ff., 388 lit. b und Art. 393 StPO; Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen die Nichtanordnung der Untersuchungshaft durch das Zwangsmassnahmengericht. Vorgehen der Staatsanwaltschaft, damit sie die Freilassung des Beschuldigten bis zum Entscheid der Verfahrensleitung der Beschwerdeinstanz über die vorsorgliche Inhaftierung während des Beschwerdeverfahrens verhindern kann (E. 3). Lehnt die Verfahrensleitung die vorsorgliche Inhaftierung ab, kann die Staatsanwaltschaft diesen Entscheid nicht beim Bundesgericht anfechten (E. 2).

138 IV 148 (1B_254/2012) from 24. Mai 2012
Regeste: Telefonische Mitteilung des Haftentscheids an die Staatsanwaltschaft, wenn keine Untersuchungshaft angeordnet wird; Art. 222, 225 Abs. 1 und Art. 226 Abs. 2 und 5 StPO; Art. 10 Abs. 2 und Art. 31 BV; Art. 5 EMRK. Beantragt die Staatsanwaltschaft für eine beschuldigte Person die Anordnung bzw. Verlängerung von Untersuchungshaft, kann ihr das Zwangsmassnahmengericht einen negativen Entscheid telefonisch mitteilen, wenn die Staatsanwaltschaft nicht an der Verhandlung vor dem Zwangsmassnahmengericht teilnimmt. Einen gesetzlichen Anspruch darauf hat die Staatsanwaltschaft allerdings nicht. Die vorläufige Fortdauer der Haft, bis die Verfahrensleitung der Beschwerdeinstanz über die vorsorgliche Inhaftierung während des Beschwerdeverfahrens entscheiden kann, ist in einem solchen Fall unter bestimmten Voraussetzungen rechtmässig (E. 3.1-3.4).

139 IV 25 (1B_264/2012) from 10. Oktober 2012
Regeste: Art. 3 Abs. 2 lit. c, Art. 101 Abs. 1, Art. 107 Abs. 1 lit. b, Art. 108 Abs. 1 lit. a und Abs. 2, Art. 139 Abs. 1, Art. 146 Abs. 1, Art. 147 Abs. 1, Art. 224 Abs. 1 und Art. 312 Abs. 2 StPO; Recht auf Teilnahme bei der Einvernahme von Mitbeschuldigten, Zeugen und Auskunftspersonen. Sachurteilserfordernisse und Streitgegenstand (E. 1-3). Verfahrensregeln der getrennten Einvernahmen und der Parteiöffentlichkeit von Beweiserhebungen (E. 4). Der Anspruch beschuldigter Personen auf Teilnahme an Beweiserhebungen gilt grundsätzlich auch für die Einvernahme von Mitbeschuldigten (E. 5.1-5.3). Mögliche Zielkonflikte im Hinblick auf die strafprozessuale Wahrheitsfindung und das Gleichbehandlungsgebot sowie Ausnahmen vom Grundsatz der Parteiöffentlichkeit (E. 5.4 und 5.5). Problematik der Zulassung von noch nicht einvernommenen Beschuldigten zu den Einvernahmen von Mitbeschuldigten (E. 5.5.2-5.5.4). Anspruch auf Teilnahme des bereits staatsanwaltlich verhörten Beschuldigten und seines Verteidigers an den Einvernahmen von Mitbeschuldigten, Zeugen und Auskunftspersonen. Ausnahme vom Grundsatz der Parteiöffentlichkeit im vorliegenden Fall verneint (E. 5.5.5-5.5.11).

139 IV 41 (1B_788/2012) from 5. Februar 2013
Regeste: Art. 3 EMRK, Art. 234 Abs. 1 und Art. 235 Abs. 1 StPO; Vollzug der Untersuchungshaft. Nicht jede Unregelmässigkeit bei der Untersuchungshaft (vorliegend ein 14-tägiger Aufenthalt in einer für eine Dauer von höchstens 48 Stunden ausgerichteten Zelle) rechtfertigt eine Haftentlassung (E. 2). Der Beschuldigte hat jedoch das Recht auf Prüfung der von ihm geltend gemachten schlechten Behandlung und gegebenenfalls auf unverzügliche entsprechende Feststellung (E. 3).

139 IV 48 (1B_525/2012) from 22. Oktober 2012
Regeste: Art. 26 Abs. 3, Art. 34 Abs. 5 und Art. 39 Abs. 3 JStPO; Art. 6 EMRK und Art. 30 BV; Sicherheitshaft im Jugendstrafverfahren. Ist die Anklage beim Jugendgericht hängig, ist dieses zuständig für die Anordnung von Sicherheitshaft, nicht das Zwangsmassnahmengericht (E. 2). Die Haftprüfung durch den Sachrichter ist im Jugendstrafverfahren zulässig (E. 3). Anschliessend steht die Beschwerde ans Zwangsmassnahmengericht offen, danach die Beschwerde an die Beschwerdeinstanz (E. 4).

139 IV 186 (1B_36/2013) from 6. März 2013
Regeste: Art. 227 Abs. 7 und Art. 231 Abs. 2 StPO; keine periodische automatische Überprüfung der Sicherheitshaft während des Berufungsverfahrens. Mangels Verweis auf Art. 227 Abs. 7 StPO erfolgt keine periodische Überprüfung der Sicherheitshaft, sobald das Berufungsgericht mit der Sache befasst ist (E. 2).

139 IV 270 (1B_338/2013) from 16. Oktober 2013
Regeste: Art. 231 und 233 StPO; Art. 31 Abs. 3 BV und Art. 5 Ziff. 3 EMRK; Sicherheitshaft während des Verfahrens vor dem Berufungsgericht; Zuständigkeit und Verhältnismässigkeit. Trotz des Wortlauts von Art. 233 StPO widerspricht es Sinn und Zweck dieser Bestimmung nicht, wenn die Verfahrensleitung des Berufungsgerichts als Gremium verstanden wird, deren Mitglieder innerhalb derselben Gerichtsinstanz entweder über Haftfragen entscheiden oder die Berufung in der Sache prüfen (E. 2). Bei der Beurteilung der Verhältnismässigkeit der Haft im Verfahren des Berufungsgerichts hat der Haftrichter nach Art. 231 ff. StPO zu berücksichtigen, dass die Staatsanwaltschaft mit der Berufung eine Strafverschärfung verlangt. Dies obwohl er grundsätzlich das angefochtene Strafurteil und die erstinstanzlich ausgesprochene Strafe nicht im Detail überprüft, sondern die Erfolgsaussichten des Vorgehens der Anklagebehörde lediglich prima facie beurteilt (E. 3).

139 IV 277 (1B_407/2013) from 16. Dezember 2013
Regeste: Art. 232 und 388 lit. b StPO; Haft nach Erlass des Berufungsurteils. Das Berufungsgericht muss sich im Urteil zur Frage der Haft aussprechen (E. 2.1-2.3). Die Verfahrensleitung des Berufungsgerichts kann noch nachträglich über diese Frage entscheiden, gestützt auf Art. 232 StPO (E. 2.4). Sie kann zuvor vorsorgliche Massnahmen i.S.von Art. 388 lit. b StPO anordnen (E. 2.5).

139 IV 314 (1B_270/2013) from 22. Oktober 2013
Regeste: Art. 188 Abs. 1 BV; Art. 1, 12 und 13 StPO; Art. 103 f. BGG; Beschwerde in Strafsachen der Staatsanwaltschaft gegen eine (umgehend vollzogene) Haftentlassung durch die Verfahrensleitung des Berufungsgerichts. Anders als bei der Anfechtung eines Haftentlassungsentscheids des Zwangsmassnahmengerichts oder des erstinstanzlichen Strafrichters (E. 2.2), kann mit einer Beschwerde in Strafsachen gegen eine Haftentlassung durch die Verfahrensleitung des Berufungsgerichts in der Regel nicht verhindert werden, dass die Haftentlassung sofort vollzogen wird (E. 2.3).

140 IV 19 (1B_456/2013) from 27. Januar 2014
Regeste: Ersatzmassnahmen (Art. 237 StPO) zur Verminderung von Ausführungsgefahr (Art. 221 Abs. 2 StPO). Ein Rayon- und Kontaktverbot (Art. 237 Abs. 2 lit. c und g StPO) kann die bestehende Ausführungsgefahr (Art. 221 Abs. 2 StPO) vermindern. Anwendung auf den zu beurteilenden Fall auf der Grundlage eines psychiatrischen Gutachtens, nötigenfalls durch Anordnung weiterer geeigneter Ersatzmassnahmen und den Einsatz von Electronic Monitoring (Art. 237 Abs. 3 StPO; E. 2.6).

141 IV 49 (6B_227/2014) from 11. Februar 2015
Regeste: Aufhebung und Änderung stationärer Massnahmen, Rechtsweg; Art. 62c Abs. 1 lit. a und Abs. 4 StGB. Den Entscheid, ob und wann eine stationäre therapeutische Massnahme als aussichtslos erscheint und aufzuheben ist, trifft die Vollzugsbehörde. Diese Frage fällt mit dem Erreichen der in der Regel fünfjährigen Höchstfrist des mit der Behandlung verbundenen stationären Freiheitsentzugs nicht als gegenstandslos dahin. Nach rechtskräftiger Aufhebung der Massnahme obliegt es dem Sachgericht, über die Rechtsfolgen zu befinden, d.h. auf Antrag der Vollzugsbehörde gegebenenfalls die Verwahrung anzuordnen (E. 2 und 3).

141 IV 190 (1B_26/2015) from 16. Februar 2015
Regeste: Art. 227 Abs. 7 und Art. 237 Abs. 4 StPO; periodische Überprüfung von Ersatzmassnahmen für Untersuchungshaft. Wie bei der Untersuchungshaft sind die einschneidendsten Ersatzmassnahmen für strafprozessuale Haft (Art. 237 Abs. 2 lit. c-g StPO) zu befristen; sie können auch verlängert werden (E. 3).

141 IV 236 (6B_385/2014) from 23. April 2015
Regeste: Art. 431 StPO, Art. 51 StGB. Untersuchungs- bzw. Sicherheitshaft ist an freiheitsentziehende Massnahmen gemäss Art. 56 ff. StGB, konkret an stationäre therapeutische Massnahmen im Sinne von Art. 59 StGB, grundsätzlich anzurechnen (E. 3).

141 IV 465 (6B_877/2014) from 5. November 2015
Regeste: Art. 422, 423 Abs. 1, Art. 424 und 426 Abs. 1 und 3 lit. a StPO; Begriff der Verfahrenskosten; gesetzliche Regelung der Gebühren; interne Weisungen; Beleg von Auslagen. Begriff der Verfahrenskosten; Abgrenzung zwischen Gebühren und Auslagen (E. 9.5.1). Die Kosten der Untersuchungs- oder Sicherheitshaft sind keine Auslagen im Sinne von Art. 422 StPO. Sie dürfen der verurteilten Person nicht gestützt auf Art. 426 Abs. 1 StPO auferlegt werden. Kosten für die Bewachung zu Sicherungszwecken während eines Spitalaufenthalts sind den Kosten der Untersuchungshaft gleichzustellen (E. 9.5.2). Begriff der Kosten im Sinne von Art. 422 Abs. 2 lit. d StPO. Für Leistungen der Polizei, welche diese aufgrund ihrer Stellung als Strafbehörde in einem konkreten Strafverfahren zu erbringen hat, dürfen der verurteilten Person - abgesehen von allfälligen Auslagen für Material u.Ä. - keine Auslagen verrechnet werden (E. 9.5.3). Umgang mit Kosten für die medizinische bzw. ärztliche Behandlung der verurteilten Person (E. 9.5.4) sowie mit Kosten für die Reinigung des Tatorts (E. 9.5.5). Art und Bemessungsgrundlagen der Gebühren müssen gesetzlich geregelt sein. Soweit für die Begründung des pflichtgemässen Ermessens bei der Festsetzung der Gebühren auf interne Weisungen verwiesen wird, müssen diese der betroffenen Person zugänglich gemacht werden (E. 9.5.6). Pflicht der Staatsanwaltschaft, Auslagen zu belegen (E. 9.7).

142 IV 289 (1B_63/2016) from 8. Juni 2016
Regeste: Art. 13 Abs. 1 BV, Art. 7, 12 lit. a, 15, 269, 272, 274, 306, 307 und 309 StPO; geheime Telefonüberwachung, polizeiliche Berichte zur Rechtfertigung des dringenden Tatverdachts. Bei der Prüfung des dringenden Verdachts nach Art. 269 Abs. 1 lit. a StPO (E. 2.2.1) stützt sich das Zwangsmassnahmengericht auf das Gesuch der Staatsanwaltschaft, deren Überwachungsanordnung und Begründung so wie die wesentlichen Verfahrensakten (vgl. Art. 274 Abs. 1 lit. a und b StPO; E. 2.2.2). Insoweit kann die Genehmigungsbehörde die in den Berichten der Polizei enthaltenen Feststellungen berücksichtigen, auch wenn diese - insbesondere zum vorübergehenden oder dauernden Schutz der Identität von Informanten - nicht weiter belegt werden können (E. 2.2.3). Das rechtfertigt sich mit Blick auf die Eigenschaft der Polizei als Strafverfolgungsbehörde (vgl. Art. 12 lit. a StPO) und die ihr zukommenden Aufgaben (vgl. Art. 7, 15, 306 und 307 StPO), das noch frühe Stadium der Untersuchung im Zeitpunkt der Einreichung des Gesuchs um geheime Überwachung (E. 3.1) sowie die Art der angezeigten Straftat (E. 3.2).

142 IV 389 (6B_1026/2015) from 11. Oktober 2016
Regeste: Art. 27 Abs. 1 JStPO; Art. 25 JStG; Art. 31 Abs. 1 BV; Art. 212 Abs. 3 und Art. 431 Abs. 2 StPO; Zulässigkeit der Untersuchungs- und Sicherheitshaft gegenüber einem Jugendlichen von weniger als 15 Jahren, Entschädigung der Untersuchungs- und Sicherheitshaft. Art. 27 JStPO regelt die Voraussetzungen, unter welchen Untersuchungs- und Sicherheitshaft gegenüber einem Jugendlichen angeordnet werden kann, und stellt eine ausreichende gesetzliche Grundlage im Sinne von Art. 31 Abs. 1 BV dar. Die Untersuchungs- und Sicherheitshaft muss nicht nur auf Strafen, sondern auch auf Massnahmen angerechnet werden, weshalb Art. 212 Abs. 3 StPO die Tragweite von Art. 27 JStPO nicht einschränkt, der auf alle Jugendlichen anwendbar ist, die zwischen dem Alter von 10 und 18 Jahren eine strafbare Handlung begehen (E. 4). Anwendbarkeit von Art. 431 Abs. 2 StPO auf die Entschädigung des beschuldigten Jugendlichen, wenn die Untersuchungs- und Sicherheitshaft nicht angerechnet werden kann (E. 5).

143 I 241 (1B_34/2017) from 18. April 2017
Regeste: Art. 10 Abs. 2, Art. 14, Art. 32 Abs. 1 sowie Art. 36 Abs. 1, 2, 3 und 4 BV; Art. 78 Abs. 1, Art. 80, Art. 81 Abs. 1 und Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG; Art. 220 Abs. 2, Art. 235 Abs. 1, 2 und 5 sowie Art. 236 Abs. 1 und 4 StPO; Besuchsrecht unter strafprozessual inhaftierten Lebenspartnern. Sachurteilsvoraussetzungen bei Beschwerden in Strafsachen gegen letztinstanzliche kantonale Entscheide betreffend den Vollzug von strafprozessualer Haft (E. 1). Vom Besuchsrecht unter Lebenspartnern tangierte Grundrechte; Sicherheitshaft und vorzeitiger Sanktionsvollzug als strafprozessuale Haftarten; gesetzliche Vorschriften und Praxis zum strafprozessualen Haftvollzugs- und Besuchsrecht. Mangels entgegenstehender gewichtiger öffentlicher Interessen haben auch strafprozessuale Häftlinge das Recht auf angemessenen regelmässigen Kontakt zu ihrer Familie, wozu auch unverheiratete Lebenspartner gehören. Dies gilt besonders nach länger andauernder strafprozessualer Haft und Wegfall von Kollusionsgefahr (E. 3). Besondere Konstellation, wenn zwei strafprozessuale Häftlinge in Sicherheitshaft bzw. im vorzeitigen Strafvollzug beantragen, sich gegenseitig besuchen zu dürfen; Verhältnis zwischen den beiden Haftregimes. Im vorliegenden Fall haben die kantonalen Behörden ein angemessenes Besuchsrecht des Beschuldigten in der Haftvollzugsanstalt seiner mitbeschuldigten Lebensgefährtin zu gewährleisten (E. 4).

143 IV 9 (1B_373/2016) from 23. November 2016
Regeste: Art. 221 Abs. 1 lit. c StPO; Haftgrund der Wiederholungsgefahr. Die erhebliche Gefährdung der Sicherheit anderer durch drohende Verbrechen oder schwere Vergehen kann sich grundsätzlich auf Rechtsgüter jeder Art beziehen. Im Vordergrund stehen Delikte gegen die körperliche und sexuelle Integrität. Bei Straftaten gegenüber speziell schutzbedürftigen Personengruppen, namentlich Kindern, muss aus Gründen des Opferschutzes ein strenger Massstab gelten (E. 2.7). Je schwerer die drohenden Taten sind und je höher die Gefährdung der Sicherheit anderer ist, desto geringere Anforderungen sind an die Rückfallgefahr zu stellen. Zugleich ist der Haftgrund der Wiederholungsgefahr restriktiv zu handhaben. Hieraus folgt, dass eine negative, d.h. eine ungünstige Rückfallprognose zur Annahme von Wiederholungsgefahr notwendig, grundsätzlich aber auch ausreichend ist (E. 2.9). Im zu beurteilenden Fall drohen sexuelle Handlungen mit Kindern von nicht bloss leichtem Ausmass. Ein Rückfall ist ernsthaft zu befürchten, d.h. es ist von einer ungünstigen Rückfallprognose auszugehen. Es besteht Wiederholungsgefahr im Sinne von Art. 221 Abs. 1 lit. c StPO (E. 3).

143 IV 69 (1B_409/2016) from 3. Januar 2017
Regeste: a Art. 20 und 59 StPO; Zuständigkeit für Entscheide über den Ausstand eines Mitglieds des Zwangsmassnahmengerichts (ZMG). Die Beschwerdeinstanz im Sinne von Art. 20 StPO ist zuständig zum Entscheid über Ausstandsbegehren, welche sich gegen ein Mitglied des ZMG richten (E. 1.1).

143 IV 160 (6B_73/2017) from 16. Februar 2017
Regeste: Art. 31 Abs. 1 BV; Art. 212, 221 und 236 StPO; vorzeitiger Straf- und Massnahmevollzug, Haftentlassungsgesuch. Der vorzeitige Strafvollzug bezieht sich allein auf den Vollzug der Untersuchungs- und Sicherheitshaft. Rechtstitel für den damit verbundenen Freiheitsentzug ist nicht die zu erwartende Freiheitsstrafe, sondern die strafprozessuale Haft (E. 2.1). Stellt die beschuldigte Person, die ihre Einwilligung zum vorzeitigen Strafvollzug erteilt hat, ein Entlassungsgesuch, sind die gesetzlichen Haftgründe nach den Bestimmungen über die Anordnung von Untersuchungs- oder Sicherheitshaft zu prüfen (E. 2.3 und 4).

143 IV 168 (1B_61/2017) from 29. März 2017
Regeste: Art. 5 Ziff. 1 lit. f und Ziff. 3 EMRK; Art. 31 Abs. 3 BV; Art. 212 Abs. 3, 220 Abs. 2 und 231 Abs. 1 lit. a StPO; Art. 66a Abs. 1 lit. b StGB; Art. 76 Abs. 1 AuG; Sicherheitshaft zur Gewährleistung einer Landesverweisung; rechtliche Grundlage und Verhältnismässigkeitsprinzip. Da es sich bei der Landesverweisung um eine strafrechtliche Massnahme handelt (Art. 66a Abs. 1 lit. b StGB), stellen Art. 220 Abs. 2 und Art. 231 Abs. 1 lit. a StPO eine hinreichende gesetzliche Grundlage dar, um eine Person zur Sicherstellung des Vollzugs einer erstinstanzlich ausgesprochenen Landesverweisung in Sicherheitshaft zu versetzen (E. 3.2). Die Zuständigkeit der Strafbehörden, welche bis zum Ende des Strafverfahrens besteht, hindert die Verwaltungsbehörden nicht daran, bereits vor diesem Zeitpunkt einzugreifen: Gemäss Art. 76 Abs. 1 AuG kann die Verwaltungsbehörde die betroffene Person ab der Eröffnung einer erstinstanzlichen Landesverweisung nach Art. 66a oder 66abis StGB und mithin noch vor der Rechtskraft des Strafurteils in Administrativhaft nehmen oder belassen (E. 3.3). Eine derartige Haft muss das Verhältnismässigkeitsprinzip respektieren (Art. 5 Ziff. 3 EMRK, Art. 31 Abs. 3 BV und Art. 212 Abs. 3 StPO). Eine Person, die zu einer Landesverweisung und einer bedingten Freiheitsstrafe verurteilt worden ist, kann in Sicherheitshaft belassen werden, falls die Frage des bedingten Vollzugs ungewiss ist, die erstandene Haft nicht die Dauer des erstinstanzlich ausgesprochenen Freiheitsentzugs übersteigt und das Beschleunigungsgebot (Art. 5 Abs. 1 StPO) gewahrt ist (E. 5).

143 IV 316 (1B_271/2017) from 16. August 2017
Regeste: Art. 10 und 31 BV; Art. 5 EMRK; Art. 221 StPO; Art. 264a Abs. 1 lit. f StGB; Art. 264k StGB; Verlängerung der Untersuchungshaft wegen dringendem Tatverdacht auf Verbrechen gegen die Menschlichkeit (Folter). Dringender Tatverdacht im Haftprüfungsverfahren, namentlich zu Beginn der Strafuntersuchung (E. 2 und 3). Der Tatbestand der Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Allgemeinen (E. 4.1-4.5) sowie in Bezug auf Folter (E. 4.6). Strafbarkeit des Vorgesetzten (E. 4.7). Vorliegend bestehen hinreichende und konkrete Anhaltspunkte für den Verdacht, dass während der Zeit, in der der Beschwerdeführer Innenminister der Republik Gambia gewesen war, Folter planmässig als Mittel eingesetzt wurde, um die Bevölkerung einzuschüchtern und die Opposition zu unterdrücken (E. 5 und 6).

143 IV 330 (1B_322/2017) from 24. August 2017
Regeste: Art. 221 Abs. 1 StPO; Art. 12 Abs. 2 Satz 2, Art. 19 und Art. 111 StGB; Fortsetzung von Untersuchungshaft; dringender Tatverdacht einer eventualvorsätzlichen Tötung; Schuldfragen, Kausalzusammenhang. Der vom Haftrichter zu prüfende dringende Tatverdacht bezieht sich grundsätzlich auf ein tatbestandsmässiges und rechtswidriges Verbrechen oder Vergehen. Dabei können sich auch Fragen hinsichtlich des Kausalzusammenhanges stellen. Das Vorliegen und das Ausmass der strafrechtlichen Schuldfähigkeit sowie die schuldangemessene bzw. sachlich gebotene (verschuldensunabhängige) Sanktion sind demgegenüber vom Sachrichter zu prüfen. Anders liegt der Fall, wenn ausnahmsweise schon im Haftprüfungsverfahren klar ist, dass weder eine Strafe noch eine freiheitsentziehende Massnahme in Frage kommen kann. Haftrechtliche Tragweite eines psychiatrischen Gutachtens, das dem Beschuldigten Schuldunfähigkeit attestiert. Dringender Tatverdacht einer eventualvorsätzlichen Tötung bejaht bei einem Fall von mutmasslichem versuchtem Suizid des Beschuldigten durch Frontalzusammenstoss seines Fahrzeuges mit einem entgegenkommenden Personenwagen, dessen Lenker dabei getötet wurde (E. 2).

145 IV 503 (1B_362/2019) from 17. September 2019
Regeste: Art. 221 Abs. 1 lit. a, 231 Abs. 1 und 237 Abs. 3 StPO; Fluchtgefahr nach erstinstanzlicher Verurteilung; elektronische Fussfessel. Der 82-jährige Beschuldigte, der erstinstanzlich zu einer Freiheitsstrafe von 18 Jahren wegen Mordes verurteilt worden ist, muss damit rechnen, bis zum Lebensende im Gefängnis zu bleiben. Trotz seines Alters und seines Gesundheitszustands erscheint die Fluchtgefahr, die während der Untersuchung noch verneint wurde, nun als konkret (E. 2.1-2.3). Ausserdem ist es notwendig, die Anwesenheit des Beschuldigten während des Berufungsverfahrens sicherzustellen (E. 2.4). Elektronische Fussfessel als Ersatzmassnahme (E. 3.3.1 und 3.3.2). Im vorliegenden Fall erscheint diese Massnahme nicht als ausreichend, um die Fluchtgefahr zu bannen (E. 3.3.3).

146 I 115 (1B_111/2020) from 31. März 2020
Regeste: Art. 5 Ziff. 1 EMRK; Art. 5 Abs. 1 und Art. 31 Abs. 1 BV; Art. 221, Art. 229-233 und Art. 363 f. StPO. Ausreichende gesetzliche Grundlage für Sicherheitshaft im massnahmenrechtlichen gerichtlichen Nachverfahren. Auseinandersetzung mit dem Urteil des EGMR I.L. gegen Schweiz vom 3. Dezember 2019. Die analoge Anwendung der Bestimmungen der Strafprozessordnung zur Sicherheitshaft im selbstständigen gerichtlichen Nachverfahren stützt sich auf eine lang andauernde und konstante Rechtsprechung des Bundesgerichtes. Hinzu kommt, dass das Bundesgericht in diversen Entscheiden eine klare gesetzliche Regelung zur vollzugsrechtlichen Sicherheitshaft aus Gründen der Rechtssicherheit als wünschbar bezeichnet und der Gesetzgeber diese Anregung konsequent aufgenommen hat. Im hier beurteilten Fall ist nicht ersichtlich, dass die massgeblichen Rechtsquellen für den anwaltlich verbeiständeten Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Anordnung der Sicherheitshaft nicht voraussehbar oder nicht hinreichend klar gewesen wären (E. 2).

146 IV 49 (6B_95/2020) from 20. Februar 2020
Regeste: Art. 61 Abs. 4 Satz 1 StGB; stationäre therapeutische Massnahme für junge Erwachsene, Beginn der vierjährigen Höchstdauer. Der vorzeitige Massnahmenvollzug ist bei der Berechnung der vierjährigen Höchstdauer gemäss Art. 61 Abs. 4 Satz 1 StGB zu berücksichtigen. Abzustellen ist auf das Datum der Bewilligung des vorzeitigen Massnahmenvollzugs (E. 2.4-2.9).

146 IV 136 (1B_6/2020) from 29. Januar 2020
Regeste: Art. 221 Abs. 1 lit. c StPO; Untersuchungshaft, Wiederholungsgefahr, erhebliche Sicherheitsgefährdung. Drohen vom Beschuldigten Vermögensdelikte, welche die Geschädigten besonders hart bzw. ähnlich treffen wie ein Gewaltdelikt, ist die erhebliche Gefährdung der Sicherheit anderer zu bejahen und kommt damit Untersuchungshaft wegen Wiederholungsgefahr in Betracht. Massgeblich sind die Umstände. Im zu beurteilenden Fall erhebliche Sicherheitsgefährdung verneint bei einem Beschuldigten, der bereits zahlreiche Betrüge begangen hat, jedoch nie jemanden besonders schwer geschädigt hat und nie wegen Gewalt auffällig geworden ist (E. 2).

147 IV 123 (1B_438/2020) from 27. November 2020
Regeste: Art. 222 und 237 Abs. 4 StPO; Nichtanordnung von Ersatzmassnahmen anstelle von Untersuchungshaft; Beschwerdelegitimation der Staatsanwaltschaft. Die Staatsanwaltschaft ist berechtigt, den Entscheid des Zwangsmassnahmengerichts, mit welchem dieses die Anordnung von ihr beantragter Ersatzmassnahmen ablehnt, bei der kantonalen Beschwerdeinstanz anzufechten (E. 2).

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