Schweizerische Strafprozessordnung
(Strafprozessordnung, StPO)

vom 5. Oktober 2007 (Stand am 1. Juli 2022)


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Art. 271 Schutz von Berufsgeheimnissen 112

1 Bei der Über­wa­chung ei­ner Per­son, die ei­ner in den Ar­ti­keln 170–173 ge­nann­ten Be­rufs­grup­pe an­ge­hört, sind In­for­ma­tio­nen, die mit dem Ge­gen­stand der Er­mitt­lun­gen und dem Grund, aus dem die­se Per­son über­wacht wird, nicht in Zu­sam­men­hang ste­hen, un­ter der Lei­tung ei­nes Ge­rich­tes aus­zu­son­dern. Da­bei dür­fen der Straf­ver­fol­gungs­be­hör­de kei­ne Be­rufs­ge­heim­nis­se zur Kennt­nis ge­lan­gen. Die aus­ge­son­der­ten Da­ten sind so­fort zu ver­nich­ten; sie dür­fen nicht aus­ge­wer­tet wer­den.

2 In­for­ma­tio­nen nach Ab­satz 1 müs­sen nicht vor­gän­gig aus­ge­son­dert wer­den, wenn:

a.
der drin­gen­de Tat­ver­dacht ge­gen die Trä­ge­rin oder den Trä­ger des Be­rufs­ge­heim­nis­ses sel­ber be­steht; und
b.
be­son­de­re Grün­de es er­for­dern.

3 Bei der Über­wa­chung an­de­rer Per­so­nen sind, so­bald fest­steht, dass die­se mit ei­ner in den Ar­ti­keln 170–173 ge­nann­ten Per­son Ver­bin­dung ha­ben, In­for­ma­tio­nen zur Kom­mu­ni­ka­ti­on mit die­ser Per­son ge­mä­ss Ab­satz 1 aus­zu­son­dern. In­for­ma­tio­nen, über wel­che ei­ne in den Ar­ti­keln 170–173 ge­nann­te Per­son das Zeug­nis ver­wei­gern kann, sind aus den Ver­fah­rens­ak­ten aus­zu­son­dern und so­fort zu ver­nich­ten; sie dür­fen nicht aus­ge­wer­tet wer­den.

112 Fas­sung ge­mä­ss An­hang Ziff. II 1 des BG vom 18. März 2016 be­tref­fend die Über­wa­chung des Post- und Fern­mel­de­ver­kehrs, in Kraft seit 1. März 2018 (AS 2018 117; BBl 2013 2683).

BGE

143 IV 270 (1B_29/2017) from 24. Mai 2017
Regeste: Art. 13 Abs. 1 BV; Art. 1, Art. 54, Art. 113 Abs. 1, Art. 141, Art. 192 Abs. 2, Art. 196 lit. a, Art. 235, Art. 241 Abs. 1 und Abs. 3, Art. 246, Art. 247 Abs. 1 und Abs. 3, Art. 248 Abs. 1 und Abs. 3 lit. a, Art. 263 Abs. 1 lit. a und Abs. 3, Art. 264 Abs. 1 lit. b, Art. 265 Abs. 4, Art. 277 Abs. 2 sowie Art. 312 StPO; Online-Recherche und vorläufige Sicherstellung von Chat-Verläufen auf einem digitalen sozialen Netzwerk; Entsiegelung. Zusammenfassung der einschlägigen Rechtsprechung, insbesondere bezüglich Datenerhebung bei sogenannten "abgeleiteten" Internetdiensten, und Abgrenzung der anwendbaren strafprozessualen Untersuchungsmassnahmen (E. 4.3-4.8). Abwehr von akuter Kollusion und Durchsuchung eines Kassibers mit persönlichen Zugangsdaten des inhaftierten Beschuldigten zum sozialen Netzwerk Facebook (FB); Online-Recherche auf dem FB-Konto und vorläufige Sicherstellung von untersuchungsrelevanten (auf elektronischen Servern bzw. sogenannten "Internet-Clouds" gespeicherten) Chat-Nachrichten; Versiegelung von provisorisch sichergestellten Nachrichten; Fehlen von gesetzlichen Verwertungsverboten (Art. 140 und 141 StPO) im beurteilten (das Untersuchungsverfahren betreffenden) Entsiegelungsfall (E. 5-7). Die Artikel 269-279 StPO sind auf abgeleitete Internetdienste wie FB nicht anwendbar (Bestätigung der Rechtsprechung; E. 7.1). Die Online-Recherche auf dem FB-Konto verstösst nicht gegen das Territorialitätsprinzip (E. 7.10).

147 I 280 (1C_377/2019) from 1. Dezember 2020
Regeste: Unterlassungs- und Feststellungsgesuche betreffend Funk- und Kabelaufklärung (Art. 38 ff. NDG); Anspruch auf materielle Beurteilung der Gesuche (Art. 25 Abs. 1 DSG; Art. 13 EMRK). Bei der Funk- und Kabelaufklärung werden Personendaten bearbeitet, unabhängig davon, ob Informationen durch den NDB gespeichert werden (E. 6.1). Die Beschwerdeführenden sind potenziell in gleicher Weise von der Funk- und Kabelaufklärung betroffen wie alle Kommunikationsteilnehmer (E. 6.2.2). Speziell betroffen sind Medienschaffende sowie Anwälte und Anwältinnen (E. 6.2.3). Das Recht auf wirksame Beschwerde gemäss Art. 13 EMRK kann bei geheimen Überwachungsmassnahmen eingeschränkt oder aufgeschoben werden, wenn überwiegende Geheimhaltungsinteressen dies rechtfertigen und das System insgesamt mit Art. 8 EMRK vereinbar ist (E. 7.1). Dies muss von einer unabhängigen Instanz innerstaatlich überprüft werden können (E. 7.2). Für die "Opferstellung" i.S.v. Art. 34 EMRK genügt nach der EGMR-Rechtsprechung die hinreichende Wahrscheinlichkeit, einer geheimen Überwachung ausgesetzt zu sein, wenn es nicht möglich oder zumutbar ist, Beschwerde gegen konkrete Überwachungsmassnahmen zu ergreifen (E. 7.2.2). Die Beschwerdeführenden werden durch die Funk- und Kabelaufklärung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit in ihrem Recht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 8 EMRK und Art. 13 BV) tangiert (E. 8). Sie haben keine Möglichkeit, Kenntnis von sie betreffenden Massnahmen der Funk- und Kabelaufklärung zu erhalten (E. 9.2) und sind daher darauf angewiesen, das System der Funk- und Kabelaufklärung in der Schweiz auf seine Verfassungs- und EMRK-Konformität überprüfen zu lassen. Dies stellt keine abstrakte Normenkontrolle dar: Gegenstand der Prüfung ist nicht das Gesetz als solches, sondern die (vermutete) Erfassung von Daten der Beschwerdeführenden (E. 9.3). Auf die Gesuche ist daher grundsätzlich nach Art. 25 Abs. 1 DSG i.V.m. Art. 13 EMRK einzutreten (E. 9.4).

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